Redner(in): Angela Merkel
Datum: 09.02.2009
Untertitel: in Berlin
Anrede: sehr geehrte Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Rede/2009/02/2009-02-09-merkel-dipl-corps,layoutVariant=Druckansicht.html
Exzellenzen,
im Namen der Bundesregierung etliche Vertreter sind auch heute hier anwesend begrüße ich Sie, das Diplomatische Corps, zum traditionellen Empfang im Bundeskanzleramt. Ich freue mich, dass ich viele von Ihnen wiedersehen und wiederum andere kennenlernen kann.
2009 ist für Deutschland ein besonderes Jahr. Wir feiern zum einen in diesem Jahr den 60. Geburtstag der Bundesrepublik Deutschland. Wir feiern nicht nur den 60. Geburtstag der Bundesrepublik Deutschland, sondern am 9. November auch den 20. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer. Für Menschen in meinem Alter ist es so, dass uns die zeitliche Strecke der Deutschen Einheit kurz vorkommt. Aber sie macht schon fast ein Drittel der Zeit aus, in der es die Bundesrepublik Deutschland gibt.
Diese 60Jahre Bundesrepublik waren alles in allem gute Jahre für Deutschland. Wir haben mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 23. Mai 1949 unsere demokratischste Verfassung, das Grundgesetz, bekommen. Das zerstörte Deutschland wurde nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs wieder aufgebaut. Durch die Soziale Marktwirtschaft nahm das, was man heute im Rückblick das "Wirtschaftswunder" nennt, seinen Lauf. Wir haben die Einheit in Freiheit erreicht. Deutschland ist heute in die internationale Staatengemeinschaft fest integriert, ein verlässlicher Partner und auch Standort vieler internationaler Organisationen. Wir wissen, dass Freiheit und Einheit unseres Landes ohne unsere Nachbarn und Partner unmöglich gewesen wären. Daran werden wir in diesem Jubiläumsjahr auch in ganz besonderer Weise denken.
Davon abgesehen, dass in Deutschland 2009 ziemlich viele Wahlen stattfinden, wird 2009 ein Jahr wichtiger politischer Entscheidungen im internationalen Rahmen: in der Klima- und Energiepolitik ich erinnere daran, dass in Kopenhagen eine Konferenz stattfinden wird, auf der die Nachfolge des Kyoto-Abkommens beschlossen werden soll, in der Europa- , Außen- und Sicherheitspolitik und angesichts der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise ganz besonders in der Wirtschafts- und Finanzpolitik.
Wie alle Länder setzen wir darauf, die Auswirkungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzmarktkrise einzudämmen. Wir haben dazu Maßnahmen ergriffen Sie wissen das, nämlich ein erstes Maßnahmenpaket Ende des vergangenen Jahres und ein zweites, das in dieser Woche im Deutschen Bundestag verabschiedet wird. Insgesamt werden wir Maßnahmen im Umfang von 80Milliarden Euro für die nächsten zwei Jahre auf den Weg bringen. Das macht pro Jahr einen Stimulus von 1, 5Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts aus und ist auch ein Beitrag zur europäischen Bekämpfung der Wirtschaftskrise. Als größte Volkswirtschaft leisten wir damit den größten Beitrag innerhalb der Europäischen Union und setzen einen wesentlichen Baustein innerhalb des von der Europäischen Union und auch von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Maßnahmenpakets.
Diese Weltfinanzmarktkrise und die weltweite Wirtschaftskrise führen uns vor Augen, wie notwendig heute die Bündelung von Kräften ist, weil wir in einem engen globalen Zusammenhang leben, in dem keiner ohne den anderen wirtschaften kann. Dies ist uns im Herbst durch die Ereignisse im Bankensektor in dramatischer Weise vor Augen geführt worden. Wir wissen, wir können globale Herausforderungen nur gemeinsam lösen. Das wissen wir im Übrigen nicht erst seit der internationalen Finanzmarktkrise, sondern das ist uns zum Beispiel beim Klimaschutz und im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit schon sehr viel früher klar geworden. Das sind nur zwei Beispiele.
