Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 27.10.2011
Untertitel: "Die gesellschafts- und kulturpolitische Bedeutung des Reformationsjubiläums, seine nationale und weit darüber hinaus internationale Ausstrahlung sind der entscheidende Grund für die Bundesregierung, sich gemeinsam mit der EKD, den Ländern und vielen Vertretern der Zivilgesellschaft an der Vorbereitung und Durchführung des Jubiläums zu beteiligen.", so Kulturstaatsminister Bernd Neumann in seiner Rede.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_1498/Content/DE/Rede/2011/10/2011-10-27-neumann-dachmarkenkampagne,layoutVariant=Druckansicht.html
im Jahre 2017 wird Deutschland ein bedeutendes Jubiläum feiern. Vor 500 Jahren schlug Martin Luther seine Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg. Dies bildete den Auftakt zur Reformation einem Ereignis, das die deutsche Geschichte nachhaltig geprägt hat.
Natürlich war dieses Ereignis im Kern religiöser Natur. Die Auswirkungen jedoch reichen weit darüber hinaus in den gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Bereich hinein. Ich erinnere hier nur an die Entwicklung eines Menschenbildes, das auf einem neuen christlichen Freiheitsbegriff beruhte.
Dabei rückten die Ausbildung der
Eigenverantwortlichkeit und die Gewissensentscheidung des Einzelnen in den Mittelpunkt. Die Aufklärung und die Menschenrechte wurden bis hin zur Demokratie heutiger Prägung durch die Reformation entscheidend beeinflusst. Die Übersetzung der Bibel ins Deutsche durch Martin Luther war wesentlich für die Entwicklung einer einheitlichen deutschen Schriftsprache und hat weiten Teilen der Bevölkerung einen bis dahin ungeahnten Zugang zur Bildung eröffnet.
Die gesellschafts- und kulturpolitische Bedeutung des Reformationsjubiläums, seine nationale und weit darüber hinaus internationale Ausstrahlung sind der entscheidende Grund für die Bundesregierung, sich gemeinsam mit der EKD, den Ländern und vielen Vertretern der Zivilgesellschaft an der Vorbereitung und Durchführung des Jubiläums zu beteiligen. Nach unserem Verfassungsverständnis sind Kirche und Staat getrennt das Reformationsjubiläum 2017 ist jedoch ein gutes Beispiel dafür, dass man bei getrennten Aufgabenbereichen partnerschaftlich zusammenwirken kann.
Auf Initiative des Landes Sachsen-Anhalt bereiten EKD, Bund und Länder bereits seit 2007 das Jubiläum vor.
Seit 2008 läuft die Lutherdekade, sie nimmt Impulse auf, die bis in unsere Zeit reichen. So steht das Jahr 2011 unter dem Thema "Reformation und Freiheit", im nächsten Jahr folgt das Themenjahr "Reformation und Musik", das wir am kommenden Montag in Eisenach eröffnen werden.
Gemeinsam wollen wir, dass sich die Nachricht von diesem hervorragenden Ereignis noch weiter verbreitet, damit es ein Ereignis in ganz Deutschland wird. Während in der EKD, in den Landeskirchen, in Bund, Ländern und Gemeinden bereits teilweise unter Hochdruck an der Vorbereitung des Reformationsjubiläums 2017 gearbeitet wird, liegt vielen Menschen dieses Ereignis noch fern.
Und wichtiger vielleicht noch: Es liegt uns Partnern sehr daran, zu signalisieren, dass das Jubiläum nur gelingen kann, wenn die Menschen Gelegenheit finden, sich aktiv zu beteiligen. Wir fordern daher ganz gezielt, auch die Zivilgesellschaft zur Mitwirkung auf.
Wir haben die renommierte Agentur Scholz and Friends damit beauftragt, eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln, deren
Ziel es sein soll, Lutherdekade und Reformationsjubiläum national und international noch
bekannter zu machen.
Die Dachkampagne mit dem Leitmotiv "Am Anfang war das Wort", die wir heute vorstellen, wird die vielen Partner im Land kommunikativ und visuell einen, sie bündelt ihre Aktivitäten und sorgt so für die nationale Sichtbarkeit aller Partneraktivitäten.
Ab sofort wird "Am Anfang war das Wort" als Leitmotiv öffentlichkeitswirksam bei allen Publikationen / Veranstaltungen mit hohem Wiedererkennungswert der Dekade dienen.
Es steht in einer großen Tradition, es ist aber modern interpretierbar, vor allem aber es ist Teil des deutschen Sprachschatzes und es ist in vielen Sprachen bekannt.
