Redner(in): Angela Merkel
Datum: 14.10.2008
Untertitel: im Bundeskanzleramt
Anrede: Sehr geehrter Herr Wittenstein, sehr geehrter Herr Minister Wan Gang, meine geehrten Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2008/10/2008-10-14-merkel-vdma,layoutVariant=Druckansicht.html
herzlichen Dank für die Einladung, heute hier zu Ihnen zu sprechen. Ich bin dieser Einladung sehr gerne nachgekommen. Denn wir sind uns einig? ich glaube, über alle Parteigrenzen in Deutschland hinweg? , dass der deutsche Maschinenbau zu den führenden Industriezweigen Deutschlands gehört und das Aushängeschild unserer Wirtschaft in der ganzen Welt ist.
Deshalb macht es natürlich Freude, Ihnen mit meiner Anwesenheit hier für die Arbeit, die Sie in den Unternehmen leisten, für die Entscheidungen, für die Entwicklungen, für all das, was uns als Land dann insgesamt auch voranbringt, ein herzliches Dankeschön zu sagen. Es ist gut, dass wir den deutschen Maschinenbau haben.
Nun sind die Zahlen für 2007 fast gigantisch: ein zweistelliges Produktionsplus, 50.000 neue Arbeitsplätze das sind Rekordmeldungen, über die wir uns natürlich freuen, die insgesamt auch vielen helfen, wenn wir an die Ausstattung der sozialen Sicherungssysteme und vieles andere denken. Insoweit zeigen Sie durch Ihre Arbeit natürlich auch Verantwortung für unser Land.
Deswegen haben wir natürlich auch allergrößtes Interesse daran, dass der Maschinenbau in Deutschland weiter sein Heimatland sieht; das ist keine Frage. Deshalb wollen wir auch gut und kooperativ zusammenarbeiten, so, wie wir es im Übrigen mit Ihrer Branche immer getan haben.
Nun stehen wir in diesem Jahr an einem entscheidenden Punkt. Sie haben gesagt, Sie hätten das Motto "Deutschland am Wendepunkt" schon weise gewählt. Nun dachten wir eigentlich, dass das in die andere Richtung geht, aber nicht in den Abschwung. Wir wollen natürlich alles dafür tun, dass sich die Nachfrage nicht zu sehr abschwächt, damit sich die konjunkturellen Perspektiven baldmöglichst erholen, wieder etwas heller werden und sich nicht weiter eintrüben. Wir wissen allerdings, dass wir nicht alleine auf der Welt leben. Die internationalen Finanzmärkte leisten einen wesentlichen Beitrag zu dieser Eintrübung. Auch heute muss man sagen: Die Lage ist unverändert ernst. Wir müssen das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte schnell und entschlossen zurückgewinnen.
Dabei geht es in der Tat nicht darum, mit Steuergeldern Banken am Leben zu erhalten, sondern darum, dass wir ein funktionsfähiges Finanzsystem haben ein Finanzsystem, das als Ganzes für die Unternehmen in unserem Land unverzichtbar ist. Man muss immer wieder sagen: Ohne funktionierendes Finanzsystem können Unternehmen in einer modernen Zeit nicht wirtschaften. Dies ist einer der wesentlichen Gründe, aus denen die Bundesregierung gehandelt hat und warum die parlamentarischen Beratungen jetzt so schnell durchgeführt werden.
Kredite sind die Quelle für Sie für Investitionen, für Wachstum und Arbeitsplätze. Deshalb gab es zu dem Handeln von gestern überhaupt keine Alternative. Nun will ich aber auch sagen, dass in dieser Krise auch die Chance in verschiedene Richtungen genutzt werden sollte. Denn so, wie ich eben die Notwendigkeit eines funktionierenden Finanzsystems beschrieben habe, heißt das natürlich auch, dass das Finanzsystem eine dienende Funktion hat.
Die Akteure auf den Finanzmärkten müssen sich deshalb nach meiner festen Überzeugung weltweit auch ein Stück auf ihren wirklichen Auftrag rückbesinnen. Wenn wieder etwas mehr Bodenhaftung in den gesamten Finanzmarkt hineinkommt, ist dies wirklich kein Schaden.
