Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 31.03.2009
Untertitel: Bei der erstmaligen Verleihung des Deutschen Computerspielpreises hob Staatsminister Bernd NeumanninMünchen die Maßstäbe für Qualität undVerantwortungsbewusstsein hervor, die der Preis setzen wird.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Rede/2009/03/2009-03-31-neumann-computerspielpreis,layoutVariant=Druckansicht.html
ich begrüße Sie im Namen der Bundesregierung zur ersten Vergabe des Deutschen Computerspielpreises in der BMW-Welt in München!
Im November 2007 hat der deutsche Bundestag den Beschluss "Wertvolle Computerspiele fördern, Medienkompetenz stärken" verabschiedet. Darin wurde die Bundesregierung aufgefordert, ich zitiere: "Einen Preis für qualitativ hochwertige sowie kulturell und pädagogisch wertvolle Computerspiele zu initiieren und diesen sowie dessen Finanzierung unter Beteiligung der Wirtschaft zu realisieren". 300.000 Euro wurden dafür zur Verfügung gestellt. Für Ihren Einsatz danke ich meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag, besonders Frau Dorothee Bär und Frau Monika Griefahn, die beide auch in der Jury mitgewirkt haben!
Es brauchte keine lange Überzeugungsarbeit, die Computerspielbranche mit ins Boot zu holen. Sie hat das Preisgeld um weitere 300.000 auf nunmehr 600.000 Euro erhöht dafür, wie auch für die gute Zusammenarbeit und für die Ausrichtung dieser Verleihung möchte ich allen Verantwortlichen und Sponsoren danken! Der Deutsche Computerspielpreis zeigt, dass sich Kultur und Wirtschaft nicht ausschließen, im Gegenteil, sie bedingen einander und ihre enge Zusammenarbeit schafft wie man heute sieht eine fruchtbare Symbiose.
Meine Damen und Herren,
als der Bundestag den Beschluss zur Auslobung eines Computerspielpreises gefasst hat, gab es, wie heute auch, eine breite Diskussion über Computerspiele und besonders über Gewalt in der digitalen Welt. Ich bin der Überzeugung: Gerade vor dem Hintergrund der nicht zu leugnenden Gefährdungen ist es wichtig, dass Bundesregierung und Bundestag gemeinsam mit der Computerspielbranche ein Zeichen setzen. Wir wollen Orientierung geben, und wir wollen Maßstäbe für Qualität und für Verantwortungsbewusstsein setzen und das gilt für die Seite der Spielentwickler ebenso wie für die Seite der Nutzer.
Technologische Entwicklungen und Fortschritte soll und kann man nicht aufhalten. Verbote allein reichen nicht aus, um Gefahren abzuwehren. Wenn wir wollen, dass sich Qualität durchsetzt, müssen entsprechende Produkte auch angeboten werden. Genau dieses wollen wir mit der Verleihung des Computerspielpreises unterstützen. Das ist die überzeugendste Antwort auf die Kritik an manchen Computerspielen!
Es war uns von Anfang an wichtig, dass Wissenschaft, Wirtschaft und Politik gemeinsam im Boot sitzen, denn nur so kann der Preis die Akzeptanz in der Branche und in der Öffentlichkeit finden, die wir uns wünschen. Der Schulterschluss von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft spiegelt sich auch in der Besetzung der 36köpfigen Jury wider.
Es war von Anfang an klar, dass der Jury des Deutschen Computerspielpreises eine besondere Bedeutung zukommt. Sie sollte Sachverstand in so verschiedenen Bereichen wie Politik, Medienwissenschaft, Pädagogik und Jugendmedienschutz, Technologie, Marketing, Fachpresse und nicht zuletzt Spielerfahrung einbringen. Ich möchte hervorheben: Alle Jurymitglieder haben enormes Engagement trotz ihrer beträchtlichen beruflichen Belastungen ehrenamtlich erbracht. Ich danke stellvertretend für die 9 Fachjurys und die Hauptjury Herrn Professor Ring für die immense Arbeit, aus 119 Vorschlägen die Preisträger auszuwählen!
In zehn Sparten vergeben wir Preise. Das zeigt, wie sehr die digitalen Spiele inzwischen ihren Kinderschuhen entwachsen und zu einem zeitgenössischen Kulturgut geworden sind. Sie beeinflussen nicht nur andere Medien, sondern auch Kunst und Musik. Und sie werden zunehmend selbst zu einem Ort, an dem Künstler und Musiker Neues erproben. Schließlich hat sich das Spektrum digitaler Spiele in jüngster Zeit auch thematisch enorm erweitert. Dadurch werden auch neue Zielgruppen erreicht.
