Redner(in): Angela Merkel
Datum: 26.05.2008
Untertitel: gehalten in Berlin
Anrede: Sehr geehrter Herr Präsident, lieber José Lello, sehr geehrter Herr Kollege, lieber Karl A. Lamers, lieber Volker Bouffier, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2008/05/2008-05-26-merkel-parlamentarische-versammlung-nato,layoutVariant=Druckansicht.html
die Sie heute in Berlin versammelt sind!
Wir freuen uns, dass Deutschland in diesem Jahr diese Tagung ausrichtet. Ich begrüße Sie alle ganz herzlich in der deutschen Hauptstadt, in der Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands an diesem historischen Ort, zu dem Karl A. Lamers vorhin schon einiges gesagt hat.
Im März des vergangenen Jahres haben wir die Feierlichkeiten anlässlich des 50. Jahrestages der Unterzeichnung der Römischen Verträge begangen, um an ein europäisches Ereignis zu erinnern. 50Jahre Römische Verträge hätten wir mit Sicherheit nicht mit 27Mitgliedstaaten der Europäischen Union feiern können, wenn es nicht die transatlantische Partnerschaft gegeben hätte, die mit dem Entstehen der NATO als Ergebnis des Zweiten Weltkriegs natürlich einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat, dass Wertebündnisse entstanden sind Bündnisse, die auf gemeinsamen Vorstellungen beruhen und die einen wesentlichen Beitrag, um nicht zu sagen einen entscheidenden Beitrag, dazu geleistet haben, nicht nur Frieden, sondern Frieden und Freiheit gemeinsam in Europa zu haben.
Dafür gilt all denjenigen, die egal, von welcher Seite des Atlantiks sie kommen einen Beitrag dazu geleistet haben, ein herzliches Dankeschön von einer Bundeskanzlerin, die noch weiß, dass dieses Museum auf der Ostseite der Mauer stand, die unweit von hier gelebt hat und die, als sie Physikerin an der Akademie der Wissenschaften der früheren DDR war und jeden Tag entlang der Mauer von Berlin-Mitte nach Adlershof gefahren ist, nicht davon geträumt hat, dass sie noch vor ihrer Pensionszeit den Westen betreten könnte, geschweige denn davon, dass wir ein wiedervereinigtes Land werden könnten. So, wie Sie hier versammelt sind, hat es sich gelohnt, für Werte einzustehen und dafür zu kämpfen und einen Beitrag zu leisten. Wir haben einen großen historischen Erfolg gehabt.
Noch eine historische Reminiszenz: Der 26. Mai ist ein gutes Datum für diese Tagung, denn heute vor 56Jahren wurde im Haus der Geschichte der so genannte Deutschlandvertrag zwischen der damals sehr jungen Bundesrepublik und den drei westlichen Siegermächten geschlossen. Der Deutschlandvertrag hob das Besatzungsstatut auf, räumte der Bundesrepublik die Rechte eines souveränen Staates ein und betonte als gemeinsame Ziele die Westbindung und die Wiedervereinigung.
Der Vertrag ist drei Jahre später in Kraft getreten. Tags darauf, am 6. Mai1955, wurde die Bundesrepublik Deutschland Mitglied der Nordatlantischen Allianz. Später folgten schmerzhafte Jahre und Jahrzehnte der Teilung unseres Landes, der Teilung unseres Kontinents Jahre, in denen viele Menschen im Kampf für die Freiheit viel Leid erfahren mussten, Jahre, in denen die Mauer diese Stadt teilte, in denen die Mauer Deutschland teilte und der Kalte Krieg unsere Lebenswelt in Europa bestimmte.
Wie keine zweite Stadt verkörpert Berlin aber auch den unbeugsamen Willen der Allianz aus Nordamerikanern und Europäern, für das einzustehen, was für uns am wichtigsten ist: Für unsere Werte und für unsere Freiheit. Deshalb ist es für uns natürlich ein besonders bewegender Moment, Sie heute hier in der Hauptstadt Deutschlands begrüßen zu können.