Dass man jetzt plötzlich nicht mehr von Wirtschaft spricht, wenn man über Sie und Ihre Unternehmen spricht, sondern von Realwirtschaft, so findet das ja vor der Folie dessen statt, dass im Grunde ein wenig Entkopplung der so genannten Finanzwirtschaft von der Wirtschaft stattgefunden hat. Das muss wieder zusammengeführt werden. Das wird auch das Ergebnis der Bewältigung dieser Krise sein.
Nun setzen wir als Politiker auf nationaler und internationaler Ebene alles daran, die Auswirkungen dieser Krise zu begrenzen. Deshalb haben wir gestern im Kabinett das Gesetz zur Einrichtung eines so genannten Finanzmarktstabilisierungsfonds beschlossen. In einfachen Worten heißt das nichts anderes, als dass wir einen ersten Baustein auf dem Weg zu einer neuen Finanzmarktverfassung gesetzt haben. Das fügt sich in die Maßnahmen ein, die wir auf europäischer Ebene beschlossen haben, die auch international beschlossen werden.
Wir haben schon gesehen, dass wahrscheinlich auch die Amerikaner durch Veränderung Ihres Programms noch einmal reagieren. Das heißt, wir kommen hier international zu einem koordinierten Vorgehen. Das muss bei den international angelegten Finanzmärkten auch so sein
Ich füge aber hinzu: Der zweite Baustein einer solchen Finanzmarktverfassung muss sein, dass wir internationale Regeln in stärkerem Umfang brauchen. Die Märkte funktionieren international. Sie müssen deshalb auch internationale Regeln haben.
Wir wissen seit Ludwig Erhard in Deutschland, seit die große Schlacht um das Kartellrecht, um das Wettbewerbsrecht im Gange war: Soziale Marktwirtschaft braucht einen Ordnungsrahmen. Denn ungeordnetes Wirtschaften führt dazu, dass letztlich Konzentrationseffekte auftreten, zum Beispiel, wenn wir auf den Wettbewerbsteil schauen. Das Wettbewerbsrecht, das Kartellrecht hat letztlich dazu geführt, dass wir heute einen so starken Mittelstand gerade in Ihrer Branche haben. Sonst hätten wir das nicht. Deshalb war es richtig, sich damals auch mit einigen Wirtschaftsverbänden anzulegen und den Ordnungsrahmen herzustellen.
Genauso ist es jetzt mit den Finanzmarktakteuren. Auch hier brauchen wir internationale Spielregeln. Man kann das nicht national machen. Deshalb sage ich: Wir werden aus dieser Krise herauskommen und müssen herauskommen mit einer Stärkung der Rolle des IWF, mit mehr Transparenz bei den Ratingagenturen, mit einer besseren Absicherung risikobehafteter Finanzmarktprodukte.
Ich bin nicht dafür, dass sich die Politik in die Definition jedes Produkts einmischt. Aber ich glaube schon, dass eine Risikoklassifizierung stattfinden muss und dass man dem dann auch eine bessere Eigenkapitalausstattung der Banken entgegensetzt, damit im Falle des Risikoeintritts nicht eine völlige Unbalance da ist.
Dann gibt es noch den schönen Vorschlag, dass vielleicht jedes Institut im Finanzmarktbereich auch einen kleinen Anteil der Produkte selbst halten sollte, die man ansonsten so gern anderen verkauft. Auch das könnte heilsame Wirkungen entfalten.
Wir werden jetzt sehr schnell darauf dringen, dass wir gemeinsam, zusammen mit den großen Schwellenländern handeln. Da sind wir uns unter den G8 -Mitgliedern, die zur Europäischen Union gehören, auch einig. Deshalb werden wir auch beim EU-Kanada-Gipfel? das wird der französische Präsident machen? dafür werben, ein solches Treffen noch in diesem Jahr zu haben.
Deshalb werden wir die Möglichkeit nutzen, wenn ich nach China fahre, wie viele andere europäische Staats- und Regierungschefs mit der chinesischen Regierung darüber zu sprechen. Denn ohne die Schwellenländer können wir heute keine internationale Finanzmarktpolitik mehr machen. Ich glaube, dass es hier auch eine große Aufgeschlossenheit gibt. In China werden wir die Gelegenheit haben, mit dem japanischen Regierungschef zu sprechen. Wir werden die Möglichkeit haben, uns auch mit Indien abzustimmen.
