Redner(in): Angela Merkel
Datum: 03.03.2011

Untertitel: in Eschborn
Anrede: Sehr geehrter Herr Bundesminister, lieber Herr Niebel, sehr geehrter Herr Staatssekretär, lieber Herr Beerfeltz, lieber Herr Eisenblätter, aber vor allen Dingen meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_1498/Content/DE/Rede/2011/03/2011-03-03-bkin-giz,layoutVariant=Druckansicht.html


die Sie jetzt hier im Raum und draußen im Foyer zuhören,

und ich habe gehört, im Intranet kann man die ganze Veranstaltung auch noch verfolgen, insofern begrüße ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit an den Bildschirmen und alle, die sich mit dieser Gesellschaft verbunden fühlen,

ich freue mich, dass ich hier bin. Die Einladung kam vom Minister. Ich glaube, der Zeitpunkt ist auch gut gewählt. Wir haben den Besuch aus unabweisbaren Gründen mehrfach verschieben müssen. Aber wenn ich mir anschaue, zu welchem Zeitpunkt wir jetzt hier sind, dann, finde ich, ist er ganz gut, weil man schon sieht, welches neue gemeinschaftliche Werk hier entstanden oder auch noch im Entstehen begriffen ist. Ich freue mich, dass ich davon persönlich einen Eindruck gewinnen kann.

Ich habe nicht gewusst, dass schon so lange kein Bundeskanzler oder fast noch nie ein Bundeskanzler hier war. Ich finde auch, so ein Besuch ist nicht nur eine Sache von Bundespräsidenten, sondern durchaus auch von Kanzlern, denn bei jeder Reise, die ich ins Ausland mache und die außerhalb Europas stattfindet, ist in dieser oder jener Form die Entwicklungszusammenarbeit mit ein Thema. Insofern sind Sie natürlich eine wirkliche Institution.

Ich freue mich auch, dass die Bundesregierung jetzt hier präsent ist. Früher bei der GTZ sprach man immer von "die GTZ und Deutschland". Ich war dann für Deutschland da, und die GTZ war schon lange da. Manchmal wurde sie, hatte ich den Eindruck, auch fast ein bisschen mehr geschätzt. Und die anderen beiden Organisationen, die ebenfalls in die GIZ eingegangen sind, können sich damit genauso angesprochen fühlen. Dass die Bundesrepublik Deutschland und die Entwicklungszusammenarbeit jetzt richtig miteinander verschmelzen und gemeinsam auftreten, das ist kein Schaden, sondern das wird sowohl den deutschen Steuerzahler als auch diejenigen erfreuen, die letztlich unsere politische Kooperation, unsere außenpolitische Arbeit und die Entwicklungszusammenarbeit zusammen haben wollen. Da ist viel geschehen. Dafür, dass Sie dabei mitmachen, ein ganz herzliches Dankeschön.

Ich habe anhand ausgewählter Projekte eben schon einen kleinen Einblick in die praktische Arbeit und ihre Vielfalt bekommen das Wort "kleinen" ist dabei dreimal zu unterstreichen. Ich konnte in dem ersten Gespräch auch schon spüren, dass es eine hohe Motivation gibt. Und wenn man überlegt, dass in mehr als 130Ländern Hilfe geleistet wird, dann ist das eine beachtliche Zahl.

Allerdings ist es auch gut und richtig, dass in der Vergangenheit über die Strategie unserer Entwicklungszusammenarbeit gesprochen wurde und jetzt sogar verstärkt darüber gesprochen wird. Ich nenne das Wort "Strategie" ganz bewusst, weil die zielorientierte Projektplanung etwas ist, das hier sozusagen entwickelt, gehütet und gepflegt wird. Das ist auch sehr, sehr wichtig sowohl für die Kommunikation im Inland, wenn wir den Menschen in Deutschland sagen, was wir eigentlich tun, als aber eben auch für die Kommunikation im Ausland, wenn wir begründen, warum wir was, an welchem Ort und mit welcher Konzentration machen.

