Redner(in): Angela Merkel
Datum: 28.08.2007
Untertitel: am 28.August 2007 in Nanjing
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2007/08/2007-08-28-rede-merkel-gespraech-studenten,layoutVariant=Druckansicht.html
Herzlichen Dank, dass wir hier sein können. Das Deutsch-Chinesische Rechtsinstitut ist wirklich eine ganz besondere Brücke zwischen unseren beiden Ländern. Deshalb sind wir Nanjing und Göttingen natürlich sehr dankbar dafür, dass sie es schon vor langer Zeit geschaffen haben.
Ich möchte nicht sehr viel Zeit damit verbringen, hier lange Reden zu halten, weil wir miteinander sprechen wollen. Ich denke, dass Sie sich auch ein bisschen darauf vorbereitet haben, mir einige Dinge zu sagen oder mich etwas zu fragen. Ich möchte nur so viel sagen: Ich habe bisher sehr erfolgreiche und, wie ich glaube, auch wichtige Gespräche in Peking geführt und dabei einen Beitrag zu einer langen Geschichte deutsch-chinesischer Beziehungen leisten können.
Wir haben gestern Abend 35Jahre diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und China gefeiert. Wenn wir uns einmal überlegen, dass wir am Anfang, im Jahre 1972, ein Handelsvolumen in Höhe von nicht einmal 1Milliarde Euro oder US-Dollar hatten, das aber heute 78Milliarden Euro pro Jahr umfasst, dann sehen wir, wie grandios die Steigerungsraten im wirtschaftlichen Bereich sind. Deshalb, so glaube ich, wird es auch sehr wichtig sein, dass sich viele Menschen aus Deutschland in China auskennen, aber auch Chinesen Deutschland gut kennen, denn die nächste Stufe der Erweiterung könnte sein, dass viele chinesische Unternehmen einmal nach Deutschland kommen.
Ein Problem bei der Weiterentwicklung Chinas ist natürlich das Thema Gesetzgebung und Rechtssystem. Zum einen geht es um die Frage, wie die Gesetze aussehen müssen. Dabei können wir manches voneinander lernen. Ich glaube, dass unsere Umweltgesetzgebung recht interessant ist. Zum anderen geht es in China natürlich auch darum, das Rechtssystem in der Praxis durchzusetzen. Wir haben gestern sehr viel über den Schutz des geistigen Eigentums gesprochen. Das schönste Gesetz nützt nichts, wenn sich die Mehrheit der Leute nicht daran hält. Denn wenn eine Mehrheit in einem Land beschließt, dass sie sich an ein Gesetz nicht halten will, dann kann es gar nicht genügend Juristen und Behörden geben, die überprüfen, ob das Gesetz eingehalten wird, und diejenigen, die die Rechtsverletzung begehen, dann auch zur Rechenschaft ziehen. Das aber ist sozusagen die Bewährungsprobe des Rechtsstaats. Natürlich bedarf es auch einer guten Verwaltung, die Genehmigungen erteilt, die nicht korrupt ist und die sich nicht bestechen lässt, sondern die die verabschiedeten Gesetze auch wirklich umsetzt. Dabei gibt es natürlich noch viele Probleme.
Deshalb interessiert mich jetzt auch, wie Sie Ihr Studium einschätzen, wie Sie die deutsche Rechtsetzung einschätzen und was Sie sich für die Beziehungen zwischen unseren Ländern vielleicht noch wünschen würden. Deshalb will ich gar nicht weiterreden, sondern die wenige Zeit, die wir haben, nutzen und Sie bitten, einfach Bemerkungen zu machen oder aber mich etwas zu fragen. Ich werde natürlich gerne antworten. Ich will vielleicht darauf hinweisen, dass in unserer Delegation auch Abgeordnete aller Parteien aus dem Deutschen Bundestag sind, die dieses deutsch-chinesische Projekt natürlich auch mit Interesse verfolgen.