Das heißt also: Wir müssen jetzt sehr schnell den zweiten Baustein legen, damit alles daran gesetzt wird, dass sich eine solche Krise nicht wiederholt. Das darf nicht passieren. Dafür muss Vorsorge getroffen werden. Das muss die Lehre aus dieser Krise sein, meine Damen und Herren. Denn wir spüren jetzt: Ihre Branche wird durch eine solche Krise unmittelbar belastet. Die Wettbewerbsfähigkeit und die Widerstandskraft der deutschen Wirtschaft haben sich in den letzten Jahren erhöht. Aber gerade als Exportweltmeister sind wir natürlich von internationalen Rahmenbedingungen in besonderem Maße abhängig.
Ich glaube, dass uns die Leitzinssenkung der EZB und die Koalitionsbeschlüsse jetzt auch konjunkturell ein Stück weit auf den richtigen Pfad gebracht haben, auch wenn es weiter schwierig bleibt. Aber indirekt ist diese Stützungsaktion natürlich auch eine Hilfe für Ihre Branche. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass wir mit der Maschinenbaubranche auf einem Erfolgskurs bleiben können. Die strukturelle Stärke des Maschinenbaus? das ist uns bewusst? ist ihre traditionell weitgehend mittelständische Prägung, vor allen auch durch Familienunternehmen.
Deshalb lassen Sie mich an dieser Stelle gleich ein paar Worte zu der Erbschaftssteuer sagen, die die Diskussion im Augenblick natürlich in besonderer Weise belastet. Unser Ziel ist und bleibt, den Generationenübergang zu vereinfachen. Auf diesem Pfad haben wir natürlich bestimmte Bedingungen einzuhalten. Eine ist die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, das sagt: Wenn ihr Steuererleichterungen beschließt, dann müsst ihr auch den gesellschaftlichen Nutzen einer solchen Maßnahme nachweisen. Daraus ist dann die Bindung an die Arbeitsplätze entstanden, die wir aber jetzt, in der Endstufe der Beratungen? Herr Wittenstein hat darauf hingewiesen? schon zu vereinfachen begonnen haben.
Wir müssen natürlich auch der Tatsache Rechnung tragen? das wird jetzt auch besser getan als in den Ursprungsentwürfen? , dass sich die konjunkturelle Lage heute stark verändern kann, dass man über 15Jahre überhaupt keinen Überblick hat, wie sich die Dinge entwickeln, dass es Branchen gibt, die wachsen, und dass es natürlich auch Branchen gibt, in denen ein Arbeitsplatzabbau stattfindet. Ich denke, das, was jetzt in der Diskussion ist, ist für die mittelständischen Unternehmen? jedenfalls für die allermeisten? schon ein echter Fortschritt. Ich glaube, da können wir doch sagen: Wir sind einen Schritt vorangekommen.
Wir haben dann? das muss ich immer wieder erwähnen, weil das nicht von uns kommt? ein Bundesverfassungsgerichtsurteil zu der Frage der Bewertung von Kapitalvermögen und von Immobilienvermögen bekommen. Es ist in Deutschland über Jahre so gewesen, dass Kapitalvermögen und Immobilienvermögen bei der Besteuerung unterschiedlich bewertet wurden: das Kapitalvermögen immer nach dem aktuellen Stand, das Immobilienvermögen mit Zeitrückständen, die zu einer Unterbewertung gegenüber der heutigen Bewertung geführt haben.
Es war nicht überraschend? ich glaube, auch für keinen in diesem Raum? , dass die beim Bundesverfassungsgericht schon seit Jahren vorliegende Klage so beschieden wird, dass gesagt wird: Man kann dazwischen nicht unterscheiden. Wenn jemand zwei Kinder hat und das eine erbt ein Haus, das andere dafür ein Sparguthaben, dann ist es verfassungsrechtlich nicht richtig, wenn das Sparguthaben zum aktuellen Preis bewertet wird, das Haus aber zu einem Preis von vor 40Jahren. Das ist das Problem.
