Redner(in): Angela Merkel
Datum: 22.10.2008

Untertitel: am 21.Oktober 2008 in Berlin
Anrede: Sehr geehrter Herr Professor Milberg, sehr geehrter Herr Senator, lieber Herr Zöllner, meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2008/10/2008-10-21-merkel-acatec,layoutVariant=Druckansicht.html


ich bin der Einladung zu Ihrer Festveranstaltung sehr gern gefolgt nicht nur, weil das Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt immer einen Besuch wert ist, sondern weil hier auch die Musik spielt, die für Sie interessant ist, da in Sachen Wissenschaft und Technik acatech die erste Geige spielt, und weil Sie auch sonst offen für moderne, innovative Instrumente sind.

Meine Damen und Herren, Professor Milberg und viele andere Mitstreiter haben über Jahre hinweg das darf man wohl sagen ein dickes Brett gebohrt. Ich erinnere mich, wie er lange vor meiner Zeit als Bundeskanzlerin vorstellig wurde und dafür geworben hat, dass die Technikwissenschaften gestärkt werden, und dafür, dass wir eine nationale Akademie in diesem Bereich brauchen. Es ist gut geworden, Herr Professor Milberg. Seit 1. Januar dieses Jahres existiert zum ersten Mal in der deutschen Geschichte eine nationale Akademie, die Politik und Gesellschaft in technikwissenschaftlichen Fragen umfassend und kompetent berät, die sich selbst ein Urteil bildet und es dann weitergibt eine Institution, die den Dialog zwischen Wissenschaft und Wirtschaft forciert, eine Institution, die zur Stimme der Technikwissenschaften geworden ist, eine gewichtige Stimme in unserem Land zur Förderung von Wachstum und Innovation.

Sie haben es eben in Ihrem Bericht dargestellt: Die Stärke dieser Stimme liegt in einem Gesamtansatz begründet, nämlich im Austausch und in der Vernetzung der besten Kräfte aus Wissenschaft und Wirtschaft. Sie haben sich zusammen mit Professor Hüttl und anderen eine Struktur gegeben, die auch nach außen umfassend wirken kann. Sie sind eine Truppe wenn ich das so sagen darf, eine Gemeinschaft im Kampf um Ihre Ziele geworden, die viele vereint hat Mitglieder, Senatoren, Partner, die alle dazu beitragen, dass diese Stimme breit angelegt und ein Abbild, eine Widerspiegelung dessen ist, was Deutschland mit seinen Technikwissenschaften repräsentiert und darstellt. Da, wo wir in der Vergangenheit stark waren, wollen wir auch in Zukunft stark bleiben. Deshalb wird die Bundesregierung Ihre Arbeiten immer unterstützen.

Unzweifelhaft sind Bildung, Forschung und Innovation geradezu die Schlüssel zu einer erfolgreichen Entwicklung unseres Landes. Das sagt man sehr oft; dieser Satz ist fast Gemeingut. Aber das ist oft nicht ganz einfach in konkrete Taten umzusetzen. Aber ich glaube, wir müssen immer und immer wieder deutlich machen, dass unser gesamter Wohlstand letztendlich von unserer Innovationskraft abhängt. Wir müssen deutlich machen, dass das für ein Land wie Deutschland keine ganz einfache Aufgabe ist.

Wir können, anknüpfend an viele Leistungen, auf eine sehr gute Tradition zurückblicken. Aber wir sind auch ein Land, dessen Altersaufbau sich verändert, ein Land, das viele Aufgaben vor sich sieht, ein Land, das auch vor der Tatsache steht, dass wir ein hohes Maß an integrativer Kraft auch gegenüber Migranten in unserem Land entwickeln müssen. Ein solches Land angesichts des sich verändernden Altersaufbaus mit mehr Älteren und weniger Jüngeren dazu zu bewegen, über den eigenen Lebensabschnitt hinaus und in die Zukunft zu schauen, ist keine einfache Aufgabe. Es ist wirklich eine gesamtgesellschaftliche und kulturelle Aufgabe, für die es auch nicht sehr viele Beispiele auf der Welt gibt, von denen man etwas lernen kann. Wir sind aber der Meinung unsere Familienministerin sagt das immer wieder: Vor dieser Herausforderung sollten wir die Augen nicht verschließen und verzagen, sondern wir sollten diese Herausforderung als eine große begreifen und anderen Ländern, die im demographischen Wandel folgen werden, hier ein vernünftiges, gutes und weitsichtiges Beispiel sein.

