Redner(in): Angela Merkel
Datum: 04.10.2007

Anrede: Sehr geehrter Herr Präsident Kufuor, sehr geehrter Herr Vorsitzender der Kommission, Herr Konaré,Exzellenzen, meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2007/10/2007-10-04-rede-bk-au,layoutVariant=Druckansicht.html


ich möchte mich ganz herzlich für diese Einladung zur Afrikanischen Union bedanken und ich freue mich natürlich über die Gelegenheit, heute zu Ihnen zu sprechen.

Ich bin davon überzeugt: Die Gründung der Afrikanischen Union war ein historischer Schritt. Unter der Führung von Südafrika, Nigeria und nun Ghana hat sich die Afrikanische Union in den letzten fünf Jahren zu einem zentralen Forum für die wachsende politische Identität der Afrikaner entwickelt. Ja, mehr noch: Sie ist zu einem wichtigen Partner der internationalen Gemeinschaft geworden. Für die internationale Zusammenarbeit ist die Weiterentwicklung der Afrikanischen Union daher von allergrößter Bedeutung. Wir wünschen uns einen starken und handlungsfähigen Partner, mit dem wir eng und freundschaftlich zusammenarbeiten können.

Ich möchte der Präsidentschaft der Afrikanischen Union von Präsident Kufuor und dem Vorsitzenden der Kommission, Herrn Konaré , meine Anerkennung aussprechen. Sie haben das Ansehen und das Gewicht der Afrikanischen Union in der gesamten Welt und ganz besonders auch in Europa gestärkt.

Mein heutiger Besuch in Afrika als Bundeskanzlerin hat für mich einen besonderen Stellenwert, nicht nur, weil es mein erster Besuch hier ist, sondern weil wir im Rahmen der deutschen Doppelpräsidentschaft von G8 und Europäischer Union in diesem Jahr Ihrem Kontinent eine große Aufmerksamkeit gewidmet haben. Mein Besuch bei der Afrikanischen Union, in Äthiopien, Südafrika und Liberia ist Ausdruck dieses, unseres großen Interesses.

Auch unabhängig von unseren Präsidentschaften messen wir als Bundesrepublik Deutschland den deutsch-afrikanischen Beziehungen natürlich allergrößte Bedeutung bei. Afrika steht im Zentrum unserer Entwicklungspolitik. Die Verantwortung dafür trägt in der Bundesregierung Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, die auch unserer Delegation angehört und die viele von Ihnen kennen. Auch die Reisen des Bundesaußenministers machen deutlich, dass wir Afrika als außenpolitischen Partner außerordentlich schätzen. Der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Herr Horst Köhler, widmet sich leidenschaftlich dem Thema Afrika. Ich glaube, mit der von ihm ins Leben gerufenen Aktion "Partnerschaft mit Afrika" wird der Dialog mit den reformorientierten Kräften auf Ihrem Kontinent weiter gestärkt.

Ich möchte auch auf große Teile der Öffentlichkeit, auf die Kirchen und eine Vielzahl von Nichtregierungsorganisationen in Deutschland hinweisen. Ihnen allen liegt das Schicksal Afrikas am Herzen. Die Tatsache, dass heute Parlamentarier aller Fraktionen des Deutschen Bundestages hier anwesend sind, zeigt, dass auch das Parlament in Deutschland mit Leidenschaft das Schicksal Afrikas verfolgt. Wir können also sagen: Viele Deutsche setzen sich tagtäglich für die Menschen und die Zukunft Afrikas ein.

