Redner(in): Angela Merkel
Datum: 30.06.2011

Untertitel: in Koblenz
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_1498/Content/DE/Rede/2011/06/2011-06-30-merkel-deutscher-bauerntag,layoutVariant=Druckansicht.html


Sehr geehrter, lieber Herr Präsident Sonnleitner, sehr geehrter Herr Ehrenpräsident Baron Heereman,

sehr geehrte Frau Präsidentin Scherb,

sehr geehrte Vorsitzende des Bundes der Deutschen Landjugend,

sehr geehrter Herr Ministerpräsident Beck,

sehr geehrte und liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Europäischen Parlament ich sehe hier Werner Langen,

stellvertretend für alle aus dem Bundestag grüße ich Michael Fuchs als örtlichen Abgeordneten genauso wie Norbert Schindler, den Sie hier alle kennen,

sehr geehrte Abgeordnete aus dem Landtag ich nenne Julia Klöckner stellvertretend für alle,

meine Damen und Herren,

Herr Oberbürgermeister,

es ist immer eine große Freude, in Koblenz zu sein. Es ist eine noch größere Freude, wenn man bei Ihnen, Herr Sonnleitner, beim Deutschen Bauerntag ist. Das ist eine tolle Versammlung, die vom eigenen Berufsstand überzeugt ist und für unser Land kämpft. Deshalb versuchen wir ja auch, zusammen mit meiner Kollegin Ilse Aigner, die morgen noch zu vielen Themen Stellung nehmen wird, die Anliegen der Bauern, derer die im ländlichen Raum sozusagen das Rückgrat sind, soweit wie möglich zu berücksichtigen. Denn rund drei Viertel der Flächen unseres Landes sind Wälder und landwirtschaftliche Flächen. Das Industrieland Deutschland ist immer noch auch ein bedeutendes Agrarland. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Das ist unsere Überzeugung. Das macht unser Land auch zu einem lebenswerten Land.

Uns allen liegt unsere Kulturlandschaft am Herzen, weil sie auch wesentlich das bestimmt, was wir Heimat nennen und was Vertrautheit und Bodenständigkeit mit sich bringt. Mir persönlich liegt es auch sehr am Herzen, dass bei aller Technisierung und Spezialisierung die Menschen einfach ein Gefühl dafür behalten, wie und in welchem Tempo das Gras wächst, die Eiche und das Holz wachsen, woher wir in welchem Maße unsere Lebensmittel beziehen, und dass die natürlichen Kreisläufe allen Menschen egal, ob sie in Städten oder im ländlichen Raum leben einigermaßen bekannt sind. Dafür brauchen wir Sie, die Sie hier heute stellvertretend für viele Bauern auf dem Deutschen Bauerntag sind.

Deshalb ist es mir auch eine große Freude, hier zu sein, wenngleich ich Herrn Sonnleitner schon gesagt habe: Wenn Sie das Verhältnis zwischen Bundesregierung, Bundestag und Deutschem Bauernverband noch etwas verbessern wollen, dann halten Sie nicht immer am Donnerstag einer Sitzungswoche weit von Berlin Ihren Bauerntag ab, sondern einfach so, dass wir etwas länger als eine halbe Stunde bleiben können, wie in meinem Fall, oder länger als ein paar Stunden, wie das bei anderen Abgeordneten der Fall ist. Es würde uns helfen.

Meine Damen und Herren, die Landwirtschaft spielt eine entscheidende Rolle auch in unserer Zeit. Sie sichert gesunde Ernährung nicht nur in Deutschland, sondern auch in einer Welt mit einer ständig wachsenden Bevölkerung. Ich begrüße es außerordentlich, Herr Präsident Sonnleitner, dass Sie sich ein Leitbild in einer sich verändernden Zeit gegeben haben. Die Welt verändert sich rasant. Wir haben in diesem Jahr den siebenmilliardsten Erdenbürger zu begrüßen. Deshalb sind die Fragen einer weltweit sicheren Ernährung, aber auch einer weltweit sicheren Energieversorgung und der langfristigen Sicherung unserer Lebensgrundlagen natürlich Schlüsselfragen, mit denen wir uns zu befassen haben.

