Redner(in): Johannes Rau
Datum: 25. Juni 2002

Quelle: http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Johannes-Rau/Reden/2002/06/20020625_Rede2.html


Vielen Deutschen, die Thailand wegen der Schönheit seiner Landschaften, wegen seines kulturellen Erbes und wegen der sprichwörtlichen, auch von mir in diesen Tagen erlebten Freundlichkeit seiner Menschen besuchen, ist wahrscheinlich gar nicht bewusst, dass die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern weit zurückreichen.

Im Jahr 1858 schloss der Hamburger Kaufmann Theodor Thies im Auftrag der Hansestädte einen Vertrag mit dem thailändischen König Mongkut. Der Vertrag räumte den Hansestädten Meistbegünstigung ein und bereitete den Boden für eine langfristige Wirtschaftspartnerschaft. Das war der Anfang moderner Wirtschaftsbeziehungen zwischen Thailand und Deutschland.

Rund 100 Jahre später, nämlich 1959, schlossen sich deutsche Geschäftsleute zur German Business Group zusammen. Im Juli 1962 wurde die Deutsche Handelskammer gegründet.

Der deutsche Botschafter von Schweinitz berichtete damals ganz offen, dass "die Tätigkeit der Handelskammer begrüßt werden kann, zumal sie für das Wirtschaftsreferat die notwendige Entlastung von zahlreichen Routinearbeiten bringt".

Damit hat der Botschafter vielleicht doch nicht so ganz das Potential im Blick gehabt, das einer solchen Kammergründung innewohnt. Die Zahl der Kammermitglieder ist mittlerweile von 57 auf über 500 angewachsen. Das bilaterale Handelsvolumen ist um das 50-fache gestiegen, von 65 Millionen US- $ auf 3,3 Milliarden US- $ . Parallel dazu hat die Kammer ihr Leistungsspektrum beständig ausgedehnt.

Stellvertretend für die vielen Initiativen, mitten denen die Kammer die Wirtschaftsbeziehungen mit Thailand immer wieder neu belebt hat, erwähne ich das "German Technology Symposium", das im kommenden November zum siebten Mal stattfindet. In der technologischen Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern spielt es eine wichtige Rolle.

Technologie beruht auf Kreativität und Wissen. Daher ist es eine gute Idee, das Technologiesymposium nicht nur mit einer technologischen Leistungsschau zu verbinden, sondern gleichzeitig den Studienstandort Deutschland zu präsentieren. Da hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Die deutschen Universitäten sind gerade für Studierende aus Asien deutlich attraktiver geworden: durch die gezielte Betreuung ausländischer Studenten und durch englischsprachige Studiengänge und Abschlüsse und durch vernünftigere Regelungen im Ausländerrecht.

Das Vertrauen deutscher Firmen in die Zukunft Thailands ist ungebrochen. Ihr Engagement in Thailand hat auch die Währungskrise von 1997 überstanden. Die Zahl deutscher Unternehmen, die investieren, ist zurück gegangen, aber das Volumen der Investitionen steigt stetig. Unsere Wirtschaftsbeziehungen haben vor allem indenBereichen noch viel Ausbaupotenzial, die besonders technologie-intensiv sind.

Viele Unternehmen wollen heute nicht mehr nur gute Gewinne erzielen; verantwortungsbewusste Firmen wollen auch gute "corporate citizens" sein. Ich freue mich daher sehr darüber, dass deutsche Unternehmen in Thailand auch bürgerschaftliches Engagement beweisen und täglich Mitverantwortung im sozialen und im kulturellen Bereich übernehmen. Sie tragen zur Zukunft Thailands bei - und damit tun sie auch etwas für ihre eigene Zukunft.

Gerade heute, in Zeiten der die Globalisierung, kommt es besonders darauf an, dass Unternehmen die soziale Verpflichtung des Eigentums ernst nehmen. Diese Bereitschaft, wirtschaftlich und sozial verantwortlich zu handeln, finde ich hier in Thailand wieder. Darüber freue ich mich.

Die deutschen Unternehmen sind in die Wirtschaft und in das gesellschaftliche Leben Thailands eingebunden. Das ist gewiss auch ein Verdienst der Deutsch-Thailändischen Handelskammer.

Ich gratuliere der Kammer zu ihrem 40. Jahrestag herzlich und wünsche ihr für die kommenden 40 Jahre zumindest ebenso guten Erfolg wie bisher.