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit das wissen Sie besser als ich umfasst die ehemalige GTZ, den Deutschen Entwicklungsdienst und InWEnt für die internationale Weiterbildung und Entwicklung. Ich bin froh, dass diese unterschiedlichen Bereiche jetzt zusammenkommen, weil dadurch einige Bereiche miteinander verschmelzen können. Ich weiß, dass noch manches an Integrationsarbeit, die Sie zu leisten haben, bevorsteht. Und selbstverständlich gibt es in einem solchen Prozess auch eine Menge Fragen, viel Skepsis und Aspekte, die mit den Standorten und mit Fragen der eigenen Karriere zusammenhängen. Aber ich habe hier gespürt und ich glaube, das ist jetzt nicht nur der schöne Schein für die Frau Bundeskanzlerin, sondern das wird hier gelebt, dass Sie alle ein Anliegen eint und dass aus diesem Anliegen heraus, also von den Bedürfnissen der Menschen, für die Sie arbeiten, ausgehend, geschaut wird: Was ist am besten, und wie können wir unsere Kompetenzen, unsere Möglichkeiten und unsere Fähigkeiten zusammenführen?

Das löst nicht gleich alle Standortfragen. Der erste Dienstsitz der GIZ ist Bonn. Das habe ich auch verstanden, aber an Weiberfastnacht wird man mir verzeihen, dass ich zum Arbeiten erst einmal nach Eschborn gekommen bin. Eschborn ist auch ein wichtiger Standort. Da gibt es Dinge, die natürlich miteinander abgestimmt werden müssen, und sie betreffen viele praktische Fragen. Aber wenn man einmal überlegt, dass Sie in 130Ländern tätig sind, dann verschmelzen Bonn und Eschborn auf Google Maps ja fast zu einem Gebilde. Jedenfalls kann man die Abstimmung schaffen. Dass Sie auch eng mit der KfW zusammenarbeiten, dass wir uns als Bundesregierung darum bemühen, auch eine Niederlassung der Weltbank hier in Frankfurt am Main zu bekommen, und dass unser Ziel für Bonn ist, mehr und mehr den UN-Standort zu entwickeln, all das zeigt, dass diese beiden Regionen doch wirklich prädestiniert dafür sind, unser internationales Gesicht in verschiedener Weise deutlich zu machen.

Nun möchte ich hervorheben, dass die Integration, die zum Teil noch stattfinden muss, und die politische Steuerungsfähigkeit natürlich schon ausschlaggebend dafür sind, wie wirksam die Umgestaltung zum Schluss ist. Deshalb muss man darauf viel Sorgfalt verwenden. Minister Niebel hat schon angedeutet, wo die politische Kompetenz liegt, wobei ich ganz ausdrücklich sagen möchte, dass die Frage, wie sich die politische Kompetenz entfaltet, natürlich auch von Ihrem Input abhängt. Denn auch wir sind alle nicht vollkommen. Wir müssen zwar die politischen Schwerpunkte setzen, aber wir können das nicht tun, ohne etwas aus Ihrer Arbeit zu erfahren. Für die Durchführung sollten Sie dann im Rahmen der gesteckten Möglichkeiten freie Hand haben, dass die Politik nicht dauernd darin herumfuhrwerkt, dass es für eine bestimmte Zeit auch einfach Planungssicherheit gibt, damit man seine Ziele erreichen kann, und dass nach einer bestimmten Zeit wieder gefragt wird, welche dieser Ziele auch wirklich erreicht wurden. Ich glaube, das ist eine gute Aufgabenteilung, die auch wirklich Erfolg verspricht.

Es geht ja im Grunde um die Zukunft der Entwicklungspolitik. Und da sich unsere Welt dramatisch ändert das merken wir jeden Tag, kann die Entwicklungszusammenarbeit dabei nicht stehenbleiben. Der Leitgedanke unserer Entwicklungspolitik bleibt, dass wir einen Beitrag zur wirtschaftlichen, zur sozialen und zur politischen Entwicklung leisten wollen, also zum Fortschritt in den einzelnen Ländern der Erde, der sich zwischen Schwellenländern und Entwicklungsländern mittlerweile zum Teil qualitativ sehr stark unterscheidet. Ich weiß noch, als ich als Umweltministerin mit der Politik begann, also 1994, ging es um G70 und China. Damals gab es eine große, vermeintlich kohärente Gruppe, die gemeinsame Ziele gegenüber den entwickelten Ländern verfolgte. Wenn ich mir heute anschaue, wie unterschiedlich die Interessen geworden sind, dann muss darauf natürlich auch die Entwicklungspolitik reagieren.

