Redner(in): Guido Westerwelle
Datum: 24.10.2013

Untertitel: Rede von Außenminister Westerwelle beim 2. Deutsch-Arabischen Frauennetzwerkforum
Anrede: Sehr geehrte Frau Ministerin Badi,Sehr geehrte Frau Kollegin Schröder,Sehr geehrte Frau Sailer-Schuster,Sehr geehrte Damen und Herren,
Quelle: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2013/131024-BM_Forum.html


Viele sprechen vom "Arabischen Frühling". Aus meiner Sicht beschreibt der Ausdruck "Arabische Jahreszeiten" besser die Lage in der arabischen Welt, weil er die Vielschichtigkeit der Entwicklungen und die Unterschiedlichkeit der einzelnen Länder in der Region unterstreicht.

Als die Menschen vor zweieinhalb Jahren mehr politische und ökonomische Teilhabe einforderten, wussten wir, dass der Weg nicht geradlinig und alles andere als einfach sein würde.

Wir brauchen Geduld. Rückschläge kann niemand ausschließen. Aber die Richtung ist klar: Wir werden die Länder in der arabischen Welt weiter ermutigen, den Prozess für mehr Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit fortzuführen.

Die besten Garantien für den Zusammenhalt einer Gesellschaft sind der Respekt individueller Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und eine breite wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Teilhabe.

Die Stabilität eines Landes hängt nicht zuerst von der Stabilität einer Regierung, sondern von der Stabilität einer Gesellschaft ab.

In vielen Ländern der arabischen Welt, zum Beispiel in Tunesien, Libyen, Ägypten, Algerien und Jemen werden zurzeit Verfassungen geschrieben oder überarbeitet.

Es besteht die historische Chance, die Menschen- und gerade die Frauenrechte nachhaltig zu verankern. Bei der Gleichberechtigung von Mann und Frau darf es keine Abstriche geben.

Die formaljuristische Verankerung der Gleichberechtigung von Mann und Frau ist nur der erste Schritt. Auch bei uns hat es knapp 10 Jahre gedauert, bis die in der 1949 verabschiedeten Verfassung verankerte Gleichberechtigung gesetzlich umgesetzt worden ist.

Die verbrieften Frauenrechte zu leben und für ihre Umsetzung zu streiten, dafür braucht es eine engagierte Zivilgesellschaft mit starken und kritischen Frauen wie Ihnen. In Deutschland haben Sie für Ihr mutiges Engagement einen verlässlichen Partner.

Wir haben ganz konkrete Unterstützung für den demokratischen Übergang angeboten. Entstanden sind daraus viele Projekte und insbesondere in Tunesien eine sehr aktive Transformationspartnerschaft. Diese wollen wir fortsetzen.

Eine wirtschaftliche Benachteiligung von Frauen ist nicht nur undemokratisch, sondern auch volkswirtschaftlich kurzsichtig. Frauen sind Leistungsträgerinnen der Gesellschaft und bei den Herausforderungen der arabischen Umbrüche für uns besonders wichtige Ansprechpartnerinnen.

Wir werden die Frauen in der arabischen Welt weiter unterstützen. Für heute wünsche ich Ihnen angeregte Diskussionen und einen fruchtbaren Austausch.