Auch die G8 haben über Jahre ihr Engagement für Afrika intensiviert und zum international erstarkten Interesse an Afrika beigetragen. Beim diesjährigen Gipfel in Heiligendamm haben wir mit Vertretern der Afrikanischen Union und afrikanischen Regierungschefs zentrale Fragen der Zusammenarbeit intensiv und freundschaftlich erörtert. Wir haben dabei Wert darauf gelegt, festzuhalten, dass die Partnerschaft zwischen den G8 und Afrika eine Reformpartnerschaft ist. Sie beruht auf gemeinsamen Werten wie der Achtung universaler Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

Ein entsprechendes Signal haben wir in unserer G8 -Präsidentschaft auch mit dem "African Partnership Forum" in Berlin gesetzt. Partnerschaftliche Zusammenarbeit heißt natürlich: Die afrikanischen Staaten selbst tragen die Verantwortung für die notwendigen grundlegenden Reformen auf ihrem Kontinent. Der Kooperation mit NEPAD kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Sie ist auf konkrete Reformen, Transparenz und gute Regierungsführung ausgerichtet.

Die G8 -Staaten möchten, dass Afrika seine Chancen im Rahmen der Globalisierung wahrnehmen kann. Daher haben wir beim Gipfel in Heiligendamm unser großes Engagement für die Zukunft Afrikas bekräftigt und die weitreichenden Zusagen aus Gleneagles noch einmal bestätigt. Deutschland wird seine Zusagen erfüllen und bis 2011 dreiMilliarden Euro zusätzlich für die Entwicklungshilfe bereitstellen. Das soll insbesondere der Zusammenarbeit mit Afrika zugute kommen.

Ein Schwerpunkt in Heiligendamm lag auf dem Gesundheitswesen. Das Ausmaß der Krankheiten HIV / AIDS, Malaria und Tuberkulose auf Ihrem Kontinent ist eine menschliche Katastrophe. Es hemmt die Entwicklung ganzer Staaten und Gesellschaften. Es bedeutet vor allen Dingen unendliches Leid für die Betroffenen und ihre Familien, für ihre Bekannten und Freunde. Wir müssen daher die Gesundheitssysteme stärken und dem Ziel eines möglichst universellen Zugangs zu Vorbeugung, Behandlung und Pflege näher kommen. Dazu wollen die G8 in den kommenden Jahren insgesamt mehr als 60Milliarden US-Dollar zur Verfügung stellen. Deutschland hat sich dazu bereit erklärt, bis 2015 vierMilliarden Euro aufzubringen.

Bei der Wiederauffüllungskonferenz für den "Globalen Fonds gegen AIDS, Tuberkulose und Malaria" konnte vor einer Woche in Berlin ein Ergebnis in Höhe von knapp zehnMilliarden US-Dollar erzielt werden. Unsere Entwicklungshilfeministerin hat diese Konferenz geleitet. Es gab viel Zittern und Bangen, aber letztendlich macht die Summe Mut. Ich möchte ausdrücklich sagen, dass dieses multilaterale Instrument des Globalen Fonds aus meiner Sicht für Ihre Länder eine sehr gute Chance bietet, die entsprechenden Strategien auch mit den Gesundheitssystemen in Ihren Ländern zu verzahnen. Kofi Annan hat, als er noch UN-Generalsekretär war, die Initiative zur Gründung dieses Fonds ergriffen. Ich freue mich, dass dieser Fonds in kurzer Zeit eine richtige und wichtige Erfolgsgeschichte geworden ist.

Vor wenigen Wochen habe ich Japan besucht. Ich habe dort mit großem Nachdruck dafür geworben, dass das Engagement für Afrika während der japanischen G8 -Präsidentschaft erhalten, fortgesetzt und weiterentwickelt wird. Ich glaube, dass in diesem Zusammenhang die 4. Internationale Konferenz von Tokio über die Entwicklung Afrikas im nächsten Frühjahr ein ganz wichtiger Schritt sein wird.

Nicht nur Deutschland, sondern die gesamte Europäische Union hat Interesse an einem stabilen, demokratischen und prosperierenden Afrika. Wir sind Nachbarkontinente. Deshalb war für die Europäische Union die Entwicklung der Afrikanischen Union in den letzten Jahren auch so wichtig. Die Afrikanische Union ist ein wichtiger Partner für die Zusammenarbeit mit uns, ein wichtiger Akteur auf der internationalen Bühne. Wir können sicherlich noch vieles gemeinsam gestalten.

