Redner(in): Joachim Gauck
Datum: 16. Juli 2016
Untertitel: Bundespräsident Joachim Gauck hat am 16. Juli bei einem Mittagessen zum 100. Geburtstag der Deutsch-Uruguayischen Industrie- und Handelskammer eine Ansprache gehalten: "Seit meiner Ankunft in Uruguay habe ich überall erfahren und gespürt, wie eng und vertrauensvoll die Beziehungen zwischen unseren Ländern sind. Diese lange und gute Partnerschaft haben wir auch den vielfältigen Verbindungen zu verdanken, die Geschäftsleute und Unternehmer, uruguayische wie deutsche, geschaffen haben mit der engagierten Unterstützung dieser Kammer."
Quelle: http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-Gauck/Reden/2016/07/160716-Uruguay-ME-100-Jahre-IHK.html
Es gibt etwas zu feiern. Und noch dazu ein so großes Jubiläum. Am 19. Juli 1916 wurde die Deutsch-Uruguayische Außenhandelskammer hier in Montevideo von deutschen Kaufleuten gegründet. Den Gründern gilt unser Respekt. Sie waren Pioniere. Denn die Kammer, die sie schufen, zählt zu den ältesten deutschen Handelskammern weltweit. Heutzutage ist sie die mitgliederstärkste und bedeutendste Handelskammer in Uruguay. Ich gratuliere herzlich zum 100. Geburtstag!
Seit meiner Ankunft in Uruguay habe ich überall erfahren und gespürt, wie eng und vertrauensvoll die Beziehungen zwischen unseren Ländern sind. Diese lange und gute Partnerschaft haben wir auch den vielfältigen Verbindungen zu verdanken, die Geschäftsleute und Unternehmer, uruguayische wie deutsche, geschaffen haben mit der engagierten Unterstützung dieser Kammer.
Sie fördern nicht nur den Austausch von Gütern und Dienstleistungen und den Transfer von Technologie und Know-how. Sie fördern zugleich Verständigung. Denn Erfolg auf ausländischen Märkten setzt Kenntnis von Land und Leuten voraus. Geschäftssinn und Gespür für die Bedürfnisse der Menschen vor Ort beides wird in der langen, erfolgreichen Arbeit dieser Kammer sichtbar. Dazu gehört auch, dass Sie helfen, zukunftsweisende Entwicklungen voranzutreiben heutzutage besonders die digitale Vernetzung. Einen wichtigen Schritt für die Zusammenarbeit unserer beiden Länder auf diesem wichtigen Gebiet markiert das Abkommen zur Industrie 4.0, welches Ihre Kammer und das uruguayische Ministerium für Industrie, Energie und Bergbau vereinbart haben. Die Übereinkunft ist zugleich Ausweis der fruchtbaren Beziehungen, die Sie mit der Regierung Uruguays pflegen.
Der Außenhandel hat hohe Bedeutung für Uruguay wie für Deutschland. Deutschland ist für Uruguay Hauptabsatzmarkt innerhalb der Europäischen Union und wichtigstes europäisches Einfuhrland. Unsere beiden Länder teilen die Grundüberzeugung, dass freier Handel, betrieben nach vernünftigen und fairen Regeln, Wohlstand und Lebensqualität dauerhaft erhöht. Ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen über ein Handelsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur wäre deshalb vorteilhaft auch für die Fortentwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Uruguay und Deutschland.
Ich freue mich, dass deutsche Unternehmen in Uruguay erheblich in den zukunftsträchtigen Bereich der erneuerbaren Energien investiert haben. Unsere beiden Länder verbindet das Ziel, Wachstum und Wohlstand ressourcenschonend, umweltfreundlich und klimaverträglich zu mehren. Uruguay hat, ebenso wie Deutschland, eine Energiewende eingeleitet mit beeindruckenden Erfolgen. Nahezu 95 Prozent des Stroms, der im vergangenen Jahr verbraucht wurde, stammte aus erneuerbaren Energien. Auch mit Hilfe deutscher Unternehmen und Finanzierungspartner ist eine beachtliche Anzahl von Windparks entstanden. Diese Projekte helfen beim Klimaschutz und zugleich bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, gerade in strukturschwachen Gebieten.
Für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und für eine moderne, leistungsfähige Wirtschaft, werden gut ausgebildete Fachkräfte benötigt. Ich wünsche mir deshalb, dass die beiden uruguayisch-deutschen Pilotprojekte zur Ausbildung von Elektrikern für Photovoltaik-Anlagen sowie von Mechatronikern in diesem Jahr starten können. Mit diesen vielversprechenden Initiativen setzt diese Kammer ihr Engagement zur Etablierung der dualen Ausbildung in Uruguay fort. Allen Beteiligten danke ich herzlich, dass sie damit die Aufstiegschancen junger Leute verbessern.
Heute Vormittag hatte ich Gelegenheit, mir das Ausbildungsprojekt Ánima anzuschauen, an dem Ihre Kammer ja ebenfalls beteiligt ist. Gerade für Jugendliche aus sozial schwierigen Verhältnissen ist eine gute Berufsausbildung zukunftsentscheidend. Ausbildung und die Chance zum Aufstieg sind Grundvoraussetzungen für eine breite Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg. Dazu werden auch zukunftsfähige Arbeitsplätze benötigt. Ich freue mich, dass deutsche Unternehmen hier in Uruguay mit dazu beitragen, hochproduktive Beschäftigung mit sozial und ökologisch verantwortlichem Wirtschaften zu verknüpfen.
Uruguays wirtschaftliche Erfolge werden in Deutschland durchaus wahrgenommen. Es ist erfreulich, dass es auch dank verschiedener Reformen viele Jahre lang gelungen ist, hohes Wachstum mit Stabilität und größerer Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg zu verbinden. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass Uruguay erfolgversprechende Antworten auf die gegenwärtige Phase abgeschwächten Wachstums finden und die Zahl deutscher Unternehmen, die sich für Uruguay interessieren, weiter steigen wird.
Unsere beiden Länder teilen die Erfahrung, dass der Dialog zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei der Gestaltung der Arbeitsbeziehungen Voraussetzung für wirtschaftliche Fortschritte ist. In Deutschland haben wir gegenwärtig das Glück, neue Beschäftigungsrekorde vermelden zu können. Das hat viele Gründe. Einer davon ist das kooperative Verhältnis zwischen den Sozialpartnern. Beide Seiten beweisen zumeist Augenmaß und Flexibilität.
In den vergangenen 100 Jahren haben diese Kammer und die sie fördernden Unternehmen zahlreiche Brücken zwischen Uruguay und Deutschland gebaut. Mein Geburtstagswunsch lautet: Bauen Sie weiter! Im Interesse einer wettbewerbsfähigen, sozial verantwortlichen Wirtschaft, im Geiste der guten partnerschaftlichen Beziehungen zwischen unseren Ländern und zum Wohle der Menschen in Uruguay und Deutschland.
Ich danke Ihnen.