Redner(in): Maria Böhmer
Datum: 25.11.2014

Untertitel: Rede von Staatsministerin Böhmer zur Eröffnung der Konferenz "Deutschland als Vermittler? Friedensmediation und Mediation Support in der deutschen Außenpolitik"
Anrede: Sehr geehrte Damen und Herren,
Quelle: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/Presse/Reden/2014/141125_StMB_Friedensmediation.html


der amerikanische Politiker Wiliam Fulbright hat einmal gesagt: "Es ist Unsinn, Türen zuzuschlagen, wenn man sie angelehnt lassen kann." Eine angelehnte Tür in der Bewältigung von Krisen und Konflikten ist die Friedensmediation. Sie steht heute im Mittelpunkt dieser Konferenz.

Welchen hohen Stellenwert das Engagement für Frieden und Vermittlung hierzulande genießt, zeigen die Ergebnisse einer Umfrage in Deutschland. Danach befragt, ob sich Deutschland außenpolitisch mehr in der Welt engagieren sollte, sprachen sich 72 Prozent der Befragten für ein stärkeres deutsches Engagement bei der humanitären Hilfe und 68 Prozent für ein stärkeres Engagement in der Diplomatie und bei Verhandlungen aus.

Das zeigt, wie wichtig es ist, in Zeiten zunehmender Krisen auf die Kraft der Prävention und Diplomatie zu setzen.

Bei der Vorstellung des Vierten Berichtes der Bundesregierung zur Umsetzung des Aktionsplans "Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung" im Deutschen Bundestag, hat Bundesminister Steinmeier auf die Bedeutung der vorsorgenden Außenpolitik abgehoben.

Er betonte, dass wir eine frühzeitig investierende beziehungsweise vorsorgende Außenpolitik gestalten müssen. Denn damit vermeiden wir, am Ende zu spät eingreifen zu müssen!

Friedensmediation vollzieht sich meistens leise und diskret: Anders als Militäreinsätze oder Operationen der humanitären Hilfe in Krisengebieten finden Vermittlungssondierungen nur wenig mediale Beachtung.

Über ihre Inhalte und Maßnahmen wie auch die handelnden Akteure dringt wenig nach außen. Dies ist gewollt, um schwierige Vermittlungs-und Abstimmungsprozesse nicht zu gefährden. Ihre Erfolge sind in den allermeisten Fällen kaum messbar, ihre Misserfolge zeigen sich dagegen deutlich: in den Krisen und Konflikten von morgen.

Welche Rolle spielt Deutschland im Bereich Friedensmediation und Mediation Support? Welche Rolle könnte es zukünftig spielen? Diese Leitfragen bilden den Hintergrund für unsere heutige Konferenz. Denkt man beim Stichwort Mediation vielleicht an Länder wie die Schweiz, Finnland oder Norwegen, so gibt es auch in Deutschland eine Reihe staatlicher Aktivitäten. Und es gibt hochspezialisierte und international renommierte Nichtregierungsorganisationen und Institute.

Das Auswärtige Amt steht mit der Initiative Mediation Support in einem regelmäßigen Austausch über das deutsche Engagement und seine Ausweitung im Bereich Friedensmediation. Diese Initiative besteht aus der Berghof Foundation, dem Berlin Center for Integrative Mediation ( CSSP ) , dem Beratungsinstitut inmedio, dem Center for Peace Mediation an der Europa Universität Viadrina und dem Zentrum für Internationale Friedenseinsätze ( ZIF ) . Ein gemeinsames Projekt ist die heutige Konferenz. Allen Kolleginnen und Kollegen aus diesen Organisationen danke ich herzlich für die sehr gute Zusammenarbeit bei Konzeption und Vorbereitung!

Um Friedensmediation greifbarer zu machen, wollen wir heute vormittag anhand konkreter Fallbeispiele mit deutscher Beteiligung aufzeigen, welche Erfahrungen und Ressourcen Deutschland bereits beisteuert. Die anschließende Podiumsdiskussion soll sich dann den Potenzialen und Herausforderungen von Friedensmediation widmen und den deutschen Beitrag dort einordnen. Am Nachmittag werden wir die internationale Perspektive beleuchten. Behandelt wird auch die Frage, wie wir das deutsche Engagement ausbauen können.

Ich freue mich, dass Vertreterinnen und Vertreter der entsprechenden Abteilungen aus den Vereinten Nationen, dem Europäischen Auswärtigen Dienst und der OSZE heute bei uns sind. Eine besondere Freude ist es natürlich auch, von den Erfahrungen der Schweiz zu lernen und Möglichkeiten gemeinsamer Aktivitäten eruieren. Deshalb will ich allen Panelisten und Mitwirkenden in den Arbeitsgruppen herzlich danken für Ihr Kommen und Ihre Unterstützung!

Friedensmediation ist ein wichtiger Bestandteil präventiver Außenpolitik. Sie ist ein Element dessen, was die Charta der Vereinten Nationen den Staaten mit dem Auftrag zur friedlichen Streitbeilegung ( Art 33 VN-Charta ) mit auf den Weg gibt.