Es gibt bereits eine enge und erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den Kommissionen der Europäischen Union und der Afrikanischen Union. Sie umfasst neben Wirtschaftsthemen und Entwicklungsfragen auch die Außen- und Sicherheitspolitik. Die Europäische Union hat dieses Engagement mit der so genannten Friedensfazilität zur Durchführung von Friedensmissionen unterstützt. Sie wird diese Unterstützung fortsetzen und den finanziellen Beitrag noch einmal erhöhen.

Ich erinnere daran, dass im vergangenen Jahr eine EU-Mission geholfen hat, die UN-Mission MONUC zu unterstützen und die Wahlen im Kongo abzusichern. Die Mission hat einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass im Kongo nach Jahrzehnten wieder demokratische Wahlen stattfinden konnten. Damit ist ein friedlicher Übergang und ein neuer Anfang geschafft worden. Natürlich verfolgen wir jetzt mit großer Aufmerksamkeit die weitere Entwicklung des Landes. Auf der Regierung des Kongo liegt eine große Verantwortung für die Einhaltung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. Ich will hier deshalb auch nicht verschweigen, dass uns vor allem die Entwicklung in den Kivu-Provinzen mit großer Sorge erfüllt dort auch insbesondere das Schicksal von Frauen. Wir erhoffen von der Regierung wirksame und schnelle Schritte, um die Lage der betroffenen Menschen zu verbessern.

Meine Damen und Herren,

mehr als 50Prozent der Entwicklungshilfe für Afrika werden von der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten aufgebracht. Deshalb ist es uns natürlich ein ganz besonderes Anliegen, dass die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit sinnvoll, zielgerichtet und effizient ausgegeben werden. Wir haben heute die Chance, die Kooperation zwischen der Afrikanischen Union und der Europäischen Union neu zu gestalten. Ich plädiere für eine Politik zwischen der EU und Afrika, die weit über die klassische Entwicklungshilfe, wie wir sie aus der Vergangenheit kennen, hinausgeht.

In der deutschen Präsidentschaft konnten wir die Perspektiven für eine solche Strategie, eine neue EU-Afrika-Strategie, festlegen. Genauso wie unsere Gastgeber hoffe ich natürlich, dass wir diese Strategie auf dem Gipfel dann auch verabschieden werden. Ich halte das für einen ganz wichtigen Schritt. Diese Strategie umfasst die klassischen Felder der Entwicklungspolitik. Sie umfasst Felder bilateralen Interesses, zum Beispiel Wirtschaft oder Migration, ebenso globale Fragen wie Klima, Energie und Terrorismusbekämpfung. Schließlich beinhaltet sie auch die neue Dimension, dass wir die Zivilgesellschaften in unseren jeweiligen Mitgliedstaaten in den Blick nehmen. Wir wollen unsere Partnerschaft nicht auf einen Prozess zwischen Regierungen und Organisationen beschränken. Wir wollen die Menschen einbeziehen und Verständigung fördern. Vielleicht sollten wir uns insbesondere einmal überlegen, wie wir gerade auch jungen Menschen aus Afrika und der Europäischen Union die Chance geben können, sich gegenseitig besser kennen zu lernen.

Mit der gemeinsamen EU-Afrika-Strategie das ist zumindest meine Überzeugung können wir unsere Beziehungen auf eine Stufe stellen. Ich hoffe, dass diese Strategie dann im Dezember 2007 verabschiedet werden kann. Der EU-Afrika-Gipfel ich sage das ganz deutlich ist überfällig. Er wird erst das zweite Zusammentreffen dieser Art sein. Ich habe mich persönlich dafür eingesetzt, dass der Gipfel zustande kommt. Es muss uns in Lissabon gelingen, unsere Partnerschaft auf eine qualitativ höhere Ebene zu heben. Wir werden auch alle afrikanischen Staaten einladen. Allerdings wird es dann auch nicht ausbleiben, dass wir manch kritisches Wort miteinander wechseln. Aber das wird unsere Partnerschaft auch aushalten.

