Redner(in): Joachim Gauck
Datum: 26. Februar 2013
Untertitel: Der Bundespräsident hat am 26. Februar 2013 beim Empfang zu Ehren des italienischen Präsidenten Giorgio Napolitano in München eine Ansprache gehalten: "All das macht die deutsch-italienischen Beziehungen zu besonders tiefen Beziehungen und wir wollen heute Abend einigen von denen Dank sagen, die dazu beitragen, dass sie so gut und besonders bleiben. Allen voran Ihnen, verehrter Herr Staatspräsident! Unser Land kann sich glücklich schätzen, in Ihnen einen Freund zu haben. Welch eine Geste, dass Sie sich nur einen Tag nach den so bedeutsamen Wahlen in Ihrem Land Zeit nehmen für einen mehrtägigen Staatsbesuch in Deutschland!"
Quelle: http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-Gauck/Reden/2013/02/130226-Italien-Empfang.html
Ich freue mich, Sie, Exzellenz, auch zugleich im Namen von Ministerpräsident Horst Seehofer und dem Freistaat Bayern und im Namen all meiner Landsleute recht herzlich zu begrüßen. Wir freuen uns, dass Sie unter uns sind.
Wir dachten, Sie nicht nur mit unseren offenen Armen, sondern auch mit schönem Wetter zu empfangen, das hat nicht ganz geklappt. Und so erscheinen Sie hier mitten im kalten Winter zu einem Besuch, auf den Sie sich gefreut haben, so haben Sie es mir erzählt, und Sie werden hier erleben, dass Sie umgeben sind von Menschen, die sehr wohl wissen, was deutsch-italienische Freundschaft ist. Die Menschen, die Sie hier vor dem Konzert begrüßen und empfangen, haben diese Freundschaft über Jahrzehnte begründet und bestärkt.
Wir haben uns jetzt zuerst hier in München getroffen. Hier in München ist eine Jahrhunderte alte Liebe zu Italien spürbar, zu italienischer Kultur und zu italienischer Lebensart. Sie ist spürbar durch die Architektur, durch wunderbare Kulturstätten, Schlösser und wir verdanken sie den bayerischen Landesherren, die auch eine Liebe zu Ihrem Land empfunden haben, bevor wir sie empfinden. Nicht allein aber München und Bayern, sondern ganz Deutschland verbindet viel mit Italien. Lassen wir einmal die viel zitierte und legendäre Italiensehnsucht der Deutschen beiseite. Wir würden da Eulen nach Athen tragen. Alle, die hier im Raum sind, wissen, wie deutsche Maler, Komponisten, Schriftsteller, wie Kulturschaffende der unterschiedlichen Generationen an Italien gehangen haben. Schauen wir auf die heutigen, tagtäglichen Verbindungen zwischen Deutschland und Italien, besonders aber zwischen Deutschen und Italienern. Diese Verbindungen sind gestiftet von Millionen von Reisenden, die in beiden Richtungen unterwegs sind. Wir denken auch an die italienischen Arbeitssuchenden, die besonders in der frühen Zeit der Bundesrepublik, aber dauernd auch in den vergangenen Jahrzehnten in diesem westlichen Teil Deutschlands gekommen sind. Sie haben mit ihrer Arbeit und ihrem Fleiß hier zum Wohlstand unseres Landes beigetragen und haben ihren Kindern Deutschland ans Herz gelegt. Viele sind einmal Deutsche, einmal Italiener sie sind einfach Europäer geworden durch gelebtes Leben.
So verbindet sich vieles auf ganz natürliche Weise. Der deutsche Arzt in Südtirol fällt nicht weiter auf und die italienische Ingenieurin in Bayern auch nicht. Wir freuen uns darüber, dass es so ist. Wir freuen uns über die weit über 1000. Firmen in Deutschland, die italienische Eigentümer haben, und hier rund 100.000 Arbeitsplätze bieten. Wir freuen uns über die, die in unseren Fußballclubs und Opernhäusern wirken und natürlich auch hier gibt es viele Beispiele unter uns über die vielen binationalen Paare. Einige habe ich heute Abend kennen gelernt. All das macht deutsch-italienische Beziehungen zu besonders tiefen Beziehungen und wir wollen heute Abend einigen von denen Dank sagen, die dazu beitragen, dass sie gut und besonders bleiben.
Allen voran sagen wir Ihnen Dank, verehrter Herr Staatspräsident. Unser Land schätzt sich glücklich, mit Ihnen einen Freund zu haben.
Wir wissen zu schätzen, dass Sie einen Tag nach diesen bedeutenden und schwierigen Wahlen hier bei uns mehrere Tage zu Gast sind.
Wir wissen alle, dass das Wahlergebnis in Italien eine besonders große Herausforderung darstellt für das Geschick aller gewählten Politiker. Vor Ihnen liegen hochwichtige politische Entscheidungen. Dafür wünschen wir Ihnen allen eine glückliche Hand und viel Erfolg im Interesse Italiens und Europas.
Es ist gut, dass wir uns in diesem für Europa so schwierigen Jahren immer wieder bewusst machen, dass wir auch schlimme Zeiten überwunden haben und dass wir daraus gelernt haben und vor allem wie sehr wir einander bereichert haben und wie viel wir heute miteinander teilen.
Heute Abend nun wollen wir nicht nur die deutsch-italienische Freundschaft würdigen und preisen, sondern wir wollen Giuseppe Verdi würdigen. Und wir wollen uns freuen über all die Geschenke, die er uns in Europa, die er der ganzen Welt gemacht hat. Wir feiern seinen 200. Geburtstag an vielen Orten in Deutschland und Europa. Seine Lebensgeschichte ist eng mit der Nationenwerdung Italiens verknüpft. Er war sogar selbst Abgeordneter im ersten italienischen Parlament. Ich muss zugeben, dass ich das nicht wusste. Das habe ich erst in Vorbereitung auf diesen Besuch gelernt. Aber er war ein Europäer. Er hat seinem Land erneut eine musikalische Stimme im Konzert der Nationen gegeben und zugleich eine Musik geschaffen, die unzählige Menschen in Europa und weltweit die Sehnsucht spüren lässt nach einem brüderlichen Miteinander der Nationen. Lassen Sie uns dieses Miteinander heute Abend feiern. Noch einmal herzlich willkommen.