Dazu gehört mit Sicherheit, dass wir das Lissabon-Ziel mit einem Drei-Prozent-Anteil der Entwicklungs- und Forschungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt bis 2010 erreichen wollen. Wir kommen im nächsten Jahr auf 2, 8Prozent; das ist schon ganz vernünftig. Nun sind wir als Bund nicht der einzige Akteur. Die Länder können dazu beitragen. Und die Wirtschaft kann und wird natürlich auch dazu beitragen. Das sind ja alles Dinge, die ihre Vorzüge und Nachteile haben und Maßstäbe setzen. Bei hohem Wirtschaftswachstum wird die Aufgabe anspruchsvoller. Heißt das also, bei geringerem Wirtschaftswachstum braucht man nicht so viel zu tun? Dieser Schlussfolgerung würde ich mich langfristig nicht anschließen. Es kann sein, dass man bei geringerem Wirtschaftswachstum mehr machen muss. Also sind die dreiProzent sicherlich ein guter Richtwert, aber noch lange kein Grund dafür, schon allein daran die Innovationskraft eines Landes zu messen.

Aber immerhin: In dieser Legislaturperiode nehmen wir siebenMilliardenEuro zusätzlich in die Hand. Im nächsten Jahr werden für Bildung und Forschung insgesamt fast 12MilliardenEuro zur Verfügung stehen. Das ist immerhin ein Rekord in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Darauf braucht man sich nicht auszuruhen, kann aber sagen: Die Entwicklung geht in die richtige Richtung.

Nun kann man das Geld auch ausgeben, ohne dass die erhoffte Wirkung eintritt. Deshalb glaube ich, dass der Ansatz einer Hightech-Strategie, wie er von unserer Forschungsministerin aufgezeigt wurde, der richtige Ansatz ist. Es geht also nicht einfach um Forschung und Entwicklung, sondern es geht um einen gesamten Ansatz: von der Grundlagenforschung bis hin zum vermarktungsfähigen Produkt und das möglichst auch in der gesamten Breite unserer industriellen Aufstellung. Das heißt also, mit der Hightech-Strategie haben wir uns sehr klar die Aufgabe gestellt, nüchtern zu analysieren: Wo steht Deutschland in den verschiedenen Bereichen der Hochtechnologien und an welchen Stellen müssen wir nachholen? An welchen Stellen sind wir Spitze und wie können wir das Ganze auch mit wirtschaftlichen Mechanismen verzahnen?

Wir können mit Freude sagen, dass sich das Innovationsklima insgesamt verbessert hat. Ich hoffe, dass sich das jetzt auch in wirtschaftlich etwas schwierigeren Zeiten nicht wieder verändert, sondern wir diese Gesamttendenz über die nächsten Jahre und Jahrzehnte weiter tragen können.

Natürlich stehen im Mittelpunkt unserer Hightech-Strategie bestimmte Bereiche. Ich will hier nur einige nennen: Ressourcen- und Klimaschutz, Energieversorgung und -effizienz, Mobilität, Nahrungsmittelversorgung einer wachsenden Weltbevölkerung und vieles andere mehr. Ohne technologische Neuentwicklungen werden all diese Aufgaben nicht zu bewältigen sein. Wir erleben angesichts der massiven Finanzmarktkrise, in welch vernetzter Form unsere Welt heute schon existiert. Heute haben wir auch eine starke wirtschaftliche Vernetzung. Auch der Wettbewerb um die Rohstoffressourcen ist stark.

Deutschland kann der festen Überzeugung bin ich seine Position in der Globalisierung immer dann besonders gut festigen, wenn wir der Innovation einen hohen Stellenwert beimessen. Dies heißt auch, Brücken zu schlagen Brücken zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Dazu sind die Stichworte Spitzenclusterwettbewerb und eine gezielt auf kleine und mittlere Unternehmen ausgerichtete Technologieförderung zu nennen.

Der Spitzenclusterwettbewerb dient dazu, die leistungsfähigsten regionalen Allianzen aus Wissenschaft und Wirtschaft auf dem Weg in die internationale Spitzengruppe zu unterstützen. Das ist ein Bereich, in dem gerade die neuen Bundesländer mehr Chancen haben als zumindest in der ersten Exzellenzinitiative. Ich glaube, es ist richtig wir lernen das auch aus dem Ansatz von acatech, dass der Gedanke der Vernetzung ein ganz wichtiger ist. Beim Spitzenclusterwettbewerb geht es um die Vernetzung regionaler Akteure, die mit einer gemeinsamen Strategie natürlich größere Wachstumseffekte hervorbringen können, als wenn sie alle allein agieren.