Wir können auch auf der europäischen Ebene die Dinge nicht allein lösen. Auch die G8 -Staaten können das nicht mehr. Deutschland hatte deshalb während seiner
G8 -Präsidentschaft 2007 einen so genannten Heiligendamm-Prozess angestoßen, bei dem die großen Schwellenländer Indien, China, Mexiko, Brasilien und Südafrika mit der G8 auf der Plattform der OECD zusammenarbeiten.
Dieser Dialog ist inzwischen sehr substanziell und permanent. Ich glaube, dass wir darauf aufbauen können, um die Architektur der zukünftigen Zusammenarbeit weiterzuentwickeln.
Wir brauchen allerdings nicht nur Diskussionen am Runden Tisch, sondern wir brauchen auch Entscheidungen im internationalen Rahmen. Dabei war der Weltfinanzgipfel im November des Jahres 2008 in Washington im Kreis der G20 -Länder ein echter Meilenstein. Es war damals so, dass sich die G20 -Länder zum ersten Mal auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs getroffen haben. Bis dahin war es im Wesentlichen eine Institution der Finanzminister.
Was wollen wir? Wir wollen mehr Transparenz auf den Finanzmärkten. Wir haben gesagt, dass es im Grunde keine Finanzprodukte geben darf, die nicht transparent sind. Es darf auf der Welt keine Orte geben, wo keinerlei Regulierung mehr vorhanden ist. Es darf auch keine Institutionen geben, die sich nicht einer bestimmten Regulierung unterwerfen müssen. Die Finanzminister setzen jetzt den Aktionsplan um, den wir im November 2008 verabschiedet haben. Am 2. April werden sich die Staats- und Regierungschefs in London wieder treffen. Sie treffen sich in London, weil Großbritannien in diesem Jahr den Vorsitz der G20 -Staaten innehat. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union werde ich zur Vorbereitung dieses Londoner Gipfels am 22. Februar einladen, um zusammen mit den Finanzministern die europäische Position festzulegen.
Ich sage etwas mahnend: Wir dürfen die Ursachen dieser internationalen Finanzmarktkrise nicht vergessen, weil wir noch dazu eine Wirtschaftskrise haben. Es muss natürlich alles darangesetzt werden, dass sich solche Vorgänge nicht wiederholen. Dafür brauchen wir einen stabilen Ordnungsrahmen.
Deshalb glaube ich auch, dass wir bestimmte Ordnungsprinzipien festschreiben müssen. Allein die Regulierung von Finanzmarktprodukten wird nicht ausreichen, sondern wir sollten in einer Charta so habe ich es vorgeschlagen und dafür auch die Unterstützung von internationalen Organisationen bekommen die Prinzipien unseres gemeinsamen Wirtschaftens auf der Welt festschreiben. Denn wenn wir immer wieder zu sehr großen globalen Ungleichgewichten kommen, ist die Gefahr zu groß, dass daraus Risiken und Krisen entstehen.
Ich glaube auch, dass wir uns auf lange Sicht überlegen sollten, ob es nicht bei den Vereinten Nationen ähnlich dem Sicherheitsrat, der sich mit der internationalen Sicherheit beschäftigt, einen Rat geben sollte, der sich mit wirtschaftlichen Fragen auseinandersetzt. Ich weiß, dass dies ein langer Weg ist. Aber ich glaube, wir müssen eine globale Architektur aufbauen, in der alle Länder eine Chance haben, einbezogen zu sein. Die G8 sind gut, die G8 plus G5 sind gut, die G20 sind gut. Aber wenn wir uns überlegen, wie viele Länder hier versammelt sind, zeigt sich, dass wir keinen aus den globalen Mechanismen ausschließen dürfen.
Wir müssen auf der einen Seite das ist unsere Überzeugung bei der wirtschaftlichen Ordnung den Kräften des Marktes, der individuellen Anstrengung Freiraum geben. Dafür brauchen wir offene Märkte. Vor allen Dingen müssen wir uns davor hüten, protektionistisch zu werden, davor, dass die Deutschen nur noch deutsche Autos, die Franzosen nur noch französische Autos und die Amerikaner nur noch amerikanischen Stahl kaufen. Ansonsten werden wir auf dieser Welt nicht vorankommen. Das wissen wir aus vergangenen Krisen. Wir brauchen offene Märkte.