Der Deutsche Computerspielpreis ist jedoch mehr als nur eine Reaktion auf die fundamentale Veränderung der Medienangebote und der Mediennutzung im digitalen Zeitalter er ist ein Mittel, diesen Wandel auch zu gestalten. Er ist kein Branchenpreis wie der "Deutsche Entwicklerpreis" oder die "Lara", denn hier geht es nicht nur um Ideenreichtum und technische Brillanz, sondern um gesellschaftliche Verantwortung.
Da ist zuerst die Verantwortung für die in erster Linie jugendlichen Nutzer. Man kann die Augen nicht davor verschließen, dass Computerspiele im Alltag der meisten Kinder und Jugendlichen eine große Rolle spielen, sie sind quasi zu einem Leitmedium geworden. Darin liegt meines Erachtens auch eine große Chance. Digitale Spiele können jungen Menschen auf spielerische Weise an Themen heran führen, die für ihre persönliche, schulische oder berufliche Entwicklung bedeutsam sind. Sie können die kognitiven, technischen und kommunikativen Fertigkeiten von Kindern und Jugendlichen fördern. Solche Spiele wollen wir auszeichnen. Dabei ist es natürlich wichtig, dass Ästhetik, Phantasie und Spielfreude nicht zu kurz kommen.
Wir wollen mit der Computerspielindustrie aber auch eine wichtige Branche der Kultur- und Kreativwirtschaft in den Fokus rücken. Nach neusten Erhebungen arbeiten in der Software- und Games-Industrie derzeit 345.100 Erwerbstätige. Mit einem Umsatz von 26,5 Mrd. in 40.800 Unternehmen ist die Software- und Games-Industrie die am stärksten wachsende Teilbranche der Kultur- und Kreativwirtschaft. Im Rahmen der von meinem Haus gemeinsam mit dem Wirtschaftministerium ins Leben gerufenen "Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft" fand im vergangenen Herbst das Branchenhearing "Software- / Gamesindustrie" in der Berliner Games-Akademie statt mit großer Resonanz! Dieses Hearing hat deutlich gemacht: Gerade in einem so innovativen Sektor wie der Computerspielwirtschaft ist ständiger und rascher Fortschritt die Grundlage wirtschaftlichen Erfolgs.
Der Deutsche Computerspielpreis bildet darum nicht nur die bereits bestehende technische und inhaltliche Vielfalt ab, sondern zeichnet auch Innovationen und neue Spielkonzepte von Schülern und Studenten aus, die solche dringend notwendigen neuen Ideen einbringen.
Meine Damen und Herren,
die an Qualität und pädagogischem Wert orientierte Konzeption des Deutschen Computerspielpreises ist auch eine Antwort auf die jüngste Diskussion über die Gefahren digitaler Spiele. Die Auszeichnung kann eine Empfehlung für Eltern sein, aber sie kann Eltern nicht ersetzen.
Auch wenn ich einer restriktiveren gesetzlichen Regelung bezüglich Gewalt verherrlichender oder die Menschenwürde verletzender Spiele bzw. einer Verbesserung des Vollzugs bestehender gesetzlicher Regelungen positiv gegenüberstehe, bin ich doch überzeugt, dass auch das schärfste Gesetz Missbrauch nicht gänzlich vermeiden kann. Deshalb müssen alle gesellschaftlichen Gruppen ihre Verantwortung wahrnehmen. Allen voran Eltern, Lehrer, Unternehmen. Eine breitere Vermittlung von Medienkompetenz ist hierzu unerlässlich.
Derzeit arbeiten wir gemeinsam mit der Computerspielwirtschaft an der Errichtung einer Stiftung, die nicht nur deutsche Spielentwickler bei der Beantragung öffentlicher Fördermittel unterstützen soll, sondern auch Angebote entwickeln wird, um über altersgerechte Spielangebote und mögliche Gefahren des Mediums zu informieren. Ich bin sicher, dass verantwortungsbewusstes Handeln das Renommee der wirtschaftlich starken Branche insgesamt stärkt und in ein objektives Licht rückt.
Heute erfolgt der Startschuss der dann jährlichen Verleihung eines Deutschen Computerspielpreises. Wir haben uns bei dieser Premiere bewusst für Bayern und München entschieden als Standort, der für Innovation, technologischen Fortschritt und Medienkompetenz steht. Ich wünsche Ihnen allen, besonders aber den Nominierten des heutigen Abends, eine spannende, anregende und kurzweilige Festgala!