Was heißt das? Das heißt auf der einen Seite, dass für uns die Millenniumsentwicklungsziele die entsprechende Konferenz wurde ja schon von Minister Niebel erwähnt wirklich Ziele sind: Abbau von Armut, Reduzierung von Mütter- und Kindersterblichkeit, Aufbau der Bisgesundheitsdienste und Verbesserung der Bildungschancen. Wenn wir uns vor Augen führen, dass immer noch eine Milliarde Menschen mit weniger als 1, 25Dollar pro Tag auskommen müssen, dann geht es in vielen, vielen Fällen schlichtweg um die Existenz. Aber wir müssen nicht nur der extremen Armut die Stirn bieten, sondern wir müssen dann auch Entwicklung im wahrsten Sinne des Wortes möglich machen. Dabei geht es eben auch um die Neuorientierung und die Frage: Wie schaffen wir es, für die unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Ländern die jeweils richtigen Möglichkeiten zu entwickeln?

Dabei sehen wir, dass einige Länder die Möglichkeiten der Entwicklung ja schon sehr gut genutzt haben oder gerade nutzen. Diese Länder nennen wir gemeinhin Schwellenländer. China, Indien, Brasilien, Malaysia und Südafrika sind solche Beispiele. Es gab im vergangenen Jahr das G20 -Treffen in Südkorea. Wenn man einmal überlegt, wo Südkorea vor einigen Jahrzehnten stand, und wenn man heute sieht, wie das Land sich präsentiert und dass es eben Teil der G20 ist, dann sieht man auch, wohin eine solche Dynamik führen kann. Die aufsteigenden Wirtschaftsnationen, die wir jetzt noch als Schwellenländer bezeichnen, sind einerseits Gegenstand der Entwicklungszusammenarbeit, und andererseits sind sie gleichzeitig Wettbewerber. Das ist in der Vermittlung der Entwicklungszusammenarbeit eine ziemlich schwierige Aufgabe, die wir so früher nicht kannten. Im parlamentarischen Bereich zum Beispiel für Entwicklungszusammenarbeit zu werben, wenn uns auf der anderen Seite Aufträge weggeschnappt werden, ist zum Teil fast schon ein Spagat. Deshalb muss die Zusammenarbeit mit den Schwellenländern ganz klar konzentriert sein und zum Teil auch andere Schwerpunkte setzen, als wir sie aus der klassischen Entwicklungszusammenarbeit kennen.

Wir dürfen nicht vergessen: 60Prozent der einen Milliarde Menschen, die von weniger als 1, 25Dollar pro Tag leben, kommen aus den Schwellenländern. Eine Aufgabe ergibt sich schon dadurch, dass wir darauf achten müssen, dass der Wohlstand, der sich in diesen Ländern entwickelt, auch gerecht und zunehmend gerecht verteilt wird. Ansonsten werden wir eines Tages wieder soziale Eruptionen bekämpfen, die nur darauf basieren, dass die Wohlstandszugewinne nicht so, wie wir es auch aus der sozialen Marktwirtschaft kennen, vernünftig verteilt werden. Das zeigt schon, wie wichtig es ist, Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit zu verzahnen. Ich sage nicht, dass das das Gleiche ist. Ist sage nur: Wenn wir politische Gespräche führen, müssen wir dafür appellieren, dass die soziale Gerechtigkeit und eine vernünftige Einkommensverteilung in diesen Ländern wirklich notwendig sind. Wir müssen vor allen Dingen auch klarmachen, dass das nicht ein Gefallen für uns, die entwickelten Länder, ist, sondern dass das eine Frage der eigenen Entwicklung und des eigenen Erfolgs ist. Das ist ganz wichtig.

