Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 09.02.2007

Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2007/02/2007-02-09-rede-von-staatsminister-berlin-alexanderplatz,layoutVariant=Druckansicht.html


Rainer Werner Fassbinder ist einer der bedeutendsten deutschen Künstler überhaupt. Diesen Rang wird ihm keiner streitig machen. Er hat in seinen 37 Lebensjahren ein unglaubliches Werk geschaffen: Kino- und Fernsehfilme, Hörspiele und Theaterinszenierungen, Texte und Drehbücher. Er war Schauspieler, Autor, Regisseur, Produzent, Kameramann und Theaterleiter.

Fassbinders Werk ist in seiner Gesamtheit eine großartige künstlerische Reflexion deutscher Geschichte im letzten Jahrhundert. Komplex und widersprüchlich, schillernd und polemisch, ironisch und sentimental zugleich. Wenige Künstler sind sich ihrer Sache, ihrer künstlerischen Mittel, so sicher wie er es war.

Und wenn uns sein Werk noch heute aktuell und unverbraucht erscheint, dann liegt das an Fassbinders einzigartigem Talent, in seinen Filmen nicht nur etwas über Gesellschaft und Geschichte zu erzählen, sondern stets auch etwas über sich selbst, über den Geschichtenerzähler und dessen eigene Zeit.

Man kann lange darüber diskutieren, welchem Film im Schaffen Fassbinders die Krone gebührt, welches das bedeutendste, konsequenteste Werk sein könnte."Berlin Alexanderplatz" wäre in jedem Fall unter den Kandidaten, weil sich hier Fassbinders radikaler und kraftvoll subjektiver Blick auf den Stoff in allen Facetten erleben lässt.

Umso bedauerlicher ist es da, dass dieses Meisterwerk lange Zeit aus technischen Gründen nicht gezeigt werden konnte. Jetzt aber ist es endlich soweit: "Berlin Alexanderplatz" kann dem Publikum erneut präsentiert werden! Und nun in ganz neuer, den technischen Möglichkeiten unserer Zeit entsprechender Bild- und Tonqualität. Wenn der Film am kommenden Sonntag in voller Länge gezeigt wird, stellt die Berlinale einen neuen Rekord auf: "Berlin Alexanderplatz" ist der längste Film, der jemals bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin gezeigt wurde.

Möglich geworden ist dieser Erfolg durch ein großartiges Restaurierungsprojekt der Rainer Werner Fassbinder Foundation, der Bavaria und der Kulturstiftung des Bundes

Für die KSB ist dies schon das zweite Projekt seiner Art. Nach der Rekonstruktion des Films "Panzerkreuzer Potemkin" hat sie sich dieses Mal ein Hauptwerk des erfolgreichsten Regisseurs des deutschen Nachkriegsfilms vorgenommen.

Da "Berlin Alexanderplatz" nun mit allerneuesten digitalen Techniken restauriert wurde, kommen die vielfältigen Facetten dieses Chef d " œuvre der Filmkunst noch besser zur Geltung.

Ich danke der Kulturstiftung des Bundes für den wertvollen Beitrag, den sie mit diesem Projekt zur Bewahrung und Vermittlung des audiovisuellen Erbes in Deutschland geleistet hat. Berlin Alexanderplatz " ist ein Film der Superlative. Das gilt auch für seine Finanzierung. Schon das Originalwerk war mit einem Budget von 13 Millionen Mark im Entstehungsjahr 1980 die teuerste deutsche Fernsehproduktion. Die Restaurierung hat nun insgesamt fast 1,4 Millionen Euro gekostet. Daran hat sich der Bund über die KSB mit 450.000 Euro beteiligt. Das ist gut angelegtes Geld.

Denn auch hier gilt ein Satz, den wir in unsere Koalitionsvereinbarung geschrieben haben, und den ich noch einmal wiederhole, weil er von eminenter Bedeutung ist:

Kulturförderung ist keine Subvention, sondern eine Investition in die Zukunft. Die KSB hat bewiesen, dass sie sich diesen Grundsatz zu Herzen nimmt.

Aber auch die Filmförderungsanstalt sowie die Landesfilmförderungsanstalten haben sich erstmals an der Finanzierung eines solchen Restaurierungsprojekts beteiligt, nämlich die Filmstiftung NRW, das Medienboard Berlin-Brandenburg und der FilmFernsehFonds Bayern.

Eine solche Allianz für ein Restaurierungsprojekt das ist ein Novum in der Geschichte der deutschen Filmförderung. Auch diesen Partnern gilt daher mein aufrichtiger und herzlicher Dank. Und schließlich möchte ich allen anderen Institutionen und Einzelpersonen danken, die finanziell und ideell dazu beigetragen haben, dass dieses Projekt verwirklicht werden konnte, vor allem natürlich Juliane Lorenz, der Präsidentin der Rainer Werner Fassbinder Foundation. Uns und Ihnen allen wünsche ich viel Vergnügen bei einem Kinoerlebnis der Extraklasse.