Redner(in): Guido Westerwelle
Datum: 24.04.2013
Untertitel: Rede von Außenminister Westerwelle anlässlich der Konferenz "Deutsche Unternehmen - Pioniere der dualen Berufsausbildung im Ausland" am 24. April im Auswärtigen Amt
Anrede: Liebe Frau Kollegin Wanka,lieber Eric Schweitzer,meine Damen und Herren,
Quelle: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2013/130424-BM_Duale-Berufsausbildung.html
Exzellenzen,
ich begrüße Sie herzlich im Auswärtigen Amt.
Der deutschen Wirtschaft, insbesondere dem Mittelstand, geht es so gut wie seit vielen Jahren nicht mehr. Die Beschäftigungszahlen sind auf einem Höchststand, die Arbeitslosigkeit sinkt. Wenn es Deutschland wirtschaftlich gut geht, dann ist das auch eine gute Nachricht für die deutsche Außenpolitik.
Denn der Einfluss Deutschlands in der Welt gründet nicht auf der Größe unserer Armee. Der Einfluss Deutschlands in der Welt gründet auf unserer diplomatischen Klugheit, auf unserer Mitmenschlichkeit und nicht zuletzt auf unserer wirtschaftlichen Kraft.
Es sind nicht nur die Produkte und Dienstleistungen der deutschen Unternehmen, die im Ausland hohe Anerkennung erfahren. Auf fast allen meinen Reisen werde ich von unseren Partnern auf unser System der dualen Berufsausbildung angesprochen.
Das deutsche System der dualen Berufsausbildung entwickelt sich zu einem echten Exportschlager "Made in Germany".
Viele Exportunternehmen engagieren sich seit Jahrzehnten in der beruflichen Ausbildung: Siemens in North Carolina, Volkswagen in Brasilien, Festo in China, um nur einige Beispiele zu nennen. Vor Ort auch auszubilden, unterstreicht die Strategie deutscher Unternehmen im Ausland: Es geht nicht um kurzfristigen Profit, sondern um langfristige Partnerschaft auf Augenhöhe zum gegenseitigen Nutzen.
Unser System der dualen Berufsausbildung ist ein Garant für gut ausgebildete Fachkräfte und geringe Jugendarbeitslosigkeit. Durch die Verzahnung von beruflicher Praxis im Betrieb und theoretischer Fundierung in der Berufsschule erleichtert sie den jungen Menschen den Einstieg in das Arbeitsleben.
In den USA lobte Präsident Obama jüngst das deutsche System, weil es die Jugendlichen passgenau auf die spezialisierten Anforderungen der Arbeitswelt vorbereitet. Auch die Europäische Kommission empfiehlt den Ausbau hochwertiger dualer Berufsbildung.
Auch mein indischer Amtskollege hat mich bei unseren Regierungs-konsultationen vor zwei Wochen auf dieses Thema erneut angesprochen. In Indien werden schon bald dreimal so viele Menschen leben wie in der gesamten Europäischen Union. Für ein Land mit dieser demographischen Entwicklung ist die Frage der Bildung und Ausbildung der jungen Generation eine strategische Frage.
Die Gewichte auf der Welt verschieben sich. Angetrieben durch die demographische Entwicklung entstehen neue Kraftzentren in der Welt. Der Anteil Europas an der Weltbevölkerung schrumpft.
China ist zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt geworden. Brasilien hat Großbritannien überholt.
Die neuen Kraftzentren schreiben beeindruckende ökonomische Erfolgsgeschichten und erheben zu Recht einen stärkeren Gestaltungs-anspruch in der internationalen Politik.
Es ist das erklärte Beispiel der Bundesregierung, bewährte Partnerschaften zu pflegen und neue Partnerschaften zu begründen.
Deutschland muss sich frühzeitig, spätestens rechtzeitig mit den neuen Kraftzentren vernetzen. Gerade Deutschland als Exportnation lebt von seiner Offenheit und Vernetzung. Das ist nicht politische Theorie.
Nehmen Sie die Visapolitik. Wir wollen eine moderne Visapolitik, die Begegnung zwischen Menschen gestaltet und nicht Trennung verwaltet.
Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung haben wir Angebote entwickelt, um duale Berufsausbildung im Ausland zu unterstützen. Damit kommt Deutschland dem Wunsch vieler Partner nach. Und wir leisten einen Beitrag zur Fachkräftesicherung, indem wir Unternehmen zur Nachahmung erfolgreicher Modelle anregen.
In Thailand gibt es ein Pilotprojekt mit Beteiligung von drei deutschen Firmen. Mit Russland und den USA gibt es verschiedene Kooperationen. Mit Mexiko, China und Vietnam steht die Bundesregierung im Dialog.
80 unserer Auslandsvertretungen werden vor Ort mit den jeweiligen Auslandshandelskammern zum Thema "berufliche Bildung" Initiativen ergreifen. Der DIHK ist mit seiner Erfahrung beim Thema duale Ausbildung unser natürlicher Partner.
Wir arbeiten daran, Deutschland für Auszubildende aus Nicht-EU-Ländern zu öffnen, indem wir Aufenthalt und Arbeitserlaubnis liberalisieren.
Wir wollen, dass Auszubildende ähnlich behandelt werden wie Studenten.
Bildung ist die zentrale Ressource in der Globalisierung. Der Zugang zu guter Bildung entscheidet über den persönlichen Aufstieg. Die Qualität des Bildungssystems entscheidet über den Aufstieg und den Fall von Gesellschaften.
Die Bundesregierung hat daher sehr bewusst das Thema Bildung und Ausbildung zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit gemacht.
Keine Bundesregierung zuvor hat so viel in Bildung investiert.
Neben der Bildungspolitik wird über die gute Zukunft unseres Landes vor allem entscheiden, ob es uns gelingt, die Schicksals- und Kulturgemeinschaft Europa in einer Welt des Wandels zu behaupten.
Deutschland ist in Europa relativ groß, in der Welt ist Deutschland relativ klein.
Nur uns Europäern gemeinsam wird es gelingen, unsere Werte, unsere Freiheit und unseren Lebensstil in der Globalisierung zu verteidigen.
Europa ist mehr als Markt und Währung. Europa ist Deutschlands Zukunft.