Wir kommen gerade etwas verspätet von wegweisenden Abstimmungen im Bundestag zur Energiepolitik. Wir wollen das Zeitalter der erneuerbaren Energien erreichen. Aber wir wissen auch ich werde später noch darauf zurückkommen, dass die Entwicklung der erneuerbaren Energien in eine Balance mit der Frage des Flächenverbrauchs und mit den Fragen der landwirtschaftlichen Nutzung gebracht werden muss.

Zunächst zur Ernährung. Die Rohstoffe unserer Lebensmittel stammen zum Großteil aus heimischer Landwirtschaft. Ich glaube, darauf können wir gemeinsam stolz sein. Das ist das Verdienst der Bauern in Deutschland. Sie versorgen uns mit frischen und sicheren Nahrungsmitteln. Viele Menschen halten das für ganz selbstverständlich. Aber wie viel Arbeit dahinter steckt, wie viel Mühe dahinter steckt, wie viel Können und wie viel Tradition dahinter stecken, aber auch mit welchem Risiko das immer wieder verbunden ist, das ist vielen gar nicht bewusst. Deshalb von meiner Seite aus ein ganz herzliches Dankeschön für Ihre Arbeit.

Wir haben es in diesem Jahr schon zweimal erlebt einmal bei Dioxin in Futtermitteln, zum anderen bei den EHEC-Infektionen, wie schnell von einem Tag auf den anderen, oft auch ohne jede Schuld, die Kalkulierbarkeit und Voraussagbarkeit des Umsatzes ins Wanken geraten. Deshalb will ich zum Thema EHEC ganz eindeutig sagen: Es war richtig, dass die zuständigen Ämter gewarnt haben, wenn Erreger gefunden wurden. Ich habe darüber auch mit dem spanischen Ministerpräsidenten gesprochen. Aber es ist genauso richtig, dass wir uns auch für Entschädigungen für diejenigen einsetzen, die unerwartet und ohne Schuld Verluste erleiden müssen. Auch das machen wir gemeinsam, meine Damen und Herren. Deshalb haben wir uns in Brüssel für schnelle Hilfen eingesetzt.

Es ist natürlich wichtig, dass wir uns nicht nur mit unserer Ernährung zu Hause beschäftigen, sondern immer auch einen Blick auf die Ernährungssituation weltweit werfen. Die Vereinten Nationen haben sich das Ziel gesetzt, Hunger und Armut zwischen 1995 und 2015, also innerhalb von 20 Jahren, zu halbieren. Die Entwicklung ist aber nach wie vor unbefriedigend. Es gibt noch immer eine Milliarde Menschen, die an Hunger leiden. Ich glaube, wir alle haben ein Interesse daran, dass sich das ändert und dass die Bedingungen dafür verändert werden.

Deshalb möchte ich hervorheben, dass sich die französische G 20-Präsidentschaft gerade mit dem Thema der Preisschwankungen für Agrarrohstoffe beschäftigt hat. Ilse Aigner hat an diesem G 20-Treffen teilgenommen. Wir teilen die Agenda der G 20-Staaten, die versuchen, Preisschwankungen nicht nur bei uns, sondern vor allen Dingen auch in den Entwicklungsländern einzudämmen und die Gründe für Spekulationen möglichst zu verringern.

Auf der Tagesordnung der G 20 stand und steht die Frage, wie sich Nahrungsmittelversorgung weltweit sichern lässt. Dies wird auch weiter ein Thema bleiben, gerade auch weil Nahrungsmittelversorgung und Energieversorgung immer stärker ineinandergreifen. Vor 20, 30 Jahren war überhaupt noch nicht absehbar, in welchem Maße erneuerbare Energien zur Konkurrenz für Ernährungssicherheit werden könnten. Die Prioritäten müssen klar sein. Ich hoffe, dass wir darin einig sind. Nicht Energie oder Nahrungsmittel, sondern Nahrungsmittel vor Treibstoff und Energie das ist aus meiner Sicht die richtige Reihenfolge. Das ist leichter gesagt als getan. Das muss sich vor allen Dingen auch in entsprechenden Marktanreizen widerspiegeln.

