Redner(in): Angela Merkel
Datum: 29.04.2010

Anrede: Sehr geehrter Herr Minister, lieber Philipp Rösler, sehr geehrte Kollegen aus dem Deutschen Bundestag, meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_1498/Content/DE/Rede/2010/04/2010-04-29-merkel-zukunftskongress,layoutVariant=Druckansicht.html


als mich der Minister eingeladen hat, an diesem Kongress teilzunehmen, habe ich sehr gerne zugesagt, weil ich glaube, dass das Thema von allergrößter Bedeutung für die Zukunft und die Wirtschaftsstärke unseres Landes ist und dass das deutsche Gesundheitswesen, wie es eben auch dargestellt wurde, von allerhöchster Qualität ist. Wir sind auch stolz darauf, dass dieses Gesundheitswesen sozusagen von einer dazugehörigen Wirtschaftsbranche durchzogen ist, die in allen Bereichen Herausragendes leistet und die wir auch stärken können. Es wurde hier die Verlockung ausgesprochen, dass ich mich um den Titel der Gesundheitskanzlerin oder Gesundheitswirtschaftskanzlerin bewerben könnte. Angesichts des unmittelbar bevorstehenden Treffens zur Elektromobilität muss ich heute ein bisschen vorsichtig sein. Aber vielleicht kann man sich ja auch um alle Branchen der deutschen Wirtschaft gleichermaßen kümmern. Darunter das will ich ausdrücklich sagen hat die Gesundheitswirtschaft einen besonderen Stellenwert; dies nicht nur in meinem Aufgabenkatalog, sondern auch in meinem Herzen. Meine Damen und Herren, die Frage, wie es mit der Gesundheitswirtschaft weitergeht, hat natürlich in der allgemeinen Wirtschaftsdiskussion, die wir im Augenblick führen, eine besondere Prägnanz und Bedeutung. Wenn wir auf die allgemeine Wirtschaftslage schauen, dann müssen wir feststellen, dass die Wirtschaft im letzten Jahr um fünfProzent eingebrochen ist. So etwas gab es in den 60Jahren der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nie. Das war die Auswirkung der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise. Wir sind froh, dass sich die Lage jetzt insgesamt dadurch kennzeichnet, dass es seit dem zweiten Quartal des letzten Jahres wieder Wachstum gibt und dass für das Jahr 2010 eine Wirtschaftswachstumsprognose von 1, 4Prozent abgegeben wurde. Damit liegt Deutschland über dem Schnitt der Eurozone. Wir müssen alle Bereiche stärken, in denen Wachstum möglich ist. Und dazu gehört natürlich auch die Gesundheitswirtschaft. Wir können sagen, dass in Deutschland in dieser schwierigen Situation alle Akteure verantwortungsvoll agiert und reagiert haben. Die Politik hat mit einem Rettungsprogramm für Banken und mit Konjunkturimpulsen Wesentliches beigesteuert. Die Unternehmen egal, ob mittelständische oder große haben gleichermaßen verantwortungsvoll zum Beispiel von dem Instrument der Kurzarbeit Gebrauch gemacht. Und die Arbeitnehmervertreter haben sich dem Ziel, Arbeitsplätze zu erhalten, in ganz besonderer Weise verpflichtet gefühlt. Ich finde, das ist ein sehr, sehr gutes Beispiel dafür, dass Soziale Marktwirtschaft bei uns nicht nur auf dem Papier steht, sondern dass Soziale Marktwirtschaft in Deutschland auch gelebt wird. Erfreulich sind die Ergebnisse auf dem Arbeitsmarkt. Ich will nicht verhehlen, dass ich zu Beginn der Wirtschaftskrise erhebliche Sorgen hatte, wie sich diese auf die Zahl der Arbeitslosen und auf die Beschäftigtensituation auswirken wird. Wir sind sehr erfreut, dass sich die Kurzarbeit, die wir jetzt im Übrigen als christlich-liberale Koalition noch einmal verlängert haben, sehr bewährt hat und wir heute von Arbeitsmarktzahlen hören konnten, die einen Anstieg der Beschäftigung im Vergleich zum Vorjahr dokumentieren und die deutlich