Redner(in): Günter Gloser
Datum: 05.02.2007
Untertitel: Rede von Staatsminister Gloser auf der Konferenz "Libérons les Enfants de la Guerre" / "Free Children from War" in Paris
Quelle: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2007/070205-GloserParis.html
Es ist mir eine Ehre, als Vertreter des EU-Vorsitzes zu Ihnen zu sprechen.
Zunächst möchte ich der französischen Regierung und UNICEF meine aufrichtige Anerkennung für die Ausrichtung dieser wichtigen Konferenz aussprechen. Die EU begrüßt diese zur rechten Zeit eingeleitete Initiative zur Wiederbelebung der internationalen Auseinandersetzung mit der Vielzahl von Herausforderungen, die das Thema Kinder und bewaffnete Konflikte aufwirft, und unterstützt sie uneingeschränkt.
Darüber hinaus möchte ich der Sonderbeauftragten des VN-Generalsekretärs für die Auswirkungen bewaffneter Konflikte auf Kinder für ihre engagierten Bemühungen, dieses Themas voranzubringen, danken.
Die EU misst der Förderung und dem Schutz der Rechte von Kindern im Allgemeinen größte Bedeutung bei.
Besondere Aufmerksamkeit gilt den von bewaffneten Konflikten betroffenen Kindern.
Ihre Lage ist weiterhin außerordentlich ernst: Allein im vergangenen Jahrzehnt haben Schätzungen zufolge mehr als zwei Millionen Kinder in bewaffneten Konflikten ihr Leben verloren, weitere sechs Millionen erlitten dauerhafte körperliche Schäden.
Konflikte nehmen Kindern ihre Eltern und Betreuer und verwehren ihnen den Zugang zu sozialer Grundversorgung wie Gesundheitsfürsorge und Bildung. Laut Schätzungen sind ständig mindestens 300.000 Kindersoldaten in bewaffneten Konflikten im Einsatz.
Als Folge unrechtmäßiger Rekrutierung werden jährlich Zehntausende Kinder getötet, verstümmelt, vergewaltigt oder von Zuhause entführt.
Die Folgen sind dramatisch: Diese Kinder werden nicht nur ihrer Kindheit und ihrer grundlegenden Menschenrechte beraubt sie sind nicht selten traumatisiert, stigmatisiert und an Körper und Seele für ihr Leben gezeichnet, während diejenigen, die die Verbrechen gegen die Kinder begangen haben, in den meisten Fällen straffrei ausgehen.
Die EU appelliert an alle Länder:
Ein großer Erfolg der internationalen Gemeinschaft ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass das erste Verfahren, bei dem es auch um die gewaltsame Rekrutierung von Kindern geht, in Kürze vor dem Internationalen Strafgerichtshof eröffnet wird.
Die EU begrüßt alle in jüngster Zeit unternommenen positiven Schritte zur Verbesserung der Lage der von bewaffneten Konflikten betroffenen Kinder und unterstützt die einschlägigen internationalen Akteure, allen voran die Vereinten Nationen und ihre Sondermechanismen insbesondere die Sonderbeauftragte für die Auswirkungen bewaffneter Konflikte auf Kinder, den VN-Sicherheitsrat, den Europarat und die OSZE, aber auch UNICEF, OHCHR, UNHCR sowie zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Organisationen der Zivilgesellschaft.
Es ist das erklärte Ziel der EU, wirksame Maßnahmen zum Schutz von Kindern vor den Auswirkungen bewaffneter Konflikte, zur Beendigung des Einsatzes von Kindern in Armeen und bewaffneten Gruppierungen und zur Beendigung der Straflosigkeit zu ergreifen.
Die EU hat 2003 außenpolitische Leitlinien zu Kindern und bewaffneten Konflikten angenommen, um die Bedeutung zu unterstreichen, die sie dieser Frage beimisst, und um konkrete Maßnahmen zu erarbeiten, um diesen Kindern zu helfen.
Bei der Umsetzung dieser Leitlinien strebt die EU eine Zusammenarbeit mit Drittländern und nichtstaatlichen Akteuren zur Umsetzung der internationalen Menschenrechtsnormen und -standards und des humanitären Rechts sowie der regionalen Menschenrechtsinstrumente in Bezug auf Kinder an.
Dabei können und dürfen wir es jedoch nicht belassen:
Von bewaffneten Konflikten betroffene Kinder leiden unter einer Vielzahl von Problemen und haben nach dem Ende der Konflikte kurz- und langfristig besondere Bedürfnisse. Entwaffnung und Demobilisierung sind ebenso Teil eines umfassenden Ansatzes wie soziale Wiedereingliederung und körperliche und seelische Wiederherstellung.
Um diesen Bedürfnissen in einem koordinierten Vorgehen gerecht zu werden, bedarf es dauerhaften und systematischen Handelns auf der Grundlage bestehender internationaler Vorkehrungen seitens aller Beteiligten.
Einen solchen umfassenden Ansatz verfolgt die EU auf der Grundlage ihrer Leitlinien. Ähnlich verhält es sich mit dem Ansatz dieser Konferenz, nämlich detaillierte Orientierungshilfe auf Länderebene zu geben und dabei Aspekte der Verhütung und Beobachtung ebenso zu berücksichtigen wie die Freilassung und Wiedereingliederung von Kindersoldaten.
Daher bin ich überzeugt, dass diese Konferenz den laufenden internationalen Bemühungen zur Beendigung des Einsatzes von Kindersoldaten wichtige neue Impulse verleihen und die derzeitigen Anstrengungen sinnvoll ergänzen kann.
Die EU begrüßt den Entwurf der Pariser Verpflichtungen ebenso wie die Pariser Grundsätze als Ausgangspunkt für ein kohärenteres internationales Herangehen und eine weitere Harmonisierung der Programme und Finanzierungsinstrumente für Kinder in bewaffneten Konflikten.
Die EU wird die Umsetzung dieser Grundsätze aktiv unterstützen und ruft die anderen Staaten, die Zivilgesellschaft und weitere einschlägige Menschenrechtsorganisationen dazu auf, sich diesen Grundsätzen und Verpflichtungen anzuschließen und sie in ihre politische und entwicklungspolitische Planung einzubeziehen. Denn genau diese Ebene, die Ebene der einzelstaatlichen Regierungen, der Staaten und der nichtstaatlichen Handlungsträger, ist es, auf der die einzelnen Strategien in konkrete Maßnahmen umgewandelt werden müssen und auf der der Erfolg unserer Anstrengungen letzten Endes gemessen werden wird.
Die EU sieht der weiteren Erörterung dieser Fragen erwartungsvoll entgegen und wird weiterhin alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Rechte und das Wohlergehen der von bewaffneten Konflikten betroffenen Kinder besser zu schützen.
Im Namen aller EU-Partner wünsche ich der Konferenz gutes Gelingen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.