Wenn wir uns Afrika anschauen, dann ist Afrika ein spannender und ein sich immer weiter in seiner Vielfalt entblätternder Kontinent geworden. Wir sehen auf der einen Seite die neuen politischen Entwicklungen in den Maghreb-Staaten. Freiheit, das Fordern eigener Entwicklungsmöglichkeiten, das Auftreten gegen Korruption und das Einstehen auch für politische Meinungsfreiheit das sind interessante, spannende Entwicklungen, die jetzt sicherlich auch in der Entwicklungszusammenarbeit verstärkt aufgenommen werden müssen.

Wir können zudem sagen, dass sich im afrikanischen Bereich, zum Beispiel gerade in der Subsahara-Region, viele Staaten auf einen sehr spannenden und wichtigen Weg gemacht haben. So müssen wir Land für Land auch hier schauen: Sind es Länder mit Rohstoffressourcen? Wie wird der Umgang mit diesen gerecht entwickelt? Sind es Länder ohne solche Rohstoffressourcen? Ich denke, wir müssen vermitteln, dass das nicht mehr allein eine Zusammenarbeit mit einem armen Kontinent ist, sondern dass es eine große Vielfalt gibt. Es geht dabei um Hilfe zur Selbsthilfe. Das heißt, das Ziel ist: Entwicklungshilfe muss sich überflüssig machen.

Wir haben sehr viele Probleme und dabei vor allen Dingen die Frage der politischen Stabilität zu betrachten. Wir können für die Menschen die besten Absichten haben, aber wenn wir es nicht schaffen, politische Stabilität und vernünftige Regierungsführung durchzusetzen, dann wird es schwierig.

Ich habe von den Millenniumsentwicklungszielen gesprochen. Wir wissen leider, dass etwa 30Länder diese Ziele wohl nicht erreichen werden. Davon gehören rund 20Länder zu einer Gruppe von Konfliktstaaten mit ganz prekären Regierungsverhältnissen. Das heißt, dort sind die Themen Entwicklungszusammenarbeit und politische Stabilisierung auf das Engste miteinander verzahnt.

Ich bin gerade im Hinblick auf Afrika sehr dankbar, dass wir in Deutschland die Entwicklungspolitik jetzt konzentriert haben, weil auch die Empfängerländer zum Teil in einer nicht ganz einfachen Situation sind. Ich stelle mir das immer vor und frage bei EU-Afrika-Treffen auch die einzelnen Regierungschefs, wie es denn ist, wenn die gesamte geballte Macht der entwickelten Länder auf sie einstürmt, ihnen Hilfsangebote macht und auch noch zunehmend private Stiftungen hinzukommen. Was macht so ein Regierungschef, der ja nicht über die Infrastruktur verfügt, die wir bei uns haben, wie koordiniert er das, und wie das ist für mich immer das ganz große Geheimnis kommt ganz zum Schluss die Erfüllung der Millenniumsentwicklungsziele dabei heraus? Deshalb sind die Konzentration, die internationale Absprache darüber, wer was macht, und auch ähnliche Durchführungsmöglichkeiten so zentral, weil die Empfänger ansonsten einen großen Teil der Zeit damit verbringen, all die netten Hilfsangebote zu koordinieren. Deshalb, glaube ich, sind wir jetzt in Deutschland auf einem sehr, sehr guten Weg.

Ich habe heute hier mit Interesse gehört, dass die GIZ auch für viele Andere außerhalb Deutschlands die Durchführungsorganisation ist. Ich glaube, damit leisten wir einen Beitrag zu mehr Kohärenz der Entwicklungskooperation, die sehr wichtig ist.

