Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 28.04.2010
Untertitel: In seiner Rede betonte Bernd Neumann: "Öffentliche Kulturförderung ist die Grundlage des kulturellen Reichtums unseres Landes und letztlich auch die Quelle seines enormen kreativen Potenzials".
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_1498/Content/DE/Rede/2010/04/2010-04-28-neumann-kreativwirtschaft,layoutVariant=Druckansicht.html
ich begrüße Sie herzlich im Namen der Bundesregierung zur ersten Regionalkonferenz der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft. Ich bin in diesem Jahr schon zum dritten Mal in Essen: Das erste Mal zur Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres in der Zeche Zollverein, das zweite Mal zur Einweihung des Museums Folkwang und jetzt zu unserer gemeinsamen Veranstaltung mit meiner geschätzten Kollegin, Wirtschaftsministerin Christa Thoben. Es ist eine gute Idee, diesen schönen Ort für die Regionalkonferenz der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft in NRW auszuwählen.
Für mich ist das Museum Folkwang geradezu ein Sinnbild dafür, wie fruchtbar Kultur und Wirtschaft zusammenwirken können, um eine Region voranzubringen. Nur durch die Förderung der Krupp-Stiftung, für die Berthold Beitz Sorge getragen hat, konnte dieser spektakuläre Neubau entstehen und damit ein Juwel der bundesdeutschen Museumslandschaft. Gerne sage ich noch einmal Dank für dieses Geschenk an Essen und das ganze Ruhrgebiet!
Meine Damen und Herren,
es ist ein besonderes Signal für die Bedeutung der nordrhein-westfälischen Kultur- und Kreativwirtschaft, dass hier, in Essen, die erste von acht Regionalkonferenzen bundesweit stattfindet.
In Nordrhein-Westfalen wurde die Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft schon sehr früh erkannt. Schon 1992 wurde hier der erste Kulturwirtschaftsbericht eines Bundeslandes vorgelegt, vier weitere folgten. 1998 fand dann der erste "Kulturwirtschaftstag NRW" statt und 1999 verabschiedete ein europäischer Kongress in Essen ein maßgebliches Richtungspapier "10 Leitsätze zur Kulturwirtschaft in Europa". Angesichts dieser Vorreiterrolle in Deutschland war es eine folgerichtige Entscheidung, die Kulturwirtschaft zu einem der Leitmotive des Kulturhauptstadtjahres zu machen!
Das Motto: Wandel durch Kultur Kultur durch Wandel " steht für den langen Weg von der Industrieregion zur Kulturmetropole, auf dem das kreative Milieu kulturell wie ökonomisch an Bedeutung gewinnt. Der Bund beteiligt sich mit fast 19 Mio. Euro am Kulturhauptstadtjahr und ich sehe darin auch ein Zeichen für die Bedeutung der Kulturwirtschaft in Deutschland und in ganz Europa!
Meine Damen und Herren,
Kunst ist immer zuerst Selbstzweck, sie ist frei und primär nicht ökonomisch orientiert. Darum kostet sie der öffentlichen Hand Geld und muss es auch. Dieses Geld ist gut angelegt; die Förderung von Kunst und Kultur ist keine Subvention, sondern eine Investition in die Zukunft unseres Landes.
Kunst und Kultur vermitteln wesentliche Werte, auf denen unsere Gesellschaft aufbaut. Öffentliche Kulturförderung ist die Grundlage des kulturellen Reichtums unseres Landes und letztlich auch die Quelle seines enormen kreativen Potenzials. Mit Einschnitten in den Kulturetats werden keine Haushalte saniert, dafür aber auf lange Sicht irreparable Schäden angerichtet.
Die Bundesregierung und das Parlament haben deshalb den Kulturhaushalt des Bundes in diesem Jahr erneut erhöht, und zwar zum sechsten Mal hintereinander. Ein starkes Signal auch in Richtung Länder und Kommunen! Wobei das Land Nordrhein-Westfalen durch die Verdoppelung seiner Ausgaben für die Kultur mit gutem Beispiel vorangegangen ist.
Aber Kultur kostet nicht nur Geld, sondern die Kultur- und Kreativwirtschaft ist mittlerweile zu einem wichtigen Wirtschaftsmotor geworden. Sie ist eine der wenigen Wachstumsbranchen, die wir noch haben. Mit über einer Million Erwerbstätigen in 238.000 Unternehmen hat sie 2008 in Deutschland einen Umsatz von 132 Milliarden Euro erwirtschaftet. Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt beträgt 2,6 % , das ist bedeutend höher als der Anteil der Chemischen Industrie und liegt nur kurz hinter der Automobilindustrie mit 3,1 % .