machen, dass eine Erholung nicht nur im Bereich des Wirtschaftswachstums stattfindet, sondern auch für die Menschen spürbar ist und das ist ja das Allerwichtigste. Meine Damen und Herren, wir müssen aber natürlich in einer solchen Situation, in der wir aus der Krise herauskommen und in die Zukunft blicken wollen, natürlich auch schauen, dass wir vor allen Dingen unsere längerfristigen Wachstumskräfte stärken. Das bedeutet auch, dass wir immer wieder über Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt nachdenken müssen. Ich will nur daran erinnern, dass wir viel zu viele Langzeitarbeitslose haben und dass wir Leistungsanreize dafür setzen müssen, dass Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit wieder herauskommen. Auch diesbezüglich hat die Bundesregierung gerade mit Blick auf junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, auf Alleinerziehende und auf Ältere in den letzten Tagen wichtige Beschlüsse gefasst. Wachstumskräfte zu stärken, heißt zweitens auch, solide Finanzen zu haben. Die Konjunkturimpulse haben dazu geführt, dass die Verschuldung der öffentlichen Haushalte zu hoch ist. Deutschland ist aber das einzige Land, das in der Krise so reagiert hat, dass wir in das Grundgesetz eine Schuldenbremse geschrieben und gesagt haben: In den nächsten Jahren ist die Haushaltskonsolidierung für uns ein ganz wesentlicher Beitrag. Wir müssen in diesen Tagen auch in ganz Europa über Haushaltskonsolidierung und solide Finanzen sprechen. Das ist ein Thema, das uns alle natürlich sehr bewegt. Auch Sie werden, wie ich vermute, die Lage in Griechenland sehr aufmerksam verfolgen. Ich möchte deshalb auch noch einmal unmissverständlich sagen: Deutschland wird helfen, sobald ich unterstreiche "sobald" die Voraussetzungen dazu gegeben sind. Daran wird im Augenblick in Athen zusammen mit dem Währungsfonds, der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank intensiv gearbeitet. Wir können in wenigen Tagen mit den Ergebnissen rechnen. Danach werden wir dann auch in Deutschland einen Gesetzgebungsprozess in Gang bringen, aber eben in der richtigen Reihenfolge. Ich weiß, dass das alles schmerzhaft ist; sehr schmerzhaft sogar. Es erfordert viel Kraft. Aber es erfordert jetzt vor allen Dingen erst einmal die Kraft, auf das Ende der Verhandlungen in Griechenland zu warten. Wir müssen nämlich darauf bestehen, dass die Überwindung der Krise durch ein nachvollziehbares, glaubwürdiges und auch schonungsloses Programm sowie durch die dazugehörige Analyse in Griechenland durchgesetzt wird. Denn wir haben viel zu oft erlebt zum Beispiel im Jahr 2000, als Griechenland der Eurozone beitrat dass genau dies nicht gemacht wurde. Ich bin gemeinsam mit der ganzen Bundesregierung fest entschlossen, dass wir die Grundlagen für die Zukunft an dieser Stelle richtig legen. Der Garant dafür ist die Therapie, die vom IWF, von der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission ausgearbeitet wird. Ich glaube, es gibt keine vernünftige Alternative zu diesem Weg. Natürlich werden wir alles tun, damit die Stabilität des Euro insgesamt gesichert wird. Denn eine sichere, stabile Währung ist genauso ein Markenzeichen, wie es solide Haushalte sind. Um die Wachstumskräfte zu stärken, brauchen wir darüber hinaus Leistungsanreize. Die finden wir zum Beispiel auch in einer leistungsorientierten Steuerpolitik. Deshalb wird das Thema, kleinere und mittlere Einkommen zu entlasten, bei uns genauso auf der Tagesordnung stehen wie das Thema solide Finanzen und strukturelle Reformen auf dem Arbeitsmarkt. All das sind Bereiche, in denen sich unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit entscheidet. Die gründet sich natürlich neben diesen Bereichen auf die Innovationskraft unserer Unternehmen, auf den Einsatz und die Qualifikation unserer Beschäftigten, auf die Qualität unserer Produkte "Made in Germany" ist heute hier erwähnt worden und auf unsere ausgezeichnete Vernetzung mit den Auslandsmärkten. Deutsche Unternehmen haben in den übrigen EU-Ländern über 500Milliarden Euro an Direktinvestitionen getätigt und beschäftigen dort mehr als 2, 7Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Deshalb ist der Vorwurf, dass wir durch unseren Exportüberschuss Ungleichgewichte verstärken, nicht tragbar, weil wir durch unsere Investitionen, die wir mit den Überschüssen tätigen, und den geschaffenen Arbeitsplätzen auch außerhalb Deutschlands einen wichtigen Wachstumsbeitrag leisten. Ich denke, wir sollten unsere Exportwirtschaft stärken ob im Bereich der Gesundheitswirtschaft oder in allen anderen Bereichen. Wir setzen in der christlich-liberalen Koalition auf Forschung und Innovation. Das zeigt sich auch im Bereich der Gesundheitswirtschaft. Der Anteil der Gesundheitswirtschaft am Bruttoinlandsprodukt wird nach unseren Prognosen von zehnProzent im Jahr 2005 auf fast 13Prozent im Jahr 2020 wachsen. Die Zahl der Beschäftigten ist hier schon genannt worden: Heute sind es fünfMillionen Menschen. Die Zahl könnte auf siebenMillionen anwachsen. Das heißt, hier gibt es ein großes Beschäftigungspotential mit qualifizierter Arbeit. Das ist eine Arbeit mit Menschen, die sehr viel Spaß machen kann, wie etwa die Arbeit mit Technik im pharmazeutischen oder medizinisch-technischen Bereich. In der Exportstärke der Branche liegen ebenfalls gewaltige Wachstumspotentiale. Die OECD geht davon aus, dass sich der weltweite Umsatz mit Produkten und Dienstleistungen der Gesundheitswirtschaft bis zum Jahr 2015 auf sieben Billionen US-Dollar erhöht. Innerhalb von 15Jahren ist das mehr als eine Verdoppelung im Vergleich zum Jahr 2000. Da wäre es doch gelacht, wenn Deutschland sich an diesen großen Zukunftschancen nicht sehr selbstbewusst einen Anteil erwirtschaften würde. Wir haben in Deutschland die entsprechenden Unternehmen. Deutsche medizinische Produkte, Pharmazeutika, Medizintechnik und Krankenhausdienstleistungen sind weltweit ein anerkanntes Markenzeichen. Ich will noch einmal unterstreichen, dass gerade die Logistik des Betreibens von Krankenhäusern und komplexen medizinischen Institutionen so etwas wie ein Markenzeichen ist. Ich erlebe das immer wieder bei meinen Besuchen überall in der Welt. Am liebsten baut man nicht nur ein Krankenhaus, sondern man lässt sich gleich die gesamte Logistik hinstellen. Dann versucht man, uns das nachzumachen, was man vielleicht selber bei der medizinischen Versorgung in Deutschland erlebt hat. Deutsche Medizintechnik ist international überaus erfolgreich. Auf dem Weltmarkt für Medizintechnik haben deutsche Unternehmen eine Exportquote von fast 65Prozent. Das ist nach den Vereinigten Staaten von Amerika der zweite Rang. Natürlich wollen wir immer wieder deutsche Unternehmen politisch unterstützen und Zukunftstrends aufgreifen. Deshalb werden wir unsere Außenwirtschaftsaktivitäten stärker thematisch bündeln. So wird beispielsweise der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie einen Rahmenplan für die Außenwirtschaftsförderung im Bereich der Gesundheitswirtschaft entwickeln, um genau das, was der Minister schon angesprochen hat, besser miteinander zu verzahnen. Wir wissen, dass gerade Reisen im Zusammenhang mit dem Verkauf unserer Wirtschaftserzeugnisse