Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 08.10.2008

Untertitel: Bei der Rede zur Eröffnung der Popkomm 2008 ging Kulturstaatsminister Bernd Neumann u.a. auf das einjährige Bestehen der Initiative Musik, Probleme der Urheberrechtsverletzungen und das Thema Verwertungsgesellschaften ein.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2008/10/2008-10-08-rede-neumann-popkomm,layoutVariant=Druckansicht.html


Es gilt das gesprochen Wort. -

auch in diesem Jahr zieht die Popkomm eine große Zahl von Ausstellern

und Besuchern aus aller Welt in die deutsche Hauptstadt. Die Popkomm ist zweifellos einer der schönsten Termine im Kalender der Musikbranche. Und zwar nicht nur als Ausstellungsforum, sondern auch als Kommunikationsplattform.

Die Türkei ist in diesem Jahr Partnerland der Popkomm. Ich finde, das ist eine großartige Entscheidung! Ich heiße alle Gäste und Aussteller aus der Türkei herzlich willkommen in Berlin! Ich habe mich ja selbst noch in letzter Minute beim Auswärtigen Amt eingeschaltet, um die Visaverfahren für die türkischen Künstler etwas zu beschleunigen, so dass heute alle pünktlich hier sein können!

Die türkische Musikszene ist ein faszinierender Mittler zwischen den Kulturen. Sie ist in Bewegung und gibt wichtige Impulse gerade auch für die deutsche Popmusik. Und das nicht nur in künstlerischer, sondern auch in kulturwirtschaftlicher Hinsicht. In Deutschland leben Millionen türkischstämmiger Mitbürger. Nicht zuletzt bei der Fußball-Europameisterschaft in diesem Jahr ist wieder einmal deutlich geworden, wie gut Türken und Deutsche hier zusammenleben.

Trotzdem: Wir müssen noch mehr voneinander wissen. Die Musik spielt dabei eine ganz zentrale Rolle, genauso wie der Sport und die Literatur. Am schönsten ist es, wenn sich die drei Sparten verbinden. In wenigen Tagen werde ich auf der Buchmesse in Frankfurt das deutsch-türkische Fußball- und Kulturfest der Kulturstiftung des Deutschen Fußball-Bundes eröffnen. Dort wird sich die Türkei, die nicht nur Partnerland der Popkomm, sondern auch Gastland der Buchmesse ist, mit Lesungen, Musik und anderen Events vorstellen!

Meine Damen und Herren,

vor einem Jahr konnte ich hier an dieser Stelle die Gründung der Initiative Musik bekannt geben. Damit hat mein Haus die erste systematische Förderung der Pop- , Rock und Jazzmusik auf Bundesebene etabliert.

Inzwischen wurde die Geschäftsstelle aufgebaut und wir konnten in guter Übereinstimmung mit der Branche die Programme für die Künstler- und die Infrastrukturförderung beschließen. Doch Fördergelder nützen nichts, wenn keine zündenden Ideen da sind, deren Umsetzung man unterstützen möchte. Aber da brauchen wir keine Bedenken zu haben: Die Qualität, das musikalische Spektrum und die Zahl der Anträge zeigen, dass wir mit diesem Förderprogramm sozusagen ins Schwarze getroffen haben. Sie können sich davon bei der Messe ein Bild machen: Die Initiative Musik ist mit einem eigenen Stand in der Ausstellung vertreten und sie unterstützt den Gemeinschaftsstand der regionalen Förderer sowie das internationale Matchmaking Event.

Auch im Festivalprogramm der Popkomm wird eine Reihe von Nachwuchskünstlern auftreten, die von der Initiative Musik gefördert werden. Ich danke insbesondere den Verwertungsgesellschaften GVL und GEMA und dem Aufsichtsrat für ihren Einsatz, ohne den wir das Projekt wohl kaum hätten umsetzen können.

