Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 15. März 2013

Untertitel: In seiner Rede ging Staatsminister Bernd Neumann auf die Bedeutung von kleinen und unabhängigen Verlagen ein. Er betonte, dass die Buchpreisbindung für gedruckte und elektronische Bücher erhalten bleiben muss und nicht umgangen werden darf.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2013/03/2013-03-15-neumann-kurt-wolff-preis.html


In seiner Rede ging Staatsminister Bernd Neumann auf die Bedeutung von kleinen und unabhängigen Verlagen ein. Er betonte, dass die Buchpreisbindung für gedruckte und elektronische Bücher erhalten bleiben muss und nicht umgangen werden darf.

Anrede,

gerne bin ich heute hierher zur Verleihung des Kurt Wolff Preises auf die Leipziger Buchmesse gekommen. Nicht nur, weil wir in diesem Jahr das 100. Gründungsjubiläum des Kurt Wolff Verlags feiern, und auch nicht zwingend, weil es nach drei Jahren nachdem ich zuletzt 2010 den Preis unter anderem an Klaus Wagenbach verliehen habe wieder einmal Zeit sein könnte. Nein, ich bin in erster Linie heute hierher gekommen, um in Verbindung mit der Preisverleihung meine volle Solidarität mit den kleinen und unabhängigen Verlagen auszudrücken.

Die Kurt Wolff Stiftung wird seit ihrer Gründung vor 13 Jahren durch den Bund finanziert, da sie durch ihr vielfältiges Wirken im Dienste kleinerer Verlage die einzigartige Verlags- und Literaturszene Deutschlands stärkt.

Wir brauchen diese Verlage heute mehr denn je, denn sie sind Garanten für ein literarisches und intellektuelles Leben, das sich nicht dem Mainstream unterwirft. Sie sind damit wichtiger Bestandteil unserer kulturellen Vielfalt.

Vor drei Jahren, als ich zum letzen Mal hier in Leipzig bei der Verleihung des Kurt Wolff Preises gesprochen habe, sah die Buch- und Verlagsszene in Deutschland noch etwas anders aus.

Das eBook schien noch eine zu vernachlässigende Größe zu sein. Das hat sich mittlerweile doch verändert. Der Anteil der eBooks am Gesamtumsatz der Verlage betrug im Jahr 2011 6,2 Prozent, nach Schätzungen soll er im Jahr 2015 circa 17 Prozent ausmachen.

Wege zu finden, an diesem Geschäft angemessen zu partizipieren, ist eine der großen Herausforderungen für kleinere, unabhängige Verlage. Hier stehen auch Fragen des Urheberrechts auf der Tagesordnung, mit denen die Musik- und die Filmbranche schon länger zu kämpfen hat. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Digitalisierung und das Internet die Existenzgrundlage von Autoren, kleinen Verlagen und Buchhändlern gefährden!

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Erhalt der Vielfalt des Bücherangebots zu erschwinglichen Preisen ist die Buchpreisbindung. Sie muss erhalten bleiben, und zwar für gedruckte wie für eBooks also elektronische Bücher und wir dürfen nicht zulassen, dass sie umgangen wird.

Wir brauchen die Buchpreisbindung, denn sie garantiert faire Bedingungen gerade für unabhängige Verlage wie insbesondere auch für inhabergeführte Buchhandlungen. Wenn hier ein ungezügeltes Feilschen um den Verkaufspreis einsetzen würde, dann gerieten unweigerlich die ins Hintertreffen, die für Qualität, für das Wagnis anspruchsvoller Literatur und für das Buch als besonderen Träger von Bildung und Kultur stehen. Am Ende stünde eine Verarmung und Verrohung unserer Literatur- und Kulturlandschaft.

Um eine effektive Buchpreisbindung zu erhalten, besteht Handlungsbedarf beim grenzüberschreitenden Handel mit eBooks. Eine Umgehung der Buchpreisbindung zum Beispiel durch Amazon mit seinem Firmensitz in Luxemburg muss verhindert werden.

Anders als bei gedruckten Büchern kann bei eBooks weder ein Transport über die Grenze noch eine Wiedereinfuhr zur Umgehung des Buchpreisbindungsgesetzes konkret festgestellt werden, denn das Internet kennt keine Staatsgrenzen.