sehr, sehr erfolgreich sind egal, ob der Wirtschaftsminister, der Außenminister, die Bundeskanzlerin oder andere sie unternehmen. Die Vernetzung von politischen und freundschaftlichen Kontakten mit wirtschaftlichen Investitionen hat unserer Exportwirtschaft zu allen Zeiten gut getan. Die Gesundheitswirtschaft hat trotz der Wirtschaftskrise ihre stabilitätswahrende Ausstrahlung nicht nur bewahrt, sondern war sicherlich einer der Leuchttürme in dieser Krise. Man kann sagen, dass sich die gesamte Branche wirklich gut behauptet hat. Wir wissen, dass in diesen Bereichen die Forschungsausgaben oder die Forschungsinvestitionen in einem besonderen Maße wichtig sind. Sie betragen etwa zehnProzent und sind damit doppelt so hoch wie im Durchschnitt der anderen Branchen. Neben wenigen Branchen in der deutschen Wirtschaft ist gerade die Gesundheitswirtschaft also eine, die absolut forschungsintensiv ist. Wir sind dabei gut aufgestellt. Wir haben bei unseren Schwerpunkten für die Arbeit in dieser Legislaturperiode das Thema Bildung und Forschung ganz oben auf die Agenda gesetzt. Wir wollen bis zum Jahr 2015 erreichen, dass wir zehnProzent unseres Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Bildung ausgeben. Im Forschungsbereich haben wir, was den Bundesteil anbelangt, das Drei-Prozent-Ziel schon sehr gut erreicht. Hier ist die Branche der Gesundheitswirtschaft natürlich einer unserer wichtigen Partner, weil sie ihren Beitrag mit zehnProzent mehr als übererfüllt. Wir werden in dieser Legislaturperiode 12Milliarden Euro mehr allein für Bildung und Forschung bereitstellen. Das ist ein substanzieller Beitrag des Bundes zur Erreichung unserer gemeinsamen Zielsetzung, die auf Bund, Länder und Private verteilt ist. Aber Geld ist natürlich nicht alleine das, was wir brauchen, sondern wir müssen das Ganze auch vernünftig strategisch anlegen. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Hightech-Strategie weiterentwickeln und sie stärker auf die großen Herausforderungen der Zukunft ausrichten. Deshalb ist die Gesundheitswirtschaft in dieser Hightech-Strategie einer der zukünftigen Schwerpunkte. Wir wollen das in vielen Bereichen einmalige und führende Potential unseres Forschungsstandorts in diesem Bereich stärken. Wir schauen natürlich auch, dass es immer wieder interessante Netzwerke im Bereich der Spitzencluster aus dem Medizinbereich gibt. Wir haben in der letzten Runde des Spitzencluster-Wettbewerbs unter anderem neben einem Biotech-Cluster auch ein Medizintechnik-Cluster, nämlich das Medical Valley Europäische Metropolregion Nürnberg, als Gewinner. Ich weiß nicht, wie das in Nürnberg mit dem Valley ist. Wenn ich dort vorbeifahre, gibt es in einiger Entfernung ein paar Berge. Sei es drum, wir wünschen der Metropolregion Nürnberg jedenfalls viel Erfolg. Es zeigt sich an dieser Stelle, dass das Denken in Clustern in Zukunft sehr, sehr wichtig sein wird. Als ich kürzlich in einem wirklichen Valley, nämlich dem Silicon Valley, war dem Besuch hat sich eine etwas beschwerliche Rückreise angeschlossen, konnte ich mich davon überzeugen, dass der Schlüssel zum Erfolg im Grunde die Vernetzung von Hochschulstandorten, Forschungseinrichtungen und großen und sehr innovativen kleinen Unternehmen ist. Dazu muss eine gehörige Finanzierung kommen. Hier haben wir sicherlich noch zu tun. Das Venture Capital ist noch nicht so eingeübt, wie das in den Vereinigten Staaten von Amerika der Fall ist. Dazu gehört auch die Denkweise, dass man einmal eine zweite Chance benötigt. Einer unserer großen Nachteile in Deutschland ist nach wie