Die Initiative Musik ist Teil eines umfassenden Plans zur Stärkung der Kulturwirtschaft. Kunst und Kultur werden nicht mehr nur als bedürftige Zuwendungsempfänger gesehen, sondern zunehmend auch als Motoren für

Wachstum und Beschäftigung. In Deutschland entwickelt sich der Veranstaltungssektor weiterhin positiv und es mehren sich die Stimmen, dass manche Tendenzen im Tonträgermarkt zumindest vorsichtig optimistisch gewertet werden können.

Ich weiß, dass jedoch gerade die Musikbranche

nicht in dem Maß vom Aufschwung in der Kulturwirtschaft profitiert, wie dies wünschenswert wäre. Hier ist Engagement und, ja: Kreativität gefragt, um neue Geschäftsmodelle gerade für das Internet zu entwickeln. Das drängendste Problem sind dabei nach wie vor die Urheberrechtsverletzungen. Sie wissen, dass ich da eine deutliche Linie vertrete: Raubkopieren ist kein Kavaliersdelikt! Ich setze mich darum dafür ein, dass wir beste rechtliche Rahmenbedingungen bekommen, um die Rechte der Urheber zu schützen. Deshalb halte ich es für ein kulturpolitisch äußerst fragwürdiges Signal, dass die Generalstaatsanwaltschaften in mehreren Bundesländern Leitlinien verfasst haben, nach denen unterhalb einer bestimmten Grenze Urheberrechtsverletzungen im Internet nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden sollen.

Diese Entscheidung der Länder zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, dass die Rechteinhaber in einem zivilrechtlichen Verfahren hinreichend Möglichkeiten haben, Ihre Rechte durchzusetzen.

Die Bundesregierung befürwortet dies hat sie jüngst in der Antwort auf eine Schriftliche Frage einer Bundestagsabgeordneten bestätigt die Entwicklung von Kooperationsverfahren zwischen Rechtsinhabern und Internetservicebetreibern zur Verfolgung und Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet. Es gibt in Frankreich und England interessante Initiativen, über die nachzudenken sich auch für uns lohnt, auch wenn sie nicht eins zu eins übertragbar sind. Es geht für alle darum, mit Augenmaß Lösungen zu entwickeln, die langfristig kulturell vielfältige, attraktive und vor allem: legale Angebote im Internet ermöglichen. Darum habe ich darauf gedrungen, dass dieses Thema auf die Agenda des EU-Ministerrats gesetzt wird.

Im Kontext Rahmenbedingungen für die Musikwirtschaft spielen selbstverständlich auch die Verwertungsgesellschaften eine zentrale Rolle. Im Juli 2008 hat die Europäische Kommission den 24 europäischen Verwertungsgesellschaften untersagt, ihr Angebot an Dienstleistungen außerhalb ihres eigenen Territoriums einzuschränken. Es ist nachvollziehbar, dass sich die GEMA dagegen wendet. Herr Gibb wird bestimmt in seiner Rede auf die Details des CISAC-Verfahrens eingehen. Von meiner Seite nur soviel: Ich habe mich, gemeinsam mit meiner französischen Amtskollegin Frau Albanel, dafür eingesetzt, dass die kulturelle Querschnittsklausel des EG-Vertrages und damit der Schutz der kulturellen Vielfalt berücksichtigt werden. Die Sicherung der kulturellen Vielfalt ist nicht als Schönwetterklausel gedacht diese Anforderung muss auch unter härteren Bedingungen wie bei Wettbewerbsverfahren gelten!

Ich bin sicher, dass der Kongress der Popkomm ausreichend Gelegenheit bieten wird, Rahmenbedingungen und Zukunft der Musikwirtschaft zu diskutieren. Ich wünschen Ihnen angenehme Tage in der deutschen Hauptstadt, anregende Kontakte, gute Abschlüsse und natürlich spannende musikalische Begegnungen, vor allem auch mit dem Partnerland Türkei!