Ich sage auch noch ein Wort zu dem Miteinander staatlicher Entwicklungszusammenarbeit und privater Stiftungen, die in den vergangenen Jahren eine völlig neue Qualität entwickelt hat. Ich glaube, dafür gibt es gute Beispiele. Aber ich lege in den Gesprächen mit privaten Stiftungen, zum Beispiel mit der Gates-Stiftung, auch immer wieder großes Augenmerk darauf, dass es nicht so sein darf, dass die einen die leicht zu erfüllenden Millenniumsentwicklungsziele und die anderen die schwerer zu messenden verwirklichen. Man muss schauen, dass es einen gemeinsamen Ansatz gibt. Zum Beispiel ist es viel, viel schwieriger herauszufinden, wie wir im Bereich der Bildung vorankommen, als herauszufinden, wie wir hinsichtlich anderer Statistiken vorankommen. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir auch dafür werben, dass nicht so eine Art Rosinenpickerei herbeigeführt wird, im Rahmen derer man privaten Spendern dann sehr gut sagen kann, was erreicht worden ist das ist für private Stiftungen natürlich wichtig, ich will das gar nicht in Abrede stellen, aber auf der anderen Seite dann der Steuerzahler nicht genauso gute Ergebnisse präsentiert bekommt. Darüber muss international gesprochen werden.

Meine Damen und Herren, wenn wir über dynamische Entwicklungsländer sprechen, dann geht es auch um eine ganz enge Kooperation der Entwicklungszusammenarbeit und der Förderung der Wirtschaftsdynamik. Ich habe hier mit Interesse gesehen, dass dieser Bereich in der Entwicklungszusammenarbeit an Bedeutung gewinnt. Von der Afrikanischen Union und von vielen afrikanischen Ländern wird dies auch als der Schlüssel angesehen. Als wir in Deutschland uns auf das Treffen hinsichtlich der Millenniumsentwicklungsziele in New York vorbereitet haben, war zum Beispiel Kofi Annan hier und hat darüber berichtet, dass man jetzt immer mehr kleinere Unternehmen fördern wolle, damit die wirtschaftliche Entwicklung in Gang kommt. Das muss auch von Seiten der Regierungen vor Ort in gleicher Weise proklamiert werden, wie wir es in unserer Entwicklungszusammenarbeit tun. Der Privatsektor muss sich angesprochen fühlen. Deshalb finde ich es auch sehr gut, dass hier in der GIZ sehr eng mit dem Privatsektor zusammengearbeitet wird.

Es ist zudem wichtig ich habe es schon angedeutet, dass werteorientierte Außenpolitik und werteorientierte Entwicklungspolitik eng zusammengehen. Lieber Herr Niebel, ich kann das aufgrund meiner Arbeit in der vorigen Regierung ein bisschen miteinander vergleichen, aber ich glaube, auch wir beide können beobachten: Es ist gelungen das ist ganz wesentlich auch Ihnen und Staatssekretär Beerfeltz zu verdanken, dass die Bundesregierung gemeinsam denkt. Es hat in der Vergangenheit zum Teil eine Zersplitterung auch der finanziellen Mittel gegeben. Dass diese jetzt wieder in einem Steuerungskreis zusammengeführt wird und man versucht, Doppelarbeit zu vermeiden und gemeinsam Erfahrungen auszutauschen ob es das Umweltministerium ist, ob es das Landwirtschaftsministerium ist oder es andere Ministerien wie das Auswärtige Amt sind das ist ganz, ganz wichtig. Denn wir haben alle ein gemeinsames Ziel, und dieses Ziel muss auch gemeinsam umgesetzt werden.

Ganz besonders wichtig ist dies in Afghanistan bei der vernetzten Sicherheitsstrategie. Ich weiß, dass es im Entwicklungsbereich eine grundsätzliche Skepsis gab und wahrscheinlich auch noch gibt, in die Nähe militärischer Aktionen zu geraten. Ich glaube aber, dass sich gezeigt hat: Ohne Sicherheit ist Entwicklungszusammenarbeit schwerlich möglich. Auch Friedensdienste können letztlich nur dann arbeiten, wenn die Regionen begehbar sind und wenn es ein gewisses Maß an Sicherheit gibt. Aber ich sage auch: Die Herstellung von Sicherheit durch das Militär allein reicht überhaupt nicht aus, wenn nicht unmittelbar danach die Entwicklungszusammenarbeit beginnt, damit die Menschen erkennen, was der Mehrwert für ihr eigenes, persönliches Leben ist, wenn sie in eine solche politische Ordnung, wie wir sie zum Beispiel in Afghanistan aufzubauen versuchen, geführt werden.

