Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 18.09.2007

Untertitel: Der vom Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft organisierte Fachkongress im Palais am Funkturm in Berlin gilt als Auftakt zur Popkomm 2007.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2007/09/2007-09-18-rede-neumann-idkv-kongress,layoutVariant=Druckansicht.html


gerne nutze ich die Gelegenheit, Sie zu diesem Kongress zu begrüßen, der sich ein durchaus anspruchsvolles Programm gegeben hat. Er ist angekündigt als ein Forum, in dem Vorschläge für eine Optimierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen erarbeitet werden sollen. Genau dies ist mein Hauptanliegen, dem ich mich von Anfang an als Staatsminister verpflichtet fühle: Der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur. Für Unterstützung zur Erreichung dieses Zieles bin ich deshalb dankbar. Sie können sich sicher sein: Wir sind ganz Ohr für die Anliegen der Veranstaltungswirtschaft, die Sie, Herr Michow mit gewohnter Verve vortragen werden. Ich danke Ihnen für Ihr stetes Engagement für diesen wichtigen Wirtschaftszweig der Kultur- und Kreativwirtschaft.

Meine Damen und Herren,

die Kulturwirtschaft birgt ein Potential für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung in Europa, das inzwischen von niemandem mehr in Frage gestellt wird. Die Veranstaltungswirtschaft ist ein gutes Beispiel dafür und die Popkomm der passende Rahmen, um dies zu dokumentieren. Gerade im Musikbereich zeigt sich die Bedeutung der Veranstaltungswirtschaft, die sie hier repräsentieren. So übertrifft der Umsatz der Veranstaltungswirtschaft inzwischen deutlich den der Tonträgerwirtschaft.

Die Umkehrung der Verhältnisse lässt sich prägnant so formulieren: Früher gaben Künstler Konzerte, um ihre Alben zu verkaufen. Heute nehmen sie Alben auf, um ihre Konzerte zu bewerben. Für Konzertbesuche geben die Bundesbürger jährlich rund 2,8 Milliarden Euro aus, so eine Studie des Bundesverbandes der Veranstaltungswirtschaft. Das gibt eine kleine Vorstellung von der Bedeutung der Veranstaltungswirtschaft und Ihres Verbandes.

Meine Damen und Herren,

die Debatte um Strategien zur stärkeren Förderung des Kreativ- und Kulturwirtschaftsbereiches hat in den letzten Monaten insbesondere auf europäischer Ebene erheblich an Fahrt gewonnen. Zunehmend wird die besondere Rolle der Kulturwirtschaft für die globale Wettbewerbsfähigkeit Europas anerkannt.

Hinsichtlich Wirtschaftswachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Schaffung von Arbeitsplätzen sowie nachhaltiger Entwicklung und Innovation bietet die Kultur- und Kreativwirtschaft überdurchschnittliche Chancen für Europa. Unter deutscher Ratspräsidentschaft wurden deshalb vor einigen Wochen in Brüssel die so genannten "Schlussfolgerungen des Rates zum Beitrag des Kultur- und Kreativbereichs zur Verwirklichung der Ziele der Lissabon-Strategie" als klares politisches Signal hinsichtlich der Nutzung der Chancen der Kulturwirtschaft verabschiedet. Wesentliche Aspekte der Ratsschlussfolgerungen beziehen sich auf eine stärkere Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen ( KMU ) im Kultursektor. Die stärkere Einbeziehung von betriebswirtschaftlichen Fragen schon während der Aus- und Fortbildung Kulturschaffender sowie die bessere Nutzung der bestehenden Strukturen, Programme und Initiativen auf europäischer Ebene zur Förderung der Kulturwirtschaft sind weitere Forderungen der Schlussfolgerungen.

Die Bedeutung der Kulturwirtschaft wird in der Bundesregierung gesehen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und mein Ministerium arbeiten eng zusammen. Ich bin, was mein Haus anbelangt, gerade

dabei, ein eigenständiges Referat Kulturwirtschaft einzurichten.

Bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen der Kulturwirtschaft geht es auch um viele einzelne, manchmal mühsame, Änderungen im Detail. Insofern begrüße ich es, dass der Kongress sich auch der Themen annimmt, die manchen zu speziell erscheinen, aber von großer Bedeutung für das reibungslose Miteinander von Kultur und Wirtschaft sind.

