Redner(in): Joachim Gauck
Datum: 9. August 2013
Untertitel: Bundespräsident Joachim Gauck hat am 9. August beim Benefizkonzert des Bundespräsidenten in Lübeck eine Rede gehalten: Darin betonte er: "Wenn wir sagen: Deutschland ist eine Kulturnation, dann ist das nicht nur die Beschreibung eines Zustandes, auf den wir mit Recht stolz sein können, sondern wir haben das auch zu verstehen als Auftrag, dieses Erbe weiterzugeben an die kommenden Generationen."
Quelle: http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-Gauck/Reden/2013/08/130809-Benefizkonzert-Luebeck-SH.html
Was für ein schöner Abend! Was für ein schöner Anlass hier während des Schleswig-Holsteiner Musik Festivals einen so besonderen Abend zu haben. Ich freue mich, dass Sie alle gekommen sind. Und ich kann nur sagen: Sie haben es richtig gemacht, dass Sie gekommen sind. Sie haben sich dafür entschieden, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden.
So soll es ja auch sein, bei den Benefizkonzerten des Bundespräsidenten: Einen guten Zweck sollen sie fördern und sie sollen den Menschen, die dabei sind, Freude machen mit exzellenter Musik. Aber sie sollen und können noch mehr und das ist mir besonders wichtig. Die Benefizkonzerte des Bundespräsidenten, die ursprünglich immer in Berlin stattgefunden hatten, wandern seit einigen Jahren durch die Länder der Bundesrepublik. So kann das Staatsoberhaupt deutlich machen, dass wir in unserem großen Land bedeutende Kultur haben, aber eben nicht nur in der Hauptstadt. Der Bundespräsident kann immer wieder zeigen, dass Deutschland in den Ländern, in den Regionen, in den Städten kulturelle Akzente setzt, die weltweit ihresgleichen suchen. Deutschland besteht zwar aus vielen und zum Teil auch recht unterschiedlichen Regionen, aber es hat in kultureller Hinsicht keine Provinz, Provinz jedenfalls wie man das Wort umgangssprachlich oft benutzt in einem etwas abwertenden Sinne. Im Gegenteil: Gerade in der Weite des Landes, in den unterschiedlichen Orten, wo musikalische oder andere künstlerische Traditionen gepflegt werden, ist etwas von der besonderen Qualität des deutschen Geisteslebens zu spüren. Wir leben in einem kulturell reichen Land.
Dafür bin ich dankbar und darauf können wir alle miteinander auch stolz sein. Aber so etwas, das wissen wir alle, das wächst und gedeiht ja nicht von alleine, Kultur fällt nicht vom Himmel. Kultur kommt auch von Anstrengung und von Mühe es ist eben nicht nur "Spaß". Und Kultur belohnt mit größerem Genuss als reinem Konsum diejenigen, die sich darum besonders mühen: die Künstler und die, die Empfangende sind.
So etwas muss man lernen und am besten ist es, wenn man es in der Kindheit oder in der Jugend vermittelt bekommt. Darum haben der Ministerpräsident und ich uns auch etwas Besonderes für diesen Abend ausgedacht. Wir wollen, dass der Benefizerlös Einrichtungen und Initiativen der musikalischen Bildung zugute kommt. Ich habe mich für das Projekt "Klasse! Wir singen!" eingesetzt, das es in einigen Ländern schon gibt und ich hoffe, dass es das bald in allen Ländern des Bundes gibt. Jedenfalls wünsche ich mir, dass solche Aktivitäten wie "Klasse! Wir singen!" Schule machen.
Hier lernen Kinder in ihren Klassenverbänden, wie viel Freude es macht, gemeinsam zu singen. Es freut mich, dass hier auch diejenigen Kinder mitmachen können, die Zuhause eben keine musikalische Bildung irgendeiner Art mitbekommen.
Wenn wir sagen: Deutschland ist eine Kulturnation, dann ist das nicht nur die Beschreibung eines Zustandes, auf den wir mit Recht stolz sein können, sondern wir haben das auch zu verstehen als Auftrag, dieses Erbe weiterzugeben an die kommenden Generationen. Und ich möchte an dieser Stelle einmal ausdrücklich all denen danken, besonders den vielen Musiklehrerinnen und Musiklehrern, den Musikpädagogen an den Musikschulen, allen, die sich darum mühen, dass Kinder selber Instrumente lernen und im Orchester spielen können oder es einfach schätzen lernen, Konzerte zu besuchen. Ihnen allen, die Sie zu diesem Kreis gehören, ein herzliches Dankeschön.
Unsere ganz einmalige, weltweit geschätzte Musikkultur in Deutschland hängt davon ab, ob es gelingt, auch den Nachwuchs für die Musik und das Musizieren zu begeistern. Nur wenn uns das gelingt, werden wir unsere zahlreichen Orchester, Opernhäuser, aber auch Konservatorien und Musikhochschulen halten können.
Begeistern, das ist das letzte Stichwort meiner kurzen Begrüßung. Begeistern wird uns heute, hier oben im Norden, Musik aus Italien, dem immerwährenden südlichen Sehnsuchtsland so vieler Deutscher.
Begeistern wird uns das Schleswig-Holstein Festival Orchester und der Schleswig-Holstein Festival Chor, die gemeinsam mit den Solisten unter der Leitung von Professor Rolf Beck musizieren werden. Gerade das Schleswig-Holstein Musik Festival hat seit seiner Gründung bewiesen, wie wichtig und wie erfolgreich es ist, großartige Musik auch abseits der Metropolen aufzuführen.
Begeistern können uns Musik und Musiker aber nur, weil es sehr viele Menschen gibt, die sich um das Gelingen dieser Abende und dieses heutigen Abends bemüht haben. Ihnen allen möchte ich von Herzen danken Ihnen allen, die Sie eine Karte erworben haben, ganz besonders jenen, die darüber hinaus noch als Stifter und Sponsor in Erscheinung getreten sind, und die dafür sorgen, dass es uns gelingt, in dieser Zeit, in der die Kinder manchmal eher am Computer Dinge zustande bringen als dass sie ein Lied singen können, das gerade in dieser Zeit das, was wir fördern wollen, auch wirklich gefördert werden kann. Allen großherzigen Spendern meinen herzlichen Dank.