Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 01. Februar 2012

Untertitel: In seiner Rede in der Akademie der Künste würdigte Staatsminister Bernd Neumann die Karriere Mario Adorfs. Auch sprach er kurz über den Deutschen Filmförderfonds und den Beginn der Berlinale.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2012/02/2012-02-01-neumann-adorf.html


In seiner Rede in der Akademie der Künste würdigte Staatsminister Bernd Neumann die Karriere Mario Adorfs. Auch sprach er kurz über den Deutschen Filmförderfonds und den Beginn der Berlinale.

Anrede,

eine seiner für mich schönsten Rollen spielte Mario Adorf im Jahre 1986 in einer Episode der Fernsehserie "Kir Royal". Mario Adorf ist ein schwerreicher Parvenu, der sich nichts sehnlicher wünscht als endlich in der Gesellschaftskolumne des Klatschreporters Baby Schimmerlos aufzutauchen. Dafür verfolgt er den Reporter verzweifelt durch Münchens Partyszene und besticht dessen Zeitungsverlegerin mit teuren Anzeigen am Ende mit Erfolg.

Mario Adorf spielte den reichen Prahlhans als armen Toren und so überzeugend, dass er damit eine Schlüsselfigur der Serie schuf. Und in Abwandlung des Titels der heutigen Ausstellung müssen wir sagen: "… komisch kann er auch!"

Er kann überhaupt so vieles, der Mario Adorf: In sechzig Jahren rund 220 Filme und 60 Rollen auf der Bühne, Publikumsliebling und internationaler Star, erfolgreich auch als Chansonnier und Autor das ist eine Bilanz, die kaum zu übertreffen ist, lieber Mario Adorf. Und natürlich ist ein Anlass wie der heutige auch die Gelegenheit, jene Frage zu erörtern, die Truffaut an Alfred Hitchcock stellte: "Herr Adorf, wie haben Sie das gemacht?"

Da ist natürlich ein unerhörtes Talent, eine große Begabung und eine noch größere Schauspielkunst, die aus Rollen so lebensnahe Figuren hat werden lassen wie den großen Bellheim oder Alfred Matzerath, den Vater des kleinen Oskar aus der "Blechtrommel". Es gibt aber darüber hinaus drei weitere Gründe, die Mario Adorfs Erfolg über Jahrzehnte ermöglicht haben.

Der erste, lieber Mario Adorf, ist Ihre Wandlungsfähigkeit. Sie haben stets neue Rollenfächer ausprobiert und sich nicht festlegen lassen. Mit Erfolg konnten Sie sich vom Schurkenfach der 60er Jahre lösen und haben ein unerhört breites Rollenspektrum abgedeckt: Helden und Gangster, Patriarchen und Paten, junge Wilde und alte Hasen.

Die zweite Antwort lautet: Internationalität. In der Schweiz geboren, mehrsprachig in der Eifel aufgewachsen, Sohn einer deutschen Mutter und eines italienischen Vaters damit brachten Sie schon allein aufgrund ihrer Biographie europäisches Flair in den deutschen Film der Nachkriegszeit.

Sie sprechen vier Sprachen fließend und haben daher Ihre Karriere nie allein auf den deutschen Sprachraum beschränkt. Bereits Ihr erster Filmerfolg "Nachts, wenn der Teufel kam" ist unter deutsch-amerikanischer Regie entstanden, unter der Leitung von Robert Siodmak. Zu den Regisseuren, mit denen Sie arbeiteten, gehören Billy Wilder, Claude Chabrol und Sergio Corbucci. Sie waren immer schon ein internationaler Star.

Das hat auch dem deutschen Film gut getan. Dass Sie zudem mit deutschen Regiegrößen wie Schlöndorff, Fassbinder und Staudte gedreht haben, sei hier ebenfalls erwähnt. Der dritte Grund für Ihren lang anhaltenden Erfolg: Wie wenige andere verstanden Sie es stets, hohen künstlerischen Anspruch mit Breitenwirkung zu verbinden.

Daher finden sich in Ihrer Filmografie Werke von Weltrang von der "Blechtrommel" war bereits die Rede, Fassbinders "Lola" gehört dazu aber eben auch populäre Produktionen wie jener legendäre Karl May Film, in dem Sie als Santer zum meistgehassten Schauspieler Deutschlands wurden.

Ganz besonders haben Sie mich als Abel Znorko in "Enigma" beeindruckt sozusagen einem Geburtstagsgeschenk zum 75. von Volker Schlöndorff und Eberhard Junkersdorf an Sie. Der Film wurde in 14 Tagen in Berlin und Norwegen abgedreht und ist trotzdem von einer atemberaubenden Präzision und Präsenz, für die ich nur wenige Beispiele kenne.

Meine Damen und Herren,

in neun Tagen beginnt wieder die Berlinale, das große Filmfestival des Bundes. Wir haben drei deutsche Produktionen im Wettbewerb, das ist ein gutes Zeichen. Zugleich ist in diesem Jahr erneut mit Wim Wenders "Pina" ein deutscher Film für den Oscar nominiert.

Nicht zuletzt haben wir mit dem Deutschen Filmförderfonds ein Instrument geschaffen, um gezielt auch internationale Produktionen ins Land zu holen, davon profitiert die ganze hiesige Filmbranche. Ich denke also, wir können der Zukunft des deutschen Kinos mit Zuversicht entgegensehen!

Meine Damen und Herren,

wir haben derzeit viele talentierte junge und neue Stars im deutschen Kino. Einen Mario Adorf kann es jedoch nur einmal geben. Sie haben uns, Ihr Publikum, belehrt, begeistert, belustigt aber immer auch berührt. Sie haben sich, verehrter Mario Adorf, mit Ihrer bisherigen, überaus beeindruckenden Bilanz wahrlich um den deutschen Film in hohem Maß verdient gemacht.

Dafür möchte ich Ihnen ganz persönlich, aber auch im Namen der Bundesregierung, Dank und Anerkennung aussprechen.

Besonders danken möchte ich dafür, dass Sie der Akademie der Künste einer Einrichtung, die zu meinem Verantwortungsbereich gehört Ihren Nachlass kostenfrei übereignet haben. Es ist daraus jene Ausstellung entstanden, die wir heute eröffnen. Mit ihr blicken wir zurück auf ein reiches Schauspielerleben und auf fast 60 Jahre deutscher Filmgeschichte. Und, meine Damen und Herren, die Geschichte geht weiter! Mario Adorf wird noch längst nicht aufhören und das finde ich einfach toll! Wir können uns also auf weitere Filme mit Mario Adorf freuen.

Dass Sie, lieber Mario Adorf, sozusagen ganze Schauspielergenerationen überbrücken und immer noch so vital und scheinbar mühelos durch das Leben schreiten, macht schon fast neidisch. Könnte es sein, dass man als Schauspieler nicht altert, wenn man immer eine andere Person spielt?

Sie haben in Ihren frühen Münchner Theaterjahren ja unter Fritz Kortner, Heinz Hilpert und August Everding gespielt Namen, die Legende sind! Besonders neugierig wäre ich aber auf die früheste Rolle auf Ihrer Theaterliste: Unter der Jahreszahl 1952 findet sich dort das Stück "Die alte Leier", aufgeführt vom Studententheater der Uni Mainz. Darunter steht: "Mario Adorf als Staatsminister". Da wäre ich gern dabei gewesen!