Im nächsten Jahr werden wir 60Jahre Bundesrepublik Deutschland begehen und stellen fest, dass im Jahr2009 gleichzeitig der 20. Jahrestag des Mauerfalls zu verzeichnen ist. Das heißt, wir sind eine Generation, die sozusagen die Gegenwart in Geschichte übergehen sieht. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Für mich war es aber ein interessantes Aha-Erlebnis, dass nach der gefühlten langen Teilung Deutschlands immerhin schon ein Drittel der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland lang gemeinsam gelebt und gearbeitet wurde und sich deshalb dieses wiedervereinte Deutschland in vielerlei Hinsicht ein Stück weit "emanzipieren" musste.
Nach dem Fall der Mauer, nach dem Ende des Kalten Krieges, nach dem Wegfall des Eisernen Vorhangs haben viele gedacht, nunmehr seien die wesentlichen Konflikte der Geschichte bewältigt und wir sähen uns einer Zeit von Frieden, Demokratie und Freiheit in den größten Teilen der Welt gegenüber. Es gab wichtige Menschen, die Bücher über das Ende der Geschichte geschrieben haben. Wir haben dann aber erlebt, dass es weiterging. Ich behaupte, dass wir uns heute noch in einem Transformationsprozess befinden aus dem Denken in den Konfigurationen des Kalten Krieges hinaus in eine neue Welt, die wir manchmal mit Multipolarität umschreiben. Darüber könnten wir sicherlich abendfüllend diskutieren.
Es ist meine feste Überzeugung, dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine wesentliche Rolle spielen. Wir können das heute bei allen Fragen von Krieg und Frieden sehen. Es wird aber keine einzelne Supermacht mehr geben, die allein gegen andere die Konflikte dieser Welt lösen kann. Das hat verschiedene Implikationen. Das heißt, dass sich unsere amerikanischen Freunde um uns bemühen müssen, dass wir über die Konflikte dieser Welt diskutieren müssen, dass wir Freundschaften schmieden müssen, dass wir Bündnisse haben müssen, die weit über transatlantische Bündnisse hinausgehen. Eine der großen Fragen, die die NATO in Zukunft zu diskutieren hat, wird sein, wie sich das transatlantische Bündnis zu anderen Partnern verhält, die uns heute zum Beispiel in Afghanistan helfen. Ich nenne zum Beispiel Australien.
Es gibt aber auch wir Deutschen erleben das in besonderer Weise die andere Seite: Wenn wir konsultiert und gefragt werden wollen, können wir natürlich nicht von dannen schreiten und sagen: Wir sind für die theoretischen Diskussionen gut, die praktischen Realisierungen machen dann andere. Das heißt, wer mitreden will, dem fällt mehr Verantwortung zu. Dies ist die Lage, in der wir uns im Augenblick befinden.
Darüber hinaus haben wir es mit völlig neuen Bedrohungen zu tun. Eine der Tatsachen ist, dass einem im Rückblick auf alle erschreckenden Ereignisse des Kalten Krieges die Welt des Kalten Krieges noch relativ übersichtlich erscheint. Die Fronten waren klar. Es gab zwei Supermächte mit den jeweiligen Verbündeten. Ein Blick auf die Karte Afrikas hat gezeigt, wie dort die Staaten immer paarweise vertreten waren. Einer hielt zum sowjetischen Imperium, einer zu den Vereinigten Staaten von Amerika. Das hat meinen Erdkundeunterricht wesentlich geprägt, weil ich alles über die Staaten im sowjetischen Einflussbereich lernte, aber nichts über die anderen, sodass ich heute anhand meiner Wissenslücken noch sehr gut zuordnen kann, wer zu wem gehörte. Manchmal wechselten Staaten auch die Fronten. Das gehörte auch dazu.
In dieser Zeit gab es ein System, das funktioniert hat. Das war das System der Abschreckung. Man konnte davon ausgehen, dass keine der beiden Seiten so irrational war, dass sie beabsichtigte, sich selbst umzubringen im Kampf für den eigenen Vorteil. Heute haben wir es mit so genannten asymmetrischen Bedrohungen zu tun, die deshalb so kompliziert sind, weil diejenigen, die die freiheitliche Welt, die Demokratien und die offenen Gesellschaften angreifen, nicht zögern, ihr eigenes Leben aufs Spiel zu setzen.
Wir kommen natürlich in vollkommen neue Konstellationen hinein bei der Befassung mit den Fragen, wie viel von unserer Freiheitlichkeit wir zur Disposition stellen und wie viel wir erhalten müssen und wie viel von unserer Kampfkraft, unserer Tatkraft und unserer Überzeugung wir in die Waagschale werfen, wenn es um die Verteidigung unserer Ideale geht.
