Redner(in): Horst Köhler
Datum: 8. Februar 2010

Quelle: http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Horst-Koehler/Reden/2010/02/20100208_Rede.html


Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Gastfreundschaft. Korea wird als Vorsitz der G-20 in diesem Jahr im Mittelpunkt der Weltöffentlichkeit stehen. Gerade mittelgroße Länder wie Korea können in den G-20 als ehrliche Makler zwischen Industrie- und Entwicklungsländern eine wichtige Rolle spielen.

Der wirtschaftliche Aufstieg Ihres Landes vom Agrarland zum Hochtechnologie-Standort innerhalb weniger Jahrzehnte und der Aufbau einer freiheitlichen Demokratie werden weltweit bewundert. Ich fände es gut, wenn Korea seine eigenen Erfahrungen auch stärker in die Entwicklungszusammenarbeit einbringen würde. Dabei geht es nicht nur um finanzielle Beiträge, sondern auch um die Diskussionen, mit welcher Wirtschaftspolitik und mit welchen Handelsregeln das Ziel einer weltweiten Armutsbekämpfung am besten erreicht werden kann.

Die Welt braucht Glaubwürdigkeit und faire Regeln, um zu einer neuen, kooperativen Weltpolitik zu gelangen.

Kooperation ist auch bei der Bewältigung des Klimawandels gefragt. Sie, Herr Präsident, versuchen mit ihrer Strategie "Low Carbon, Green Growth" in eindrucksvoller Weise die Weichen ganz in Richtung auf ein ökologisch verträgliches Wachstum umzustellen. Ich freue mich auf die Diskussionen hier, um mehr über die koreanischen Ideen zu erfahren. Erste Eindrücke habe ich bereits auf der Hannover-Messe im letzten Jahr gewonnen, bei der Korea offizielles Partnerland war. Dort wurde deutlich: Viele Unternehmer unserer beiden Länder haben erkannt, dass Ressourceneffizienz ein Wettbewerbsvorteil ist. Auch bei der Expo 2012 in Korea wird die Nachhaltigkeit menschlichen Handelns thematisiert.

Wir Deutsche fühlen uns Korea besonders nahe. Diese Verbundenheit hat Tradition. Schon im 19. Jahrhundert haben deutsche Berater an der Modernisierung Koreas mitgewirkt. Ich nenne hier nur den Vizeminister im koreanischen Außenministerium, Paul Georg von Möllendorff, den Komponisten der ersten koreanischen Nationalhymne, Franz Eckert, und den Leibarzt des Kaisers Gojong, Richard Wunsch.

Die nationale Teilung nach dem Zweiten Weltkrieg und der Wiederaufbau eines zerstörten Landes - das sind gemeinsame Erfahrungen unserer Bürgerinnen und Bürger. Ich sage bewusst gemeinsam, weil koreanische Bergleute und Krankenschwestern mit eigenen Händen zum deutschen Wirtschaftswunder beigetragen haben. Wir sind dankbar dafür. Und wir haben viel Respekt vor dem Fleiß, der Intelligenz und Willensstärke der Koreaner, die politische Freiheit und wirtschaftlichen Wohlstand unter schwierigsten Umständen errungen haben. Daher bin ich zuversichtlich, dass das koreanische Volk auch seine Wiedervereinigung erreichen wird.

Unsere Länder haben letztes Jahr ein Abkommen über "Working Holidays" abgeschlossen, das es jungen Menschen erheblich erleichtert, in die jeweils andere Kultur hineinzuschnuppern. In Deutschland leben heute mehr als 30.000 Koreaner; mehr als in jedem anderen Mitgliedsland der EU. Deutsche Universitäten modernisieren ihre Studiengänge der Koreanistik. Gut so. Wir können uns vom "koreanischen Geist" des Mutes, der Lernbereitschaft und der Zuversicht inspirieren lassen. Ebenso freut es mich, dass die Zahl derjenigen in Korea steigt, die die deutsche Sprache erlernen.

Eine gemeinsame Sprache haben unsere Bürger bereits: Es ist die der klassischen Musik. Daher freut es mich ganz besonders, dass der Cellist Jan Vogler heute Abend als Zeichen der Verbundenheit einige Stücke für uns alle spielen wird.

Ich bitte Sie nun, mit mir das Glas zu erheben auf die Gesundheit von Staatspräsident Lee und seiner Frau, auf das Wohl und die friedliche Wiedervereinigung des koreanischen Volkes und auf die Freundschaft zwischen Korea und Deutschland.

Ui Ha Yo.