Redner(in): Angela Merkel
Datum: 14.07.2011

Untertitel: in Abuja
Anrede: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Breitengroß,sehr geehrter Herr Lamotte, sehr geehrte Damen und Herren, sehr große Freude, beim nunmehr 4.Deutsch-Nigerianischen Wirtschaftsforum hier in Abuja zu Gast zu sein. Herzlichen Dank für die Einladung. Ich möchte auch die Gouverneure, die heute teilnehmen, recht herzlich begrüßen. Ich freue mich, dass wir hier sein können und dass wir so herzlich empfangen wurden. Das sage ich auch im Namen unserer ganzen Delegation, die aus Abgeordneten des Deutschen Bundestages,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_1498/Content/DE/Rede/2011/07/2011-07-14-bk-rede-abuja,layoutVariant=Druckansicht.html


es ist mir eine einer starken Wirtschaftsdelegation und natürlich auch aus mitreisenden Journalisten besteht.

Es freut mich ganz besonders, dass auch deutsche Unternehmen an dem Bild dieses Landes, das sich in einer dynamischen Entwicklung befindet und viele Herausforderungen zu bewältigen hat, mitwirken. Nigeria ist mit seiner politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung ein ganz wichtiger Impulsgeber für andere Staaten in der ECOWAS-Region.

Hohe Anerkennung durch Deutschland findet ebenso der Einsatz des Landes für Konfliktprävention und Konfliktlösung. Damit leistet Nigeria schon seit langem einen unverzichtbaren Beitrag zur politischen Stabilität Westafrikas, aber auch ganz Afrikas.

Ich bin davon überzeugt, dass eine starke Nation eine leistungsfähige Wirtschaft als Rückgrat braucht. Darin ist auch die Bedeutung dieses Wirtschaftsforums zu sehen. Das gilt allemal auch deshalb, weil Nigeria das bevölkerungsreichste Land des afrikanischen Kontinents ist.

Umgekehrt gilt aber auch, dass dauerhafte wirtschaftliche Prosperität und gesellschaftliche Stabilität nur auf der Grundlage nationaler Einheit und Verständigung möglich sind. Meine Gespräche heute Morgen mit Ihnen, Herr Präsident, und mit Vertretern verschiedener Glaubensgemeinschaften dieses Landes haben mir noch einmal bestätigt, dass Sie diesen Zielen den hohen Stellenwert beimessen, den sie auch verdienen.

Zweifellos sind wirtschaftliche Entwicklung und sozialer Frieden zwei Seiten derselben Münze. Beides muss zusammengedacht werden, weil sich beides gegenseitig bedingt. Deshalb möchte ich Sie darin bestärken, in Ihrem Engagement nicht nachzulassen. Ich darf Ihnen versichern, dass Deutschland Nigeria in allen Bereichen ein zuverlässiger Partner sein wird.

Dabei bietet auch und besonders die wirtschaftliche Kooperation viele Ansatzpunkte dies erst recht angesichts der beeindruckenden Entwicklung Ihres Landes. In den vergangenen fünf Jahren konnten Sie ein durchschnittliches Wachstum von sieben Prozent verbuchen. Auch für dieses Jahr rechnet der IWF mit einem Anstieg des nigerianischen Bruttoinlandsprodukts um beachtliche sieben Prozent.

Grundlage dieser Dynamik sind die größten Erdgas- und die zweitgrößten Erdölreserven Afrikas. Dieser natürliche Reichtum Nigerias bietet für den weiteren Aufbau einer erfolgreichen Marktwirtschaft eine gute Perspektive. So ist Nigeria zum einen für die deutsche Wirtschaft ein wertvoller Partner. Zum anderen zählt Deutschland zu den wichtigen Handels- und Wirtschaftspartnern Nigerias.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die wechselseitigen Investitionen noch erheblich ausbauen können. Darüber haben wir, Herr Präsident, heute auch gesprochen. Wir haben uns vorgenommen, nicht nur die Energiepartnerschaft zu ertüchtigen, sondern auch in einer binationalen Kommission alle Aspekte der Zusammenarbeit von Nigeria und Deutschland zusammenzufassen. Ich darf Ihnen auch mitteilen, dass ich den Präsidenten für das nächste Jahr nach Deutschland eingeladen habe, damit wir dann die Fortschritte in den Beziehungen unserer Länder Revue passieren lassen können. Dabei wird es auch um die umfassenden Potenziale der weiteren Zusammenarbeit gehen.

