Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 12.09.2007
Untertitel: Zur Einbringung des Bundeshaushaltes 2008 erläuterteStaatsministerBernd Neumannwichtige Bereiche der Kulturpolitik und verwies auf die stetig gewachsene Unterstützung in vielen Bereichen.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2007/09/2007-09-12-rede-neumann-haushalt-2008,layoutVariant=Druckansicht.html
bereits zum dritten Mal legt diese Bundesregierung einen Haushaltsentwurf im Bereich Kultur und Medien vor, der eine Steigerung der Ausgaben vorsieht. Unser Kulturetat wird 2008 um 1, 3Prozent auf rund 1,12 Milliarden Euro angehoben. Dies ist keine Selbstverständlichkeit, wenn man in Länder und Kommunen schaut. Seit dem Regierungswechsel
wurden die Ausgaben des Bundes für die Kultur in Deutschland von 2005 bis 2008 um insgesamt 6,4 Prozent gesteigert. Ich denke, diese Zahlen sagen mehr als schöne Worte darüber aus, welche Bedeutung die Bundesregierung der Kultur zumisst.
Als Kulturstaatsminister verstehe ich mich nicht als Tonangeber und Besserwisser bei Kunst und Kultur. Ich will für günstige Rahmenbedingungen sorgen, damit sich Kunst und Kultur entfalten können, denn Kultur bildet die Grundlage für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sie vermittelt maßgebende Werte für ein lebenswertes Deutschland.
Ich habe es bereits mehrfach gesagt und wiederhole es gerne: "Kulturförderung ist keine Subvention, sondern Investition in die Zukunft".
Dies ist im ideellen wie im finanziellen Sinn gemeint.
Das Beispiel des Deutschen Filmförderfonds ( DFFF ) , den wir mit Unterstützung des Finanzministers auf den Weg gebracht haben, zeigt, dass Kulturförderung auch eine handfeste wirtschaftliche Seite hat. Der Filmförderfonds hat bereits erhebliches zusätzliches Kapital nach Deutschland gezogen. Deutschland ist auch für internationale Produktionen attraktiv geworden, die deutschen Filmstudios erleben derzeit einen beispiellosen Boom. Beim deutschen Film herrscht Aufbruchstimmung!
Meine Damen und Herren,
die Deutsche Welle war unter der Vorgängerregierung die Sparbüchse des Kulturetats. Hier wurde überproportional gekürzt. Das war ein Fehler. Gerade in Zeiten der Globalisierung brauchen wir einen starken Auslandssender, eine unüberhörbare deutsche Stimme für Freiheit und Demokratie. Wir alle tragen Verantwortung dafür, dass Menschen weltweit Informationen erhalten können, die sie zu mündigen Bürgern machen.
Die Deutsche Welle wird mit ihrer Botschaft von
Völkerverständigung und Toleranz weltweit gehört. Besonders wichtig ist das im arabischen Raum. Um die Präsenz der Deutschen Welle hier auszubauen, wollen wir dem Sender in 2008 vier Millionen Euro mehr zur Verfügung stellen, als in der Finanzplanung ursprünglich vorgesehen. Auch die von uns allen gewünschte Kooperation mit ARD und ZDF kann damit verbessert werden.
Die Kulturwirtschaft ist weltweit der Sektor mit den größten Zuwachsraten. Deshalb wird der BKM in Kürze ein eigenes Referat für diesen Bereich schaffen, in dem wir die bislang verteilten Kompetenzen zusammenführen. Wie fruchtbar eine enge Vernetzung von Kultur- und Wirtschaft sein kann, sehen wir beim DFFF. Deshalb haben wir im Bereich Musik eine Initiative gemeinsam mit Partnern aus der Musikwirtschaft entwickelt. Ich bin sicher, dass diese "Initiative Musik" im nächsten Jahr wichtige Impulse für Nachwuchsförderung, Integration und Musik-Export geben wird. EineMillion Euro sind auch im Jahr 2008 dafür vorgesehen.
Meine Damen und Herren,
Gedenken und Erinnern sind Aufgaben, die die gesamte Gesellschaft betreffen. Ich habe im Juli dieses Jahres einen Diskussionsentwurf vorgelegt, wie die erfolgreiche Gedenkstättenarbeit des Bundes fortgesetzt werden soll. Für die Umsetzung dieses Konzepts wollen wir allein im nächsten Jahr zusätzlichezehn Millionen Euro bereitstellen.
Die vier national bedeutsamen Gedenkstätten zur NS-Terrorherrschaft in den alten Bundesländern Dachau, Flossenbürg, Neuengamme und Bergen-Belsen sollen nach meinen Vorstellungen und die Billigung des Bundesfinanzministers vorausgesetzt ab dem Haushaltsjahr 2009 in die anteilige institutionelle Förderung des Bundes aufgenommen werden, wie es bei Gedenkstätten in den neuen Ländern seit der Wiedervereinigung der Fall ist. Dem Völkermord an den europäischen Juden, der Singularität des Holocaust, kommt nach wie vor in unserer Erinnerungskultur unvergleichbare Bedeutung zu.