Für unsere Zusammenarbeit gilt, dass wir die meisten Probleme und Herausforderungen nur noch gemeinsam meistern können: Die Entwicklung von stabilen, demokratischen und freiheitlichen politischen Ordnungen, fairen und freien Welthandel, die Eindämmung von Armut und Krankheiten, die Verhinderung des Auftretens politischer Radikalisierung, der Schutz vor Terrorismus und Bürgerkriegen, die gemeinsame Bewältigung des Klimawandels, der Schutz unserer Ressourcen und Lebensgrundlagen sowie mehr Einsatz erneuerbarer Energien. Ich stelle fest, dass wir in vielen dieser Bereiche eine übereinstimmende Tagesordnung haben. Die Millenniumserklärung der Vereinten Nationen ist ein programmatischer Handlungsrahmen, der durch den Beschluss der Vereinten Nationen weltweit legitimiert ist.

Das gilt auch für den Klimaschutz eine der zentralen Herausforderungen für die gesamte Menschheit; das hat der Klimagipfel im September anlässlich der UN-Vollversammlung auch noch einmal deutlich gemacht. Wir als Industrieländer wissen, dass wir ambitionierte Reduktionen unserer Emissionen erreichen müssen und natürlich den Entwicklungsländern helfen müssen, langfristig einen ähnlichen Weg einzuschlagen, um ihnen eine nachhalte Entwicklung zu ermöglichen. Dabei geht es um Investitionen und um den Transfer von Technologien in einer ganz neuen Größenordnung. Die Energieversorgung der Zukunft wird langfristig erheblich auf erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind basieren. Afrika muss von diesen Entwicklungen profitieren. Wir als Industrieländer müssen die Länder Afrikas natürlich auch dabei unterstützen, sich an den Klimawandel anzupassen, den sie zum Teil schon in dramatischer Form erleben.

Ich glaube, das ist sowohl eine moralische Verpflichtung als auch eine ganz einfache politische Notwendigkeit. Wenn wir nämlich nicht reagieren, wird es uns alle sehr viel teurer zu stehen kommen. Deshalb brauchen wir ein verbindliches Abkommen unter dem Dach der UN für die Zeit nach 2012. Den Startschuss wollen wir Ende dieses Jahres auf Bali geben. Lassen Sie uns deshalb zum Wohle der Generationen, die nach uns kommen, gemeinsam an diesem wirklich großen Werk des Klimaschutzes arbeiten.

Meine Damen und Herren,

die Globalisierung hat hergebrachte, bekannte Strukturen und das traditionelle Kräfteverhältnis auf der Welt verändert. Sie stellt jedes unserer Länder vor neue Herausforderungen. Aber sie bietet uns eben auch riesige Chancen. Ich bin davon überzeugt: Wir können die Globalisierung politisch gestalten. Eine aktive Beteiligung an der Globalisierung führt zu mehr Wachstum und erhöht damit auch die Chance auf mehr Wohlstand. Abschottung geht unweigerlich mit Wachstumseinbußen einher. Das gilt gleichermaßen für Entwicklungsländer und für Industrieländer. Die Weltbank hat das unlängst noch einmal durch ihre Studien untermauert. Deshalb, weil es für uns alle gleichermaßen so ist, ist das Interesse an partnerschaftlicher Zusammenarbeit auch ein gegenseitiges Interesse. Ich betrachte das als eine völlig neue historische Chance.

Sie haben auf Ihrem Kontinent, in Afrika, seit Jahren auch eine Trendumkehr zu verzeichnen: Weniger Konflikte, mehr demokratische Wahlen und friedliche Machtwechsel. Das Wirtschaftswachstum in Afrika ist deutlich gestiegen nicht nur in den Ländern, die über Rohstoffe verfügen. Dieses Wachstum wird durch verschiedene Faktoren begünstigt: Durch Verbesserungen im staatlichen Handeln, durch makroökonomische Stabilität und auch durch eine globale Nachfrage nach natürlichen Ressourcen. Es gibt also, angetrieben durch wirtschaftliche Nachfrage, soziale und gesellschaftliche Verbesserungen.

