Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 28.08.2009
Untertitel: Bernd Neumann in seiner Rede im Keramikmuseum Westerwald:"Keramik ist ein bedeutender Teil unseres kulturellen Erbes; sie ist sozusagen der älteste Zweig der Kultur- und Kreativwirtschaft, die heute als wirtschaftlicher Wachstumsmotor gilt."
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Rede/2009/08/2009-08-28-rede-neumann-westerwaldpreis,layoutVariant=Druckansicht.html
seit 1973 wird hier in Höhr-Grenzhausen der Westerwaldpreis für Keramik verliehen. Helmut Kohl hat als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz die Schaffung dieses Preises sehr unterstützt. Ziel war es vor allem, die Region zu stärken, aber ich bin sicher, dass damals schon das Potenzial dieses Preises erkannt wurde, der in den Anfängen nur auf Deutschland ausgerichtet war und heute ein international renommierter Botschafter der zeitgenössischen Keramikkunst ist.
Der Westerwaldpreis für Europäische Keramik ist ein wirkliches Ereignis der Kunstwelt mit großer Ausstrahlung, an dem sich jedes Jahr zahlreiche namhafte Keramiker beteiligen. Ich denke, die hohe Wertschätzung lässt sich auch daran ablesen, dass die Bundeskanzlerin in diesem Jahr die Schirmherrschaft übernommen hat. Und als mich vor einiger Zeit Joachim Hörster, mit dem ich seit mehr als 20 Jahren eng und freundschaftlich zusammenarbeite, fragte, ob ich bereit sei, an der heutigen Preisverleihung mitzuwirken, habe ich im Hinblick auf die besondere Bedeutung dieses Preises gerne zugesagt.
Ich bin viel im Land unterwegs, und darum erstaunt es mich auch nicht, dass in einer kleinen Stadt im Westerwald ein so bedeutender Preis verliehen wird. Denn die Stärke unseres Landes liegt in seiner kulturellen Vielfalt und seiner reichen Geschichte. Deswegen sprechen wir von der Kulturnation Deutschland. Das nahe gelegene Unesco-Weltkulturerbe Limes hat die Bundesregierung beispielsweise gerade mit 4,3 Millionen Euro gefördert. Auch die Kreativität beschränkt sich nicht auf große Metropolen, sondern ist überall dort zuhause, wo Tradition und Innovation eine enge Verbindung eingehen, wie hier im Westerwaldkreis. Mit viel Kreativität haben die Menschen im Kannenbäckerland ihr Zukunftspotenzial entwickelt und das mit großem Erfolg!
Ich habe gelesen, dass die Region das älteste, größte und zugleich hochwertigste Tonabbaugebiet der Europäischen Union ist. Selbst in Italien ist der Rohstoff aus dem Westerwald hochbegehrt! Aber nicht nur der Rohstoff, sondern auch die Produkte und das Know-How, das hier über die Jahrhunderte entstanden ist. Heute ist Keramik nicht mehr nur ein Werkstoff für hochwertige Haushaltswaren und künstlerische Schöpfungen, sondern ein High-Tech Material. Der Westerwaldkreis hat heute über Deutschland hinaus den Ruf einer einzigartigen keramischen Innovationsregion. Höhr-Grenzhausen gilt als Mekka der Keramiker und mit seinen bedeutenden Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen als Kompetenzzentrum in Wissenschaft und Lehre. Einzigartig ist, dass hier parallel der künstlerische, der handwerkliche und der technisch-industrielle Bereich der Keramikherstellung und -verarbeitung betrieben und gefördert wird. Nirgends sonst in Europa liegen Kunst, Wissenschaft und traditionelle Fertigung so nah beieinander.