Dies sind beeindruckende Zahlen. Andererseits weiß ich, dass Kreative häufig zu den Geringverdienern zählen. Nur wenige können sich gut am Markt behaupten, viele leben am unteren Ende der Einkommensskala. Als Kulturstaatsminister sehe ich mich als Anwalt der Kreativen und Kulturschaffenden, daher habe ich mich in der Vergangenheit immer wieder vehement für ihre Rechte und ihre soziale Sicherung sei es beim Urheberrecht oder bei der Stärkung der Künstlersozialkasse eingesetzt, und werde es auch weiterhin tun.
Der "Arme Poet" hat zwar als "Spitzweg" -Idyll seinen Reiz als Lebensmodell für Kreative aber kann er kein Vorbild sein. Es war dieses Spannungsverhältnis zwischen den enormen Potenzialen für Wachstum und Beschäftigung und den zugleich oft schwierigen finanziellen Verhältnissen in der Kultur- und Kreativwirtschaft, die meinen damaligen Kollegen Michael Glos und mich bewogen haben, Ende 2007 die Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft auf den Weg zu bringen.
Inzwischen können wir auf gut zwei Jahre erfolgreicher Kooperation von Wirtschafts- und Kulturpolitik zurückblicken, die sich zum Ziel gesetzt hat, diese wichtige Zukunftsbranche Deutschlands gemeinsam zu stärken.
Bei einem so jungen und gleichzeitig so vielfältigen Bereich wie der Kultur- und Kreativwirtschaft müssen allerdings die Bedürfnisse erst einmal ausgelotet werden. Darum haben wir in der ersten Phase intensive Dialoge mit den elf kulturwirtschaftlichen Teilbranchen geführt. Das Branchenhearing für darstellende Künste übrigens fand im Januar 2009 im Schauspielhaus Bochum statt.
Diese Branchenhearings waren sehr erfolgreich, und so konnten wir es durchsetzen, dass die Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft ein wichtiger Punkt im Koalitionsvertrag wurde. Darin heißt es: "Die Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft wird fortgeführt und weiter ausgebaut."
Wir sind heute hier, weil die Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft nun in eine neue, konkrete Phase eintritt. Mit dem Aufbau des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft in Eschborn und seiner acht Regionalbüros, die alle Bundesländer abdecken, erhalten gewerblich tätige Künstler und Kulturschaffende erstmals eine eigene Anlaufstelle für Fördermöglichkeiten auf Bundesebene.
Am Montag habe ich mich im Bundeskanzleramt schon mit den Leitern aller acht Regionalbüros und des Kompetenzzentrums in Eschborn getroffen. Es war ein sehr interessantes Gespräch, alle Leiter sind hoch motiviert; ich bin mir sicher, dass die Kulturwirtschaft in Deutschland durch die Beratungsstellen viel Auftrieb bekommen wird! Das Büro für Nordrheinwestfalen sitzt in Bochum.
Ich begrüße sehr herzlich den dort verantwortlichen Ansprechpartner für NRW, Herrn Christof Schreckenberg! Es ist seine Aufgabe, Kulturbetriebe, kulturwirtschaftlich tätige Künstler und Kulturschaffende individuell bei ihrem Weg zu wirtschaftlichem Erfolg zu unterstützen. Die Zusammenarbeit mit externen Spezialisten, Branchenkennern und Netzwerkpartnern ist dabei integraler Bestandteil des Konzepts. Dazu gehört es auch, die Arbeit des Regionalbüros mit den örtlichen Industrie- und Handelskammern zu verknüpfen.
Sehr verehrte Frau Ministerin Thoben, ich danke Ihnen herzlich für die gute und erfreuliche Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und NRW, die sich auch in dieser sehr zahlreich besuchten Veranstaltung widerspiegelt.
Meine Damen und Herren,
das nordrhein-westfälische Projekt "Kreativ. Quartiere" wird auf der EXPO 2010 in Shanghai Teil des deutschen Pavillons. Dass ist eine hohe Anerkennung für den Standort und es zeigt: Wenn es um kreative Köpfe geht, liegt das Ruhrgebiet weit vorne! Mit dem Kulturhauptstadtjahr hat die Kulturwirtschaft in Nordrhein-Westfalen immense Aufmerksamkeit erfahren. Nun aber folgt die Herausforderung, aus diesen Impulsen stabile Strukturen werden zu lassen.
Ich bin mir sicher, dass die Initiative der Bundesregierung und das Regionalbüro des Kompetenzzentrums Kultur und Kreativwirtschaft in Bochum dazu einen ordentlichen Beitrag leisten werden!