Motor für diesen positiven Trend sind Entwicklungen in Afrika selbst. Ich glaube, man kann sagen: Afrika ist in Bewegung. Afrika sucht seinen eigenen Weg im 21. Jahrhundert einen Weg hin zu einem Afrika, das demokratisch und politisch stabil ist, das Verantwortung übernimmt, das präventiv tätig wird, das Konflikte selber regelt, das nachhaltiges Wachstum anstrebt, das fest in die Weltwirtschaft integriert ist, das soziale Gerechtigkeit will und das die Balance zwischen Arm und Reich zu verbessern versucht. Diese Richtung ist in vielen Ihrer Länder erkennbar.

Zu einer solchen positiven Entwicklung gehört natürlich auch immer eine dynamische und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung. Ich glaube und bin zutiefst davon überzeugt: Menschen auf allen Kontinenten und in allen Ländern verfügen über das gleiche wirtschaftliche und kreative Potenzial. Deshalb kommt es darauf an, günstige Rahmenbedingungen zu schaffen, Hindernisse zu beseitigen und damit dazu beizutragen, dass sich dieses Potenzial entfalten kann. Bessere Bildungsmöglichkeiten, mehr Investitionen, mehr Wachstum mit Auswirkung auf Beschäftigung das sind die entscheidenden Faktoren.

Wir haben im G8 -Kreis angeregt, einen regionalen Investitionsfonds für kleinste, kleine und mittlere Unternehmen in Afrika zu gründen. Außerdem sollen aus unserer Sicht Instrumente zur Absicherung lokaler Währungsrisiken ausgebaut werden. Wir glauben, dass wir damit einen Schub für die Entwicklung regionaler Finanzsysteme bekommen.

Ein besonderes wirtschaftliches Potenzial haben Mikrokredite. Der Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus hat im Mai in Berlin an einem Weltbankforum zur Entwicklung Afrikas teilgenommen und uns noch einmal gezeigt, wie er mit seiner "Grameen Bank" einer einfachen Erkenntnis zum Durchbruch verholfen hat: Auch arme Menschen können unternehmerisch erfolgreich sein. Das ist die Erfahrung von Muhammad Yunus.

Afrika muss stärker als Ziel von Investitionen wahrgenommen werden. Dabei darf sich das Interesse wahrlich nicht nur auf Rohstoffe beschränken. Es müssen Investitionen sein, die wirtschaftliche Aktivitäten fördern, die den Strukturwandel voranbringen und die vor allen Dingen auch für die Menschen in Ihren Ländern Beschäftigung mit sich bringen.

Ich setze mich bei der deutschen Wirtschaft für ein stärkeres Engagement in Afrika ein. Im Mai habe ich mit Spitzenvertretern unserer Wirtschaft ausführlich über die Chancen in Afrika diskutiert. Ich glaube, wir bekommen eine neue Sicht auf diesen Kontinent. Unser Wirtschaftsminister wird am Ende des Jahres in Deutschland eine Investorenkonferenz mit Afrika durchführen.

Wir brauchen aber nicht nur ein Umdenken. Für eine faire Teilhabe am internationalen Handel und für neue Perspektiven mit mehr Wachstum und Wohlstand brauchen wir auch ein Ergebnis der "Doha-Entwicklungsrunde". Hierbei weiß ich mich mit den Vertretern Afrikas einig: Wir werden alles daransetzen, hierbei voranzukommen. Es gibt aber auch Abkommen zwischen regionalen Wirtschaftsgemeinschaften in Afrika und der Europäischen Union. Diesbezüglich rufe ich dazu auf, dass wir solche Abkommen weiter abschließen können. Denn nur so können wir die handelspolitische Zusammenarbeit der EU mit den AKP-Staaten auf eine WTO-konforme Basis stellen. Die Zeit drängt hierbei sehr.