Auf der anderen Seite brauchen wir einen Ordnungsrahmen, damit die Marktkräfte nicht beliebige Exzesse zulassen und hervorbringen können. Das heißt also, dass der Staat Hüter der Ordnung sein muss. Es ist sicherlich nicht immer einfach, darüber einen Konsens zu erzielen und daraus konkrete Maßnahmen abzuleiten. Aber wir sind optimistisch und innerhalb der Bundesregierung davon überzeugt, dass es dazu keine Alternative gibt. Wenn Globalisierung dem Wohl der Menschen dienen soll, müssen wir auch globale Regeln finden. Das kann nur von den Staaten erreicht werden.
Deshalb glaube ich, dass die Vereinten Nationen in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen werden. Wir brauchen eine Reform. Ich will keine Abhandlung über die Reform des UN-Sicherheitsrats vornehmen. Das verläuft fast seit Jahrzehnten in permanenter Diskussion ohne bisher erkennbare Ergebnisse. Vielleicht gelingt es mit der Bekräftigung der neuen amerikanischen Administration hinsichtlich einer stärkeren Bezogenheit auf die Vereinten Nationen, hier einen Fortschritt zu erreichen.
Wir brauchen auch ein entschlossenes Handeln im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit.
Hier möchte ich zwei Punkte hervorheben.
Erstens: Wir haben ein Interesse an einer langfristigen und kontinuierlichen Entwicklung und einer schnellen Erholung nach der Krise. Das heißt, dass wir nicht nur darauf achten müssen, was wir bei uns zu Hause machen, sondern auch darauf, wie wir Entwicklungszusammenarbeit stärken oder zumindest verhindern können, dass sie in dieser Krise eingeschränkt wird. Wir erleben, dass die Märkte zum Teil so reagieren, dass Kapital aus den Schwellen- und Entwicklungsländern abgezogen wird. Das hat sehr dramatische Auswirkungen. Umso wichtiger ist es, dass die Staaten ihre Zusagen weiter einhalten, denn sonst haben wir keine Chance, die Millenniumsentwicklungsziele zu erreichen. Wir haben uns von deutscher Seite unterstützend dafür eingesetzt das gilt für die Entwicklungsministerin, aber auch für andere Vertreter der Bundesregierung, dass es bei der Weltbank eine, wie man so schön sagt, Fazilität gibt, um Infrastrukturinvestitionen über die Weltbank in Entwicklungsländern zu fördern, sodass auch hier in der Krise eine Chance gesehen werden kann.
Zweitens: Die Mittel für die Bekämpfung von Hunger und Armut dürfen nicht gekürzt werden. Wir müssen sie sicherlich an vielen Stellen noch zielgerichteter und effektiver einsetzen. Aber wir wollen unsere Verpflichtungen gerade gegenüber den afrikanischen Staaten einhalten. Ich glaube, dass wir das insbesondere deswegen tun sollten, weil gerade diese Staaten ich könnte auch andere Entwicklungsländer nennen wirklich keine Verantwortung für diese globale internationale Finanzmarktkrise tragen. Aber die Auswirkungen bekommen sie natürlich genauso wie andere Länder zu spüren, allerdings oft im Rahmen eines viel geringeren Lebensstandards und deshalb auch mit gravierenderen Folgen.
Wir sagen unseren afrikanischen Partnern aber auch, dass von ihnen sicherlich an einigen Stellen auch noch ein Mehr an Verantwortung für Transparenz und für das, was wir "Good Governance" nennen, zu übernehmen ist. Diesbezüglich gibt es in einigen afrikanischen Ländern sehr hoffnungsvolle Ansätze. Wir glauben, dass die Afrikanische Union hier auch immer wieder die Benchmarks, die Standards, setzen und Länder ermutigen sollte, sich einmal selbstkritisch betrachten zu lassen und aus dem, was die Gutachter sagen, zu lernen.
