Redner(in): Guido Westerwelle
Datum: 30.11.2010
Untertitel: Ansprache von Außenminister Westerwelle beim dritten EU-Afrika-Gipfel am 30. November 2010 in Tripolis, Libyen
Quelle: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2010/101130-BM-EU-Afrika-Gipfel-Rede.html
Sehr geehrter Herr Präsident des Europäischen Rats van Rompuy,
Sehr geehrter Herr Oberst Gaddafi,
sehr geehrte stellvertretende Vorsitzende der AU,
sehr geehrter Herr Vorsitzender der AU Kommission Jean Ping,
Exzellenzen,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich will die großen Herausforderungen, vor denen Afrika steht, nicht klein reden. Aber ich sehe in Afrika vor allem große Chancen. Wir Europäer wollen gleichberechtigte Partner sein, uns politisch und wirtschaftlich auf Augenhöhe begegnen.
Unverzichtbar für unsere gemeinsame Diskussion über Investitionen, Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze ist die Frage, wie die EU und Afrika gemeinsam für mehr Sicherheit und Frieden sorgen können. Wohlstand entsteht nur in Sicherheit, und dauerhafte Sicherheit nur in einem Rechtsstaat, der Menschenrechte schützt.
Das Ziel einer Sicherheitsarchitektur in Afrika, die für afrikanische Probleme afrikanische Lösungen finden kann, eint uns alle. Frieden und Wohlstand in Afrika liegen auch im europäischen Interesse.
Von den vielen Herausforderungen des Kontinents möchte ich mich auf drei beschränken, auf Sudan, Somalia und Piraterie.
Ein friedlicher Verlauf und ein ehrliches Ergebnis des Referendums in Sudan wäre ein Gewinn für mehr Stabilität in der ganzen Region. Wir stehen Sudan an dieser kritischen Weichenstellung bei und werden das auch nach dem Referendum tun. Sollte das Referendum zu einem südsudanesischen Staat führen, bräuchten sowohl die Regierung im Norden als auch die Regierung im Süden viel Unterstützung beim Aufbau effektiver Strukturen. Deutschland ist dazu bereit.
In Somalia verbinden wir humanitäre Hilfe mit Hilfe zum politischen Wiederaufbau. Deutschland unterstützt in der EU und bilateral die Übergangsregierung und die AU-Mission AMISOM. Natürlich können wir mit der EU-Trainingsmissionen zur Ausbildung somalischer Sicherheitskräfte und unserer Unterstützung beim Aufbau der Justizsysteme die Folgen des Staatszerfall nicht im Alleingang lösen. Frieden kann nur gelingen, wenn sich die Konfliktparteien innerhalb Somalias ernsthaft für eine Friedenslösung einsetzen. Wir werden Somalia auf dem Weg der inneren Aussöhnung mit unserem vernetzten Ansatz unterstützen, weil nur eine stabile und faire Gesellschaftsordnung Instabilität und Gewalt verhindert können.
Der Schutz der humanitären Hilfe für Somalia ist auch vorrangiges Ziel im Kampf gegen die Piraterie vor den Küsten Somalias. Piraterie bedroht aber nicht nur die Frauen, Männer und Kinder in Somalia, sondern in ganz Ostafrika. Dass Handel in der Region möglich bleibt, ist im gemeinsamen Interesse der EU mit Afrika. Kriegsschiffe können nur ein kleiner Teil einer umfassenden Lösung sein. Vor allem brauchen die Menschen in Somalia Perspektiven.
Das Beispiel Piraterie zeigt, wie die globalen Herausforderungen zunehmen, bei denen die Interessen Afrikas und der EU gleich laufen. Für diese Herausforderungen, von der Piraterie über gerechte Entwicklung und Menschenrechtsschutz bis zum Klimawandel, brauchen wir einen langen Atem. Aber wir dürfen keine Zeit verlieren. Die Probleme werden nicht kleiner, wenn wir sie ignorieren.
Vieles können wir als EU mit der AU und anderen Regionalorganisationen erreichen. Für die weltumspannenden Probleme müssen wir Lösungen in den Vereinten Nationen finden. Wir werden für Ihre Anliegen immer ein offenes Ohr haben und Ihre Ziele nach Kräften fördern.
Der Sicherheitsrat kann Veränderungen der letzten 65 Jahre nicht unberücksichtigt lassen. Das gewachsene Gewicht Afrikas muss sich auch im Sicherheitsrat widerspiegeln.
Deutschland hat die Afrikanische Union in der Vergangenheit vielfältig unterstützt. Ich nenne nur den Bau des Gebäudes für die Abteilung Frieden und Sicherheit der AU. Wir werden Sie auch weiterhin unterstützen.