Meine Damen und Herren,

auch bei einem optimistischen Blick auf die Zukunft dürfen wir die Realität natürlich nicht aus den Augen verlieren. Ich möchte hier deshalb auch die hervorstechendsten Probleme Afrikas ansprechen. Die Bekämpfung von Armut und Krankheit bleibt eine der größten Herausforderungen. Sub-Sahara-Afrika ist noch weit von der Halbierung der Armut entfernt, die wir uns gemeinsam in den "Millennium Development Goals" bis 2015 zum Ziel gesetzt haben. Die internationale Gemeinschaft muss aber alles daransetzen, in Afrika gemeinsam mit den afrikanischen Regierungen diese Entwicklungsziele zu erreichen. Diesbezüglich haben wir noch viel zu tun. Wir dürfen in unseren Anstrengungen deshalb nicht nachlassen. Auch die Kirchen und ihre Hilfswerke, viele Nichtregierungsorganisationen, zahlreiche prominente Künstler sowie auch viele Menschen, die nicht täglich im Rampenlicht stehen, setzen sich für genau diese Ziele ein. Das ist eine Frage des menschlichen Miteinanders und eine Frage des unteilbaren Anspruchs auf ein menschenwürdiges Leben auf der gesamten Erde.

Die Werteorientierung unserer Außenpolitik wird im Kampf gegen Hunger und Armut deutlich. Sie zeigt sich im Kampf gegen Korruption, Diktatur und Machtmissbrauch, gegen die Verletzung von Menschenrechten. Der Schutz der Menschenrechte ist elementarer Bestandteil unserer Friedens- , Entwicklungs- und Sicherheitspolitik. Der Schutz von Demokratie und Rechtsstaat ist ebenso wichtig. Denn ihre Verletzung bedroht Frieden und Sicherheit und verhindert nachhaltige Entwicklung.

Die Krise in Simbabwe ist ein Beispiel für solche Verletzungen. Wir sind tief besorgt über die dortige Entwicklung, über Schikanen und Drohungen, über die Einschüchterung der Opposition, über die Zerstörung von Armenvierteln und kontinuierliche Menschenrechtsverletzungen. Wir dürfen dieser Entwicklung nicht tatenlos zuschauen. Ich sehe hierbei vor allem die Staaten des südlichen Afrikas, also vor allem die Nachbarn Simbabwes, in einer großen Verantwortung.

Auch der Konflikt im Sudan, vor allem das Schicksal der Menschen in der Region Darfur, darf uns nicht ruhen lassen. Hierbei ist natürlich in erster Linie die sudanesische Regierung gefordert, aber auch die Afrikanische Union und die internationale Gemeinschaft. UNAMID muss nun rasch zum Einsatz kommen und wird dann auch hoffentlich zum gewünschten Erfolg führen wir haben heute darüber gesprochen; das ist unser gemeinsames Anliegen.

Die Lage in Somalia ist eine Katastrophe für die Menschen. Sie birgt erhebliche Gefahren für die Region und darüber hinaus. Der nationale Versöhnungsprozess muss vorangetrieben und eine politische Lösung gefunden werden. Deshalb fordere ich alle Konfliktparteien auf, zu einer Lösung zu kommen. Wir bieten all unsere Hilfe an, die wir, wenn wir gefragt werden, auch leisten wollen.

Die zentrale Verantwortung für Frieden, Stabilität und Sicherheit liegt in Afrika selbst. Die Afrikanische Union ist der entscheidende Ansatz für politische Lösungen auf dem Kontinent. Sie ist der Faktor für den Aufbau einer afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur. Es ist erfreulich, dass sich die Afrikanische Union zusammen mit den Regionalorganisationen in allen Teilen Afrikas um den Aufbau militärischer und ziviler Strukturen bemüht, die auch kurzfristig präventiv oder konflikteindämmend wirken können.

