Redner(in): Johannes Rau
Datum: 3. Februar 2000

Quelle: http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Johannes-Rau/Reden/2000/02/20000203_Rede.html


I. Ich begrüße Sie in Schloss Bellevue.

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle auch noch einmal persönlich dafür danken, dass Sie sich bereit erklärt haben, in der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung mitzuarbeiten.

Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. von Wedel, der Präsidentin des Bundesrechnungshofes, die schon den Vorsitz in der von meinem Amtsvorgänger Professor Dr. Herzog berufenen Kommission innehatte.

Auch Herr Merk bringt aufgrund seiner Mitwirkung in der Vorgängerkommission Kontinuität in Ihre Arbeit ein.

Die Herren Professor Dr. von Alemann, Dr. Winkhaus und Dr. Wunder haben diese Aufgabe neu auf sich genommen.

Die Mitglieder des Beirats sollen aufgrund ihrer Erfahrungen aus den Parteien, denen sie verbunden sind, die Kommission beraten.

Herr Dr. Maleuda ist neu in diesen Kreis gekommen, die anderen Herren - Herr Genscher, Herr Dr. Günther, Herr Kiechle, Herr Friedrich Vogel und Herr Dr. Hans-Jochen Vogel - haben bereits der Vorgängerkommission zur Seite gestanden.

II. Das Parteiengesetz verpflichtet den Bundespräsidenten, für die Dauer seiner Amtszeit diese Kommission zu berufen.

Wenn ich das als Nichtjurist richtig sehe, stellen sich Ihnen drei Aufgaben:

Ihre Vorgänger konnten diesen gesetzlichen Auftrag nach Art. 6 der letzten Novelle schon deshalb nicht abschließend erledigen, weil die maßgeblichen Rechenschaftsberichte der Parteien nicht vorlagen.

Ich verstehe das zusammengefasst so, dass Sie - jedenfalls auch - ein gesetzliches Mandat haben, Empfehlungen auszusprechen, wenn Sie Änderungen auf dem Gebiet der Parteienfinanzierung, auch struktureller Art, für angezeigt oder erforderlich halten.

III. Wenn ich hier den Auftrag des Parteiengesetzes anspreche, tue ich das natürlich vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Situation:

Als ich im Herbst und Winter letzten Jahres die ersten Schritte zur Bildung dieser Kommission einleitete, war noch nicht abzusehen, was in der Folgezeit aufgrund der beinahe täglich neuen Presseberichte deutlich wurde:

Mit einer Mischung aus ungläubigem Staunen und Erschrecken erfahren wir von immer neuen Facetten des Umgangs mit Parteispenden.

Ich habe nicht die Befürchtung, dass daraus eines "Staatskrise" wird.

Ich habe schon bei anderer Gelegenheit gesagt, dass ich auf die Selbstreinigungskräfte unserer Demokratie vertraue.

Aber die Gefahr ist groß, dass die Parteienverdrossenheit in Teilen der Bevölkerung weiter zunimmt und dass das Vertrauen in die demokratischen Institutionen schlimmen Schaden nimmt.

In dieser Situation übernehmen Sie Ihre Aufgabe:

Das Parteiengesetz bezeichnet Sie mit gutem Grund als unabhängige Sachverständige. Ich kann Sie daher nur ermuntern, dass Sie Ihren gesetzlichen Auftrag nicht restriktiv verstehen. Sondern ich wünsche mir, dass Sie umfassend prüfen, ob? und wenn ja welche? Änderungen auf dem Gebiet der Parteienfinanzierung sinnvoll oder nötig sind. Ich selbst sehe vor allem drei Fragenkomplexe:

Ich bin also für eine umfassende, ruhige Prüfung und bin sicher, dass die Öffentlichkeit genau das von Ihnen erwartet.

Ganz gewiss ist es nicht Ihre Aufgabe, die Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses oder parteiinterner Gremien zu tun.

Ich bin mir sicher, dass Sie Ihr Aufgabenfeld sachgerecht abgrenzen und definieren.

Ich möchte ganz deutlich sagen:

Ich fände es gut, wenn Sie strukturelle Vorschläge machten, etwa zur Konkretisierung des Transparenzgebotes im Parteiengesetz.

Das gesetzliche Mandat dazu haben Sie. Sie sind das nach dem Parteiengesetz dazu berufene Gremium.

Es liegt im Interesse aller politischen Parteien und es entspricht der Erwartung der Menschen in der Bundesrepublik, dass Sie? vor dem Hintergrund von Erfahrungen - Vorschläge unterbreiten, die geeignet sind, das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie zu stärken, nach sorgfältiger Prüfung und möglichst bald.

Dazu wünsche ich Ihnen viel Erfolg.