Das führt uns jetzt dazu, dass der von uns absolut verfolgte Ansatz, nämlich Erbschaften und Generationenfolgen in Betrieben zu vereinfachen, an einigen Stellen mit der Aufgabe kollidiert, die Immobilienbewertungen völlig neu aufzustellen. Da sind wir jetzt in den Endarbeiten. Wir wollen natürlich nicht, dass einige Unternehmen? vielleicht gerade die Flaggschiffe? zum Schluss das Weite suchen. Das wäre das Gegenteil von dem, was die Politik will. Aber Sie werden auch verstehen, dass wir kein verfassungswidriges Gesetz machen können.
Deshalb wird jetzt, in der Endphase, noch daran gearbeitet. Herr Wittenstein hat mit dem Hinweis auf den Knüppelweg so nett beschrieben, dass wir uns da an vielen Stellen sehr mühselig an eine Lösung annähern. Es ist nicht so einfach, im Lichte dieses Verfassungsgerichtsurteils einen Weg zu finden.
Ich sage Ihnen: In der augenblicklichen Zeit ist die Abschaffung der Erbschaftsteuer auch keine Alternative. Ich muss das so hart sagen, weil manch einer natürlich nach Österreich guckt und sagt: Bei denen ist das doch auch nicht so. Damit wird dann auch immer gedroht. Wir sind gut darüber informiert, wie das alles ist. Wir setzen alles daran, eine zufriedenstellende Lösung zu finden? gerade in diesen Zeiten.
Meine Damen und Herren, der technologische Fortschritt verpflichtet Sie natürlich, immer wieder voranzuschreiten. Deshalb war es nicht verwunderlich, dass Herr Wittenstein in seinen einführenden Bemerkungen das Thema Innovation mit einem besonderen Schwerpunkt versehen hat.
Wir sind hier vorangekommen. Wir werden mit den Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Haushalt des nächsten Jahres einen Anteil von 2, 8Prozent am Bruttoinlandsprodukt erreichen? wir kommen von 2, 5Prozent zu Beginn dieser Legislaturperiode. Wir wollen die 3, 0Prozent bis 2010 erreichen. Wir sind da auf einem guten Weg. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass auch die Wirtschaft ihren Anteil dazu leisten muss.
Ich glaube, dass der Innovationsstandort Deutschland vorangekommen ist. Wir haben eine ganze Reihe von Initiativen? die von Ihnen auch genannt wurden und die ich jetzt nicht wiederholen möchte? , die uns vorangebracht haben. Ich möchte unserem chinesischen Gast hier deshalb noch einmal ganz herzlich dazu gratulieren, dass er Ehrendoktor an der TU Berlin geworden ist einer guten Universität, die auch an Exzellenzclustern in der Exzellenzinitiative beteiligt ist.
Ich denke, dass sich hier in den letzten Jahren das Klima deutlich in Richtung Elite, in Richtung Leistung verbessert hat, und dass man jetzt mehr nach Exzellenz strebt. Dieser Pfad muss fortgesetzt werden. Er ist alternativlos. Denn wir in Deutschland wissen natürlich, dass es auch im Forschungs- und Entwicklungsbereich harten Wettbewerb gibt.
Es kommt nicht ungefähr, dass hier heute der chinesische Wissenschaftsminister dabei ist. Wir schauen schon sehr gut hin, was in Ihrem Land passiert, Herr Minister. Wir wissen schon, dass wir uns deshalb anstrengen müssen. Wir glauben allerdings auch, dass wir gute Partner sein können.
Wir haben mit der Hightech-Strategie eine sehr schonungslose Analyse vorgenommen und geschaut: Wo sind wir spitze? Wo haben wir Nachholbedarf? Was müssen wir tun? Und wie können wir es vor allen Dingen schaffen? das wurde auch von Herrn Wittenstein angesprochen? , nicht nur exzellent in der Forschung zu sein, sondern aus der Forschung zum Schluss auch ein Produkt zu machen? In dieser Hinsicht ist die Forschungsförderung der mittelständischen Unternehmen natürlich immer eine besondere Aufgabe.