Es ist eine der ich würde fast sagen enttäuschenden Mitteilungen nach dem Ende des Kalten Krieges, dass wir nun vor eher noch komplizierteren Herausforderungen stehen, die wir mit völlig neuen Mitteln bewältigen müssen, und bei denen wir unsere Gesellschaften auffordern müssen, diese Mittel mitzutragen, damit sie ihre eigene freiheitliche Gesellschaft nicht aufs Spiel setzen.
Die Bedrohungsanalyse hat unsere Bundesregierung der Großen Koalition in einem Weißbuch neu zusammengefasst und zum Ausdruck gebracht. Wir sind zu einem Konzept der so genannten "vernetzten Sicherheit" gekommen, indem wir die Kategorien hier "militärisch" und dort "politisch" sowie "zivilgesellschaftlich" nicht mehr voneinander getrennt betrachten. Vielmehr müssen wir die Dinge miteinander vernetzt sehen, weil es bei den Bedrohungen, denen wir heute ausgesetzt sind, auch um Generalangriffe auf unsere freiheitlichen Gesellschaften geht.
Deshalb steht die NATO vor sehr konkreten, aber auch prinzipiellen Herausforderungen. Früher kannten wir keine Staaten, die im Grunde keine staatliche Struktur haben. Zudem waren wir nicht so stark damit konfrontiert, dass man zwischen inneren und äußeren Angriffen manchmal nur schwerlich unterscheiden kann. Heute aber müssen wir auf all diese Fragen neue Antworten finden. Ich sage ausdrücklich: Wir werden sie nur durch einen offenen Diskurs im transatlantischen Bündnis finden. Es kommt noch mehr darauf an, sich immer wieder der gemeinsamen Wertegrundlage zu vergewissern.
Hinter uns liegt ein spannender NATO-Gipfel in Bukarest Sie haben ihn alle mitverfolgt, bei dem wir über den Begriff "vernetzte Sicherheit" in einer für mich außerordentlich erfreulichen Weise am Beispiel Afghanistans miteinander diskutiert haben. Die erfreuliche Veränderung der französischen Haltung hat dazu geführt, dass wir über die "vernetzte Sicherheit" auch in dem vermeintlich nur militärischen Bündnis der NATO diskutieren konnten und dass Präsident Karsai genauso wie der UN-Generalsekretär und die entsprechenden militärischen Verantwortlichen anwesend waren. Damit wurde es möglich, eine Gesamtdiskussion über den Erfolg in Afghanistan zu führen. Ich kann sagen, dass ich das ausgesprochen begrüßt habe.
Ich glaube, wir sind uns alle einig: Es wird immer militärische Aufgaben geben. Sich vor ihnen zu drücken und so zu tun, als könnte jedes Problem mit Hilfe von zivilgesellschaftlichen Maßnahmen und politischem Dialog gelöst werden, geht nicht. Aber es ist unmöglich, die militärische Komponente von den anderen Anstrengungen abzukoppeln.
In unserer Regierungspraxis das gilt genauso für den parlamentarischen Bereich hat dies schon zu erheblichen Veränderungen geführt. Wann hat es das gegeben, dass sich Vertreter von Entwicklungshilfeorganisationen gemeinsam mit denen der Bundeswehr, mit Polizeikräften und den Verantwortlichen für auswärtige Politik regelmäßig gegenseitig konsultieren und sie aus den jeweiligen Verantwortlichkeiten heraus die nächsten Maßnahmen für die jeweiligen Gebiete miteinander besprechen? Natürlich hat es Berührungsängste gegeben, zumindest in Deutschland, wenn Nichtregierungsorganisationen dauernd mit militärischen Stäben verhandeln. Aber ich sage: Das ist gut und richtig. Das hat auch zu veränderten Sichtweisen geführt. Das ist aus meiner Sicht weiterführend für alle Beteiligten. Ich sage ausdrücklich: Für alle Beteiligten.