Wir haben immer wieder dafür geworben, mit den Staaten Asiens eine Partnerschaft zum gemeinsamen Aufbau einer globalen Ordnung zu entwickeln. Das gilt auch für die Entwicklungszusammenarbeit. Hier kann man sich viele gemeinsame Projekte vorstellen. Aus den dabei gemachten verschiedenen Erfahrungen könnten wir lernen. Von den asiatischen Ländern können wir natürlich auch ein wenig lernen, wie man Finanzkrisen bekämpft oder wie man es nicht macht. Denn dort gab es Ende des vergangenen Jahrhunderts, im Jahre 1997, eine schwierige Finanzkrise. Wir haben auf dem Asien-Europa-Treffen in Peking mit vielen asiatischen Staats- und Regierungschefs über diese Fragen gesprochen und sind uns sicher, dass wir die Zusammenarbeit und die Kontakte weiterhin suchen und vertiefen werden.
Im Mai des vergangenen Jahres war ich in Lateinamerika und konnte mir ein gutes Bild von der Dynamik auf diesem Kontinent, aber auch von den unterschiedlichen Herausforderungen machen. Die Europäische Union hatte auch einen Gipfel mit den lateinamerikanischen Staaten durchgeführt. Ich wünsche gerade auch den Staaten Lateinamerikas alles Gute in den jetzigen wirtschaftlichen Turbulenzen. Zum Teil sind sie nicht ganz so stark betroffen wie wir in Europa und wie die Vereinigten Staaten von Amerika, aber es ist sehr wichtig, dass die wirtschaftliche Entwicklung auch dort gut verläuft. Ich war auf meiner Lateinamerikareise sehr beeindruckt, in welcher Beziehung man dort zu Humboldt steht. Alexander von Humboldt ist fast überall gegenwärtig. Wenn man dort jemanden trifft, kann er sagen: Guck, da war er im Kaffeehaus und hier hat er gewohnt. Ich habe anschließend erst einmal begonnen, ein Buch über ihn und seine Reisen zu lesen, denn meine Bildung war diesbezüglich doch schon etwas verschüttet oder hatte in den Kinderjahren überhaupt nicht so richtig stattgefunden. Hier kann also noch viel gelernt werden.
Der Binnenmarkt innerhalb der Europäischen Union ist sozusagen unser Heimathafen. Sie wissen, dass wir immer noch viele Anstrengungen unternehmen, um den Lissaboner Vertrag zu ratifizieren. Morgen wird dazu eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht stattfinden. Wir sind aber guten Mutes, dass wir hier vorankommen und uns damit eine zeitgemäßere, effektivere Ordnung für die 27Mitgliedstaaten geben können, die dann auch wieder eine Erweiterung der Europäischen Union zulässt. Wir werden dann auch für die europäische Sicherheits- , Verteidigungs- und Außenpolitik eine gemeinsame Vertretung in Form eines Hohen Repräsentanten haben, der sowohl für die Mitgliedstaaten sprechen als auch Mitglied der Europäischen Kommission sein wird. Die immer wieder angemahnte Antwort auf die Frage, wer denn nun in der Außenpolitik für Europa spricht, wird dann ein Stück weit klarer, wenngleich ich nicht versprechen kann, dass alle 27Länder immer in allen Fragen sofort einer Meinung sein werden. Aber wir geben uns Mühe.
Meine Damen und Herren, wir wissen, dass wir Europäer nach außen geeint auftreten müssen. Wir werden die Positionen für die Weltklimaverhandlungen vorbereiten. Wir haben gemeinsame Positionen für den Abschluss der Doha-Runde. Europa spricht hier an vielen Stellen mit einer Stimme. Aber natürlich müssen wir dies auch nach innen schaffen. Wir werden dafür noch einmal eine große Anstrengung unternehmen, wenn wir im Juni die Mitglieder des neuen Europäischen Parlaments wählen. Das Europäische Parlament hat inzwischen eine große Fülle an Aufgaben zu bewältigen. Manche nationalen Parlamentarier sind schon sehr beunruhigt, ob für sie noch etwas übrig bleibt. Aber gerade im Rahmen des Lissaboner Vertrages haben wir auch Absprachen getroffen, wie die Bundesregierung verstärkt mit den Mitgliedern des Deutschen Bundestages über ihre Verhandlungspositionen im Rahmen der europäischen Verhandlungen sprechen muss.