Ich glaube, dass das "Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand" hier eine Möglichkeit bietet, die für den Mittelstand notwendigen Bedingungen besser einzuhalten, auch was Förderzeiten und was Kooperationszeiten mit Fachhochschulen und Universitäten anbelangt. Hier sind wir auf einem vernünftigen Weg.
Nun ist das Thema zum einen deshalb so wichtig, weil die Produkte dauernd weiterentwickelt werden müssen, zum anderen aber auch, weil wir einen Fachkräftemangel haben, der sich angesichts unserer demografischen Entwicklung noch verstärken und verschärfen wird. Deshalb setzen wir viel Kraft ein, um die mathematischen und ingenieurwissenschaftlichen technischen Berufe ganz bewusst zu fördern.
Ich habe gerade letzte Woche eine Einrichtung in Magdeburg besucht, bei der Maschinenbauingenieure, die eine Zeit lang arbeitslos waren, wieder auf den neuesten Stand gebracht werden. Wir können es uns in diesem Bereich wirklich nicht leisten, dass Menschen, denen nur ein Stück Brücke in den Betrieb hinein fehlt, weil sie ein paar Jahre vom neuesten Know-how abgeschnitten waren, einfach keine Arbeit mehr finden. Ich habe mir das angeschaut: Diejenigen, die in diesem Programm waren, haben in den Unternehmen, in denen sie Arbeitsplätze gefunden haben, sehr gute Erfahrungen gemacht. Man kann in einem deutschen Betrieb also auch jenseits von 27 noch wirklich etwas Gutes leisten. Ich glaube, das wissen Sie alle auch, meine Damen und Herren.
Wir haben weiterhin ein Programm aufgelegt, mit dem wir die Zuwanderungsbedingungen für höher Qualifizierte vereinfachen und verbessern wollen. Dies ist im parlamentarischen Bereich natürlich jeweils eine sehr schwierige Diskussion, weil wir auf der einen Seite dreiMillionen Arbeitslose und auf der anderen Seite das Thema des Fachkräftemangels haben. Umso wichtiger ist es, dass der Fachkräftemangel in der jeweiligen Branche auch wirklich nachgewiesen werden kann, damit man dann durch Öffnung und mehr Zuwanderung an dieser Stelle auch einen Beitrag für Hochqualifizierte leisten kann.
Wir wissen außerdem, dass wir in der Bildungspolitik natürlich durchaus noch Nachholbedarf haben. Ich habe nicht umsonst davon gesprochen, dass wir die Bildungsrepublik werden wollen. Wir sind es noch nicht. Wir müssen jetzt schauen, dass wir nicht nur mit Prozentzahlen agieren, weil daraus auch nicht immer erkennbar ist, was nun wirklich internationaler Vergleichsstandard ist. Oft gibt es Statistiken, bezüglich derer man nicht sagen kann, dass sie immer stimmen. Wenn es zum Beispiel um Hochschulqualifizierung geht, dann ist das in Amerika und in anderen Ländern oft unterschiedlich, sodass bereits auch Kindergärtnerinnen bzw. Erzieher als hochqualifiziert eingestuft werden. Man muss dabei immer ganz genau hinschauen. Dennoch haben wir durchaus Nachholbedarf.
Deshalb setzen wir im Hinblick auf den Bildungsgipfel immer an den Schnittstellen an. Wir sagen zum Beispiel: Es kann nicht sein, dass wir immer noch eine bestimmte Anzahl Schulabgänger haben, die keinen Schulabschluss haben. Wir fangen mit einem Programm der Bundesagentur für Arbeit bereits in den Hauptschulen zu schauen an, was man tun kann, um den Hauptschulabschluss zu ermöglichen. Wir wollen auch jedem die Chance auf die Förderung eines Hauptschulabschlusses geben, der das in seiner Schulzeit nicht geschafft hat. Denn wir wissen, dass die Langzeitarbeitslosigkeit bei denen um ein vielfaches höher ist, bei denen kein Schulabschluss vorliegt. Deshalb muss dort angesetzt werden.