vor, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass man, wenn man ein Risiko übernimmt und einmal fehlgeht und nicht erfolgreich ist, trotzdem den Mut hat, wieder anzufangen. Das muss in unseren Clustern noch eingeübt und gelebt werden. Ich glaube, darauf sollten wir setzen. Gerade der sehr innovative und flexible Gesundheitsbereich könnte dafür ein sehr guter Bereich sein. Wir haben Netzwerkbildung nicht nur, was die Forschung und Entwicklung sowie die Produktion anbelangt, sondern auch im Bereich der Krankheitsbehandlung. Ich denke dabei zum Beispiel an degenerative Demenzen, Diabetes und vieles andere. Wir wissen aber auch, dass wir Initiativen wie integrierte Forschungs- und Behandlungszentren oder den Wettbewerb "Gesundheitsregionen" durchaus sehr selbstbewusst weiterentwickeln, um unser Augenmerk auf bestimmte Schwerpunkte zu lenken: die Steigerung der Potentiale der individualisierten Medizin, die Stärkung der Prävention, die Sicherung der Patientenversorgung und die weitere Bekämpfung von Volkskrankheiten. Ich glaube, dass die Volkskrankheiten eine der ganz großen Herausforderungen einer hochentwickelten Industriegesellschaft sind. Deshalb geht es hier auch um strategische und strukturelle Weiterentwicklungen der deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, die in diesem Zusammenhang eine große Rolle spielen. Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass der Bereich der Gesundheitswirtschaft nicht etwa nur für den Gesundheitsminister einen wichtigen Bereich darstellt, sondern dass wir in der Bundesregierung vom Forschungsministerium über das Wirtschaftsministerium bis zu den Außenaktivitäten und natürlich, wie immer, auch das Kanzleramt ein gemeinsames Interesse an diesem Bereich haben. Ich könnte hier auch noch die Familien- und Seniorenministerin und viele andere nennen. Gesundheit ist etwas, das weit über das eigentliche Ressort hinausgeht. Deshalb auch ein herzliches Dankeschön für die Initiative, einmal einen solchen Kongress einzuberufen. Wir haben durch unser Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand viele interessante Impulse geben können. Ich weiß, dass das Thema der steuerlichen Förderung von Forschungsleistungen wahrscheinlich auch in der Gesundheitsbranche eine wichtige Rolle spielt. Wir haben hier sozusagen eine interessante Streitkultur zwischen denen, die durch steuerliche Anreize zu viel Seitenförderung, also zu wenig fokussierte Förderung erwarten, und denen, die sagen: Dies ist ein Standortfaktor für Deutschland, weil in all unseren Nachbarländern solche steuerlichen Förderungen von Forschung existieren und der Forschungsstandort Deutschland dadurch geschwächt wird. Ich persönlich neige zu der zweiten Variante ich sage das ausdrücklich, aber gewichtige Stimmen in unserer Koalition sehen das anders. Wir können hier also noch Unterstützung aus der Gesundheitsbranche brauchen. Wir werden durch das Internet und die Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologie eine massive Veränderung des Gesundheitswesens haben. Ich verfolge mit Interesse die weiteren Schritte bei der Einführung einer Gesundheitskarte. Der Bundesgesundheitsminister hat sich der Sache angenommen. Man konzentriert sich jetzt, wenn ich das alles richtig verstanden habe, auf das Wesentliche um nicht zu sagen, auf das Minimale. Solange der Name und das Geburtsdatum verzeichnet sind, bin ich zufrieden, dass wir erst einmal den Einstieg geschafft haben. Ich habe das so verstanden, dass man dann Schritt für Schritt weitere Aufbauarbeiten vornimmt. Ich sage Ihnen an dieser Stelle aber: Deutschland ist auf