Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 21. Januar 2013

Untertitel: Andreas Maier und Éric Vuillard sind die diesjährigen Preisträger des Franz-Hessel-Preises für zeitgenössische Literatur. Bei seiner Verleihung unterstrich Kulturstaatsminister Bernd Neumann die Bedeutung der intensiven kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2013/01/2013-01-22-neumann-franz-hessel-preis.html


Andreas Maier und Éric Vuillard sind die diesjährigen Preisträger des Franz-Hessel-Preises für zeitgenössische Literatur. Bei seiner Verleihung unterstrich Kulturstaatsminister Bernd Neumann die Bedeutung der intensiven kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich.

Anrede,

es ist mir eine besondere Freude, hier heute meine französische Amtskollegin Aurélie Filippetti begrüßen zu können. In den sieben zurückliegenden Jahren meiner Amtszeit habe ich enge, freundschaftliche Beziehungen zu allen französischen Kulturministern gepflegt: von Renaud Donnedieu de Vabres, über Christine Albanel bis Frédéric Mitterrand. Und ich bin sehr glücklich, dass wir, liebe Aurélie, diese enge und herzliche Zusammenarbeit nun fortsetzen. Der beste Beweis dafür ist, dass Sie nach der Feier des 10-jährigen deutsch-französischen Filmtreffens im November 2012 nun bereits zum 2. Mal innerhalb von 2 Monaten hier in Berlin sind. Herzlich willkommen, liebe Aurélie Filippetti.

Zum dritten Mal verleihen wir nun seit 2010 den Franz-Hessel-Preis, alternierend einmal in Frankreich, einmal in Deutschland. Diese heutige Preisverleihung ist ein hervorragender Auftakt für die großen Feierlichkeiten zum Élysée-Vertrag, deren symbolträchtiger Höhepunkt die gemeinsame Sitzung beider Regierungen und Parlamente am morgigen Dienstag sein wird. 50 Jahre Élysée-Vertrag, das heißt 50 Jahre politische Freundschaft und gewachsenes Vertrauen zwischen zwei Ländern, die davor bittere Kriege gegeneinander geführt haben.

50 Jahre freundschaftliche Beziehungen nach all ‘ den Gräueln und Verbrechen, die durch die nationalsozialistische Terrorherrschaft auch in Frankreich verübt wurden. 50 Jahre Élysée-Vertrag heißt aber vor allem auch: 50 Jahre intensive kulturelle Beziehungen.

Die größte Gemeinsamkeit zwischen unseren beiden Ländern ist nicht die Ökonomie, sondern die Kultur die über Jahrhunderte gewachsene, christlich-abendländische und europäische Kultur, die die Identität unserer Länder prägt und die Frankreich und Deutschland mehr verbindet als alle anderen Länder.

Ein Beispiel dafür ist die enge Freundschaft zwischen Voltaire und Friedrich dem Großen, dessen 300. Geburtstag wir im vergangenen Jahr gefeiert haben."Frankreich und Deutschland sind die beiden Flügel des Abendlands" schöner und treffender als Romain Rolland, der französische Literaturnobelpreisträger und große Europäer, es ausgedrückt hat, kann man es kaum formulieren.

Zum Leitstern der erfolgreichen kulturellen Zusammenarbeit wurde in den letzten Jahrzehnten der Filmbereich. 87 gemeinsame Filme wurden seit 2001 durch den so genannten Minitraité , den deutsch-französischen Förderfonds unterstützt.

Gegenwärtig ist die französisch-deutsch-österreichische Koproduktion "Liebe" von Michael Haneke sogar fünf Mal für den Oscar nominiert. Auch das Interesse am französischen Filmschaffen ist riesengroß in Deutschland! Im vergangenen Jahr hat der wunderbare französische Film "Ziemlich beste Freunde" mit fast 9 Millionen Besuchern in Deutschland alle Rekorde gebrochen.

Die bewegten Bilder der Filme überbrücken Raum und Zeit, sie bringen uns einander näher sie sind Emotion pur. Aber auch die Literatur spielt eine überragende Rolle für das gegenseitige Verständnis und führt uns vor Augen, wie eng wir miteinander verbunden sind.

Stéphane Hessel, Franzose und Sohn des Namensgebers unseres Literaturpreises, des Deutschen Franz Hessel, beschreibt in seinem jüngst erschienen Buch "Empörung meine Bilanz" eindringlich, wie sehr er in den beiden geistigen Kulturen, der deutschen und französischen, verwurzelt ist jenseits aller nationalen Stereotypen. Mit seiner Schrift "Empört Euch!" hat er Hunderttausende von Menschen in Frankreich und Deutschland bewegt und aufgerüttelt!

Auch die beiden Autoren, die wir heute mit dem Franz-Hessel-Preis auszeichnen, Éric Vuillard und Andreas Maier, gehören zu den schöpferischen Brückenbauern, die uns mit ihrem literarischen Werk Einblicke in die Seele des anderen gewähren. Dr. Johannes Willms wird nachher deren Würdigung vornehmen.

Dem möchte ich nicht vorgreifen. Aber schon jetzt gratuliere ich Ihnen herzlich und wünsche Ihnen viel Erfolg auch mit den Übersetzungen Ihrer aktuellen Bücher.

Meine Damen und Herren, selbst wenn jetzt der Champagner zum Anstoßen fehlt, rufe ich Ihnen zu: "Es lebe die deutsch-französische Freundschaft auch in den nächsten 50 Jahren!"