Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 29.04.2010
Untertitel: In seiner Rede im Berliner Martin-Gropius-Bau ging Staatsminister Bernd Neumann kurz auf Alexander von Humboldt und das Humboldtforum ein und dankte der mexikanischen Regierung und den Leihgebern für die Möglichkeit,eine Vielzahlder zentralen Kunstwerke Frida Kahlos in einer Ausstellungzu vereinen.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_1498/Content/DE/Rede/2010/04/2010-04-29-neumann-frida-kahlo,layoutVariant=Druckansicht.html
ich begrüße Sie im Namen der Bundesregierung zur Eröffnung dieser faszinierenden Frida Kahlo-Retrospektive. 150 Werke der bedeutendsten Malerin Mexikos, ja Lateinamerikas, werden hier in Berlin gezeigt. Für Deutschland, in dem keine öffentliche Sammlung ein Gemälde Frida Kahlos besitzt, ist das ein herausragendes Ereignis.
2010 ist ein besonderes Jahr für Mexiko. Vor 200 Jahren erlangte das Land die Unabhängigkeit, und vor 100 Jahren also 1910 begann die Mexikanische Revolution, als deren Tochter sich Frida Kahlo sah, die deshalb sogar ihr Geburtsjahr von 1907 auf 1910 änderte. 2010 ist auch für Deutschland ein besonderes Jahr, denn es ist das 20. Jubiläumsjahr der Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit. Auf Anregung und ausdrücklichen Wunsch der mexikanischen Regierung findet die Frida Kahlo-Retrospektive in diesem Jahr in Deutschland statt, um die großen Wendepunkte in unserer Geschichte gemeinsam zu feiern.
Gerade wenn man sich vor Augen führt, dass die Mexikanische Revolution von langwierigen und auch blutigen Kämpfen geprägt war, dann wird noch einmal bewusst, wie dankbar wir Deutschen für den friedlichen und gewaltlosen Verlauf unserer Wiedervereinigung sein können. Die Zeiten sind natürlich nicht vergleichbar, aber unsere beiden Länder sind mit Recht Stolz darauf, dass es der Wille und die Kraft der eigenen Bevölkerung waren, die zu den epochalen Veränderungen führten. Ich danke der mexikanischen Regierung für das großartige Geschenk, das sie unserem Land mit der Unterstützung der Frida Kahlo-Ausstellung macht!
Ich danke auch allen Leihgebern, dass sie das unmöglich Scheinende doch Wirklichkeit werden ließen. Es grenzt fast an ein Wunder, so viele der zentralen Kunstwerke Frida Kahlos in einer Ausstellung zu vereinen, zumal sie in Mexiko nationales Kulturgut sind und nur in seltenen Fällen überhaupt ausgeliehen werden. Ich sehe in dieser Ausstellung einen weiteren bedeutenden Baustein in den Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Mexiko, die, gerade auch im Bereich der Kultur, sehr intensiv und vertrauensvoll sind. Davon zeugt auch die nächste spektakuläre Ausstellung aus Mexiko, die wir ab dem 1. Juli im Martin-Gropius-Bau erleben können Herr Sartorius hat sie bereits erwähnt. Mein Dank geht auch hier an die Republik Mexiko.
Meine Damen und Herren,
die Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Mexiko, die sich auch in solchen Projekten widerspiegeln, haben eine lange Tradition. Sie wurden vor allem durch Alexander von Humboldt begründet, der als erster Europäer aus rein wissenschaftlichen Gründen ausgiebige Forschungsreisen nach Lateinamerika, darunter auch nach Mexiko, unternahm. Aus seinen Berichten wissen wir, dass er sich nicht nur für die Pflanzen- und Tierwelt interessierte, sondern ebenso für die präkolumbische Kultur.
Von seinem Besuch in Mexiko-Stadt, das auf den Trümmern der alten Aztekenhauptstadt errichtet wurde, ist überliefert, dass er den großen aztekischen Kalenderstein entzifferte, der auf der Plaza May
r ausgegraben wurde. Außerdem interessierte er sich auch für das Zusammenleben der Ureinwohner mit den Nachfahren eingewanderter Europäer. Seine Forschungsberichte wie seine Vorträge und Bücher fanden in ganz Europa große Aufmerksamkeit und sind seit nunmehr über 200 Jahren eine Quelle beständiger Neugier auf die reiche Kultur und Lebensvielfalt Mexikos.
Alexander von Humboldt wird auch in Mexiko sehr geehrt. Nicht von ungefähr ist die Alexander-von-Humboldt-Stiftung einer der aktivsten Förderer der wissenschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Lateinamerika.
Und noch einen Bogen möchte ich schlagen: Alexander von Humboldt und sein Bruder Wilhelm von Humboldt sind die Namensgeber des Humboldtforums, für das ab kommendem Jahr im Herzen der Hauptstadt das Berliner Schloss wieder errichtet wird. Dieser moderne Kulturkomplex im historischen Gewand das für mich nur vollständig, also mit Kuppel und detailgetreuen Fassaden denkbar ist, und das von Anfang an! , wird den außereuropäischen Zivilisationen gewidmet sein. Dort werden auch die Zeugnisse mittelamerikanischer Hochkulturen, die bisher in Dahlem zu sehen sind, ihren Platz in der Mitte Berlins finden gleichberechtigt mit den Werken der antiken und der abendländischen Kultur, die auf der benachbarten Museumsinsel präsentiert sind. Das Humboldtforum öffnet den Blick in die Welt. Es wird den Dialog der Kulturen auch in der Gegenwart suchen und damit auch dem fruchtbaren Austausch mit Lateinamerika neue Impulse geben.
Im Grunde ist es schade, dass wir das Humboldt-Forum noch nicht haben, denn die Ausstellung zu Frida Kahlo würde hervorragend in diesen Ort der Weltkulturen passen, gerade weil diese Künstlerin sehr stark von der traditionellen Kunst Mexikos geprägt war. Manches von dem, was uns surreal in ihren Bildern erscheint, hat seinen Ursprung in der reichen und bildhaften mexikanischen Volkskultur. Frida selbst sah sich nicht als Surrealistin westlicher Prägung, die von Träumen und dem Unterbewusstsein inspiriert war. Sie sagte einmal: "Ich male nie Träume und Albträume. Ich male meine eigene Wirklichkeit." Die Ausstellung wird uns mit einem umfassenden Rahmenprogramm diese Wirklichkeit näher bringen.
Meine Damen und Herren,
Frida Kahlo ist häufig vereinnahmt worden als Vorkämpferin der Emanzipation, als Patriotin, als Ikone der Popkultur. Wie viel von alledem sie war oder nicht war, das wird diese Ausstellung beantworten helfen. Mit Sicherheit war sie eine faszinierende, eine selbstbewusste und auch sehr tapfere Frau. Ihr Blick, der uns auf vielen Fotos und auch vielen ihrer Bilder begegnet, zieht magisch an und lädt uns zum stillen Zwiegespräch ein. Die Menschen in Deutschland lieben und verehren Frida Kahlo, und viele wissen, dass ihr Vater ein Deutscher aus dem Badischen war. Ich bin überzeugt, dass sich Berlin bis zum 9. August in eine wahre Pilgerstätte für Liebhaber der Kunst Frida Kahlos verwandeln wird. Ich wünsche der Ausstellung viel Erfolg!