Wir haben, wie Sie sich vorstellen können, in den letzten Wochen sehr, sehr viel darüber gesprochen, wie eigentlich die Zukunft der erneuerbaren Energien aussehen soll. Ich glaube, es gibt eine breite Übereinstimmung, dass wir gerade nach den Ereignissen von Fukushima alles daransetzen müssen, möglichst schnell aus der Kernenergie auszusteigen. Wir haben heute im Deutschen Bundestag beschlossen, dass das letzte Kernkraftwerk im Jahr 2022 vom Netz geht. Das bedeutet, dass wir in den nächsten zehn Jahren etwa 22 Prozent unserer Stromversorgung auf andere Weise sichern müssen.

Es gibt bei uns heute einen Anteil von 17 Prozent der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung. Dazu gehören Wasser- und Windkraft, Biomasse und Solarenergie. Eigentlich sind alle Arten der Erzeugung erneuerbarer Energien in dieser oder jener Art und Weise mit dem ländlichen Raum und damit auch mit der Landwirtschaft verbunden manches direkt, manches indirekt. Wir wollen den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2020 mehr als verdoppeln, das heißt von 17 auf 35 Prozent. Wir müssen uns jetzt miteinander überlegen, wie wir diesen Ausbau sinnvoll und vernünftig gestalten, sodass die drei Erwartungen an die Stromproduktion in Deutschland gleichermaßen erfüllt sind: Der Strom muss bezahlbar sein, die Versorgungssicherheit muss gegeben sein und die Stromerzeugung soll umweltschonend sein. In diesem Dreieck spielt die Landwirtschaft eine klassische Rolle.

Ein Punkt ist die Biomasse. Viele von Ihnen haben zu Hause selber mit Biomasse zu tun. Von der Kleinanlage für Biogasproduktion bis hin zu großen Anlagen verändert Biomasse den ländlichen Raum. Wir müssen hier immer wieder fragen: Wie sollen die Anreize aussehen? Die Frage der Biomasse stellt sich natürlich insbesondere in Bezug auf den Anbau bestimmter energiehaltiger Pflanzen, insbesondere des Mais. Ich sage ganz deutlich, dass uns eines nicht passieren darf. Herr Sonnleitner, wir haben vor Jahr und Tag darüber diskutiert, was nachhaltige Landwirtschaft bedeutet. Wir haben darüber diskutiert, dass die Bauern von selbst gelernt haben, eine vernünftige Fruchtfolge einzuhalten. Wir haben im Bereich der Ernährungsproduktion verschiedenartige nachhaltige Landwirtschaft mühselig erlernt. Wenn wir jetzt unter dem Markenzeichen "erneuerbare Energien" alles wieder in Monokulturen umwandeln, dann kann ich nur sagen, dass wir einen Riesenfehler machen. Das muss deshalb auch in den Anreizen entsprechend sichtbar werden. Nur noch Maisfelder, nur noch Rapsfelder das kann und darf es nicht geben, meine Damen und Herren.

Wir haben ganz klar gesagt und dazu haben wir auch Fördermaßnahmen auf den Weg gebracht, obwohl das manchmal nicht der effizienteste Weg ist, dass wir eine dezentrale Erzeugung von Energie unterstützen, und zwar sowohl im Bereich der Windenergie als auch im Bereich der Biomasse und der energetischen Pflanzen. Dezentralisierung ist nicht nur von großer Bedeutung, weil man damit nicht so viele Leitungsneubauten braucht. Die Struktur der Förderung erneuerbarer Energien in unserem Land ist mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz auch so gestaltet, dass möglichst viele Menschen auf dem Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien davon auch profitieren können. Das heißt, wir wollen nicht nur Großanlagen, sondern im Sinne des Gedankens der Volks- und Raiffeisenbanken, der vor vielen Jahrzehnten einmal geboren wurde, wollen wir auch, dass durch gemeinsame Investitionen in Windenergie und Biomasse Eigentum für Einzelne und für eine möglichst breite Basis vermehrt werden kann.

