Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 08. Februar 2013
Untertitel: In seiner Rede erinnerte Kulturstaatsminister Bernd Neumann an die Blütezeit des deutschen Films während der Weimarer Republik, die mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ein jähes Ende fand.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2013/02/2013-02-08-neumann-retrospektive.html
In seiner Rede erinnerte Kulturstaatsminister Bernd Neumann an die Blütezeit des deutschen Films während der Weimarer Republik, die mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ein jähes Ende fand.
Anrede,
die Retrospektive der Berlinale, die mit dieser Veranstaltung beginnt, unter dem Motto "The Weimar Touch" wird ein bewegendes Kapitel der Filmgeschichte aufschlagen. Zu verdanken haben wir dies der Stiftung Deutsche Kinemathek und dem Museum of Modern Art dem MoMa aus New York. Es freut mich, dass die "Berlinale-Retrospektive" künftig regelmäßig im Frühjahr auch im MoMa zu sehen sein wird. Lieber Rainer Rother, lieber Rajendra Roy, um mit einer Ikone des Exilfilms, mit Humphrey Bogart in "Casablanca", zu sprechen: "Ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft!"
Meine Damen und Herren,
vor genau 80 Jahren, am 30. Januar 1933, kamen die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht. Das war der Beginn einer verbrecherischen Terror-Herrschaft, die ihren grausamen und unmenschlichen Höhepunkt in der Ermordung von Millionen von Menschen fand. Sie bereitete auch der kulturellen Vielfalt der Weimarer Republik ein jähes Ende.
Das Weimarer Kino war die große Blütezeit des deutschen Films. Das Filmschaffen in den Jahren zwischen 1918 und 1933 steht für Kreativität und Innovationen. Persönlichkeiten wie Ernst Lubitsch, Friedrich-Wilhelm Murnau und Fritz Lang sind mit dem Weimarer Kino ebenso verbunden, wie die klangvollen Filmklassiker "Metropolis" oder "Der blaue Engel" und viele mehr.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde die erfolgreiche deutsche Traumfabrik für viele Filmschaffende zum Alptraum. Berufsverbote sowie Ausgrenzung und Diffamierung vor allem der jüdischen Künstler ließ vielen Filmschaffenden keine andere Wahl, als ihr Land zu verlassen. Über 2000 Filmschaffende darunter Drehbuchautoren, Kameramänner, Schauspieler, Bühnenbildner und Regisseure vorrangig jüdischer Herkunft gingen ins Exil:
Ein unwiederbringlicher Verlust von künstlerischem Potenzial, das in der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte durch Verfolgung und Vertreibung für die deutsche Filmkultur verloren ging.
Die diesjährige Retrospektive "The Weimar Touch" widmet sich den Einflüssen des Weimarer Kinos auf das internationale Filmschaffen nach 1933. Unbekannte oder vergessene Filme können ebenso neu entdeckt werden wie bereits Vertrautes.
Ich freue mich besonders, dass Sie, lieber Harold Nebenzal, heute hierher gekommen sind, um an der Aufführung von "The Chase" teilzunehmen, der 1946 von Ihrem Vater produziert wurde herzlich willkommen in Berlin!
Meine Damen und Herren,
Kinofilme sind nicht nur Wirtschafts- sondern zugleich Kulturgut. Der Film berührt emotional unmittelbarer als jede andere Kunstform. Er trägt zudem ganz wesentlich zum Verständnis unserer Kultur und Gesellschaft bei. Schon aus diesem Grund muss es unser höchstes Interesse sein, das deutsche Filmschaffen möglichst lückenlos zu erfassen und dauerhaft zu erhalten. Die Deutsche Kinemathek ist dabei eine nicht mehr weg zu denkende Akteurin für die Sicherung und Pflege unser Filmerbes, darunter schwerpunktmäßig das Kino der Weimarer Republik und des Exils.
Bereits in 2012 wurde für die Restaurierung und Digitalisierung unseres Filmerbes durch mein Haus fast eine halbe Million Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. In diesem Jahr sind es hierfür schon eine Million Euro, unter anderem für die Stiftung Deutsche Kinemathek, die zudem federführend für den Kinematheksverbund einen Bestandskatalog erarbeitet. Er soll die Filmwerke erfassen, die in den Filmarchiven in Deutschland bereits vorhanden sind.
Filme dokumentieren auf einzigartige Weise die historische Entwicklung unseres Landes und die Deutsche Kinemathek hat sich hier allerhöchste Verdienste erworben. Darum möchte ich an dieser Stelle noch einmal der Deutschen Kinemathek zu ihrem 50. Geburtstag gratulieren. Lieber Rainer Rother, ich danke Ihnen für Ihren unermüdlichen Einsatz für das deutsche Filmerbe, und ich wünsche der Berlinale-Retrospektive viele Zuschauer diesseits und jenseits des "Großen Teichs", den so viele deutsche Filmschaffende überquerten, um dort ihr Leben und ihre Art des Filmemachens zu retten.