Ich habe von der Energiewirtschaft gesprochen. Hier liegt nicht nur ein bedeutendes Potenzial in den Öl- und Gasreserven, sondern auch bei den erneuerbaren Energien, wie etwa Wasserkraft und Solarenergie. Wir haben über die Stromversorgung gesprochen. Diese wird in den weiten Gebieten des ländlichen Raums auch dezentral erfolgen müssen. Hier bieten sich natürlich Wasserkraft, Solarenergie und Windenergie an. Im Rahmen der technischen Zusammenarbeit und Entwicklungszusammenarbeit wird Deutschland hierbei einen Beitrag leisten. Deutsche Unternehmen verfügen bei Energietechnik und -infrastruktur über hervorragende Kompetenzen und können damit einen Beitrag dazu leisten, dass Nigeria seine Ressourcen effizienter nutzen kann.

Wir wollen unsere Chancen also besser verwerten. Dazu dient innerhalb der Gesamtkooperation die Energiepartnerschaft. Sie zielt darauf ab, einerseits durch den Ausbau der Lieferbeziehungen mit Nigeria die Versorgung Deutschlands bei Erdöl und Erdgas zu steigern. Andererseits geht es auch darum, dass deutsche Unternehmen den Ausbau der nigerianischen Stromproduktion und der entsprechenden Infrastruktur voranbringen. Wir beide sind uns einig, dass Deutschland und Nigeria hier noch sehr viel mehr tun können.

Wir haben auch darüber gesprochen, dass sich die nigerianische Industrie diversifizieren muss. Die einseitige Abhängigkeit von Öl und Gas reicht nicht aus. Deshalb möchte ich als weitere Bereiche, in denen wir stärker zusammenarbeiten können, zum Beispiel den Bausektor, die Verkehrsinfrastruktur und Ingenieurleistungen nennen. Auch so unterschiedliche Bereiche wie Telekommunikation und Informationstechnologie, Gesundheit und Umwelttechnologien, auch Finanzdienstleistungen und vieles andere mehr bieten sich für eine Zusammenarbeit an. Ich darf Ihnen versichern: Das Interesse der deutschen Wirtschaft an solchen Kooperationen ist groß. Das wird auch dadurch unterstrichen, dass mich auf meiner Reise nach Nigeria Wirtschaftsvertreter begleiten.

Lassen Sie mich Ihnen noch einmal versichern: Deutsche Unternehmen sind an langfristigen und verlässlichen Partnerschaften interessiert. Sie achten darauf, dass es eine Win-win-Situation gibt. Sie kümmern sich nicht nur darum, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, sondern auch darum, dass junge Menschen eine gute Ausbildung bekommen. Ich glaube, das ist in Ihrem Land von besonderer Bedeutung. Deutsche Unternehmen bieten hervorragende Qualität und bringen exzellentes Know-how mit. Genau das ist es auch, was Nigeria braucht: Langfristige, verlässliche Beziehungen mit den Industrieländern, um selbst die Marktwirtschaft weiter aufbauen zu können.

Natürlich ist es auch wichtig, dass Nigeria selbst verlässliche Rahmenbedingungen bietet und den Abbau bürokratischer Hürden voranbringt. Das sind unverzichtbare Voraussetzungen dafür, das Land als Investitionsstandort noch attraktiver zu machen und der jungen Bevölkerung Nigerias neue Beschäftigungsperspektiven zu eröffnen.

Meine Damen und Herren, dieses mittlerweile 4. Wirtschaftsforum ist Ausdruck des Willens und des Könnens, die wirtschaftliche Partnerschaft unserer beiden Länder zu beiderseitigem Nutzen weiter auszubauen. Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Veranstaltung.

Ich hoffe, Sie sehen daran, dass zum ersten Mal seit 1978 wieder ein Bundeskanzler in diesem Fall eine Bundeskanzlerin Nigeria besucht, dass Nigeria für uns ein wichtiger Partner in der Zukunft sein wird. Das ist eine ganz bewusste Entscheidung der deutschen Bundesregierung und auch Teil unseres Afrika-Konzepts. Das möchte ich durch meine heutige Anwesenheit noch einmal unterstreichen.

Herzlichen Dank.