Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 02. Februar 2012

Untertitel: In seiner Rede anlässlich der Feier des 20-jährigen Bestehens des Museums für Sepulkralkultur in Kassel würdigte Kulturstaatsminister Bernd Neumann die Bedeutung des Museums zu den Themen Bestattungen und kultische Handlungen angesichts des Todes als früheste Formen der Kultur.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2012/02/2012-02-02-neumann-sepulkralkultur.html


In seiner Rede anlässlich der Feier des 20-jährigen Bestehens des Museums für Sepulkralkultur in Kassel würdigte Kulturstaatsminister Bernd Neumann die Bedeutung des Museums zu den Themen Bestattungen und kultische Handlungen angesichts des Todes als früheste Formen der Kultur.

Anrede,

als das Museum für Sepulkralkultur vor zwanzig Jahren hier in Kassel eröffnet wurde, stand es vor deutlich größeren Herausforderungen als Museen mit "eingängigeren" Themen. Sterben, Tod und Trauer betreffen uns ja ausnahmslos alle unmittelbar und existenziell. Aber ist es nicht so, dass wir insgeheim Heinrich Heines Sentenz zustimmen: "Wer an den Tod denkt, ist schon halb gestorben" und damit jeden Gedanken an die Endlichkeit des Lebens verbannen wollen?

Natürlich geht es tendenziell den meisten so und doch fasziniert die reiche Kultur, die wir Menschen um die "letzten Dinge" geschaffen haben. Bestattungen und kultische Handlungen angesichts des Todes sind früheste Formen der Kultur. Ich selbst versuche, überall, wo ich hinreise und wo die Zeit es erlaubt, Friedhöfe anzusehen. Der Umgang mit dem Tod und den Toten verrät viel über die Kultur einer Region und einer Epoche.

Vielerorts verschwinden leider Rituale und Bräuche, die den Hinterbliebenen Kraft und Halt geben. Auch der Umgang mit Gräbern und Grabstätten lässt zunehmend Gestaltungswillen vermissen. Dabei verkenne ich nicht, dass jede Zeit, auch die unsere, eigene Formen des Umgangs mit den Toten entwickelt. So setzen sich neue Formen der Bestattung durch, wie zum Beispiel die in der Natur.

Neben den kulturellen Aspekten gibt es zudem auch eine hohe gesellschaftspolitische Verantwortung, die mit dem Thema verbunden ist. Denn, obwohl Gedanken an den eigenen Tod oder den naher Angehöriger nur allzu gerne verdrängt werden, diskutiert man heute viel über das Sterben in Würde. Ich meine zum Beispiel die gesetzlichen Regelungen der Patientenverfügung. Diskutiert wird ebenfalls über Organspende. Sie haben dazu beigetragen, neu über die Grenze zwischen Leben und Tod nachzudenken.

Das Museum für Sepulkralkultur reflektiert diesen gesellschaftlichen Wandel und begleitet ihn durch die museale Präsentation, durch wissenschaftliche Grundlagenarbeit und auch durch Beratung von interessierten Bürgern.

Besonders beeindruckt bin ich von den museumspädagogischen Aktivitäten des Hauses, bis hin zum Museumskoffer "Vergissmeinnicht". Kinder gehen oft unbefangener, selbstverständlicher und neugieriger mit allem um, was Tod und Bestattung betrifft. Hier anzusetzen, ist kulturelle Bildung im besten Sinn! Kultur ist schließlich nichts Abgehobenes, sondern gehört einfach zum Leben und, wenn ich das hier so sagen darf auch zum Sterben.

Lieber Herr Professor Sörries, Ihre Aussage, dass Ihr Haus sich zwar den Themen Sterben, Tod und Trauer widmet,"aber besonders dem Leben zugewandt weiß." finde ich hervorragend! Mit Ihrer Arbeit zeigen Sie: Tod und Sterben kann man einfühlsam und dennoch interessant und öffentlichkeitswirksam darstellen und vor allem ohne reißerische Effekte, die wir ja leider auch von manchen Ausstellungen kennen, die den Tod würdelos vermarkten. Mit seiner Vielfalt und seinem Facettenreichtum hat sich das Kasseler Museum in den zwanzig Jahren seines Bestehens zu einer wirklich einzigartigen Institution entwickelt dazu meinen herzlichen Glückwunsch!

Ich wünsche nun eine schöne Jubiläumsfeier und dem Museum für Sepulkralkultur weiterhin eine gute Entwicklung und viele Besucher.