Wir haben in Bukarest auch über die Erweiterung der NATO gesprochen und haben mit Freude Kroatien und Albanien aufgenommen. Ich habe es sehr bedauert, dass wir wegen eines Namensstreits die Frage von ich sage es einmal vornehm FYROM nicht so lösen konnten, dass wir das Gebilde auch aufnehmen konnten. Es ist egal, wie es heißt, wenn die Aufnahme einmal stattfindet. Politisch ist für Mazedonien, wie wir es in Deutschland nennen, die Tür für die Mitgliedschaft in der NATO offen. Wir wünschen uns, dass die anstehenden Fälle wirklich gelöst werden können.
Wir haben auf dem Bukarester Gipfel eine schwierige Diskussion erfolgreich gelöst, nämlich die Frage Ukraine und Georgien. Wir haben eine politische Botschaft gesandt, die lautet: Über die Mitgliedschaft in der NATO entscheiden die Mitgliedstaaten und diejenigen, die um Aufnahme bitten, und nicht Dritte. Diese Diskussion ist klar geführt worden. Auf der anderen Seite sage ich: Ich habe mich dafür eingesetzt, dass wir den nächsten Schritt noch nicht gehen, nämlich für diese beiden Länder einen MAP zu erarbeiten, weil ich glaube, dass das Bündnis angesichts seiner Herausforderungen ein elementares Interesse daran hat, dass die Entwicklungssituation für diejenigen, die beitreten wollen, hinreichend stabil ist, sodass wir uns nicht ausschließlich mit Konfliktfällen innerhalb des Bündnisses befassen müssen. Wir wissen aus den Erfahrungen der Europäischen Union, dass das manchmal gegeben ist.
Wir wissen auch aus der Kooperation von NATO und Europäischer Sicherheits- und Verteidigungspolitik, dass uns aufgrund der ungelösten Fragen zwischen der Türkei und Zypern viel Unverträglichkeit in Bezug auf die Kooperation ins Haus steht, die wir nicht brauchen können weder bei der Polizeimission auf dem Balkan noch bei der Polizeimission in Afghanistan. Es bedarf jedes Mal intensivster Gespräche und verschiedener Ausnahmeregelungen, um hier überhaupt praktische Aufgaben lösen zu können. Deshalb war ich etwas zögerlich.
Ich persönlich bin der Meinung, dass es ein elementares Interesse gibt, die NATO-Russland-Kooperation zu intensivieren. Seit Jahren hat wieder ein NATO-Russland-Gipfel stattgefunden. Wenn man nicht miteinander spricht, darf man sich auch nicht wundern, dass sich bestimmte Vorurteile aufbauen. Deshalb plädiere ich dafür, dass wir in sehr viel engeren Abständen immer wieder diese NATO-Russland-Gipfel durchführen. Das heißt nicht, dass Russland indirekt in NATO-Angelegenheiten mitbestimmt. Aber das heißt schon, dass man über die gegenseitigen Interessen, Befürchtungen und Ansinnen informiert. Deshalb glaube ich, dass gerade auch im Zusammenhang mit den so genannten Raketenabwehraktivitäten ein regelmäßiger Dialog zwischen NATO und Russland von allergrößter Notwendigkeit ist, damit Vertrauen wachsen kann.
Es hat keinen Sinn, dass wir dort, wo sich Konflikte auftun, real existierende Gefahren ignorieren, weil wir uns mit ihnen nicht befassen wollen. Die Herausforderung zum Beispiel durch Raketen aus dem Iran könnte eine reale sein. Sie ist es heute noch nicht. Das Nuklearprogramm des Iran macht uns aber allergrößte Sorgen. Deshalb müssen wir gemeinsam eine Schutzoption entwickeln. Ich sage ausdrücklich: Wir sollten hierbei so oft wie möglich auch und gerade das Gespräch mit Russland suchen.
Meine Damen und Herren, wir werden im nächsten Jahr den Jubiläumsgipfel der NATO in einer spannenden Konfiguration feiern. Der französische Staatspräsident und ich haben in Bukarest zu einem NATO-Jubiläumsgipfel an die deutsch-französische Grenze eingeladen. Die Kenner der NATO wissen, von welcher Symbolkraft das ist. Das ist nicht nur für Europa und für den historischen Bezug der NATO von hoher Symbolkraft, sondern das beinhaltet auch die gute Nachricht, dass Frankreich politisch in die NATO zurückkehren will. Ich begrüße das außerordentlich und bin deshalb sehr dankbar, dass der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy zu dieser gemeinsamen Einladung bereit war.
