Redner(in): Angela Merkel
Datum: 29. Januar 2015

Untertitel: in Berlin
Anrede: sehr geehrter Herr Wendhut,sehr geehrter Herr Hoyer,meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2015/01/2015-01-29-merkel-gedenkmuenze.html


Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber Volker Bouffier, sehr geehrter Herr Bundesminister, lieber Wolfgang Schäuble,

Die Gedenkmünzen-Übergabe ist immer ein sehr schönes Ereignis. In diesem Jahr ist sie aber außergewöhnlich, denn heute stellen wir nicht nur eine 2-Euro-Münze vor, sondern wir stellen zwei 2-Euro-Münzen vor. Die eine Gedenkmünze gehört zu der Serie, die hier jedes Mal vorgestellt wird, wenn ein Bundesratspräsident ins Haus kommt: das ist die Bundesländer-Serie. Wir würdigen mit dieser Serie den Föderalismus, der in unserer Bundesrepublik den Ländern mit ihren jeweiligen Besonderheiten Gewicht und Stimme garantiert. Wir haben gerade in dem ja auch üblichen Gespräch zwischen der Bundeskanzlerin und dem Bundesratspräsidenten festgestellt, dass der Föderalismus häufig auch etwas mühsam und zeitraubend ist, aber dass er unter dem Strich Deutschland eine ungewöhnliche Stabilität und Vielfalt verleiht und deshalb auch von uns gemeinsam gehegt und gepflegt wird.

Gelebte Vielfalt, lebendige Demokratie Föderalismus macht sich auf vielerlei Weise bezahlt. Die 2-Euro-Münzen machen das anschaulich. Auf den Neuausgaben wird jeweils ein bekanntes Motiv gezeigt, das das Land, das die Bundesratspräsidentschaft aktuell innehat, auch charakterisiert. Wir hatten hier schon Münzen mit dem Lübecker Holstentor und dem Schweriner Schloss, dem Kölner Dom, dem Hamburger Michel und anderen einzigartigen Bauwerken vorgestellt, die nun millionenfach in Umlauf sind und auch etwas über unser Land aussagen.

Jetzt kommt die Frankfurter Paulskirche zu Ehren des Bundeslands Hessen dazu. Ich glaube, wir sind uns einig: Die Paulskirche ist nationales Symbol und Wiege unserer Demokratie. 1848 und 1849 tagte in ihr die Nationalversammlung, zu der Abgeordnete der damaligen deutschen Einzelstaaten zusammenkamen. 70 Jahre vor der Weimarer Verfassung und 100 Jahre vor dem Grundgesetz beschlossen sie erstmals Grundrechte des deutschen Volks, die sie schließlich in eine erste deutsche Verfassung aufnahmen. Das Ziel war es, einen Nationalstaat zu schaffen und damit gewissermaßen eine deutsche Einheit.

Wir wissen: Die demokratische Aufbruchsstimmung sollte damals nicht lange vorhalten. Doch es ist dieses Bestreben, das das Motiv der Paulskirche auch mit dem Motiv der zweiten Münze verbindet, die wir heute vorstellen, nämlich die Münze zu Ehren des 3. Oktobers 1990 des Tags, an dem nach jahrzehntelanger Teilung unseres Landes die Deutsche Einheit vollendet wurde. Sie alle wissen: Vorausgegangen waren friedliche Proteste vieler Bürgerinnen und Bürger in der DDR. Ihr Freiheitsdrang konnte sich Bahn brechen. Das Brandenburger Tor, einst Symbol der Teilung, wurde zum Symbol der Einheit. An den wohl glücklichsten Moment in der jüngeren deutschen Geschichte vor 25 Jahren erinnert uns nun auch eine Sondermünze.

Erinnern ist das eine; das andere ist, Verantwortung zu übernehmen und die Deutsche Einheit immer wieder mit Leben zu erfüllen. Wir alle egal, woher wir kommen oder welche Religion wir vertreten sind Teil einer Gesellschaft. Was uns eint, das sind freiheitliche Grundwerte, deren Bindekraft schon die Frankfurter Nationalversammlung beschwor. Es sind Grundwerte, die heute auch Europa zusammenhalten. Deshalb sind diese Münzen nicht D-Mark-Münzen, sondern Euro-Münzen, wie sich das gehört. Sie zeigen Einheit in Vielfalt.

Ich möchte den Künstlern, Herrn Wendhut und Herrn Hoyer, für ihre gelungenen Entwürfe herzlich danken und übergebe nun das Wort an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.