Wir können auf keinen in unserem Land verzichten. Diese Lage wird sich in den nächsten zehn Jahren noch dramatisch verschärfen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir im Bereich der Integration vorankommen. Wenn wir uns einmal Ihre Standorte anschauen, an denen der deutsche Maschinenbau konzentriert ist, und wenn wir uns einmal die Bevölkerungszusammensetzung bei den unter 25-Jährigen anschauen, dann finden wir heraus, dass in den ganzen Industriegebieten Deutschlands der Anteil der unter 25-Jährigen mit Migrationshintergrund zwischen 40Prozent und 50Prozent liegt.
Wenn es uns nicht gelingt, die jungen Migranten wirklich so zu befähigen, dass sie anspruchsvolle Facharbeiterberufe, Fachhochschule und Hochschule schaffen, dann werden wir 2015, 2020 in eine Lücke von Fachkräften hineinlaufen, die dann schon zur Verlagerung von Unternehmen ins Ausland führen kann, weil einfach keine Arbeitsplätze mehr vorhanden sind. Das muss unbedingt verhindert werden.
Deshalb habe ich auch die Integrationsbeauftragte ins Kanzleramt genommen. Deshalb arbeiten wir hierbei an allen Stellen. Und deshalb haben wir neulich auch einmal Dankeschön für die Gastarbeiter der ersten Generation gesagt, die mitgeholfen haben, Deutschland aufzubauen. Manchmal müssen wir auch ein Stück weit sagen: Ihr seid uns hier herzlich willkommen. Wir erwarten von euch, dass ihr die deutsche Sprache könnt und dass ihr euch an unsere Gesetze haltet. Aber ansonsten wissen wir auch, was ihr für unser Land tut. Ich glaube, das ist auch die Meinung des Maschinenbaus.
Ich möchte in diesem Zusammenhang natürlich auch noch auf die Tatsache eingehen, dass Sie Ihren Beitrag leisten und zwar durch Ausbildungsquoten, die beeindruckend sind. Ich bitte Sie, das auch in den nächsten Jahren weiterhin so zu tun; denn das sind diejenigen, die dann die Zukunft Ihrer Branche weitertragen werden.
Wir haben dann über die Frage der gesamten Energiepolitik zu sprechen. Energiepolitik wird, auch wenn das jetzt kurzfristig wieder in den Hintergrund gedrängt worden ist, eines der zentralen Politikfelder der Zukunft bleiben. Deshalb ist es für Sie natürlich auch von besonderer Bedeutung, in welcher Art und Weise die Themen Energieeffizienz, Energiekosten und Klimaschutz angegangen werden und wie wir das umsetzen. Wir wollen noch in diesem Jahr das Klimaprogramm der Europäischen Union verabschieden. Wir werden die französische Präsidentschaft auch dabei unterstützen.
Ich habe allerdings auch deutlich gemacht, insbesondere gegenüber der Kommission, dass Deutschland dies nicht auf Kosten seiner industriellen Basis und seiner industriellen Exzellenz tun wird. Wir wissen im Grunde, dass die Energieeffizienz im Bereich der Produktion heute schon um Größenordnungen höher ist als zum Beispiel im Bereich der Wärmeversorgung und des privaten Konsums.
Das heißt, wir müssen jetzt aufpassen, dass wir Klimaschutz ökonomisch sinnvoll betreiben und nicht für diejenigen, die fast schon alles geschafft und sehr hohe Wirkungsgrade erreicht haben, durch Auflagen sozusagen die Kosten erhöhen und auf der anderen Seite zu wenige Dinge machen, bei denen man mit sehr viel Einfachheit etwas schaffen kann.
Deshalb sind wir als Bundesregierung dabei, zum Beispiel im Bereich der Gebäudesanierung und der Heiztechnologie etwas zu machen. Auch im Bereich des Verkehrs kann man noch einiges tun. Deshalb muss man aufpassen, diejenigen, die bei uns insbesondere in energieintensiven Branchen arbeiten, aber natürlich auch andere vernünftig zu behandeln.
Deshalb haben wir auch Ausnahmeregelungen? aus Sicht der Kommission zu hohe, aber aus unserer Sicht richtige Ausnahmeregelungen? für unsere energieintensive Industrie gefordert. Deshalb sage ich immer wieder: Wir werden als Deutschland keinem Paket zustimmen, bei dem nicht auch die Investitionssicherheit für die nächsten Jahre garantiert ist.