Die fünf Gewinner der ersten Wettbewerbsrunde wurden im September ausgewählt. Ihnen stehen nun erhebliche Fördermittelmengen zur Verfügung. Ich möchte Ihnen, Herr Professor Milberg, dafür danken, dass Sie den Juryvorsitz in diesem Bereich übernommen und damit den Netzwerkgedanken auch außerhalb von acatech an einer anderen Stelle ich glaube, an einer wichtigen Stelle umgesetzt haben. Die ersten Cluster-Projekte werden noch in diesem Jahr starten.

Wir wissen, dass unsere Schwierigkeit an vielen Stellen darin lag, gerade kleine und mittlere Betriebe mit unserer Förderung zu erreichen, weil sie oft keine eigenen Forschungskapazitäten vorhalten, weil oft auch die Zeitabläufe in den klassischen Forschungsprojekten schlecht zu den Notwendigkeiten und Bedingungen eines mittelständischen und kleinen Unternehmens passen. Hier mehr Vernetzung und Verzahnung hinzubekommen, ist von allergrößter Bedeutung.

Um die Nutzerfreundlichkeit der Förderung gerade im mittelständischen Bereich zu stärken, sind die Maßnahmen seit Juli im "Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand" zusammengefasst. Ich kann nur alle Akteure immer wieder auffordern, das unvoreingenommen in Augenschein zu nehmen und dort, wo Schwierigkeiten auftreten, das immer wieder direkt im Austausch mit dem entsprechenden Ministerium deutlich zu machen. Darauf setzt unsere Hightech-Strategie. Wir können sozusagen von staatlicher Seite nicht immer alles vorausahnen, sondern sind auf Interaktionen dringend angewiesen.

Wir versuchen mit der Initiative "Wissenschaftsfreiheitsgesetz" auch mehr Flexibilität, mehr Spielraum, mehr Eigenverantwortung voranzubringen. Das sind Dinge, die natürlich immer mit Argusaugen betrachtet werden; das will ich gar nicht in Abrede stellen. Manch einer mag vielleicht fragen: "Was soll denn dieses Wissenschaftsfreiheitsgesetz? Wir haben doch die Freiheit der Wissenschaft." Wir wissen natürlich, dass wir im Werben um die besten Köpfe oft auch erheblichen Restriktionen unterliegen. Allerdings sage ich auch ich habe es neulich auch bei der Max-Planck-Gesellschaft gesagt: Es darf nicht so aussehen, dass der, der regional Spitze ist, immer das Nachsehen hat, weil der, der von außen kommt, die besseren Bedingungen bekommt. Ansonsten verlieren wir vielleicht genau so viel, wie wir gewinnen. Also auch diese Dinge müssen sich erproben und Struktur gewinnen.

Allerdings ist ein hohes Maß an Freiheit, an Flexibilität notwendig, denn Innovationen gehören zu den Dingen, die sich eben nicht verordnen lassen. Sie können Leute zu diesem und jenem zwingen, eine Gebühr erheben oder sonst etwas machen, aber denken muss der Mensch allein. Daran muss er Spaß haben, dazu muss er Lust haben. Einer der Gründe, aus denen der Sozialismus zusammengebrochen ist, lag eben darin, dass man den Menschen politisch das Denken partiell verboten hat und zum Schluss bekümmert war, dass sie es im technik- und ingenieurwissenschaftlichen Bereich auch nicht mehr ausreichend getan haben. Freiheit ist also das Klima, in dem auch Innovationen gedeihen. Deshalb darf man hier auch nicht alles über einen Leisten schlagen.

Wir freuen uns, dass in einem zweiten Bereich, der unabdingbar dafür ist, dass Innovationen entstehen, nämlich im Bereich der qualifizierten Fachkräfte, ein bisschen Bewegung sichtbar ist, die hoffentlich auch anhält. Im vergangenen Wintersemester hat die Zahl der Studienanfänger in den Ingenieurwissenschaften um neunProzent zugenommen und ist damit auf weit über 61.000 gestiegen. Im Maschinenbau gab es sogar elfProzent mehr Studenten im Erstsemester und im Bauingenieurwesen sogar 16Prozent.