Da der Kern des Reformationsjubiläums religiöser Natur ist, wird es die originäre Aufgabe der EKD und ihrer Landeskirchen sein, sich der religiösen, der geistlichen Dimension zu widmen. Die Aufgabe des Staates aber ist eine andere.
Wie Sie bereits wissen, wurde ich von der Bundeskanzlerin damit beauftragt, die Maßnahmen, mit denen sich die Bundesregierung an der Vorbereitung und Durchführung des Reformationsjubiläums beteiligt, zu koordinieren.
Dabei sind uns folgende Punkte wichtig:
1. Die Bundesregierung sieht im Reformationsjubiläum 2017 eine große Chance, sich als Kulturnation national und international zu repräsentieren. Es ist ein deutschlandweites Ereignis, das weit über die im Zentrum des Interesses stehenden Kernländer der Reformation Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen hinaus reicht und es ist auch von internationaler Strahlkraft.
2. Die
Bundesregierung
will anlässlich des Reformationsjubiläums 2017 dazu beitragen, daran zu erinnern, dass die Reformation zu den geistigen Wurzeln unseres Landes gehört und ihr Jubiläum auch eine wertvolle Chance zur Weiterentwicklung der Demokratie eröffnet.
3. Die Bundesregierung wird diesen Prozess kulturpolitisch durch die Unterstützung von gesamtstaatlich wichtigen Veranstaltungen wie Symposien, Konferenzen, Ausstellungen, Konzerten, Maßnahmen der kulturellen Bildung etc. mitgestalten.
Sie wird gemeinsam mit den Ländern wichtige historische Schauplätze der Reformation wie zum Beispiel das Schlosskirchenensemble in Wittenberg, die Luthergedenkstätten in Wittenberg und Eisleben sowie die Wartburg bei Eisenach verstärkt restaurieren.
Für Projekte sowie für die eben genannten Baumaßnahmen stehen im Haushalt allein meines Hauses
erstmalig in 2011 Mittel in Höhe von 5 Mio. Euro zur Verfügung. Es besteht die politische Absicht, dies bis 2017 so fortzuführen, dass also insgesamt 35 Mio. Euro eingesetzt werden können. Hinzu kommen weitere Beiträge der Bundesregierung entsprechend der jeweiligen Kernkompetenz der einzelnen Ressorts.
4. Für mein Haus habe ich heute im Übrigen die 2. Fördertranche für dieses Jahr öffentlich bekannt gegeben. Die Förderungen der ersten Tranche ( in Höhe von über 2 Mio. Euro ) vornehmlich in den so genannten Kernländern der Reformation hatten wir bereits am 6. Juni im Rahmen einer Kuratoriumssitzung in Wittenberg bekannt gegeben Mit der 2. Fördertranche gelingt es nun, den Aktionsradius auf das gesamte Bundesgebiet auszudehnen.
Wir dürfen
aber
auch die mit dem Reformationsjubiläum verbundenen wirtschaftlichen Potentiale nicht vernachlässigen.
Weltweit ist das Interesse an den Reformationsstätten bereits heute groß. Die Bundesregierung unterstützt daher gezielt im Inland, aber auch über die Deutsche Zentrale für Tourismus ( DZT ) im Ausland das Marketing für Lutherdekade und Reformationsjubiläum. Die Reise in die Kernländer der Reformation Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ebenso wie der Besuch anderer historischer Stätten im Kontext der Reformationsgeschichte führt Besucher aus dem In- und Ausland zu authentischen Orten von hohem kulturhistorischen Rang. Ob Kulturtourist oder religiös motivierter Besucher jeder Gast soll sich willkommen fühlen und ein positives Bild des Kultur-Reiselands Deutschlands im Gedächtnis behalten.
5. Die Reformation ist jedoch auch ein Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung. Die Bundesregierung wird die Lutherdekade außenpolitisch begleiten und fördern und auch die Mittlerorganisationen um eigene Beiträge bitten. Geplant sind z. B. noch im Dezember eine Botschafterreise aus Ländern mit protestantischer Tradition nach Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie eine Wanderausstellung, die nach derzeitigem Stand im Ausland 2013/2014 auf die Reise gehen soll.
In allen ihren Aktivitäten sieht sich die Bundesregierung im Übrigen auch durch den Bundestag unterstützt sieht, der in der vergangenen Woche einstimmig einen
interfraktionellen Antrag zum Reformationsjubiläum 2017 verabschiedet hat. Auch das Parlament hat die Erwartung, dass die Bundesregierung einen aktiven Beitrag zur Vorbereitung und Feier des Reformationsjubiläums leistet. Die Bundesregierung sieht darin Ansporn und Bestätigung zugleich.