Redner(in): Guido Westerwelle
Datum: 30.10.2012
Untertitel: Grußwort von Außenminister Westerwelle zur Eröffnung der neuen türkischen Botschaft
Quelle: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2012/121030-BM_TUR_Botschaft.html
Nach fast siebzig Jahren kehrt die türkische Botschaft in die Tiergartenstraße zurück. Im letzten Jahrzehnt hat die Türkei eine beeindruckende Erfolgsgeschichte geschrieben. Sie ist zur einer Gestaltungskraft aufgestiegen.
Die türkische Wirtschaft boomt. Sie zählt zu den stärksten Europas. Im Inneren hat die Türkei wichtige Reformen verwirklicht, im Justizwesen genauso wie mit Blick auf religiöse Minderheiten. Viel bleibt zu tun, aber wichtige Etappen sind geschafft.
Durch eine Politik der Modernisierung lebt die Türkei vor, wie sich Islam und Demokratie vereinbaren lassen. Das inspiriert Millionen von Menschen in der Nachbarschaft und darüber hinaus.
Mit dieser aufstrebenden Türkei verbindet uns Deutsche heute eine einzigartige Beziehung. Sie, Herr Erdogan, haben vor einem Jahr zu recht gesagt: "Wir gehören zusammen". Deutschland ist wichtigster Wirtschaftspartner der Türkei.
Fast drei Millionen Menschen türkischer Herkunft leben in Deutschland. Die meisten von ihnen sind deutsche Staatsbürger. Sie bereichern unsere Kultur. Sie sind aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken. Sie sind ein Teil von uns.
Deshalb schützen wir muslimische wie jüdische Traditionen. Deshalb werden wir Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in unserem Land nicht dulden. Sie richten sich gegen uns selbst.
Wir werden unser gegenseitiges Verstehen und unsere Partnerschaft durch mehr Jugendaustausch verbessern. Bei unserem strategischen Dialog Ende November werden mein Kollege Ahmed Davutoglu und ich zu diesem Zwecke eine Deutsch-Türkische Jugendbrücke einrichten.
Unsere Beziehung hat immer auch eine europäische Dimension. Wir teilen ein gemeinsames Interesse daran, der Annäherung zwischen Europäischer Union und Türkei neuen Schwung zu geben.
Seit mehr als zwei Jahren wurde in den Beitrittsverhandlungen zur EU kein Kapitel mehr geöffnet. Dieser Stillstand ist nicht gut, für beide Seiten nicht. Im kommenden Jahr wollen wir hier einen neuen Anfang machen.
In diesen Tagen wird besonders deutlich: Wir brauchen jetzt einen engen Austausch zwischen Ankara, Berlin und Brüssel über außenpolitische Fragen. Im Umgang mit den historischen Umbrüchen in der arabischen Welt sind wir enge Partner.
Das gilt besonders für die dramatische Lage an der syrischen Grenze. Als Nato-Partner stehen wir Deutsche an der Seite der Türkei. Die Besonnenheit, mit der die türkische Regierung handelt, hat unsere Anerkennung und unsere Solidarität.
Die Partnerschaft zwischen unseren beiden Ländern ist nicht nur politischer Natur. Es ist ein durch viele Millionen Familien und viele Millionen Reisende gewobenes festes Band, das unsere Völker verbindet.
Es lebe die Deutsch-Türkische Freundschaft! Yaşasın Türk-Alman Dostluğu! Biz birlikteyiz!