Redner(in): Michael Roth
Datum: 16.11.2016

Untertitel: Grußwort von Europa-Staatsminister Roth bei der Deutsch-Polnischen Kommunalpartnerschaftskonferenz
Anrede: Sehr geehrter Herr Botschafter Przyłębski,sehr geehrter Herr Landrat Huber,sehr geehrter Herr Stadtpräsident Adamowicz,sehr geehrter Herr Bürgerschaftspräsident Weber,sehr geehrter Herr Staatssekretär Klute,sehr geehrte Damen und Herren Landräte,meine sehr geehrten Damen und Herren,
Quelle: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2016/161116_StM_R_dt_pol_Konferenz.html


sehr geehrte Damen und Herren Oberbürgermeister und Stadtpräsidenten, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter aus Kommunen in Deutschland und Polen,

Herzlich Willkommen zur Deutsch-Polnischen Kommunalpartnerschaftskonferenz im Auswärtigen Amt! Der Weltsaal ist unser größter Saal hier im Auswärtigen Amt. Und wie Sie sehen: Heute platzt er mal wieder aus allen Nähten. Wie schön!

Das ist ein weiterer Beweis für den großen Erfolg des deutsch-polnischen Jubiläumsjahres, das wir 2016 anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Deutsch-Polnischen Nachbarschaftsvertrags feiern. In den vergangenen elf Monaten haben hunderte von Veranstaltungen in Deutschland und Polen stattgefunden. Und heute wollen wir zum Abschluss dieses Jubiläumsjahres gemeinsam einen weiteren Höhepunkt setzen.

Aber Jubiläumsjahre sind ja nicht nur dazu da, um uns gegenseitig zu feiern. Solche Jubiläen bieten immer auch eine Gelegenheit, um innenzuhalten und sich zu vergewissern, was man eigentlich aneinander hat. Das ist unter guten Freunden, unter engen Partner nichts Ungewöhnliches das ist in der Politik nicht anders als in persönlichen Beziehungen.

Und bei allen Erfolgsgeschichten der deutsch-polnischen Freundschaft, die ich Ihnen jetzt erzählen könnte, mache ich mir auch Sorgen. Denn in den vergangenen Monaten hat es da den ein oder anderen schrillen Zwischenton gegeben, längst überwunden geglaubte Gräben sind wieder aufgebrochen.

Das zeigt: Gerade vor dem Hintergrund der wechselhaften deutsch-polnischen Geschichte mit all ihren Höhen und Tiefen sind unsere Beziehungen kein reiner Automatismus. Sie sind ein ganz wertvoller Schatz, den wir Tag für Tag pflegen und beschützen müssen.

Und dass dieser Saal heute so gut gefüllt ist, stimmt mich optimistisch: Denn dass Sie heute alle nach Berlin gekommen sind, zeigt recht eindrucksvoll: Die Partnerschaft zwischen unseren beiden Ländern wird auch im Jahr 2016 und in Zukunft mehr denn je gebraucht. Bei unseren Beziehungen sollten wir immer in den langen Linien denken. Es wird Sie vielleicht überraschen, so etwas ausgerechnet von einem Regierungsvertreter zu hören: Regierungen sind wichtig, aber bei weitem nicht alles. Regierungen kommen und gehen, aber die Millionen Menschen, die die unsere Partnerschaft Tag für Tag leben und pflegen, werden bleiben unabhängig von der jeweiligen Zusammensetzung unserer Regierungen.

Und die deutsch-polnischen Beziehungen sind erfreulicherweise keine reine Regierungsveranstaltung das zeigt mir auch der Blick in diesen Saal. Gerade die zivilgesellschaftlichen Kontakte und Begegnungen spielen eine ganz zentrale Rolle beim Wachsen von Vertrauen und Freundschaft. Und da kommen Sie als Vertreterinnen und Vertreter der rund 500 deutsch-polnischen Kommunalpartner-schaften ins Spiel: Denn die engen und freundschaftlichen Beziehungen von Landkreisen, Städten und Gemeinden auf beiden Seiten der Oder bilden das gesellschaftliche Rückgrat für unsere enge Zusammenarbeit auf politischer Ebene.

In diesen Partnerschaften werden persönliche Begegnungen und Austausch über Landesgrenzen hinweg Tag für Tag gelebt sei es durch Jugendaustausch, gemeinsame Kulturprojekte, wirtschaftliche Zusammenarbeit oder viele andere Formen des Miteinanders. Diese außergewöhnliche Leistung hervorzuheben, ist besonderes Anliegen der heutigen Veranstaltung. Hierfür möchte ich Ihnen allen, als Vertreterinnen und Vertreter deutsch-polnischer Kommunalpartnerschaften, ganz herzlich Danke sagen!

Denn wir brauchen in diesen schwierigen Zeiten Brückenbauer und Dolmetscher wie Sie! Sie nehmen die Zwischentöne wahr; Sie übersetzen, wenn es Missverständnisse gibt; Sie bauen Brücken und überwinden damit Gegensätze. Und darauf kommt es doch ganz besonders an: Einander zu verstehen und nicht zu verurteilen, einander zu erklären und nicht zu verklären, Vertrauen auf- und Skepsis abbauen hier liegt die zentrale Bedeutung solcher Kommunalpartnerschaften.

Es ist daher keine Überraschung, dass der Wandel in unseren Gesellschaften und damit auch in unseren Beziehungen zumeist auf der kommunalen Ebene seinen Anfang nahm, lange bevor er in die allgemeine nationale und bilaterale politische Wahrnehmung einging.

Ein Beispiel dafür ist die friedliche Revolution 1989, in der sich Polen und Ostdeutsche die Freiheit erkämpften und damit den Grundstein legten für die deutsche Einheit und das Zusammenwachsen Europas. Diese Revolution war eine Revolution von unten, aus den Kommunen.

In Polen nahm sie ihren Anfang in Danzig und breitete sich auf zahllose Städte und Gemeinden im ganzen Land aus. In der damaligen DDR nahmen sich die Menschen diese polnische Revolution von unten zum Vorbild hier breitete sich der Widerstand von Leipzig aus bis hierher nach Ost-Berlin.

Dass der Funken übersprang von Polen nach Deutschland, ist nicht zuletzt auch den engen Partnerschaften von einzelnen deutschen und polnischen Kommunen zu verdanken. Und ich freue mich sehr, dass wir heute mit Krakau und Leipzig eine dieser besonderen Partnerschaften hier auf der Bühne erleben werden.

Neue gesellschaftliche Entwicklungen zeigen sich besonders früh vor Ort: Der Wandel der Arbeitsgesellschaft beispielsweise. Wir werden bunter und vielfältiger. Das ist zugegebenermaßen anstrengend, aber eben auch bereichernd. Deswegen finde ich es großartig, dass Sie heute im Rahmen von unterschiedlichen Panels auch die Gelegenheit haben, über bilaterale Ausbildungskonzepte, die Förderung von Sprachkompetenz sowie über Migration und Integration zu diskutieren.

Miteinander und voneinander lernen dazu will die heutige deutsch-polnische Kommunalpartnerschaftskonferenz einen Beitrag leisten. Und das gilt nicht nur für die Kommunen und unsere bilaterale Partnerschaft, sondern auch für Europa insgesamt: Denn auch da kommen wir nur voran, wenn Polen und Deutschland gemeinsam, Hand in Hand arbeiten.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viele spannende Begegnungen, Gespräche und Diskussionen und dass Sie alle nach dem heutigen Tag mit dem Kopf voll frischer Ideen zur Zukunft der deutsch-polnischen Kommunalpartnerschaften nach Hause fahren.