Meine herzliche Bitte ist nur, dass die Berufsperspektiven der Studienabgänger dann auch nicht zu zyklisch sind. Das demotiviert sonst wieder ganze Generationen. Man muss an der Stelle sehen: Die Studiengänge ich will jetzt keinen anderen Studiengang beleidigen in den technischen und naturwissenschaftlichen Fächern sind nicht anspruchslos. Wer sich darauf einlässt, sollte dann auch eine vernünftige Berufschance haben. Ganz fatal wäre es natürlich, wenn die jungen Leute, die wir ausgebildet haben, anschließend unser Land verlassen und vielleicht nicht so leicht zurückkehren.

Das Thema Frauen in Naturwissenschaft und Technik ist auch eines, das verbesserungsfähig ist, würde ich sagen. Deshalb haben wir einen "Pakt für Frauen in Naturwissenschaft und Technik" eingeführt. Das hat allerdings auch viel mit der Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu tun, denn die Innovationen schreiten in solchem Tempo voran, dass Pausen von zwei, drei, vier oder fünf Jahren geradezu verhängnisvoll sind, was die eigene Qualifikation anbelangt. Deshalb müssen hier auch flexible Wege für die Frauen gefunden werden, die in diesem Bereich mit Freude arbeiten. Ich glaube, dass wir in diesem Bereich angesichts der demographischen Veränderungen in unserem Land auf begabte Männer genauso wie auf begabte Frauen angewiesen sein werden.

acatech will über eine Plattform eine umfassende Strategie zur Förderung des technisch-naturwissenschaftlichen Nachwuchses entwickeln. Ich glaube, das Thema wird uns noch einige Jahre begleiten, wenngleich ich auch sage, dass sich die Gesamteinstellung zu den technischen Wissenschaften und zu den Naturwissenschaften in den letzten zehn, zwanzig Jahren wieder deutlich verbessert hat und diese zunehmend auch als Grundlagen unseres Wohlstandes erkannt werden.

Wir haben morgen den Bildungsgipfel in Dresden, der von manch einem etwas skeptisch beäugt wird. Ich glaube, dass es in unserem Gesamtinteresse liegt, dass Bund und Länder im Bildungsbereich eng zusammenarbeiten, ohne jeweils in die Kompetenzen des anderen einzugreifen. Aus der Perspektive des Menschen, des Bürgers, des Kindes, des Jugendlichen ist die Frage, wer in welchem Lebensabschnitt wofür die Kompetenz hat, eine sekundäre, gemessen an der Frage, ob Aufstieg durch Bildung und Anschluss an jede nächste Stufe der Bildung möglich ist. Es ist unsere Aufgabe, in einem verzahnten Herangehen hier aktiv zu werden.

Wir haben hier eine besondere Herausforderung im Bereich der Integration von Migrantinnen und Migranten. Wir dürfen nicht vergessen der letzte Bildungsbericht, den wir jüngst im Kabinett diskutiert haben, zeigt das: Entlang der gesamten industriellen Achsen Deutschlands Rhein-Main-Schiene, Stuttgart, München, Nürnberg, Erlangen, Fürth haben wir unter den 25-Jährigen bereits 40 bis 50Prozent junge Menschen, die einen Migrationshintergrund haben. Wenn es uns nicht gelingt, diese jungen Menschen auf ein ähnliches fachlich qualifiziertes Niveau wie bei den anderen zu führen, dann wird der Fachkräftemangel nicht nur sozusagen ein Nebenaspekt in der Kategorie von denkbaren Klagen sein, sondern wird zu einem existenziellen Problem in Deutschland führen. Deshalb bildet die Integrationspolitik gemeinsam mit der Familienpolitik und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie der Förderung von Hightech-Regionen drei Säulen, auf denen die Zukunft Deutschlands ruht und auf denen aufgebaut werden muss.

Deshalb glaube ich, dass wir morgen deutlich machen sollten, dass Bildung eine zentrale Aufgabe ist. Ich habe gesagt: Wenn wir ein fortschrittliches Land, in dem Wohlstand herrscht, sein wollen, dann müssen wir eine Bildungsrepublik werden, weil Bildung der Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit unseres Landes ist. Deshalb haben wir als Bundesregierung im Rahmen unserer Qualifizierungsinitiative seit Anfang des Jahres über 80Maßnahmen und Programme beschlossen, die genau den Bereich Qualifizierung nach vorn bringen. Ich nenne nur den Ausbildungsbonus, die Aufstiegsstipendien und die Erhöhung des BAföG sowie das Meister-BAföG, das wir auch erweitern wollen. Auch der Zugang von Nichtabiturienten zu Hochschulen ist ein interessanter und wichtiger Bereich. Für die Qualifizierungsinitiative stehen im Zeitraum von 2008 bis 2012 immerhin über 4, 1MilliardenEuro bereit, um diese Dinge auch voranzubringen.