Ich werde mich dafür einsetzen, dass eine Ergänzung des Buchpreisbindungsgesetzes vorgenommen wird, damit der Regelung für gedruckte Bücher entsprechend dieselbe Bestimmung auch für eBooks bei grenzüberschreitenden Verkäufen gilt. Es dürfen in Deutschland keine Schlupflöcher entstehen, die Billigangeboten Tür und Tor öffnen!

Das andere Mittel, die Vielfalt unserer Verlagslandschaft zu sichern, ist der ermäßigte Mehrwertsteuersatz auch für elektronische Bücher, der bisher nur für gedruckte gilt. Ich halte das für logisch und unterstütze dies auch. Eine solche Regelung haben wir ja bereits in Frankreich, obwohl diese von der EU-Kommission als wettbewerbswidrig geahndet werden soll. Dies ist abzuwarten.

Aber auch in Anbetracht der für 2013 und 2014 festgelegten engen Eckwerte des Bundeshaushaltes, zu denen uns die gesetzlich vorgegebene Schuldenbremse zwingt, gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine Möglichkeit, die wünschenswerte Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes zu realisieren.

Deshalb habe ich mich bisher erfolgreich dafür eingesetzt, dass die jetzigen Regelungen für reduzierte Mehrwertsteuersätze im Bereich der Kultur und der Medien erhalten bleiben. Auch das war nicht einfach! Aber die Einführung eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes auch für elektronische Bücher bleibt für mich auf der Agenda.

Meine Damen und Herren,

es gibt in unserem Land durchaus eine enge Verbindung zwischen den unabhängigen Verlagen und den kleineren, inhabergeführten Buchhandlungen beide sind existenziell aufeinander angewiesen.

Es sind gerade die kleinen Buchhandlungen, die die Programme der unabhängigen Verlage im Blick haben, da sie nicht auf Masse, sondern auf Qualität setzen, und zudem ihre Leser, die häufig Stammkunden sind, sehr genau kennen.

Kleineren Buchhandlungen bleibt es im Gegensatz zu großen Ketten so gut wie verwehrt, Rabatte bei Verlagen auszuhandeln, da sie nicht in Mengen einkaufen können. Auch wenn insbesondere durch die Zunahme des Versandhandels und des Absatzes von eBooks derzeit vor allem die großen Ketten massiv Filialen abbauen, lässt die Marktentwicklung einen weiteren Verdrängungswettbewerb zu Lasten auch der kleineren Buchhandlungen erwarten.

Die rund 3.800 Buchhandlungen in Deutschland sind aber nicht nur einfach Geschäfte, in denen Bücher verkauft werden. Sie sind durch Lesungen und Veranstaltungen auch Orte der Begegnung und Stätten der Kultur, die auch deshalb unbedingt erhalten werden müssen.

Lieber Stefan Weidle, Sie sind in dieser Situation mit der Bitte an mich herangetreten, eine staatliche Förderung des inhabergeführten und darum unabhängigen Buchhandels auf den Weg zu bringen. Ich nehme diesen Vorschlag sehr ernst. Dieser interessante Vorschlag wirft allerdings ordnungspolitische und europarechtliche Fragen auf, die noch nicht geklärt sind. Ich lade Sie deshalb ein, mit den Fachleuten meines Hauses im Gespräch zu bleiben, um Ihren Vorschlag weiter zu diskutieren.

Meine Damen und Herren,

auch in diesem Jahr hat die Jury des Kurt Wolff Preises spannende Verlage als Preisträger ausgewählt. Der Hauptpreis in Höhe von 26.000 Euro geht an den Göttinger Wallstein Verlag für seine anspruchsvollen Editionen, die die deutsche Literatur seit dem 18. Jahrhundert mit der Zeit- und Wissenschaftsgeschichte verknüpfen sowie für seine Pflege der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.

Seit 2002 erscheinen dort auch die Jahrbücher und die Sonderausgaben des Ordens pour le Mérite, den mein Haus betreut. Lieber Thedel von Wallmoden, dies ist nicht der erste Preis für Ihren außergewöhnlichen Verlag meinen herzlichen Glückwunsch!

Der Förderpreis in Höhe von 5.000 Euro würdigt die hervorragende Arbeit des jungen Verlages binooki, der erst vor zwei Jahren von zwei mutigen Schwestern gegründet wurde, um die türkische und deutsche Kultur ganz ohne Klischees miteinander in Verbindung zu bringen. Auch Ihnen, liebe Selma Wels und Inci Bürhaniye meinen Glückwunsch!