Wir haben auf dem G8 -Gipfel in Heiligendamm unsere Bereitschaft erklärt, die Afrikanische Union und die Regionalorganisationen dabei zu unterstützen. Der Partnerschaft der G8 mit Afrika liegt ein umfassendes Konzept für Frieden und Sicherheit zugrunde. Es umfasst den Aufbau der afrikanischen Bereitschaftstruppe ebenso wie den Kampf gegen die Verbreitung von Kleinwaffen oder den illegalen Handel mit Rohstoffen aus Konfliktgebieten. Die Bundesregierung wird ab 2008 beträchtliche Mittel für Projekte in diesem Bereich zur Verfügung stellen.

Entscheidend für die Zukunft Afrikas sind funktionierende Staaten. Gute und rechtsstaatliche Regierungsführung ist der Schlüssel für Demokratie, Rechtssicherheit und wirtschaftlichen Erfolg. Ohne gute Regierungsführung werden auch ursprünglich gut gemeinte Reformen auf Dauer nicht wirken können. Deshalb begrüße ich die freiwillige Selbstverpflichtung von immer mehr Staaten, im Rahmen des afrikanischen Mechanismus für die wechselseitige Überprüfung ihrer Politik, des "African Peer Review Mechanism", neue Wege zu beschreiten zu mehr gesellschaftlicher Partizipation, Verantwortlichkeit, Transparenz und zu sichtbar verbesserten Lebensbedingungen. Ich wünsche mir, dass sich möglichst viele Staaten diesem Mechanismus anschließen und ihn als ernsthafte Chance für die Wirksamkeit ihrer Reformanstrengungen begreifen.

Wir sind, meine Damen und Herren,

an einem Punkt angekommen, an dem wir das Verhältnis der internationalen Gemeinschaft zu Afrika auf eine neue Grundlage stellen können. Dazu möchte Deutschland und dazu möchte ich einen Beitrag leisten. Die westlichen Partner sind mit ihren Zusagen große Verpflichtungen eingegangen. Sie sind nicht einfach einzuhalten. Das betrifft unseren Beitrag zu den Millenniumszielen und auch die konkreten Zusagen zur Steigerung der öffentlichen Entwicklungsleistungen, zur ODA-Quote. Wir sind aber zu großen Anstrengungen bereit. Wir wissen, dass unsere Glaubwürdigkeit auf dem Prüfstand steht. Deshalb wollen wir diese Ziele einhalten.

Ich sage aber auch ganz klar: Die Entwicklungshilfe und Unterstützung seitens der westlichen Länder insgesamt werden allein nicht ausreichen. Ganz gleich, ob es um die Millenniumsziele geht, um politischen Fortschritt, wirtschaftliches Wachstum oder um die Überwindung von Krankheiten und Armut: Das Fundament für die Entwicklung und erfolgreiche Armutsbekämpfung in Afrika liegt in Afrika selbst, in der Bereitschaft Afrikas zu Reformen, im Willen Afrikas zu einer verantwortlichen Teilhabe in der globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung.

Das Bild Afrikas in der Welt hat eine positive Entwicklung genommen. Die Welt erkennt mehr und mehr: Wir können und dürfen nicht auf den Reichtum der Kulturen und das schöpferische Potenzial der Menschen in Afrika verzichten. Ich betrachte es als unsere gemeinsame Verantwortung, diesen positiven Trend unumkehrbar zu machen. Erfolg oder Nicht-Erfolg unserer Politik ist letztlich keine abstrakte Frage. Es geht um die Menschen, die Menschen auf Ihrem Kontinent. Sie warten auf Erfolge. Sie wollen ihr Leben möglichst selbst gestalten können. Es geht um politischen, ökonomischen und sozialen Fortschritt für die Menschen im Afrika des 21. Jahrhunderts. Dafür wollen wir eine echte Partnerschaft. Deshalb herzlichen Dank dafür, dass Sie mir die Möglichkeit gegeben haben, heute hier das Wort an Sie zu richten. Alles Gute!