Ich weiß, dass viele dabei nehme ich Afghanistan jetzt als ein Beispiel, aber es gibt viele andere Regionen der Welt unter größtem Einsatz auch ihres eigenen Lebens Entwicklungszusammenarbeit durchführen und dass diese Arbeit mit einem hohen Risiko verbunden ist. Deshalb möchte ich auch ein herzliches Dankeschön an alle aussprechen, die entweder hier vor Ort oder aber draußen in der Welt die vor allen Dingen dafür arbeiten, dass alle Menschen eines Tages in Würde leben können, dass Menschen ihre in ihnen angelegte Persönlichkeit leben können, sich entfalten können und ihren Lebensweg gehen können.

Sie sind sozusagen Vorreiter der Globalisierung. Wir alle lernen noch. Die meisten, die hier sind, haben ja schon den Mauerfall, das Ende des Kalten Kriegs und die weltweiten Entwicklungen danach als Erwachsene erlebt. Sie sind noch keine natives, nicht in die Internet-Welt hinein geboren, sondern migrants im digitalen Leben. Insofern stehen wir alle an einer Schwelle zur globalen Welt. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Kinder, die Enkel allemal auch durch die Möglichkeiten des Internets und die Möglichkeit, sich in eine andere Lebenssituation hineinzuversetzen, sehr viel mehr damit aufwachsen werden, wo es welchen Konflikt gibt, wo es welchen Fortschritt auf der Welt gibt und wie die Welt zu unserer gemeinsamen Heimat wird. Das ist auch nötig. Wir werden viel mehr über andere Kulturen, über andere Religionen, über andere Bräuche und über andere Traditionen lernen müssen, und vielleicht führt das dann ja dazu, dass die eigenen Geschichtskenntnisse auch wieder besser werden, weil man dann ab und zu fragt: Was war eigentlich bei uns los? Das alles wird ein Gewinn für uns alle sein. Deshalb habe ich Entwicklungszusammenarbeit auch immer als eine Win-Win-Situation betrachtet, die wir nicht als irgendwelche karitativen Geber betreiben, sondern die wir aus dem sehr eigenen Anspruch heraus betreiben, eine gerechte Gesellschaft zu haben und selbst auch Neues für uns aufzunehmen.

Die Alternativen das will ich abschließend sagen liegen sehr klar auf dem Tisch. Wenn wir uns die nordafrikanische Region anschauen, und Afrika ist unser, Europas Nachbarkontinent, dann haben wir entweder die Möglichkeit, dort zur Entwicklung beizutragen, sodass Menschen in ihrer Heimat leben können. Oder wir haben die Möglichkeit, dass es einen unglaublichen Druck durch Flüchtlinge geben wird, den wir gar nicht beherrschen können. Deshalb, lieber Herr Niebel, wird es nicht immer einfach sein, gemeinsam dafür zu kämpfen, dass nicht nur andere Ressorts gut ausgestattet sind, sondern auch das Entwicklungsressort. Aber die Argumente scheinen schrittweise sogar besser zu werden, weil wir eben immer mehr spüren, dass wir uns nicht abschotten können.

In diesem Sinne noch einmal ganz herzlichen Dank an Sie alle dafür, dass Sie in Ihrem Bereich so engagiert arbeiten. Mein Besuch soll Ihr Wirken auch ein bisschen nach außen tragen. Viele wissen von Ihnen, viele kennen Ihre Arbeit, aber bei 80Millionen Menschen können es immer noch mehr werden, die darüber Bescheid wissen, dass in diesem Bereich Tolles geschieht. Deshalb Dankeschön, weiter viel Motivation. Wenn Ihnen der Konflikt zwischen Bonn und Eschborn einmal zu dramatisch wird, dann schauen Sie sich einfach eine Weltkarte daraufhin an, welche Optionen es mit all den anderen Standorten noch geben könnte, und dann relativieren sich die Probleme, die Sie vor sich haben.

Lieber Herr Eisenblätter, Dankeschön. Lieber Aufsichtsrat, Dankeschön für das, was Sie tun. Alles Gute. Ich komme auch gerne einmal wieder.