Ich bin deshalb nicht ohne Neugier zu diesem Kongress gekommen. Vor allen Dingen sehe ich den hoffentlich neuen Aspekten der unterschiedlichen Steuerthemen, die hier behandelt werden sollen, mit großem Interesse entgegen. Die Eingeweihten wissen, dass ich mich, wie schon meine Vorgänger, mit der beschränkten Steuerpflicht der ausländischen Künstlerinnen und Künstler auseinandergesetzt habe. Nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes und der dazu ergangenen vorläufigen Regelung des Bundesfinanzministeriums geht es jetzt darum, den gordischen Knoten durchzuschlagen, der gebildet wird aus der notwendigen Beachtung der Dienstleistungsfreiheit und Gleichbehandlung in- und ausländischer Künstler und der gerichtlich festgestellten Benachteiligung der ausländischen Künstler infolge der Bruttobesteuerung einerseits und einer angemessenen Heranziehung zu Steuerzahlungen andererseits. Ich hoffe, dass der Kongress einen Beitrag zur Lösung des Problems leisten kann.

Auch aus der Diskussion über das Umsatzsteuerrecht erhoffe ich mir neue Erkenntnisse bezüglich der Probleme, die sich durch die gesetzlich zwingende Umsatzsteuerbefreiung von Künstlern und Unternehmen ergeben. Es wird darauf ankommen, Lösungen zu finden, die zwar einerseits eine Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit zugrunde legen, andererseits aber die Steuerpflichtigen nicht unangemessenen finanziellen Belastungen aussetzen. Die Bundesregierung arbeitet intensiv an Modellen, die keine Steuereinbußen für den Staat bedeuten und zugleich die Kulturwirtschaft stützen.

Zum dritten Punkt des Kongresses, der Verwerterabgabe für die Künstlersozialversicherung, möchte ich meine Freude über den nun zum dritten Mal in Folge abgesenkten Abgabesatz ausdrücken, der im Jahre 2008 nur noch 4,9 % betragen wird. Diese bemerkenswerte Absenkung gegenüber dem Höchststand von 5,8 % im Jahre 2005 ist möglich geworden durch die verstärkten Bemühungen zur möglichst vollständigen Heranziehung der Abgabepflichtigen. Die Verwerterabgabe ist nun keine vermeintliche Sonderlast mehr für wenige Verwerter, sondern ist gerechter geworden durch die Verteilung auf viele Schultern. Ich würde es begrüßen, wenn dieser Kongress mit mir zu dem Schluss käme, dass sich auch weiterhin unsere gemeinsamen Anstrengungen darauf richten müssen, die Künstlersozialversicherung zukunftsfest zu erhalten.

Sie ist als Kranken- und Alterssicherungsinstrument für die Künstlerinnen und Künstler unverzichtbar. Deshalb sollte es auch für die sie mit tragenden Unternehmen nicht darum gehen, intelligente Strategien zur Abwehr der Verwerterabgabe zu entwickeln. Vielmehr sollten sie sich der gesellschaftspolitischen Bedeutung der Künstlersozialversicherung und ihrer sich daraus ergebenden Verantwortung bewusst sein.

Meine Damen und Herren,

ich freue mich, dass die Veranstaltungswirtschaft so gut aufgestellt ist, dass

Tournee- und Örtliche Veranstalter, Künstleragenturen und Künstlermanager, Gastspieldirektionen und Marketing-Event-Agenturen einen wichtigen Teil des Kulturbetriebs aufrecht erhalten. Und dies weitgehend ohne öffentliche Zuschüsse.

Ich zähle darauf, dass die Veranstaltungswirtschaft auch in Zukunft ein verlässlicher Partner ist, wenn es um einen reibungslosen und qualitativ hochwertigen Kulturbetrieb in Deutschland geht.

Die Popkomm, die ich morgen hier eröffne, ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, was die Kreativ- und Kulturwirtschaft alles zu leisten vermag.

Ich wünsche Ihrem wichtigen Kongress gutes Gelingen und ich hoffe auf Impulse für den politischen Bereich.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!