Wir wollen gleichzeitig darauf hinwirken, dass die knappen Flächen bei uns Herr Sonnleitner hat relativ leidenschaftlich darauf hingewiesen möglichst vernünftig genutzt werden. Wir haben es seit längerem geschafft, unseren Energieverbrauch vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln. Wir haben es aber noch nicht geschafft, den Flächenverbrauch in Deutschland von unserem Wirtschaftswachstum zu entkoppeln. Dies schaffen wir natürlich nicht, wenn wir zu viele Ausgleichsmaßnahmen abverlangen. Das ist in bestimmten Regionen besonders ausgeprägt. Ich kenne die vorpommersche Ecke sehr gut. Dort ist manches hinsichtlich der Fläche nicht ganz so dringlich wie anderswo.

Wir müssen darüber diskutieren, dass wir den Bau einer Windkraftanlage nicht genauso bewerten können wie den Bau eines Hauses. Ich glaube, dass es eine große Bereitschaft zu einer Lösung gibt. Ich bin mir etwa nicht nur mit Norbert Schindler, sondern auch mit Ministerpräsident Beck darin einig, dass wir uns das im Herbst anschauen und dafür sorgen müssen, dass wir hier bessere Regelungen für einen Ausgleich finden.

Wir haben ebenso die Aufgabe, biologische Vielfalt zu erhalten. Das muss unser gemeinsames Anliegen sein; und das ist es auch. Ich habe vor vielen Jahren, als ich noch Umweltministerin war, ein Interviewbuch auch mit einem Beitrag von Herrn Sonnleitner herausgegeben, in dem wir uns über die Bedeutung der Artenvielfalt als Schutz und Puffer für die Gesundheit der Menschen unterhalten haben. Es ist und bleibt wichtig, dass international und national das Artensterben eingedämmt wird.

Meine Damen und Herren, es ist und bleibt auch wichtig, dass die Landwirtschaft, wenn sie im ländlichen Raum ihre Funktion erfüllen soll, gleichermaßen unternehmerisch wirtschaften muss das kommt ja auch in Ihrem Leitbild vor sowie Natur und Umwelt bewahren muss. Deshalb sage ich vorneweg: Die Kombination von unternehmerischem Wirtschaften und Bewahrung der Umwelt macht deutlich, dass wir nicht von Haus aus gegen einen bestimmten Typus der Landwirtschaft vorgehen dürfen oder ihn in die schmutzige oder schlechte Ecke stellen dürfen. Es gibt sowohl die mehr industrialisierte Landwirtschaft als auch die eher ökologisch ausgerichtete Landwirtschaft. Alle sind dem Ansatz der Nachhaltigkeit verpflichtet. Das muss unser Leitbild sein.

Auch von außen beobachtet ist es dem Bauernverband eigentlich gut gelungen, die verschiedenen Formen der Bewirtschaftung gleichmäßig nebeneinander zu stellen. Wir müssen sehr aufpassen, dass wir nicht bei jedem Vorfall einen Produzenten in die Ecke stellen. Wenn es einmal den Bio-Bereich betrifft, dann ist die Schadenfreude groß; wenn es den industriellen Bereich betrifft, dann sagt man, man hätte das schon immer gewusst. Das aber nützt keinem. Wir schaffen es nur, wenn wir zusammenhalten, meine Damen und Herren.

