Redner(in): Monika Grütters
Datum: 23. August 2017

Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2017/08/2017-08-23-bkm-festival-pop-kultur.html


Anrede - Pop-Kultur in der Kulturbrauerei: Da trifft zusammen, was zusammengehört - schließlich zählt dieses Areal, früher Standort eines der größten Braubetriebe Europas, seit vielen Jahren zu den bekanntesten und beliebtesten Orten der Berliner Clubszene. Ihrem Namen macht die Kulturbrauerei neuerdings aber auch wieder mit Braukunst alle Ehre: Unter dem Motto "HANDGEMACHT. Junges Brauen trifft Straßenküche" präsentierten sich hier vor gut einem Jahr innovative und kreative Braukünstler, die mit ihrem "Craft Beer" die 500 Jahre alte Braukultur aufmischen.

500 Jahre hat die Pop-Kultur zwar bei weitem noch nicht auf dem Buckel - aber auch sie profitiert enorm von den "jungen Wilden", die mit Enthusiasmus, Fantasie und Experimentierfreude eine ganze Branche aufmischen und um neue ( in diesem Fall musikalische ) Geschmackserlebnisse bereichern - von Ihnen also, liebe Künstlerinnen und Künstler! Genau wie die "Craft Beer" -Brauer sind Sie die sympathischen Rebellen der Branche: Mit Ihren innovativen Werken - "handgemacht", nicht industriell gefertigt - heben Sie sich ab vom musikalischen Mainstream."Craft Pop", wenn man so will: mit unterschiedlichsten Stimmen, Sounds und Genres eine Bereicherung für die musikalische und kulturelle Vielfalt.

Das Pop-Kultur-Festival bietet diesem "Craft Pop" eine Bühne - und das schon fast mit Tradition: Denn heute eröffnen wir, liebe Frau Lucker, gemeinsam die dritte Ausgabe Ihres Festivals, das sich innerhalb kurzer Zeit zum Schmelztiegel verschiedener kreativer Szenen entwickelt hat und den interdisziplinären künstlerischen Austausch fördert. Es ist damit selbst zu einer "Kulturbrauerei" im wahrsten Sinne des Wortes geworden, denn hier entstehen auch neue, vielversprechende künstlerische Formate. Besonders freut mich, dass die Organisatoren sich so erfolgreich um eine angemessene weibliche Beteiligung bemühen - ein Anliegen, das ich mit Nachdruck unterstütze und das ich in meinem Verantwortungsbereich als Kulturpolitikerin ( mit dem Runden Tisch "Frauen in Kultur und Medien" ) selbst auch vorantreibe. Den Anspruch jedenfalls, die Pop-Kultur aufzumischen und künstlerisch zu erneuern, löst das diesjährige Festival mit einem breit gefächerten Musik-Angebot, mit Ausstellungen, Filmen, Lesungen und Gesprächen zu aktuellen künstlerischen Tendenzen zweifellos ein. Bereits der Blick auf das Programm verspricht eine große Vielfalt künstlerischer Ausdrucksformen - und ein Blick ins Publikum verrät, wie sehr es eben diese musikalische Vielfalt vermag, Menschen zu begeistern und zusammen zu bringen.

Dabei zeigt übrigens leider gerade die diffamierende und absolut inakzeptable Boykott-Kampagne der vergangenen Tage, wie sehr wir die verbindende Kraft der Musik brauchen. Ich finde es schlimm, dass die anti-israelische Hetze im Vorfeld des Festivals einige Künstler aus arabischen Ländern veranlasst hat, ihre Teilnahme abzusagen - umso mehr, als die Musik ja gerade dort gemeinsame Sprache sein kann, wo Worte als Mittel der Verständigung versagen. Ein Beispiel dafür ist die aus meinem Kulturetat geförderte Barenboim-Said-Akademie, in der junge Menschen aus der arabischen Welt und aus Israel gemeinsam musizieren und lernen und sich auf diese Weise auch Möglichkeiten für Verständnis und Verständigung erarbeiten. Das sind Erlebnisse und Erfahrungen, die ich auch den Teilnehmenden des "Pop-Kultur" -Festivals wünsche. Nicht zuletzt deshalb freue ich mich, dass ich das Festival fördern und unterstützen kann: Mit 500.000 Euro aus dem Kulturetat des Bundes werden die "commissioned works" realisiert - "Auftragswerke", die eigens für das Festival entstanden sind. Diese Produktionen loten die Verbindungen zwischen Popmusik und Literatur, Lichtdesign, Mode, bildender und darstellender Kunst aus - und machen Pop als "Gesamtkunstwerk" erlebbar. Mit der Förderung wollen wir Künstlerinnen und Künstlern die finanzielle Freiheit geben, innovative, mutige und experimentelle Projekte unabhängig von Erwartungen an den ökonomischen Erfolg ihres Werkes zu realisieren.

Künstlerische Freiheit finden Künstlerinnen und Künstler zurzeit wohl nirgends mehr als hier in Berlin; die Stadt ist Sehnsuchtsort vieler Kreativer aus aller Welt. Begeisterte Anhänger und Fürsprecher hat die Pop-Musik aber erfreulicherweise auch in anderen Regionen Deutschlands: Deshalb hat der Bund in diesem Jahr seine Pop- , Rock- und Jazz-Förderung um insgesamt 4,2 Millionen Euro erheblich erhöht. Darüber hinaus steht in diesem Jahr unter anderem auch für den Spielstättenprogrammpreis "APPLAUS" mehr Geld zur Verfügung, den ich an Clubs und Spielstätten mit künstlerisch herausragendem Live-Programm verleihe. Ich hoffe, dass die Fördermittel des Bundes dazu beitragen, dass Künstlerinnen und Künstler auch jenseits des musikalischen Mainstreams Erfolg haben - und dass sie darüber hinaus Mut zum Experiment machen. Schließlich dürfte es nur wenige musikalische Erfolge geben, die so entstanden sind wie das legendäre Gitarrenriff im Rolling Stones-Hit "I can ' t get no satisfaction" : Es überkam Keith Richards gewissermaßen - so steht es in einem Buch über berühmte Songzeilen und ihre Geschichten - , als er nachts im Hotel völlig ermüdet auf der Gitarre herum improvisierte. Er nickte dabei ein und fand beim Aufwachen - ich zitiere - "ein Band mit zwei Minuten Gitarrenspiel und 40 Minuten Schnarchen". Wie auch immer Ihre Werke entstehen, liebe Künstlerinnen und Künstler: Ich wünsche Ihnen, dass drei im besten Sinne "berauschende" Festivaltage Sie inspirieren und motivieren! Vor allem aber wünsche ich Ihnen allen, liebe Gäste, ein klangvolles Fest der Pop-Kultur!