Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 06.05.2008

Untertitel: Kulturstaatsminister Bernd Neumann ging in seiner Rede zum 25-jährigen Bestehen der Künstlersozialversicherung auf die soziale Situation und die Zukunftssicherung selbständiger Künstler und Kulturschaffender ein. Weiter machte er deutlich, dass die Förderung der Kultur eine Investition in die Zukunft ist und vom konstruktiven Miteinander der verschiedenen Interessen und ihrer Vertreter lebt.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2008/05/2008-05-06-rede-neumann-ksv,layoutVariant=Druckansicht.html


es gibt kaum einen passenderen Ort als die Akademie der Künste, diesen Kristallisationspunkt des Kunstschaffens in Deutschland, um eine wichtige Wegmarke auf dem Weg zur Verbesserung der sozialen Lage der Kulturschaffenden in Deutschland zu feiern! Mein Haus hat mit dem Hauptstadtkulturvertrag 2004 die Akademie unter seine Fittiche genommen wo sie sich, nach allem, was ich höre, gut aufgehoben fühlt.

Viel länger jedoch, seit einem Vierteljahrhundert nämlich, tragen die Verantwortlichen des Bundes, der Bundesarbeitsminister und damals das Bundesinnenministerium, heute der Staatsminister für Kultur und Medien, die Verantwortung für die Künstlersozialversicherung. Es ist meine Überzeugung, dass sie eine unverzichtbare Einrichtung zum Wohle der Kulturschaffenden ist. Ich werde auch weiterhin alle Maßnahmen unterstützen, die zu ihrer Stabilisierung beitragen und sie zukunftsfest machen.

Dabei werden wir uns nicht beirren lassen von den mitunter vernommenen Klagen der Verwerterseite, die Abgabe sei eine Belastung. Wer kreative Leistungen nutzt, muss auch die Produzenten dieser Leistungen, die Künstlerinnen und Künstler, in ihrer Existenz sichern!

Es geht bei der Künstlersozialversicherung nicht nur um die individuelle Zukunftssicherung der Künstler, sondern auch um die Zukunftssicherung Deutschlands als Standort der Kreativ- und Kulturwirtschaft. Kreative Köpfe und künstlerisches Potenzial bleiben dort, wo sie die besten Arbeitsbedingungen finden. Die Künstlersozialversicherung gehört dazu.

Meine Damen und Herren,

wir dürfen uns nichts vormachen: noch immer sind viele Künstler in einer schwierigen sozialen Situation besonders im Alter und bei Krankheit. Dieses wollen wir ändern. Die jüngste Novellierung der Künstlersozialversicherung wird mit verbesserten Durchsetzungsmaßnahmen für eine größere Beitragsgerechtigkeit sorgen; Herr Minister Scholz hat darüber gesprochen.

Ich setze auf die Einsicht bei den Verwertern, dass eine stabile soziale Absicherung der Kulturschaffenden letzten Endes auch ihnen zugute kommt.

Meine Damen und Herren,

der Anstieg der Beschäftigten- und auch der Umsatzzahlen in der Kultur- und Kreativwirtschaft darf uns nicht darüber hinweg täuschen, dass die wirtschaftliche Situation der meisten Kulturschaffenden prekär ist. Laut Schlussbericht der Enquete-Kommission des Bundestages "Kultur in Deutschland" beträgt das durchschnittliche monatliche Einkommen von Musikern, Schauspielern und Bildende Künstlern 800 bis 900 Euro. Auch von den rund 310.000 Selbständigen in Kulturberufen verdient die Hälfte weniger als 1.500 Euro monatlich.

Es ist mir als Kulturstaatsminister besonders wichtig, die Situation selbstständiger Künstler und Kulturschaffender auf nationaler und internationaler Ebene zu verbessern. Auf nationaler Ebene nimmt morgen die "Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung" ihre Arbeit auf, die mein Haus gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium koordiniert. Das Arbeitsministerium ist ebenfalls beteiligt.

Förderung der Kreativwirtschaft macht aber nur dann Sinn, wenn wir auch das Produkt kreativer Arbeit, das geistige Eigentum, nachhaltig schützen. Meiner Ansicht nach ist dies der zentrale Aspekt bei der Existenzsicherung von Künstlern überhaupt. Raubkopieren ist kein Kavaliersdelikt! Wir müssen wieder ein Bewusstsein für den hohen Wert des geistigen Eigentums schaffen.

Kultur lebt vom Austausch. Für viele, insbesondere auch für freischaffende Künstler ist das Engagement im Ausland mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Die europäischen Verordnungen zum Schutz der Sozialversicherungsansprüche hinken dieser Entwicklung jedoch hinterher. Sie gelten bislang nur für abhängig Beschäftigte, die innerhalb der Europäischen Union zu- und abwandern.

Selbständige fallen durch das Raster. So zeigt sich in der Praxis, dass die unterschiedlichsten steuerlichen und sozialrechtlichen Probleme die Mobilität von Kulturschaffenden hemmen, die wir eigentlich fördern wollen. Die Mobilität von Kulturschaffenden gehört deshalb zu den Schwerpunktthemen der europäischen Kulturpolitik.

Ich hoffe darauf, dass zukünftig die sozialen und steuerrechtlichen Regelungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten besser abgestimmt werden. Der Ministerrat wird Ende Mai 2008 den entsprechenden Arbeitsplan Kultur verabschieden, und die Europäische Kommission hat Expertengruppen, unter anderem zu Mobilität von Künstlern eingerichtet. Dort ist auch mein Haus vertreten; den Lösungsvorschlägen sehe ich mit Spannung entgegen!

In diesem Zusammenhang kann ich auf eine wesentliche Verbesserung der deutschen Neuregelung zum Quellensteuerabzug bei ausländischen Künstlerinnen und Künstlern hinweisen. Der soeben vom Bundesministerium der Finanzen vorgelegte Entwurf des Jahressteuergesetzes 2009 sieht für die Besteuerung der ausländischen Künstlerinnen und Künstler deutliche Erleichterungen vor, die ganz im Sinne der Urteile des EuGH sind.

Meine Damen und Herren,

die Förderung von Kultur ist eine Investition in die Zukunft. Sie ist eine Aufgabe, die uns alle betrifft. Auch die Künstlersozialkasse ist von Anbeginn ein Gemeinschaftsprodukt, sie lebt vom konstruktiven Miteinander der verschiedenen Interessen und ihrer Vertreter.

In diesem Sinne danke ich Herrn Minister Scholz für die gute Zusammenarbeit, den Angehörigen der Künstlersozialkasse für Ihren Einsatz, ebenso den Mitgliedern des Beirates und allen, die auf diesem Feld zum Wohl der Künstlerinnen und Künstler wirken.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.