Redner(in): Guido Westerwelle
Datum: 05.06.2013

Untertitel: Rede von Außenminister Westerwelle zur Eröffnung der Asien-Pazifik-Wochen
Quelle: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2013/130605_BM_Asien_Pazifik.html


es gilt das gesprochen Wort -

Sehr geehrter Herr Vizepräsident,

sehr geehrter Herr stellvertretender Ministerpräsident,

sehr geehrte Frau Senatorin,

Exzellenzen,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich freue mich, mit Ihnen gemeinsam hier im Weltsaal des Auswärtigen Amtes die diesjährigen Asien-Pazifik-Wochen zu eröffnen. Zum neunten Mal bietet Berlin ein Dialogforum für den Austausch von Wissen und Wirtschaftskontakten nach Asien-Pazifik.

Unsere Welt befindet sich im Umbruch. Viele Länder wandeln sich von Entwicklungsländern zu neuen Gestaltungsmächten. Asien steht bei dieser Entwicklung in der ersten Reihe.

Der Anteil Europas an der Weltbevölkerung schrumpft. In Asien leben mittlerweile rund 60 Prozent der Weltbevölkerung. 1,8 Milliarden Menschen sind dort jünger als 24 Jahre.

Die Länder Asiens erwirtschaften heute bereits fast ein Drittel der globalen Wertschöpfung.

Für China, Vietnam, Indien und Indonesien werden für diese und die nächste Dekade Wachstumsraten von über 6 Prozent prognostiziert. Die chinesische Mittelschicht wächst jährlich um 15 Millionen Menschen.

Jede dieser Zahlen erzählt eine Erfolgsgeschichte. Jede dieser Erfolgsgeschichten bietet Chancen für mehr Kooperation mit Deutschland und Europa. Der Aufstieg des einen bedeutet gerade nicht den Abstieg eines anderen. Außenpolitik ist kein Nullsummenspiel.

Wir blicken gen Asien-Pazifik, aber wir scheren die Länder der Region nicht über einen Kamm. Wir bauen auf maßgeschneiderte und passgenaue Partnerschaften.

Indien ist als größte Demokratie der Welt und aufstrebendes globales Kraftzentrum strategischer Partner Deutschlands.

Mit China verbindet uns eine strategische Partnerschaft, die weit über dynamische Wirtschaftsbeziehungen hinausgeht.

Erst vor zehn Tagen hatten wir den neuen chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang in Berlin zu Gast. Unsere bilateralen Beziehungen sind dicht, substanzreich, aber nicht ohne Meinungsunterschiede. Genau deshalb führen wir einen Menschenrechtsdialog, in dem wir für unsere Werte und Positionen werben.

Wir intensivieren kontinuierlich unsere Beziehungen zu ASEAN und den anderen aufstrebenden Staaten Asiens.

Im Frühjahr konnte ich mir selbst ein Bild von den großen Fortschritten machen, die die Philippinen auf dem Weg zu Wohlstand und Wirtschaftswachstum machen.

Wir freuen uns, dass für Thailand Deutschland der wichtigste Handelspartner in der Europäischen Union ist. Nahezu 600 deutsche Unternehmen sind inzwischen erfolgreich in Thailand tätig.

Mit Vietnam haben wir bereits 2011 eine strategische Partnerschaft geschlossen. Indonesien als politischer Pfeiler und große Volkswirtschaft ASEANs ist ein strategischer Partner.

Myanmar ist dabei, sich zu öffnen, politisch wie wirtschaftlich. Dies ist ein Erfolg, auch der richtigen Weichenstellungen durch die gemeinsame EU-Außenpolitik und der engen Zusammenarbeit mit unseren transatlantischen Partnern. Myanmar kann zu einer weiteren asiatischen Erfolgsgeschichte werden.

Erfolgreiche Vernetzung setzt Offenheit voraus. Deutsche Außenpolitik ist zuallererst Anwalt von Offenheit.

Der Königsweg für wirtschaftliche Vernetzung ist freier Handel.

In Europa wird viel über Wachstum, aber zu wenig über Freihandel diskutiert. Das Abkommen mit Südkorea ist ein großer Erfolg und zugleich Vorbild für weitere Partnerschafts- und Freihandelsabkommen, die Europa immer enger mit Asien und seiner boomenden Wirtschaft verknüpfen. An einem Abkommen mit Japan arbeiten wir. Für weitere Freihandelsabkommen machen wir uns in Brüssel und in der Region stark.

In Zeiten rasant wachsender weltweiter Vernetzung müssen wir unsere Interessen auch in der Visapolitik neu abwägen.

Der Geist einer modernen Visa-Politik muss sein, Offenheit zu gestalten, anstatt Trennung zu verwalten.

Vernetzung schafft Vertrauen, und nur auf der Basis von Vertrauen lassen sich langfristige, verlässliche Partner gewinnen.

Eine Vielzahl nicht-staatlicher Akteure aus Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Zivilgesellschaft pflegt bereits enge Beziehungen in den asiatisch-pazifischen Raum. Diese Asien-Pazifik-Wochen sind ein Beispiel.

Im Sinne einer netzwerkorientierten Außenpolitik wollen wir in den nächsten Monaten den Aufbau eines Forums vorantreiben, das diese Asien-Initiativen stärker miteinander verknüpft. Ein Forum, das als Brücke zwischen Deutschland und Asien-Pazifik dient und unsere Gesellschaften einander noch näher bringt.

Der große wirtschaftliche Erfolg der asiatisch-pazifischen Region kann über bestehende sicherheitspolitische Herausforderungen nicht hinwegtäuschen.

Die schwelenden Konflikte im Süd- und Ostchinesischen Meer oder die fragile Lage im Norden der Koreanischen Halbinsel verlangen aktives und verantwortungsvolles Krisenmanagement. Wir unterstützen die Bemühungen ASEANs und das ASEAN Regional Forum als wichtigen Teil der entstehenden Sicherheitsarchitektur in Asien.

Wer Globalisierung gestalten will, der kommt an Asien nicht vorbei.

Globalisierung und das Entstehen neuer Schwergewichte bieten eine doppelte Herausforderung: Es gilt neue globale Fragen zu lösen, und das im Zusammenspiel mit mehr und neuen Partnern.

Ziel unserer Außenpolitik ist, unsere asiatischen Partner als aktive Gestaltungspartner in der Globalisierung zu gewinnen. Zum gegenseitigen Nutzen. Und in gemeinsamer Verantwortung für das Ganze.