Es besteht jetzt ein bisschen die Gefahr, dass man sagt "Ach, das regeln wir dann alles später, wenn die Klimakonferenz in Dänemark, in Kopenhagen, stattgefunden hat, also nach 2009". Das hilft denen, die heute im Industriebereich Investitionen tätigen müssen, nicht. Wenn sie nämlich Investitionen für 2012, 2013 oder 2014 vorbereiten, dann müssen sie im Grunde genommen bald die Entscheidungen treffen. Wir sehen diesen Zusammenhang. Deshalb brauchen wir langfristige Berechenbarkeit und Planbarkeit. Das hat nichts damit zu tun, dass wir die Klimaschutzziele etwa nicht einhalten wollten. Es muss nur auf einem ökonomisch vernünftigen Pfad sein. Dafür werde ich mich auch ganz persönlich einsetzen, meine Damen und Herren.
Für unsere Wirtschaft mit einer sehr hohen Exportquote? Ihre ist ja nun mit 77Prozent exorbitant hoch? ist es natürlich auch von allergrößter Bedeutung, dass wir unsere weltweite Wettbewerbsfähigkeit nicht einbüßen oder etwas durch überbürokratische Regeln machen.
Deshalb hoffen wir natürlich auch darauf, dass wir? zum Beispiel im nächsten Jahr mit China? wirklich ein langfristiges Klimaschutzabkommen hinbekommen werden, das die gemeinsame Verantwortung, aber natürlich auch die unterschiedlichen Möglichkeiten in den Blick nimmt.
Was dieses Thema aber heute auch als globales Thema kennzeichnet: Europa hat heute einen Anteil an den weltweiten CO2 -Emissionen von 15Prozent. Dieser Anteil wird sinken. 2050 werden wir Europäer wahrscheinlich nur noch mit weniger als 10Prozent zu den weltweiten CO2 -Emissionen beitragen. Wir übernehmen Verantwortung im Hinblick auf Umwelttechnologien, auf sparsame Technologien. Hierin liegt auch Deutschlands Chance, weil das wieder ein Exportfaktor sein kann. Aber wir können uns auf dem Weg dahin nicht in die Situation begeben, dass all diese wunderbaren Industriezweige zum Schluss nicht mehr bestehen und die Welt dann insgesamt auch nichts davon hat, weil wir dann nichts mehr exportieren können. Dieser Zusammenhang ist uns sehr bewusst.
Meine Damen und Herren, zu den bedeutendsten Absatzmärkten der Branche zählt bei Ihnen natürlich auch die Volksrepublik China. Der Maschinenbau spielt in unserem bilateralen Handel eine herausragende Rolle; das ist seit vielen Jahren so. Das sind immerhin schon 30Prozent der Exportausfuhren.
Wenn Sie, sehr geehrter Herr Minister Wan Gang, heute am Maschinenbaugipfel teilnehmen, dann ist das auch ein Zeichen der Anerkennung für diesen Beitrag. Wir sind froh, dass wir diese guten Beziehungen haben. Deshalb werde ich natürlich auch in der nächsten Woche, wenn ich in China sein werde, darüber sprechen, wie wir unsere wirtschaftliche Zusammenarbeit verbessern und erweitern können, wie wir das im Sinne einer Win-Win-Situation, wie man heute schon sagt, miteinander machen. Wir wissen, dass wir ein Interesse daran haben, dass sich Ihr Land gut entwickelt. Denn nur, wenn Sie wachsen, haben auch wir wachsende Exportchancen.
Insofern zeigt sich? ähnlich wie in der Finanzbranche? , dass wir heute überhaupt nicht mehr national, allein arbeiten können. Wir müssen natürlich nationale Rahmenbedingungen stellen, die vernünftig sind? ich habe darüber gesprochen. Aber wir müssen eben auch alles tun, damit wir dieses Wettbewerbsfeld global definieren und miteinander agieren.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen gute Beratung und auch gute Diskussionen. Ich bedanke mich für die Einladung. Ich darf hinzufügen: Die Bundesregierung wird alles tun, um Ihrer Branche ein erfolgreiches Weiterarbeiten zu ermöglichen.
Herzlichen Dank!