Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 04. September 2012
Untertitel: In seiner Laudatio ging Kulturstaatsminister Bernd Neumann auf das filmische Schaffen Sir Ken Adams ein und wies auf sein Engagement für die Deutsche Filmakademie hin. Auch bedankte er sich für die Unterstützung der Deutschen Kinemathek und die Übergabe seines künstlerischen Archivs.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2012/09/2012-09-04-neumann-ken-adam.html
In seiner Laudatio ging Kulturstaatsminister Bernd Neumann auf das filmische Schaffen Sir Ken Adams ein und wies auf sein Engagement für die Deutsche Filmakademie hin. Auch bedankte er sich für die Unterstützung der Deutschen Kinemathek und die Übergabe seines künstlerischen Archivs.
Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Sir Ken Adam,
Sie blicken auf eine reiche und erfüllte Schaffenszeit zurück. Als einer der zweifellos bedeutendsten "Production Designer" der Filmgeschichte prägten Sie mit wegweisenden und fantasievollen Visionen, die als Bauten und Erfindungen in die Filme eingingen, die moderne Filmarchitektur.
In der Branche avancierte der Name Ken Adam so zu einem absoluten Qualitätslabel. Es gelingt Ihnen immer wieder, beeindruckende szenische Räume zu erschaffen, die Stimmungen erzeugen. Mit Ihrer einmaligen Art, Geschichten zu visualisieren, tragen Sie maßgeblich zur Poesie eines Filmes bei, geben ihm ein Gesicht.
Viele kreative Filmkünstler wurden durch Ihre Arbeiten entscheidend beeinflusst, sei es durch Ihre populären Entwürfe für "James Bond-Filme", Ihre Arbeiten für Stanley Kubrick, Ihre genialen Erfindungen in zahlreichen Genres oder Ihre Kooperationen mit bedeutenden internationalen Regisseuren.
Ihrer immensen Gestaltungskraft haben wir Filmwerke zu verdanken, die den Zeitgeist ganzer Generationen geprägt haben. Dass das Szenenbild maßgeblich zur emotionalen Wirkung eines Films beiträgt, haben Sie uns eindrücklich vorgeführt. Damit ist es Ihnen auch gelungen, die existenzielle Bedeutung ihrer Zunft für den Film ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Filmhistorisch so wichtig wie die von Ihnen geschaffene "007-Welt" wurde der unterhalb des Pentagon gelegene "War Room", den Sie für Stanley Kubricks "Dr. Seltsam" ( 1963 ) bauten; ein dreieckiger, nach oben konkaver Luftschutzbunker, mit riesigen Monitoren.
Ich weiß nicht, ob es stimmt, aber der Legende nach soll Präsident Reagan beim Einzug ins Weiße Haus verlangt haben, in den "War Room" geführt zu werden. Gerade diese Meisterwerke sind auch Beispiele des von Ihnen zitierten Mottos: "Kein Entwurf für einen Film lohnt die Mühe, wenn er nur darauf abzielt die Realität zu reproduzieren."
Sie haben für Ihr überragendes Werk zahllose Auszeichnungen erhalten, genannt seien hier nur Ihre beiden Oscars in der Kategorie Ausstattung für die historischen Kostümfilme "Barry Lyndon" im Jahr 1976 und "King George Ein Königreich für mehr Verstand" im Jahr 1995. Hinzu kommen drei weitere Oscar-Nominierungen in den Jahren 1957, 1978 und 1994. Bei all Ihrem Wirken haben Sie immer wieder die prägende Bedeutung betont, die der klassische deutsche Film der Weimarer Republik für Sie hatte, so auch zuletzt als Redner bei der Eröffnung der Ausstellung "The Complete Metropolis" in der Deutschen Kinemathek im Januar 2010, die ich gemeinsam mit Ihnen die Ehre hatte, zu eröffnen.
Obwohl Ihre Familie von den Nationalsozialisten in die Emigration getrieben wurde, Sie viele Verwandte durch die mörderischen Verbrechen des NS-Regimes verloren und als junger Mann in der Royal Airforce gegen das "Dritte Reich" kämpften, haben Sie Ihre besondere Beziehung zur deutschen Kultur immer beibehalten.
Und trotz allem, was geschehen ist, sind Sie auch Ihrem Geburtsort Berlin verbunden geblieben: Seit den 1950er-Jahren haben Sie bei zahlreichen und regelmäßigen Aufenthalten in Berlin diverse Filmprojekte realisiert und sich aktiv am kulturellen Leben Berlins beteiligt.
