Redner(in): Frank-Walter Steinmeyer
Datum: 17.04.2007

Untertitel: Ansprache von Bundesminister Steinmeier anlässlich des Treffens mit Vertretern der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik in Mexiko-Stadt
Anrede: Sehr geehrter Herr Pulido,sehr geehrte Damen und Herren,liebe Frau Gonzalez Arroyo!
Quelle: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2007/070417-MexikoAKBP.html


erlauben Sie mir, als Illustration und Diskussionsanregungen, einige einführende Bemerkungen zu Beginn unseres Gedankenaustausches über die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik.

Erstens: Außen und Innen lassen sich im Zeitalter der Globalisierung nicht mehr trennscharf auseinander halten. Im Gegenteil: Welthandel und globale Kommunikation haben nicht nur unseren Begriff von Raum und Zeit verändert. Sie haben uns auch begreifen lassen, die Herausforderungen und Probleme der Menschen als gemeinsame Aufgabe anzunehmen. Das gilt für das rasante Wachstum der Bevölkerung und die Bekämpfung der Armut, für die wachsenden Migrationsströme, aber besonders auch für die Erwärmung der Erde mit ihren ganz konkreten Folgen von der Wüstenbildung bis zur Wasserknappheit. All diese Phänomene beeinflussen oder bestimmen das Leben der Menschen über die Kontinente hinweg. Wenn wir sie lösen wollen, brauchen wir ein gemeinsames Bewusstsein und die Bereitschaft zu einer gemeinsamen Verantwortung.

Und genau deswegen habe ich auch seit Beginn meiner Amtszeit einen besonderen Schwerpunkt auf die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik gelegt. Kein anderer Politikbereich erreicht die Köpfe und Herzen des Menschen unmittelbarer und nachhaltiger. Kein anderer Politikbereich fördert stärker das Bewusstsein von der gemeinsamen Verantwortung in der Einen Welt.

Wir haben in den vergangenen beiden Jahren schon einiges erreicht: angefangen mit deutlich mehr Mitteln für den akademischen Austausch gleich zu Beginn der Legislaturperiode über die Reform und finanziell bessere Ausstattung der Goethe-Institute, der kulturellen Dachmarke Deutschlands, bis hin zu einer dichteren Vernetzung mit den kulturellen und kulturpolitischen Akteuren, die nicht zu den angestammten Partnern des Auswärtigen Amtes zählen: Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik nimmt wieder einen hervorgehobenen Platz in der deutschen Außenpolitik ein.

Auf diesem Weg wollen wir weiter gehen. Indem wir in diesem Jahr einen besonderen Schwerpunkt auf den Bereich innerhalb der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik legen, der das Bewusstsein einer globalen Verantwortung vielleicht am nachhaltigsten, sicher aber am frühesten zu schärfen vermag: den der Auslandsschulen.

Mexiko ist eines der Länder, in dem sich der nicht nur wichtige, sondern auch im internationalen Vergleich hervorragende Beitrag der deutschen Schulen im Ausland zeigt. Über 5000 junge Menschen werden hier in Mexiko an deutschen Schulen ausgebildet. Und ebenso wie die deutschen Schulen in Helsinki, in Singapur oder in Washington zählen die deutschen Schulen in Mexiko und zählt besonders das Colegio Aleman Alexander von Humboldt zu den besten Schulen des Landes. Gerade angesichts von Pisa-Studien und allfälligem Schlechtreden der deutschen Schulen lohnt es sich auch einmal, das Augenmerk hierauf zu richten. Ob in der Politik, in der Wirtschaft oder in der Kultur: Absolventen der deutschen Auslandsschulen tragen weltweit an hervorgehobener Stelle Verantwortung. Von ihrer sprachlichen und interkulturellen Kompetenz profitieren unsere Länder, profitieren aber auch weltweite Beziehungen zwischen Europa und seinen Partnern in der Welt.

Ganz besonders gilt das für Mexiko und Deutschland: vom Minister bis zum internationalen Opernstar, von hervorragenden Akademikern bis hin zu den größten Bierbrauern dieses Landes.

Ich freue mich sehr darauf, mehr über das mexikanisch-deutsche Erfolgsrezept und mehr über die hiesigen Wünsche und Vorstellungen für das deutsche Auslandsschulwesen zu erfahren.

Anhand des Beispiels der deutschen Auslandsschulen lässt sich noch ein zweiter Aspekt zeigen, der eng mit dem verbunden ist, was ich globale Bewusstseinsbildung nenne: Nämlich die verstärkte Zusammenarbeit von Kultur und Wirtschaft. Damit meine ich nicht nur die Tatsache, dass mich auch bei dieser Reise wieder Vertreter der deutschen Wirtschaft gemeinsam mit deutschen Kulturschaffenden begleiten.

Aber auch das. Und ich glaube, dass die Einblicke, die Marco Kreuzpaintner als Filmregisseur während seiner Arbeit hier in Mexiko gewonnen hat, auch für die Vertreter der Wirtschaft aufschlussreich sein können.

Ich meine damit aber auch ganz konkret die Zusammenarbeit der deutschen Wirtschaft hier vor Ort mit unseren kulturellen Institutionen. Angefangen mit der deutschen Schule in Puebla, die ja eng mit einem deutschen Automobilkonzern verbunden ist, über die hervorragende Zusammenarbeit der Kulturstiftung der Deutschen Wirtschaft mit dem Goethe-Institut hier in Mexiko. Die Zusammenarbeit hat für die deutsche Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik Maßstäbe gesetzt und ich hoffe sehr, dass sich über unser heutiges Gespräch hinaus Hinweise ergeben, wie wir diese Zusammenarbeit weltweit verbessern können.

Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik kann nur dann ihrem besonderen Stellenwert für die globale Bewusstseinsbildung gerecht werden, wenn sich sich an dem ausrichtet, was ich einmal einen ästhetischen Imperativ genannt habe: wir sollten so handeln, dass wir für uns selbst und für unsere Partner in der Welt mehr und neue Erkenntnis- , Handlungs- und Identifikationsmöglichkeiten eröffnen. Die auswärtige Bildungspolitik ist hierfür auch über den Bereich der Auslandsschulen hinaus besonders wichtig.

Wir brauchen in Deutschland mehr qualifizierte Einwanderung. Wir brauchen gut ausgebildete und hoch motivierte Menschen aus Ländern mit einer dynamischen Bevölkerungsentwicklung wie Mexiko, damit unsere Volkswirtschaft weiter wachsen kann. Und ich würde mich freuen, wenn unter diesen Menschen noch mehr Mexikaner wären. Ich glaube, der DAAD und die anderen deutschen Wissenschaftsorganisationen sind hier auf einem guten Weg, insbesondere im Bereich der Ingenieurwissenschaften.