Der Bildungsgipfel sollte morgen ein klares Signal aussenden, dass alle Verantwortung für diesen Schlüsselbereich in Deutschland tragen, dass jeder seinen Beitrag dazu leistet. Ich glaube, es ist im Sinne von acatech, dass das ein Erfolg wird. Sie haben sich dankenswerterweise schon dazu bereit erklärt, an den Bildungsinitiativen, wo immer es sich für acatech anbietet, mitzuwirken.

Meine Damen und Herren, in der Akademienlandschaft hat sich viel bewegt. Es ist im Januar 2008 nicht nur eine Nationale Akademie für Technikwissenschaften gegründet worden ich habe Professor Milberg immer gesagt, sie hat die besten Chancen, weil sie doch von einer neuen Ecke an die Sache herankommt, sondern wir haben es im Geleitzug auch geschafft, die Leopoldina in Halle zur Nationalen Akademie der Wissenschaften zu machen. Ich freue mich, dass die Bereitschaft zur Kooperation genauso wie zur Partnerschaft mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie und allen anderen Akademien mit ihren Spezialitäten und Traditionen besteht.

Wir haben mit der Gründung dieser beiden nationalen Akademien zu anderen Industrienationen aufgeschlossen. Man hatte früher oft nicht gewusst, wohin man sich in Deutschland wenden sollte, was ja immer schlecht ist. Deshalb war es aus meiner Sicht ein unabdingbarer Schritt mit Blick auch auf gestaltete Globalisierung, dass wir solche nationalen Akademien haben, deren Netzwerke sich natürlich wiederum tief in die anderen Akademien erstrecken. Deshalb freue ich mich, dass Sie als einen Teil Ihrer Arbeit, der acatech-Arbeit, die Aufgabe sehen, mit anderen Akademien auf der Welt zusammenzuarbeiten, gemeinsam Entwicklungen zu beobachten und zu analysieren.

Ich habe manch einen geschockt, als ich den Innovationsrat, der bei der Bundesregierung bestand, aufgelöst und gesagt habe: Jetzt haben wir doch nationale Akademien, nun lasst doch die acatech auch die Aufgabe der Politikberatung übernehmen. Herr Professor Milberg, es hat mich sehr gefreut, was Sie heute Abend an Gedanken dargestellt haben, wie Sie sich auch einen Innovationsdialog vorstellen, der ein Stück weit von der Kernarbeit der acatech getrennt sein muss, weil sie natürlich völlig unabhängig sein muss. Ich glaube, auf dieser Basis können dann sehr gut auch zweimalige Treffen mit der Bundeskanzlerin und den entsprechenden Ministerien durchgeführt werden. Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn man das mit anderen Ländern vergleicht, so stellt man fest, dass dort die Politikberatung aus dem wissenschaftlichen Bereich zumindest immer auch in enger Rückkopplung mit unabhängigen Instanzen erfolgt. Insofern ist mir dieser Schritt jetzt sehr recht und sehr lieb, weil man nicht, dass ich früher gedacht hätte, dass uns die, die uns im Rat für Innovation beraten haben, schlecht beraten hätten nun natürlich aus einer viel breiteren Ergebnispalette schöpfen und dies in die speziellen Bedürfnisse der Politik einbringen kann.

Wir als Politiker müssen darauf achten, dass wir auf der Höhe der Zeit bleiben nicht nur bei der Gesetzgebung, sondern auch beim Verstehen wissenschaftlich-technischer Innovationen. Ich habe mir vorgenommen, auch weiterhin nicht nur zu verstehen, was Credit Default Swaps sind, sondern auch im Bereich der verschiedenen innovativen technischen Produkte wenigstens einigermaßen die richtigen Fragen stellen zu können. Die Fähigkeit der Politik, bei bestimmten innovativen Entwicklungen wenigstens die Frage noch so formulieren zu können, dass daraus eine vernünftige Antwort entsteht und nicht zu einem peinlichen Berührtsein des Befragten führt, ist sozusagen die vorderste Aufgabe der Innovationskraft der Politik. Wenn Sie uns dann die Einsichten geben, die wir brauchen, uns auf neue Trends hinweisen, wird das sehr gut sein.

Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer acatech. Machen Sie weiter so. Wir brauchen Sie.

Herzlichen Dank.