Die Aufarbeitung der SED-Diktatur wollen wir verstärken und verbessern. Es ist unsere Aufgabe, an das Unrecht der SED-Diktatur zu erinnern und so das Gedenken an die Opfer des Kommunismus in Deutschland zu bewahren.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Wir beteiligen uns im kommenden Jahr am Ausbau der nationalen Gedenkstätte Berliner Mauer mit 6,5 Millionen Euro. Der differenzierte Umgang mit den beiden totalitären Systemen in Deutschland ist eine zentrale historische und moralische Verpflichtung. Weder dürfen die nationalsozialistischen Verbrechen relativiert, noch das von der SED-Diktatur verübte Unrecht bagatellisiert werden.
Meine Damen und Herren,
die Verantwortung für unsere Vergangenheit betrifft auch den Bereich der Rückgabe der von den Nationalsozialisten geraubten oder beschlagnahmten Kulturgüter aus ehemals jüdischem Besitz. Ich sehe es als eine wichtigste Aufgabe an, verlässliche Regelungen zu finden, die sowohl den legitimen Interessen der Erben sowie den Sorgen der Museen Rechnung tragen.
Wir können unsere Museen, Bibliotheken und Archive mit der aufwändigen Provenienzrecherche nicht allein lassen. Deshalb wollen wir ab 2008 über mehrere Jahre verteilt rundfünf Millionen. Euro für ein neues Modell der Provenienzrecherche bereitstellen. Ich bin zuversichtlich, Ihnen gegen Ende des Jahres das Ergebnis vorstellen zu können. Zugleich erwarte ich, dass unsere Initiative beispielgebend ist für Länder und Kommunen, in deren Verantwortung sich die übergroße Zahl der Museen befindet.
Meine Damen und Herren,
unser nationales Kulturerbe zu bewahren, ist eine der drängenden Aufgaben unserer Zeit. Wie wichtig diese Aufgabe ist, hat der verheerende Brand in der Anna-Amalia-Bibliothek gezeigt an die schrecklichen Bilder vom September 2004 erinnern wir uns alle. Ich freue mich sehr, dass am 24. Oktober die Bibliothek wieder eröffnet werden kann. Insgesamt 8,5 Millionen Euro hat der Bund für die Sanierung zur Verfügung gestellt.
Die Klassik Stiftung Weimar steht in der ganzen Welt für unser nationales deutsches Kulturerbe. Deshalb steht hier nicht nur Thüringen, sondern Deutschland als Kulturnation in der Mitverantwortung. Daher beabsichtigen wir, ab dem Haushaltsjahr 2008 gemeinsam mit Thüringen zusätzliche 2,6 Millionen Euro für die Stiftung zur Verfügung zu stellen. Für die nächsten Jahre sind weitere Erhöhungen vorgesehen ab 2010 soll dann die Stiftung dauerhaft übervier Millionen. Euro mehr verfügen können. Die institutionelle Förderung steigt damit um mehr als 20 Prozent.
Was für Weimar gilt, trifft selbstverständlich auch für die Hauptstadt zu: Die Pflege von national bedeutsamem Kulturgut ist die zentrale kulturpolitische Aufgaben des Bundes im föderalistischen System.
In der Hauptstadt zeigt sich das Spannungsfeld von Innovation und Tradition wohl am deutlichsten. Die Berliner Festspiele oder das Haus der Kulturen der Welt sind Garanten für erstklassige, international renommierte Programme. Sie sind aus der zeitgenössischen Szene Berlins nicht mehr wegzudenken. Auch der Martin-Gropius-Bau erhält im Jahr 2008 eine halbe Million Euro mehr.
Ein besonderer Schwerpunkt der Bundesförderung in der Hauptstadt ist die Stiftung Preußischer Kulturbesitz ( SPK ) . Sie erhält im laufenden Haushaltsjahr allein 100 Millionen Euro für Baumaßnahmen.
Die Sanierung und der Wiederaufbau der Museumsinsel sind das größte Bauvorhaben des Bundes im Kulturbereich. Insgesamt werden rund 2,36 MilliardenEuro an Baumitteln in die SPK fließen. Das Geld ist gut angelegt. Die Stiftung mit ihren 16 Museen, mit ihren Archiven und Bibliotheken ist überall ein Glücksfall für das föderale System und einer der größten Schätze unserer Kulturlandschaft.
Meine Damen und Herren,
mit dem Haushalt 2008 setzen die Koalitionspartner erneut ein positives Signal für Kultur und Medien in Deutschland. Ich danke vor allem den Berichterstattern im Haushaltsausschuss für stete Hilfe und Verständnis. Im Kulturausschuss bin ich allen Fraktionen für ihre grundsätzliche Unterstützung und Solidarität besonders dankbar.
Ich gehe davon aus, dass wir die fruchtbare Zusammenarbeit fortsetzen werden. Kultur ist einer der wichtigsten Rohstoffe unseres Landes. Deutschland muss sie pflegen, weil hier die Grundlagen unserer Gemeinschaft heute und in der Zukunft liegen. Ich schlage vor, auch in der Zukunft die Allparteien-Koalition für die Kultur fortzusetzen. Die Kultur in Deutschland wird davon den größten Nutzen haben und es uns danken.