Redner(in): Monika Grütters
Datum: 11. April 2017

Untertitel: Bei der Eröffnung der ersten von drei Sonderausstellungen zum Reformationsjubiläum hat Kulturstaatsministerin Grütters die weltweite Wirkung Luthers hervorgehoben. "Die Schau führt uns die Reformation als "Werk der ganzen Welt" vor Augen.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2017-04-11-bkm-lutheruasstellung.html


Bei der Eröffnung der ersten von drei Sonderausstellungen zum Reformationsjubiläum hat Kulturstaatsministerin Grütters die weltweite Wirkung Luthers hervorgehoben."Die Schau führt uns die Reformation als" Werk der ganzen Welt "vor Augen. Die Kirche braucht eine Reformation, die nicht das Werk eines einzelnen Menschen ist, nämlich des Papstes, oder von vielen Menschen, nämlich den Kardinälen ( … ) , sondern es ist das Werk der ganzen Welt, ja es ist allein das Werk Gottes." Diese Zeilen schrieb Martin Luther vor 500 Jahren als Augustiner-Eremit. In seinem Ringen um Gott und in der Hoffnung auf die Erneuerung der Kirche hat er sich aber wohl nicht im Entferntesten träumen lassen, welche Wirkung seine 95 Thesen weltweit entfalten würden. Dass die Reformation heute mit Fug und Recht als "Werk der ganzen Welt" bezeichnet werden darf, ist Grund genug, das 500. Jubiläum international und weltoffen zu feiern und dabei auch der Frage nachzugehen, wie der "Luther-Effekt" vom kleinen Wittenberg aus im wahrsten Sinne des Wortes welt-bewegende Kraft weit über Kirche und Religion hinaus entfalten konnte.

Herzlich willkommen zur Ausstellung des Deutschen Historischen Museums, die uns die Reformation als "Werk der ganzen Welt" vor Augen führt! Sie ist eine der drei nationalen Sonderausstellungen im Jubiläumsjahr und damit Teil des zentralen staatlichen Beitrags zum Reformationsjubiläum. Der Bund hat sich hier in besonderem Maße engagiert, um die Reformation als Teil eines gewaltigen gesellschaftlichen Umbruchs und Lernprozesses zu würdigen. Die Schau, die wir heute eröffnen, führt uns dazu quer durch die Epochen und Kontinente und widmet sich der Vielfalt des Protestantismus wie auch den damit verbundenen Konflikten. Sie dokumentiert, wie Menschen unterschiedlicher Kulturen den protestantischen Glauben gelebt und geprägt haben - und welche Spuren der protestantische Glaube seinerseits in anderen Kulturen und Gesellschaften, Religionen und Konfessionen hinterließ. Vor allem aber zeigt sie, dass Kirche kulturelle Identität weit über den Kreis ihrer Mitgliedschaft hinaus schafft - mit einer Prägekraft wie sie keine zweite Institution je entwickelt hat.

Als führendes Geschichtsmuseum Deutschlands ist das Deutsche Historische Museum geradezu prädestiniert, uns mit auf diese außergewöhnliche Welt- und Zeitreise zu nehmen. Ich danke Ihnen, liebe Frau Kretzschmar, liebe Frau Ziesak, und Ihrem Team für die didaktisch kluge und kenntnisreiche Vermittlung der Beispiele, die den "Luther-Effekt" ebenso beeindruckend wie lehrreich illustrieren. Diese gelungene Ausstellung schmückt auch Ihre Interimspräsidentschaft, liebe Frau Kretzschmar. Vielen Dank, dass Sie das DHM fast ein Jahr lang mit hohem persönlichen Einsatz so klug und umsichtig geführt haben. Bei dieser Gelegenheit darf ich noch erwähnen, dass Professor Raphael Gross in wenigen Tagen sein Amt als Präsident des Deutschen Historischen Museums antreten wird. Wir also dürfen gespannt sein auf den "Gross-Effekt" : auf seine Impulse für die Weiterentwicklung und Modernisierung unseres nationalen Geschichtsmuseums!

Ein Gewinn, meine Damen und Herren, ist die Reise auf den Spuren des "Luther-Effekts" nicht nur für das Verständnis der Reformationsgeschichte. Aufschlussreich ist diese interkulturelle und internationale Perspektive, weil sie uns mit Erfahrungen konfrontiert, aus denen wir Lehren für unsere Gegenwart und Zukunft ziehen können. Dazu gehört nicht zuletzt die Einsicht, dass es eine der wichtigsten demokratischen, ja eine der größten zivilisatorischen Errungenschaften überhaupt ist, das Gemeinsame über das Trennende stellen zu können - das Menschliche über die Unterscheidung zwischen gläubig und ungläubig, zwischen deutsch und nicht-deutsch, zwischen muslimisch und christlich. Gerade weil uns die Reformationsgeschichte vor Augen führt, mit wieviel Krieg, Leid und Gewalt bezahlt diese Errungenschaft doch ist, verdient es Anerkennung, dass das 500. Reformationsjubiläum Verständigung und Versöhnung in den Mittelpunkt stellt und Erfahrungen aus aller Welt einbezieht. Die Bereitschaft der Kirchen, für ein Miteinander in der Vielfalt einzustehen, macht Hoffnung gerade in einer Zeit, in der religiöse Konflikte und religiöser Fundamentalismus weltweit Angst und Schrecken verbreiten.

Allen, die dazu beigetragen haben, danke ich herzlich für ihr Engagement und ihre guten Ideen - zu denen nicht zuletzt auch die Einladung des AKWABA -Gospelchors gehört."Akwaba" heißt "Willkommen", trägt die Weltoffenheit aber nicht nur im Namen, sondern öffnet mit mitreißender afrikanischer Gospelmusik auch die Tür zu einer anderen Welt. Wir haben es eben gehört: Kultur öffnet Welten - und damit ist die Diplomatie der Kunst ja gelegentlich sogar wirkmächtiger als die Kunst der Diplomatie … . In diesem Sinne: Willkommen zu einem inspirierenden Abend mit musikalischem Genuss und Streifzügen durch die weltumspannende Geschichte der Reformation!