Das zeigte sich zum Beispiel an der Begeisterung, mit der Sie sich der Aufgabe widmeten, für die Ausstellung "Sieben Hügel" eine unvergessliche Installation im Lichthof des Martin Gropius-Baus zu entwickeln.
1999 waren Sie Mitglied der Jury für den Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele Berlin. Mit "Taking Sides" von Istvan Szabo war dann im Jahr 2002 ein von Ihnen maßgeblich mitgestalteter Film im Wettbewerb der "Berlinale" zu sehen.
Erst kürzlich, im Februar dieses Jahres, haben Sie mit Schülern des Französischen Gymnasiums in Berlin über Ihren Film "Dr. Strangelove" und über den Beruf des "Production Designers" diskutiert. Sie selbst mussten das Französische Gymnasium 1934 als Emigrant verlassen.
Die Jugendlichen erlebten Sie als einen wachen, klugen, alle Fragen mit großer Offenheit und Geduld beantwortenden Künstler. Dieser Nachmittag dürfte für alle Schüler eine bleibende Erinnerung gewesen sein.
Der Berlinale blieben Sie dauerhaft verbunden. Dabei ließen Sie wiederholt auch junge Filmstudenten an Ihrer reichen Erfahrung teilhaben. So haben Sie im Jahr 2003 zusammen mit Wim Wenders und Lia van Leer die Patenschaft für den im Jahr 2004 neu eingerichteten "Talent Campus" übernommen.
Ihre Präsenz und Ihre unermüdliche Bereitschaft zum Dialog mit jungen Filmschaffenden waren mitverantwortlich dafür, dass sich schon im ersten Jahr aus dem Experiment "Talent Campus" eine für alle Beteiligte überzeugende Veranstaltung entwickelte, deren Erfolg mittlerweile unumstritten ist. Mehrfach kehrten Sie als Experte zum "Talent Campus" zurück, immer offen für die Fragen der jungen Künstler.
Lieber Sir Adam, Ihre Verbundenheit mit der deutschen Filmszene spiegelt sich auch in Ihrem Engagement für die Deutsche Filmakademie wider, die den vom BKM vergebenen Deutschen Filmpreis ausrichtet. Sie gehören der Filmakademie seit 2004 als Ehrenmitglied an.
Auf diese Ehrung haben Sie mit aktiver Teilhabe geantwortet: Sie haben eingewilligt, zusammen mit Michael Ballhaus bei der Gala 2010 selbst zwei "Lolas" für "Bestes Szenenbild" und "Beste Kamera" zu vergeben. Seit Gründung der Filmakademie bewerten Sie die nominierten Filme sachkundig und nehmen an der Wahl in den verschiedenen Kategorien teil. Auch für dieses Engagement für den deutschen Film möchte ich Ihnen ganz herzlich danken.
Ich weiß, dass Sie auch zu der von meinem Haus unterstützten Deutschen Kinemathek seit langem eine intensive Beziehung pflegen. Die dem Produktions-Design gewidmete, von der Deutschen Kinemathek organisierte und konzipierte Retrospektive der Berlinale im Jahr 2005 stellte nicht zuletzt von Ihnen geprägte Filme in den Mittelpunkt.
Seit Jahren sind Sie mit Mitarbeitern der Deutschen Kinemathek im intensiven Kontakt und haben sich Ende des letzten Jahres endgültig dafür entschieden, der Kinemathek Ihr Archiv mit einer immensen Zahl beindruckender Zeichnungen aus Ihrer gesamten Karriere zu überlassen.
Dies wird die große und qualitätsvolle Sammlung zu Architekturskizzen, einer der herausragenden Schwerpunkte der Kollektionen, bereichern. Für Ihre Bereitschaft, Ihr wertvolles und international berühmtes Archiv an Ihre Geburtsstadt Berlin zu geben, danken wir Ihnen herzlich.
Gestern schließlich haben Sie nun, wiederum in Berlin, einen Stern am "Boulevard der Stars", dem wachsenden Denkmal der deutschen Filmgeschichte, erhalten. Ich nutze diese Gelegenheit gerne, um Ihnen ganz herzlich zu dieser hochverdienten Auszeichnung zu gratulieren.
Lieber Sir Adam, aus alledem wird ersichtlich, wie stark Ihr Engagement und Ihre Leistung für das kulturelle Leben Deutschlands und seiner Hauptstadt Berlin war und ist und wie zugewandt und generös Sie sich gegenüber deutschen Institutionen verhalten haben.
Es ist mir daher eine besondere Ehre, Ihnen, Sir Ken Adam, nun die Ordensinsignien zu überreichen. Meinen ganz herzlichen Glückwunsch zu dieser ehrenvollen Auszeichnung.