Angesichts der zahlreichen und vielschichtigen Krisen, mit denen wir gegenwärtig konfrontiert sind, ist Friedensmediation heute wichtiger denn je.

Wurde im Mittelalter oftmals die päpstliche Autorität als Schiedsrichter angerufen, wirkten im 19. Jahrhundert Schiedsverträge zwischen Staaten vermittelnd. Heute aber spielt sich Friedensmediation auf unterschiedlichen Ebenen ab: Der klassische zwischenstaatliche Konflikt stellt die Ausnahme dar. Innerstaatliche Konflikte mit verschiedenen Akteuren sind die Regel. Hier müssen Mediation und Vermittlung ansetzen!

Neben die eigentliche Mediation tritt die Unterstützung der Mediation, also der Mediation Support. Dabei gilt es, lokale Organisationen und Akteure, die das Vertrauen der Konfliktparteien genießen, einzubinden. Beispielsweise Gesprächskanäle überhaupt erst zu öffnen und Vertrauen aufzubauen, sind vielfach die ersten Schritte. Deutschland ist hier bereits engagiert: sei es durch staatliche Vertreter wie den ehemaligen Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, 2008 in Kenia oder sei es durch die Unterstützung spezialisierter Organisationen, wie der Berghof Foundation, etwa im Jemen.

Darüber hinaus unterstützen wir auch das neu geschaffene Ministerium für Versöhnung in Mali. Es soll den Dialog zwischen den verfeindeten Volksgruppen führen, insbesondere im Norden des Landes.

Auch fördern wir seit vielen Jahren die Organisation Sant Egidio bei ihrer Friedensarbeit in einer ganzen Reihe afrikanischer Staaten. Sie ist eine der ältesten Organisationen, die im Bereich Friedensmediation aktiv sind. Eine Reihe von Friedensschlüssen - etwa der 1992 in Mosambik - entstand unter maßgeblicher Mitwirkung von Sant Egidio.

Zusätzlich haben wir Unterstützung geleistet, um in der Ukraine einen Nationalen Dialog auf den Weg zu bringen, und wir engagieren uns über die Berghof Foundation seit Jahren für einen Dialog zwischen den Konfliktparteien im georgisch-abchasischen-südossetischen Konflikt.

Doch auch neue Aufgaben kündigen sich an: eine Nil-Initiative, bei der wir uns mit neuen Ideen zur gemeinsamen Wassernutzung zwischen Ägypten, Sudan und Äthiopien einbringen. Im Osten der Demokratischen Republik Kongo wollen wir die neue Stabilitätsinitiative der VN-Friedensmission MONUSCO gezielt im Bereich Versöhnung und Dialog zwischen den verfeindeten Gruppen unterstützen. In den Vereinten Nationen sind wir Mitglied der Freundesgruppe Mediation.

Ziel ist es aber, das vorhandene Potenzial zukünftig noch effektiver zu nutzen.

Denn Anfragen nach Vermittlung oder Unterstützung bei Vermittlungen erreichen uns oft unerwartet und kurzfristig. Wir wollen unsere Mechanismen verbessern, hier schnell und zuverlässig deutsche Expertise anzubieten.

Wir müssen staatliche und nichtstaatliche Aktivitäten besser miteinander vernetzen. Ich denke hier an unsere Botschaften, die in solchen Fällen vor Ort koordinierend tätig werden.

Und wir müssen unsere Beiträge multilateral ausrichten und anpassen.

Hier denke ich auch an die Regionalorganisationen. Viele von ihnen - nicht nur die OSZE - haben inzwischen eigene Strukturen und Instrumente zu Friedensmediation und Mediation Support aufgebaut. Auch mit ihnen müssen wir uns vernetzen, Möglichkeiten der Zusammenarbeit weiter ausloten. Denn eine Erkenntnis ist offensichtlich: Oftmals sind die regionalen und lokalen Strukturen am besten geeignet für Mediation. Dort ist nicht nur das Wissen über die Konfliktparteien vorhanden, dort weiß man, welcher Weg geeignet ist, um zur Konfliktlösung zu gelangen. Hier gibt es noch viel tun und der heutige Austausch kann dazu nur ein erster Schritt sein!

Richard Holbrooke hat bei seinen Vermittlungsbemühungen auf dem Balkan in den neunziger Jahren einmal gesagt, vermitteln sei eine Mischung aus Schachspielen und Bergsteigen. Scharfsinn und Ausdauer sind bei Friedensmediation unerlässlich!

Beides wünsche ich Ihnen allen, die in diesem Bereich aktiv sind. Bei allen Hindernissen, die sich in der Mediationsarbeit immer wieder in den Weg stellen, fällt mir der Satz von Nelson Mandela ein: Dass man um Frieden zu schaffen, nicht mit seinen Freunden reden muss, sondern mit seinen Feinden.

Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihrer so wichtigen Arbeit!

Vielen Dank.