Landwirtschaft ist auf die Akzeptanz der Gesellschaft angewiesen; das ist klar. Da gibt es viele Aspekte im Bereich der Tierhaltung. Ich darf Sie ermutigen, obwohl Sie das schon unglaublich couragiert tun, immer wieder an die Öffentlichkeit zu gehen und dafür zu werben, wie Sie Ihre landwirtschaftliche Produktion stattfinden lassen. Es gibt hierzu viele gute Aktionen. Die Aktion "Bauernhof als Klassenzimmer" will ich nur als ein Beispiel dafür erwähnen, dass unsere Kinder Verständnis für die elementaren Grundlagen der Landwirtschaft und der Ernährung entwickeln.

Auch wir als Bundesregierung unterstützen Sie dabei. Bundesministerin Ilse Aigner hat den Prozess einer Charta für Landwirtschaft und Verbraucher eingeleitet. Damit kommen Landwirte, Verbraucher und gesellschaftliche Gruppen noch mehr miteinander ins Gespräch. Ich glaube, liebe Ilse, es hat sich bewährt, dass wir das, was schon vor uns geschaffen wurde, beibehalten haben, nämlich Landwirtschaft und Verbraucherschutz zusammenzulegen und damit den gesamtgesellschaftlichen Ansatz voranzubringen.

Ich habe von der unternehmerischen Komponente gesprochen. Es ist natürlich gleichermaßen wichtig, dass Sie die Chance bekommen, sich mit zunehmend offenen Märkten auseinandersetzen und wettbewerbsfähig sein zu können. Dafür ist wiederum von äußerster Wichtigkeit, dass Sie berechenbare Rahmenbedingungen haben. Verlässlichkeit heißt ja nicht, dass heute bestehende Strukturen in Beton gegossen und nie wieder verändert werden.

Ich will als Beispiel die Landwirtschaftlichen Sozialversicherungen nennen, die Herr Sonnleitner eben auch schon erwähnt hatte. Der Bauernverband hat angeregt, einen Bundesträger für die gesamte Landwirtschaftliche Sozialversicherung zu schaffen. Die Bundesregierung hat genau diesen Vorschlag zur Einrichtung eines Bundesträgers aufgegriffen. Wir sind trotz knapper Kassen bereit, in der Übergangsphase 150 Millionen Euro zusätzlich zur mittelfristigen Finanzplanung aufzubringen. Diese Mittel sind allerdings daran geknüpft, dass dieser Bundesträger auch wirklich zustande kommt.

Meine Damen und Herren, Verlässlichkeit und Berechenbarkeit das ist auch eine Forderung an die europäische Agrarpolitik. Ich könnte jetzt sagen, Herr Sonnleitner, dass ich nicht so erstaunt war, dass Herr Barroso etwas vorgelegt hat, das Ihre Gunst und grundsätzliche Zustimmung findet. Er ist ein vernünftiger Mann; das will ich hier noch einmal ausdrücklich sagen. Aber man weiß ja nie. Insofern sind Sie sicherlich in gewisser Weise erleichtert.

Ich will es im landwirtschaftlichen Sinne sagen: Die Kuh ist noch nicht völlig vom Eis, weil manches noch diskutiert werden muss. Ich möchte mich hier auch nicht in Details verlieren. Ich könnte es mir einfach machen und sagen: Ilse Aigner macht das morgen an meiner Stelle. Aber ich will Ihnen auch sagen: Wir werden hier ganz eng zusammenarbeiten. Die großen politischen Diskussionen werden nicht in diesem Jahr stattfinden. Sie werden zwar beginnen, sich dann aber fortsetzen. Dabei werden wir schon gemeinsam darauf achten, dass die deutsche Landwirtschaft faire und vernünftige Bedingungen bekommt.