Dieser NATO-Gipfel wird der Ausgangspunkt für den Auftrag an eine Sicherheitsstrategie für die nächste Zeit sein. Wir werden, nachdem wir vielleicht zwanzigJahre nach dem Fall der Berliner Mauer auch die Transformationsphase abschließen können, zu überlegen haben, wie wir zu Strukturen kommen, in denen die NATO auch in den nächsten zehn, zwanzig Jahren funktioniert. Ich bin mir sicher, dass das Konzept der "vernetzten Sicherheit" in diesem Zusammenhang eine große Rolle spielen wird.
Wie wir das in der Europäischen Union tun, werden wir sicherlich auch über die Fragen sprechen müssen: Wo endet die Erweiterung, wie soll sich das auf Dauer weiterentwickeln? Wir werden die Instrumentarien der Krisenmanagementsysteme miteinander vergleichen und ausarbeiten müssen. Wir werden über die NATO-EU-Partnerschaft reden müssen, in der es kein Gegeneinander, sondern ein wirkliches Ineinandergreifen gibt. Ein entsprechendes strategisches Konzept für die Zukunft kann eine sehr spannende und herausfordernde Sache sein.
Ich glaube, dass die NATO in den vergangenen 60Jahren eine Erfolgsgeschichte war trotz aller Friktionen, Diskussionen und Konflikte, die es auch gegeben hat. Ich glaube, dass die NATO in anderer Form und mit anderen Herausforderungen ein unabdingbares Instrument der transatlantischen Partnerschaft bleiben wird.
Ich möchte Ihnen, den Parlamentariern, dafür danken, dass Sie diese Arbeit begleiten und damit Brückenpfeiler für die Gesellschaften darstellen. Denn Sicherheitspolitik, die keinerlei Akzeptanz hat, kann nichts bewirken. Wir wissen, wie schwierig das ist. Aber es muss für die Akzeptanz der Sicherheitspolitik geworben werden. Deshalb ist die Brücke zwischen Straßburg und Kehl vielleicht so etwas wie ein Symbol Ihrer Arbeit, die Sie heute hier versammelt sind. So ist auch Ihr unermüdliches Werben für ein wichtiges Bündnis eine Brücke in die Gesellschaften.
Ich persönlich sage: Wir müssen die transatlantische Partnerschaft auf mehr Pfeiler stellen als nur auf dieses eine Bündnis. Deshalb bemühe ich mich zum Beispiel sehr darum, dass die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika eine wirtschaftliche Partnerschaft eingehen, bei der wir auf der Grundlage gemeinsamer Werte sagen: Wir brauchen keine Handelshemmnisse zwischen uns, sondern wir müssen die Barrieren, die zwischen unseren Ländern bestehen, miteinander beseitigen, weil wir andere, dringendere Aufgaben in der Welt haben, als Milliarden Euro oder Dollar für unterschiedliche Prozeduren bei Auto-Crash-Tests und Bilanzführungen von Unternehmen auszugeben.
Wenn wir diese Partnerschaft im transatlantischen Raum weiterentwickeln, dann wird dies ein wunderbares Fundament dafür sein, dass sich unsere Werte weltweit als erfolgreiche Werte herumsprechen. Wir dürfen uns aber keinen Illusionen hingeben. Nach dem Ende des Kalten Krieges war klar, dass die westlichen Werte gegenüber den kommunistischen Diktaturen und den sozialistischen Ländermodellen eindeutig überlegen waren. Dafür gab es eine Mehrheit in der Welt. Heute stehen wir vor der Aufgabe, unsere Werte den individuellen Schutz der Würde des Menschen und ihre Unteilbarkeit anderen Ländern zu präsentieren, die heute noch nicht so von dem Erfolg entsprechender Gesellschaftsmodelle überzeugt sind. Nur wenn wir durch gute Arbeit, entschlossenes Auftreten und Gemeinsamkeit dafür werben, können wir Erfolg haben. Ich bin mir sicher: Wir können diesen Erfolg haben. Aber wir haben ihn noch nicht in der Tasche.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen frohes Arbeiten und gute Diskussionen. Sparen Sie im Innern die Konflikte nicht aus. Nur wenn wir die Dinge auf den Tisch bringen, kommen wir auch wirklich voran. Und nach außen demonstrieren Sie transatlantische Partnerschaft.
Herzlichen Dank und alles Gute!