Redner(in): Horst Köhler
Datum: 26. April 2006
Quelle: http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Horst-Koehler/Reden/2006/04/20060426_Rede.html
Seien Sie alle herzlich willkommen in Schloss Bellevue. Ich freue mich darüber, dass wir so zahlreich zusammengekommen sind, auch weil unsere große Zahl ihre eigene Bedeutung hat: die Medaillengewinner der Winterspiele von Turin bekommen heute das Silberne Lorbeerblatt.
Liebe Olympioniken und Paralympioniken, es hat mir große Freude gemacht, Sie bei den Wettkämpfen in Italien zu besuchen. Der eine oder andere hat das vielleicht selbst gespürt. Vielen von Ihnen bin ich dort persönlich begegnet - ob an den Wettkampfstätten, im Deutschen Haus oder beim gemeinsamen Essen im Hotel.
Heute ist das erste Mal, dass ich das Lorbeerblatt in Schloss Bellevue verleihen kann. Nach einem Tag der Offenen Tür im Januar, nach den Neujahrsempfängen und nach einer Wiedereröffnung des Schlosses mit Kabarett, Literatur und Rockmusik - Schloss Bellevue unplugged - hält jetzt auch der Sport hier Einzug und das macht mir wirklich große Freude. Es ist für mich zugleich eine schöne Wiedersehensfeier und eine fröhliche Erinnerung an den Geist von Turin - an "spirit und passions" der Olympischen und Paralympischen Winterspiele.
Mit dem Silbernen Lorbeerblatt werden herausragende sportliche Leistungen gewürdigt, die einhergehen auch mit einer vorbildlichen menschlichen Haltung. Denn auch in dieser Hinsicht Vorbild zu sein, das ist genauso wichtig wie die sportliche Spitzenleistung.
Vorbildliche Sportlerpersönlichkeiten beweisen Tugenden, die auch für unser Gemeinwesen sehr, sehr wichtig sind: Fair miteinander umzugehen, das Bestmögliche zu leisten, allein oder im Team die eigenen Grenzen weiter hinauszuschieben, auch ein guter Verlierer und natürlich hoffentlich so oft wie möglich ein guter Gewinner zu sein - das alles wünsche ich mir nicht allein im Sport, sondern in allen Bereichen des Miteinanders in unserem Land.
Deshalb ist der Sport gerade für junge Menschen auch eine so gute Vorbereitung auf das Leben: Sie lernen, die eigenen Kräfte zu erproben und zu stärken. Sie entwickeln Teamgeist und erfahren, dass die eigenen Fähigkeiten oft viel größer sind als gedacht. Und der Sport ist ein guter Weg zu einem unbefangenen Umgang und guten Miteinander von behinderten und nicht behinderten Sportlern, von Einheimischen und Hinzugewanderten, von Jung und Alt.
Deshalb geht es eben nicht allein um das "schneller, höher, weiter", und koste es, was es wolle, es geht immer auch um Gemeinschaft stiftende Fairness selbst im schärfsten Wettstreit.
Und darum muss selbstverständlich sein und bleiben, dass sich niemand unerlaubte Vorteile verschafft. Doping ist eben kein Kavaliersdelikt, sondern Betrug und zugleich ein Hasardspiel mit der eigenen Gesundheit.
Mit den Qualitäten, für die das Silberne Lorbeerblatt verliehen wird, ist ein solches Verhalten jedenfalls nicht zu vereinbaren. Darum lasse ich zurzeit prüfen, wie die Statuten für die Verleihung des Silbernen Lorbeerblatts verschärft werden können - aber mit Augenmaß. Der Lorbeer ist, wo er Dir erscheint, ein Zeichen mehr des Leidens als des Glücks ". Das stammt natürlich von Goethe. Für Sie, liebe Athleten, soll er nur noch ein Zeichen von Glück sein heute, auch wenn Sie bei den Wettkämpfen und vor allem im Training sicherlich oft leiden mussten.
Auch für diejenigen, die Sie dabei unterstützt haben und auf Ihrem langen Weg auf das Siegertreppchen begleitet haben, soll Ihr Lorbeerblatt ein Zeichen von Dank und Anerkennung sein: Für Ihre Trainer und Ihre vielen Betreuer im Team, für Ihre Familien, Partner und Freunde, für die Sportverbände und die Sporthilfe, die alle zu den Medaillenerfolgen beigetragen haben. Und deshalb freue ich mich, dass heute auch bei uns dabei ist Freiherr von Richthofen, der Präsident des Deutschen Sportbundes, Dr. Klaus Steinbach, Präsident des NOK, Herrmann Haack, der Präsident des Deutschen Behinderten Sportverbandes, und Walter Tröger, Mitglied des IOC.
Auch freue ich mich, dass Vertreter aus der Politik hier sind. Ich möchte als ersten nennen, den Verteidigungsminister Jung. Denn die Bundeswehr hat doch auch einen großen Beitrag zu unseren Erfolgen beigesteuert und ich möchte Ihnen, Herr Minister, ausdrücklich dafür danken. Die Sportler haben immer gesagt, das muss hoffentlich so bleiben. Das möchte ich auch unterstreichen. Auch danke ich Ihnen, Herr Dr. Dankert, dass Sie da sind. Ebenso der Staatsministerin aus dem Bundeskanzleramt, Frau Staatsministerin Müller. Sie alle sehen hier, liebe Sportlerinnen und Sportler, Sie haben schon Unterstützung in Personen und wenn es darauf ankommt auch in materiellen Dingen.
Ich freue mich, dass heute so viele dieser Begleiter und Unterstützer unter uns sind und ich bitte Sie, alle, die heute nicht dabei sein können, herzlich auch von mir, von uns, zu grüßen. Wir sind den Begleitern und Unterstützern wirklich zu Dank verpflichtet und nicht nur verpflichtet, wir möchten gern danken.
Liebe Sportlerinnen und Sportler, ich freue mich deshalb, Ihnen das Silberne Lorbeerblatt zu verleihen, und ich wünsche Ihnen allen auch in Zukunft so vorbildliche Erfolge wie in Turin. Und lassen Sie mich das abschließend sagen: ich freue mich schlicht ganz persönlich, Sie auch heute hier wieder zu sehen, und ich verspreche Ihnen auf jeden Fall: Ich werde Sie weiter begleiten, auch bei Wettkämpfen besuchen, weil ich glaube, der Sport ist etwas Wichtiges für unsere Gesellschaft.
Jetzt kommen wir zur Verleihung des Silbernen Lorbeerblattes. Ich werde nicht jedem von Ihnen das Silberne Lorbeerblatt anheften. Aber ich möchte doch sagen, dass Sie es bitte tragen sollen, damit es auch gesehen wird und andere ein bisschen begreifen, dass da eine große Leistung auch dann signalisiert wird, wenn es nicht im Fernsehen oder auf dem Treppchen zu sehen ist. Also tragen Sie das Silberne Lorbeerblatt, wann immer das angemessen ist und wenn es Ihnen Freude macht.
Vielen Dank!