Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 03.03.2011

Untertitel: In seiner Rede betonte Kulturstaatsminister Bernd Neumann die wichtige Rolle der Staatsbibliothek zu Berlin bei der Entwicklung Deutschlands zur Kulturnation. Die Staatsbibliothek wird auch in Zukunft bei der Archivierung, Pflege und Digitalisierung kulturellen Wissens von großer Bedeutung sein.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_1498/Content/DE/Rede/2011/03/2011-03-03-neumann-staatsbibliothek,layoutVariant=Druckansicht.html


350 Jahre Staatsbibliothek zu Berlin! Was könnte dazu besser passen als eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum! Für ein historisches Museum lohnt es sich durchaus zu dokumentieren und zu vermitteln, wie sich die Geschichte in den 350 Lebensjahren unserer Staatsbibliothek gespiegelt und ihre Spuren hinterlassen hat.

So zeigt die Staatsbibliothek zu Berlin eindrucksvoll die andere Seite Preußens, die des Kulturstaats.

Und denken wir nur an die letzten 70 Jahre: Die Auslagerung der Bestände seit 1941, die Zerstörung des Altbaus mit dem prachtvollen Lesesaal durch die Bombardierungen ab 1943, die langjährige Trennung der Sammlungen in Ost und West, schließlich deren erneute glückliche Zusammenführung nach der Wiedervereinigung unter dem Dach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. So hat

auch die Staatbibliothek zu Berlin ihre ganz und gar deutsche Geschichte. Heute ist die Staatsbibliothek zu Berlin in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz eines der gelungensten Beispiele föderalen Handelns zum Wohle der Kultur.

Bund und Länder fördern gemeinsam eine Institution, die allen zugutekommt und die weit mehr ist als die Summe ihrer beiden ehemals getrennten Teile. Die Staatbibliothek archiviert Berliner, deutsche, europäische und Weltkultur. Und sie dient dem Wissenschaftsstandort Deutschland, denn ihre Sammlungen und Dienstleistungen werden von Benutzern aus dem ganzen Land in Anspruch genommen durch den überregionalen Leihverkehr oder den Fernzugriff auf die Datenbanken.

Meine Damen und Herren,

350 Jahre kann eine Bibliothek nur überstehen, wenn sie stets auf der Höhe der Zeit und doch sich selbst treu bleibt, wenn sie sich verjüngt und reformiert, ohne ihre Traditionen, ihren Bildungs- und Informationsauftrag zu vernachlässigen. Der Bund ist dabei ein verlässlicher und großzügiger Begleiter und Partner. Derzeit wird mit großem Aufwand das Stammhaus Unter den Linden erneuert: es ist das größte Bauvorhaben überhaupt in Berlin: Für 378 Millionen Euro erfolgt die Generalsanierung und Modernisierung des Gebäudes, es entstehen Tresormagazine, ein Bibliotheksmuseum, ein neues Freihandmagazin und vor allem ein faszinierender, neuer Lesesaal.

Für den zweiten Standort der Staatsbibliothek am Potsdamer Platz stellen wir ebenfalls beträchtliche Mittel zur Verfügung, und zwar 88 Millionen Euro. Für mich ist dieser Bau für immer verknüpft mit dem wunderbaren Film "Der Himmel über Berlin".

Wim Wenders hat dem Gebäude ein poetisches Denkmal gesetzt wo sonst lauschen Engel in einem Lesesaal den Gedanken der Menschen?

Während der Standort Unter den Linden eine historische Wissenschaftseinrichtung ist, wird das jüngere Haus an der Potsdamer Straße zur Forschungsbibliothek der Moderne und damit ihrem Rang als Ikone des alten West-Berlins gerecht. In Friedrichshagen schließlich wird mit der Summe von 86 Millionen Euro ein großes Magazingebäude als dritter Standort errichtet.

Die Pflege und Bereitstellung der Schätze, die über die Jahrhunderte gesammelt wurden, also der Erhalt dieses schriftlichen Kulturguts, ist für alle Bibliotheken eine gewaltige Herausforderung.

Vieles ist heute leider durch Schimmel, Papierzerfall und Tintenfraß gefährdet. Ich habe darum, gemeinsam mit der Allianz zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts an der auch Frau Schneider-Kempf entscheidend beteiligt ist die Initiative ergriffen, eine Koordinierungsstelle hier in Berlin einzurichten.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz als gemeinsame Bund-Länder-Einrichtung ist natürlich prädestiniert, solche Modellvorhaben zu entwickeln und zu koordinieren. Die Koordinierungsstelle ist darum bei der Staatsbibliothek angesiedelt und wird vom Bund mit jährlich 500.000 Euro und von der KSL mit 100.000 Euro finanziert.

Bestandserhalt ist die eine, Digitalsierung die andere große Herausforderung für die Bibliotheken unserer Zeit. Auch hier spielt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz eine bedeutende Rolle. Prof. Parzinger ist Vorstandssprecher des "Kompetenznetzwerks der Deutschen Digitalen Bibliothek".

Ziel der Deutschen Digitalen Bibliothek ist, es das Kulturerbe aus ganz Deutschland online zugänglich zu machen für jedermann und überall! und selbstverständlich zugleich in die EUROPEANA integriert. Da sind wiederum das Wissen und die Kompetenz der Staatsbibliothek gefragt. Immerhin umfasst deren Online-Katalog schon über 350.000 E-Books.

Doch eines muss klar sein: Digitalisate ersetzen nicht das Original und seine Aura.

Wer jemals eine Handschrift Beethovens oder Bachs im Original sehen oder gar berühren durfte, der wird ihr Abbild auf dem Bildschirm nur als informative Kopie erleben. Dennoch ist und bleibt die Digitalisierung der Bestände für die moderne Wissensgesellschaft unverzichtbar, wenn wir auf der Höhe der Zeit bleiben wollen.

Meine Damen und Herren,

auch in der Keimzelle der Staatsbibliothek, der Churfürstlichen Bibliothek zu Cölln ging es vor 350 Jahren schon um die Speicherung und Verbreitung von Wissen und um Forschung.

350 Jahre Staatsbibliothek zu Berlin sind darum 350 Jahre gesammeltes Wissen.

Als Gedächtnis und Wissensspeicher war die Staatsbibliothek zu Berlin auch grundlegend und wegweisend für die Herausbildung der Kulturnation Deutschland, auf die wir heute mit Recht Stolz sind.

Ich gratuliere der Staatsbibliothek zu Berlin herzlich zu ihrem beachtlichen Geburtstag. Auf viele weitere Jahrhunderte erfolgreichen Wirkens! Auch in Zukunft wird der Bund sie auf allen ihren digitalen und analogen Wegen unterstützen.

Herrn Professor Ottomeyer danke ich für die wunderbare Ausstellung und Ihnen allen wünsche ich einen schönen Abend.