Ich freue mich, dass heute auch der polnische Minister Sawicki hier ist. Herzlich willkommen. Polen übernimmt morgen die EU-Ratspräsidentschaft. Im Agrarbereich hat man es besonders einfach, wenn man die Präsidentschaft übernimmt. Deshalb macht es auch so viel Spaß das war allerdings eher ein Scherz. Auf jeden Fall versteht ein polnischer Landwirtschaftsminister eine Menge von Landwirtschaft. Ich will ausdrücklich sagen: Wir wissen, dass auch die Mitgliedstaaten, die später in die Europäische Union gekommen sind, faire Bedingungen brauchen. Das heißt, auch hier haben wir noch eine lange Wegstrecke vor uns. Aber ich glaube, dass Polen, das sich gerade der Anliegen der mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten annimmt, darauf achten wird. Ich will ausdrücklich sagen: Wir wollen Polen während seiner EU-Präsidentschaft unterstützen.

Es gibt neben dem vorgelegten Rahmen für die Landwirtschaft, der nicht schlecht ist, noch einen Punkt, auf den ich hinweisen muss. Die Kommission geht von einem höheren Gesamtrahmen aus. Wir wollen gerne, dass die Gesamtausgaben der Europäischen Union auf ein Prozent des EU-Bruttonationaleinkommens ab 2014 begrenzt werden. Deshalb werden wir hier noch eine ganze Menge zu tun haben.

Wir glauben, dass sich das Prinzip der entkoppelten Direktzahlungen bewährt hat, dass es behutsam weiterentwickelt werden sollte und dass vor allen Dingen plötzliche Brüche zu Lasten der Einnahmen deutscher Landwirte unbedingt vermieden werden müssen. Es muss auf jeden Fall eine Rückkehr zur Politik der ständigen Markteingriffe vermieden werden. Es müssen viele bürokratische Dinge vermieden werden. Ich glaube, das ist nach wie vor ein Riesenproblem für Sie.

Das Thema Obergrenzen ist natürlich eines, das wir als Frontalangriff empfinden. Wir haben in Deutschland kleine und große Flächen. Die Arbeit des Bauernverbandes ist auch deshalb so schön ich könnte sagen: manchmal auch so beschwerlich, weil eigentlich alle Formen der Landwirtschaft in Deutschland vorkommen. Damit ist Deutschland auch ein gutes Abbild der europäischen Landwirtschaft. Deshalb müssen wir dafür werben, dass nicht eine Form der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung ungerechtfertigt benachteiligt wird.

Aber, Herr Sonnleitner, wir haben es ja gut. Sie sind auch Präsident des Europäischen Bauernverbandes. Damit haben Sie natürlich so gut wie alle Bauern Europas sofort für unsere Anliegen hinter sich. Deshalb braucht die Bundesregierung nicht mehr ganz so viel zu tun. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit. Wir arbeiten ja auch gut zusammen.

Ich sage, dass es ein Glücksfall ist, dass es diese Verzahnung gibt, dass Sie als Chef des Deutschen Bauernverbandes und als Präsident des Europäischen Bauernverbandes das Ganze in einer sehr spannenden Zeit im Blick haben. Deshalb verspreche ich Ihnen: Wir werden weiter gut zusammenarbeiten. Das bedeutet nicht, dass wir bei jeder Frage sofort einer Meinung sind. Aber ich glaube, dass wir die Anliegen der Bauern in Deutschland kennen, dass wir ihre Arbeit schätzen, dass wir wollen, dass sie Zukunft haben, auch weil wir wissen, welche kulturelle und welche unternehmerische Bedeutung ihre Arbeit hat.

Die Tatsache, dass Sie, wie ich am Anfang sagte, einen Großteil der Lebensmittel, die in Deutschland verzehrt werden, produzieren, gibt eine unglaubliche Rückbindung jedes einzelnen Menschen an den ländlichen Raum und an das, was Sie machen. Deshalb ende ich mit einem ganz, ganz herzlichen Dankeschön. Ich wünsche Ihnen gute Beratungen und ein bisschen Verlustierung hier im schönen Koblenz. Lassen Sie es sich gut gehen. Halten Sie gut zusammen und achten Sie einander. Dann werden Sie sich auch gegenüber der Bundesregierung einigermaßen durchsetzen. Herzlichen Dank.