Redner(in): Sigmar Gabriel
Datum: 27.01.2017

Untertitel: Rede der Personalratsvorsitzenden Josefine Wallat zur Übergabe des Amts des Bundesaußenministers an Sigmar Gabriel
Anrede: Sehr geehrter Herr Minister Steinmeier,sehr geehrter Herr Minister Gabriel,sehr geehrte Herren Staatssekretäre,liebe Kolleginnen und Kollegen,
Quelle: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2017/170127-Rede_PersRat_Amtsuebergabe.html


Frau Staatsministerin, Herr Staatsminister,

als Sie, Herr Minister Steinmeier, am 17. Dezember 2013 den Weltsaal zu Ihrem zweiten Amtsantritt betraten, wurden Sie von den Beschäftigten mit stehenden Ovationen begrüßt. Jetzt fällt uns der Abschied schwer. Sie haben diesem Ministerium sehr viel Ansehen und Medienpräsenz verliehen. Sie haben die Bedeutung der Außenpolitik im Bewusstsein der Bevölkerung fest verankert und das AA als Schaltstelle der Außenpolitik wieder etabliert. Dabei haben Sie, einen persönlichen Stil gepflegt, der von einem überaus freundlichen Auftreten gegenüber allen Beschäftigten geprägt war. Dafür danken wir Ihnen sehr herzlich.

Mit Ihrem Namen eng verbunden bleibt der "Review-Prozess". Sie haben dafür dringend notwendige Reformen angestoßen und manch mutigen Schritt getan ich denke an den "Reset", der die Berichtspflichten der Auslandsvertretungen zurück auf Null setzte. Sie haben eine neue Führungskultur aufgezeigt. Dazu gehören Hierarchieabbau, Laufbahndurchlässigkeit und Wertschätzung - und Sie haben manch verstaubtes Denken und Handeln im Auswärtigen Dienst in Frage gestellt.

Sie haben in der weltweiten Krisensituation beträchtliche zusätzliche Mittel und Stellen sichern können. Auch dafür unser Dank.

Dass die Aufgaben und Krisen schneller wachsen als das Personal und die neuen Mittel wirken können, ist ein bedauerliches, aber nicht unbekanntes Phänomen. An der Modernisierung unseres Dienstes werden wir weiter arbeiten müssen. Stellen zu verstetigen und moderne flexible Strukturen zu schaffen, bleibt eine Zukunftsaufgabe. Und diese Zukunft muss heute beginnen.

Die andauernde Verschlechterung der politischen Weltlage geht leider einher mit zunehmender Verschlechterung der Arbeitsbedingungen unserer Kolleginnen und Kollegen weltweit. Unsere Auslandsvertretungen müssen personell, finanziell und technisch in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben in größtmöglicher Sicherheit und mit modernsten Arbeitsbedingungen zu erfüllen. Wie wir an dem schrecklichen Angriff auf unser Generalkonsulat in Masar-e-Sharif gesehen haben, bleibt dies eine wahrhaft existenzielle Aufgabe.

In Ihrer Amtszeit wurde dankenswerterweise auch das wichtige Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz im In- und Ausland und der Umgang mit psychischen Belastungen angepackt. Doch auch hier bleibt noch viel zu tun. Nicht zuletzt das herabstürzende Deckenteil im Neubau hat diese Woche die Notwendigkeit einer konsequenten Überprüfung und Umsetzung des Arbeitsschutzes demonstriert.

Im Auswärtigen Amt sind wir durch die ständige Rotation an Abschiede gewöhnt. Aber mehr als an jedem anderen Ort gilt bei uns, dass man sich immer wieder sieht. Ich kann Ihnen daher versichern, dass Sie, selbst wenn Sie es wollten, das AA nicht wirklich loswerden. Wir werden Sie recht bald in neuer Funktion, manche sagen schon "Steinmeier 3.0" auf Ihren Auslandsreisen betreuen und in welches ferne Land Sie auch reisen mögen, an unseren Auslandsvertretungen begrüßen. Wir freuen uns auf jedes Wiedersehen!

Sehr geehrter Herr Minister Gabriel,

ich freue mich, Sie und Ihre Familie im Namen des Personalrats im Auswärtigen Amt zu begrüßen. Sie werden rasch feststellen, dass entgegen dem Klischee des unbeschwerten, cocktailschwenkenden Diplomaten, Ihnen vor allem sehr viele hart arbeitende und sehr loyale Frauen und Männer im AA begegnen werden, die Ihrer Arbeit mit sehr viel Engagement und Herzblut nachgehen.

Ohne ein echtes inneres Engagement ist unsere Arbeit unter den heutigen Bedingungen auch nicht mehr machbar. Denn das Arbeitsumfeld hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Die äußeren Krisen und Belastungen sind stark gestiegen und gefährden die Sicherheit der Beschäftigten und ihrer Angehörigen. Dies reicht von zunehmender Gewalt durch weltweiten Terror über die Umweltbedingungen in Großstädten in China, Indien oder Mexiko, die uns die Luft zum Atmen nehmen, bis hin zu den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Anders als die Mehrheit der deutschen Bevölkerung ernähren die Beschäftigten des AA zumeist von einem Gehalt und damit im Alter von einer Rente einen ganzen Haushalt. Im Falle einer Scheidung reicht es für mehrere Haushalte häufig nicht mehr. Die Vorstellung, dass dies weiterhin möglich sei, entspricht nicht der heutigen deutschen Realität, sondern einem Gesellschaftsbild der 50er Jahre.

In einer Zeit zunehmenden Fachkräftemangels müssen wir uns die Frage stellen, wie wir die Attraktivität des Auswärtigen Dienstes sichern können. Dazu benötigen wir moderne und flexible Arbeitsformen und eine starke Unterstützung der Partner und Familien, die zumeist die größte Last unserer weltweiten Versetzbarkeit tragen. Dafür, Herr Minister, werden wir Ihre Unterstützung und die des deutschen Bundestages benötigen.

Viele dieser Themen kennen Sie bereits aus Ihren früheren Tätigkeiten. Sie haben auch bereits deutlich gemacht, dass Ihnen Menschenrechte sehr am Herzen liegen. Sie bringen zudem die Gabe mit, Themen klar zu benennen und nicht um Probleme herumzureden. All dies sind keine schlechten Voraussetzungen für einen Chefdiplomaten. Auch von Ihren pädagogischen Erfahrungen als Germanist können wir nur profitieren, wenn ich mir so manche bürokratische Sprachverdrehung in unseren Vorlagen, Erlassen und Formularen anschaue. Nutzen Sie hierbei bitte fleißig Ihren Grünstift!

Wir als Personalrat freuen uns mit Ihnen in vertrauensvoller und konstruktiver Weise eine Reihe von Projekten anzugehen, die es zu vollenden gilt. Dazu gehören die Einführung von Langzeitarbeitskonten, von örtlich und zeitlich flexibleren Arbeitszeitmodellen in Zeiten der Raumnot, die geplante Entgeltordnung und die weitere Verbesserung der Hauskultur.

Der Personalrat freut sich auf eine intensive Zusammenarbeit mit Ihnen und auf ein baldiges Kennenlernen! Wir wünschen Ihnen einen guten Start!