dem Wege, in diesem Bereich manchmal etwas langsam zu werden. Als ich auf der CeBIT mit dem Partnerland Spanien zusammengekommen bin, zeigte sich, dass man in Spanien nach allem, was die Spanier mir erzählt haben sowohl bei der Versorgung mit Breitbandanschlüssen als auch bei der Einführung von elektronischen Personalausweisen und Gesundheitskarten mit Sicherheit nicht hinter dem zurücksteht, was in Deutschland bisher erreicht worden ist. Ich glaube, der Gesundheitsminister hat darüber gesprochen, wie wir das Verhältnis der Versicherten zu den Versicherungsunternehmen oder den Krankenkassen hin zu einem selbstbewussten Verhältnis verändern müssen. Ich glaube, dass Transparenz und die Zuhilfenahme elektronischer Möglichkeiten dabei ein Bestandteil sein werden. Jetzt werde ich etwas polemisch: Wer sich drei PIN-Nummern merken kann, schafft es vielleicht auch, sich noch eine vierte zu merken. Wenn es gar nicht geht, muss man sich diese Nummern ich weiß, das soll man eigentlich nicht tun irgendwo hinschreiben, wo sie keiner findet. Wir sollten jedenfalls nicht nachlassen in dem Versuch, hier voranzukommen. Eines muss ich denen, die in der Gesundheitswirtschaft arbeiten, natürlich auch noch einmal sagen: Wir sind auf Seiten der Politik dazu verpflichtet, für ein funktionierendes und für jedermann zugängliches Gesundheitssystem hoher Qualität zu sorgen. Einer der Bereiche, in denen wir das tun können, ohne dass das System mehr Geld braucht insgesamt wird es allerdings mehr Geld brauchen, ist der Bereich der Transparenz. Ich weiß schon, dass das Leben in nicht vollständiger Transparenz Lücken und Möglichkeiten eröffnet. Aber Sie müssen verstehen, dass es nicht unsere Aufgabe ist, diese Möglichkeiten, Ecken und Winkel zu erhalten, sondern dass es unsere Aufgabe ist und das allein ist der Maßstab, dafür zu sorgen, dass es uns gelingt, die Patienten mit den notwendigen medizinischen Leistungen zu versorgen, die dem Stand der medizinischen Erkenntnis entsprechen. In diesem Bereich sind gewisse spannungsgeladene Diskussionen manchmal nicht auszuschließen. Ich habe auch schon einen gewissen Ehrgeiz entwickelt, mich vergleichsweise fachkundig zu machen, um diese Winkel und Ecken manchmal mit ausleuchten zu können. Durch die gesamte Informations- und Kommunikationstechnologie wird das sicherlich zunehmen. Neben der Gesundheitskarte betrifft das auch noch den Bereich der Telemedizin, der unglaubliche Möglichkeiten mit sich bringt auch hinsichtlich des Fortschritts der Lebensqualität in ländlichen Regionen und der natürlich auch sehr viel Sicherheit stiftet. Wir sind also als Bundesregierung, als christlich-liberale Koalition politisch auf dem Weg, die Grundlagen für ein modernes, technisch hervorragendes Gesundheitswesen zu stärken und gleichzeitig der dazugehörigen Branche, dem dazugehörigen Wirtschaftsbereich alle Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen sei es im Inland oder durch Exportchancen. Angesichts der wunderbaren Möglichkeiten, die wir im medizintechnischen und im pharmazeutischen Bereich haben, glaube ich, dass Sie, die Sie heute die Unternehmen aus dieser Branche vertreten und die Sie ja sehr zahlreich gekommen sind dafür herzlichen Dank, ein Stück dessen widerspiegeln, was das Produkt "Made in Germany" im 21. Jahrhundert ausmacht. Wir bauen auf hervorragenden Grundlagen auf, aber wir haben noch ziemlich viele Entwicklungsmöglichkeiten. Nur gemeinsam werden wir es schaffen, dass das auch weiter ein Aushängeschild Deutschlands bleibt. Ich wünsche mir das und bin deshalb gerne zu diesem Kongress gekommen. Herzlichen Dank.