Wir wollen in der Europäischen Union die Beziehungen zu unseren Nachbarn weiter ausbauen. Nicht immer ist die Vollmitgliedschaft die richtige Antwort. Wir werden mit der "Östlichen Partnerschaft" gerade Ländern wie der Ukraine, Moldawien und anderen neue Kooperationsmöglichkeiten geben und wir werden im Rahmen der Verhandlungen über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland auch deutlich machen, dass wir die EU-Russland-Beziehungen intensivieren wollen. Dies wollen wir natürlich gerade auch mit Blick auf die Fragen der Energiepolitik, denn eine sichere, verlässliche Energieversorgung ist essentiell für viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Wir hatten in dem so genannten Gasstreit in diesem Jahr leider schon schwierige Situationen zu bestehen. Ich glaube, dass wir alle ein Interesse daran haben, dass es keine Gaslieferausfälle gibt. Wir haben zwar innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und zum Teil auch über die Europäische Union hinaus unsere Solidarität gezeigt. Wir haben allerdings auch gemerkt: Solidarität ist letztendlich nichts wert, wenn nicht auch eine Gaspipeline vorhanden ist, mit der man Gas von einem Ort A zu einem Ort B bringen kann. Daher werden wir sowohl bezüglich der elektrischen Netze, der Hochspannungsleitungen, als auch in der Frage der Gasleitungen noch über eine engere Vernetzung innerhalb der Europäischen Union sprechen.
Meine Damen und Herren, viele von Ihnen waren am Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Wir haben dort wichtige Diskussionen geführt. Deutschland wird zusammen mit seinen Partnern auch im Jahr 2009 seine Verpflichtungen einhalten. Wir unterstützen natürlich die tschechische Ratspräsidentschaft und danach auch die schwedische Ratspräsidentschaft in diesem Jahr. Wir wissen, dass wir internationale Konflikte nur gemeinsam lösen können, gerade auch in der transatlantischen Partnerschaft.
Die Themen NATO und die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik haben eine große Rolle auf dieser Konferenz gespielt. Wir glauben, dass der Begriff der "Vernetzten Sicherheit" der richtige Ansatz ist, um präventiv zu wirken oder aber manchmal auch mit militärischen Mitteln eingreifen zu können. Das heißt, wir brauchen polizeiliche, zivile, entwicklungspolitische und wenn nötig auch militärische Optionen, die aber miteinander vernetzt sein müssen. Dies erfordert ein völlig neues Denken. Wir merken das an den verschiedenen Ressorts der Bundesregierung, die es früher nicht so gewöhnt waren, dass der Verteidigungsminister mit der Entwicklungsministerin und der Innenminister mit dem Außenminister dauernd zusammenarbeiten. Ich glaube aber, das funktioniert gut und macht vielleicht sogar manchmal Spaß. Dieser Ansatz der "Vernetzten Sicherheit" muss auch in die NATO hineingetragen werden und dieser Ansatz muss Teil der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sein.
Wir glauben, dass Europa eine selbstbewusste Rolle gespielt hat, zum Beispiel im Konflikt zwischen Georgien und Russland. Wir können nicht sagen, dass die Situation dort so ist, dass sie uns nicht weiter Anlass zur Sorge gibt. Wir hoffen, dass die Genfer Gespräche eine Grundlage für eine langfristige politische Lösung werden können. Wir wissen auch, dass wir hier einen langen Atem brauchen; wir haben das immer wieder, auch auf dem westlichen Balkan, gemerkt. Ich glaube, wir sind hier doch einige Schritte vorangekommen in der Schaffung von etwas mehr Sicherheit und von etwas mehr Friedenshoffnung, wenngleich ich sagen muss, dass noch manches Problem zu lösen ist. Meine Bitte ist ich will hier niemanden direkt nennen: Seien Sie tolerant, seien Sie flexibel. Es gibt keine Alternative zu einem friedlichen Zusammenleben. Wir wollen dabei helfen, aber es muss natürlich auch von innen kommen, weil es sonst nicht zu schaffen ist.