Als Kulturstaatminister ist die Förderung von Kunst und Kultur meine Hauptaufgabe. Ohne Kunst wäre unser Leben ärmer und das gilt natürlich auch für die angewandte Kunst. Angewandte Kunst und künstlerische Keramik haben es auf dem deutschen Kunstmarkt nach wie vor schwer. Diese Situation zu verbessern, ist eines der Ziele der "Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft", die mein Haus derzeit gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium durchführt. Wir haben gemeinsam 11 Branchenhearings durchgeführt. Am 31. März 2009 hat das Branchenhearing Kunstmarkt stattgefunden, zu dem wir viele namhafte Vertreter aus dem ganzen breiten Feld der Kunst eingeladen haben. Die künstlerische Keramik war auch ein Thema. Ziel ist es, der angewandten Kunst und ausdrücklich auch dem keramischen Schaffen zu mehr Aufmerksamkeit auf dem Kunstmarkt zu verhelfen. Dazu gibt es bereits etliche Überlegungen, die wir derzeit ausloten.
Keramik ist ein bedeutender Teil unseres kulturellen Erbes; sie ist sozusagen der älteste Zweig der Kultur- und Kreativwirtschaft, die heute als wirtschaftlicher Wachstumsmotor gilt. Mit mehr als einer Million Erwerbstätigen in 238.000 Unternehmen hat die Kultur- und Kreativwirtschaft 2008 in Deutschland einen jährlichen Umsatz von 132 Milliarden Euro erwirtschaftet. Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt beträgt 2,6 % , das ist höher als der Anteil der Chemischen Industrie mit 2,1 % und liegt nur kurz hinter der Automobilindustrie mit 3,1 % . Dies sind beeindruckende Zahlen. Ich setze mich insbesondere dafür ein, dass die Bedingungen für die Vielzahl der kleinen und mittleren Unternehmen in diesem Bereich, zu denen auch die Keramiker in aller Regel zählen, weiter verbessert werden. Doch alle Maßnahmen können nur greifen, wenn sie vor Ort mitgetragen werden. Für das Kannenbäckerland bin ich da guten Mutes. Es ist beispielhaft, wie der Landkreis das Keramikmuseum finanziell sichert und damit seinen internationalen Ruf als Zentrum herausragender Keramik, der schon zu vielen Kooperationen bis hin nach China geführt hat. In diesem Haus ausgestellt zu werden gilt als besondere Ehre und als Prädikat.
Höhr-Grenzhausen ist in der Keramik weltweit ein Begriff und das nicht nur aufgrund seiner Produkte, sondern auch wegen seines Museums und des Westerwaldpreises! Darum ist es nur konsequent, dass sich auch die Unternehmen vor Ort an den Workshops und Ausstellungen im Museum beteiligen und zwar nicht nur mit Finanzmitteln, sondern gleichermaßen technischer Unterstützung. Wir brauchen solche Allianzen von Wirtschaft und Kultur überall im Land! Wir werden nachher die Preise gemeinsam vergeben. Die hochrangig besetzte Jury hatte keine leichte Wahl, denn die handwerkliche Perfektion, die hohe künstlerische Qualität der Arbeiten und das breite Spektrum der Werke sind beeindruckend.
Sechs Preisträgerinnen und Preisträger fünf Frauen und einen Mann hat die Jury schließlich ausgewählt. Ich gratuliere Ihnen allen sehr herzlich! Ebenso aber auch den 223 Künstlerinnen und Künstlern, deren Arbeiten in der Ausstellung des Keramikmuseums präsentiert werden.
Meine Damen und Herren,
die Bundeskanzlerin hat in ihrem Grußwort im Ausstellungskatalog darauf hingewiesen, dass künstlerische und kulturelle Aufgeschlossenheit entscheidend zur Entfaltung von Phantasie sowie Kreativität beitragen. Sie sind Zeichen einer modernen Gesellschaft. Ich bin davon überzeugt, dass man dies in der Westerwaldregion verstanden hat! Der wahre Schatz des Kannenbäckerlandes ist nämlich nicht nur das "weiße Gold", der überaus hochwertige Ton, der hier abgebaut wird, sondern vor allem auch der Fleiß und die Kreativität der hier lebenden Menschen.
Ich wünsche Ihnen auch weiterhin viel Erfolg!