Auch die NATO wird in diesem Jahr 60Jahre alt. Deutschland und Frankreich laden gemeinsam zum Gipfel an der deutsch-französischen Grenze, am Rhein zwischen Kehl und Straßburg ein. Jeder, der noch aus der Generation stammt, in der sich Deutsche und Franzosen in Kriegen auseinandergesetzt haben, weiß, von welch symbolischer Bedeutung dies ist. Dies zeigt, dass wir in der NATO Grenzen überwunden haben und dass wir heute ganz selbstverständlich zusammenarbeiten. Der Prozess, der zu Ähnlichem führt, steht vielen Ländern in anderen Regionen der Welt noch bevor.
Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit dem neuen amerikanischen Präsidenten und der neuen amerikanischen Administration. In München ist durch die Rede des Vizepräsidenten und durch viele Kontakte, die wir dort hatten, deutlich geworden, dass wir ein offenes und auf Kooperation gerichtetes politisches Handeln haben werden. Das ist einerseits eine gute Nachricht, das kann aber manchmal auch eine Nachricht sein, die uns mehr Pflichten auferlegt. Wir sind natürlich bereit, darüber ins Gespräch zu kommen. Wir wissen, dass wir viele Konflikte auch gar nicht allein lösen können. Ich denke dabei zum Beispiel an das iranische Nuklearprogramm. Wir haben dem Iran auf der einen Seite das Angebot einer sehr breiten Kooperation gemacht, gerade auch mit Blick auf die Lebensbedingungen des iranischen Volkes. Auf der anderen Seite müssen aber auch die Verpflichtungen eingehalten werden, die notwendig sind.
Wir haben am Anfang dieses Jahres schon eine Eskalation der Gewalt im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen im Gazastreifen erlebt. Hier sind wir der festen Überzeugung leider musste das schon bei zu vielen Ansprachen anlässlich des Beginns eines Jahres immer wieder gesagt werden, dass nur eine Zwei-Staaten-Lösung mit einem jüdischen Staat Israel und einem palästinensischen Staat die Antwort sein kann. Wir sind froh über die arabische Friedensinitiative. Wir glauben, dass Bewegung stattfindet. Wir hoffen, dass hier auch gemeinsam mit der neuen amerikanischen Administration und dem Beauftragten Mitchell Lösungen erreichbar sind. Ich sage: Die Zeit drängt. Deutschland ist mit vielen europäischen Partnern bereit, hier Verantwortung zu übernehmen.
Meine Damen und Herren, Exzellenzen, ich begrüße Sie noch einmal ganz herzlich bei uns. Sie sind die Vertreter Ihrer Länder in Deutschland, Sie sind Botschafter im umfassenden Sinne. Sie geben uns nicht nur in Ihren Gesprächen mit den Vertretern der Politik etwas, was über die Probleme und die Situation in Ihren Ländern aufklärt oder was die Aufgaben internationaler Organisationen noch einmal deutlicher macht, sondern Sie wirken auch in unser ganzes Land hinein. Berlin ist schön, aber auch die ganze Republik ist eine Reise wert. Wir sind von Nord bis Süd und von Ost bis West sehr unterschiedlich. Man kann bei uns sehr viel entdecken, viele unterschiedliche Speisen genießen, viele unterschiedliche Kulturen sehen. Ich kann Sie nur ermutigen: Nutzen Sie das 60. Jahr der Bundesrepublik Deutschland und machen Sie sich noch vertrauter mit unserem Land, damit Sie dann noch besser nach Hause funken können, was hier alles schön, gut und sehenswert ist.
Herzlich willkommen und Ihnen allen ein frohes, gesundes und gesegnetes Jahr.