Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 26. April 2012

Untertitel: Staatsminister Bernd Neumann unterstrich in seiner Rede, dass das architektonische Erbe der Hohenzollern und die wunderbaren Parks und Gärten der Schlösserstiftung zu Recht zum UNESCO Weltkulturerbe gehören. Auch betonte er, dass es keinen Grund gibt, Preußen zu glorifizieren, aber auch keinen Grund, es zu verschweigen und zu verdammen.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2012/04/2012-04-26-neumann-friederisiko.html


Staatsminister Bernd Neumann unterstrich in seiner Rede, dass das architektonische Erbe der Hohenzollern und die wunderbaren Parks und Gärten der Schlösserstiftung zu Recht zum UNESCO Weltkulturerbe gehören. Auch betonte er, dass es keinen Grund gibt, Preußen zu glorifizieren, aber auch keinen Grund, es zu verschweigen und zu verdammen.

Anrede,

heute eröffnen wir mit "Friederisiko" die bislang aufwändigste Ausstellung in der Geschichte der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Sie ist unbestritten der Höhepunkt des Friedrich-Jahres 2012! Wo ließe es sich besser mit Friedrich ins Gespräch kommen als im Neuen Palais im Park Sanssouci?

Es erwartet uns hier eine politische Zeitreise ins Europa des 18. Jahrhunderts und zugleich eine Annäherung an Persönlichkeit und Charakter von einem der wichtigsten Herrscherpersönlichkeiten unserer Geschichte.

Dieser besondere Ansatz entspricht dem Wesen des großen Preußenkönigs, bei dem Privates und Politisches nicht so leicht zu trennen waren. Der Preußenkönig war ein Meister der Eigen-PR und damit in diesem Sinne sehr modern. Auch dies mag ein Grund dafür sein, dass das Interesse an Friedrich dem Großen selbst nach 300 Jahren ungebrochen ist.

Woher rührt diese Faszination für den Alten Fritz, die sehr viel mehr umfasst als nur die Neugier auf eine bedeutende historische Persönlichkeit? Gerade die Widersprüchlichkeit der Figur bietet eine Projektionsfläche für die unterschiedlichsten Sehnsüchte und Interpretationen.

Da ist der musisch veranlagte Sohn, der gegen den autoritären Vater rebelliert, der unerschrockene Kriegsheld einerseits und der menschenverachtende Kriegstreiber andererseits, der tolerante Aufklärer und Humanist, der mit Voltaire korrespondierte, der erste Diener seines Staates, der disziplinierte Verwalter und der hingebungsvolle Flötenspieler von Sanssouci.

Friedrichs Streben nach Ruhm und Nachleben war ein starker Antrieb für sein politisches wie auch sein privates Handeln. Hier, im Neuen Palais, kommen wir der friderizianischen Welt nah und zwar vor allem ihrem sorgsam gepflegten Selbstbild.

Dass der Bund sich neben seinen jährlich über 14 Millionen Euro für die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten zusätzlich mit 500.000 Euro an dieser Ausstellung beteiligt das war ursprünglich nicht vorgesehen, ist der engagierten Überzeugungsarbeit von Hartmut Dorgerloh, aber auch von Jörg Schönbohm und Saskia Ludwig zu verdanken.

Meine Damen und Herren,

ich finde es im Grunde schade, dass die Ausstellung im Herbst wieder abgebaut wird. Wir haben in Deutschland erstaunlicherweise! kein Museum, das sich ausschließlich mit Friedrich II. beschäftigt ausgenommen das ganz kleine und liebevoll gestaltete Friedrich der Große-Museum im "Lerchennest" in Sinsheim-Steinsfurt. Hier lägen durchaus noch Potenziale für Potsdam!

Meine Damen und Herren,

das größte Exponat dieser Ausstellung ist das Neue Palais selbst. Friedrich hat es nach seiner Rückkehr aus dem siebenjährigen Krieg ( 1763 - 69 ) errichten lassen. Es war die größte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme der damaligen Zeit, eine bauliche Manifestation des preußischen Absolutismus die kostspieligste und umfangreichste Inszenierung königlicher Macht im Park Sanssouci. Die Welt sollte wissen, dass der Preußische Staat nach drei Schlesischen Kriegen nicht am Ende seiner Kräfte war.

Das Neue Palais ist das einzige nahezu komplett im Originalzustand erhaltene Schloss des 18. Jahrhunderts in Deutschland überhaupt.

Bei meinem ersten offiziellen Besuch hier fast zu Beginn meiner Amtszeit - vor mehr als sechs Jahren war ich jedoch das muss ich sagen wirklich erschüttert über den maroden Zustand. Herr Dorgerloh führte mich damals durch das Neue Palais. Die Ausmaße des Schwammbefalls waren erschreckend, der Marmorsaal war baupolizeilich gesperrt, das Untere Fürstenquartier völlig zerfallen, die Kolonnade desolat.

Der Titel der Ausstellung, die wir heute eröffnen, traf damals im wahrsten Sinne des Wortes auf dieses Gebäude zu: Es war wirklich ein Risiko, die heruntergekommen Räumen überhaupt nur zu betreten! Damals fasste ich den festen Entschluss, mit der Besorgung beträchtlicher Investitionsmittel auf Bundesseite diesen Zustand zu ändern.

Im Rahmen des sogenannten "Sonderinvestitionsprogramms Kultur", das mir der Haushaltsausschuss des Bundestages nach intensiver Vorarbeit Ende 2007 bewilligte, wurden für die Sanierung der Preußischen Schlösser und Gärten seitens des Bundes 77,5 Millionen Euro vorgesehen, zusammen mit den beiden Ländern Berlin und Brandenburg wurde dann das Sonderfinanzierungsabkommen auf den Weg gebracht, mit dem wir von 2008 bis 2017 insgesamt 155 Millionen Euro bereitstellen.

Erst das Sonderfinanzierungsabkommen hat es ermöglicht, dass das Neue Palais mit 25 Millionen Euro restauriert wird. Diese Sanierung ist ein Großprojekt, das noch viele Jahre in Anspruch nehmen wird. Umso mehr freue ich mich, dass wir heute zugleich mit der Ausstellungseröffnung auch die ersten sichtbaren Ergebnisse feiern können.

Das architektonische Erbe der Hohenzollern und die wunderbaren Parks und Gärten der Schlösserstiftung, sind weit mehr als gefällige Kulissen für den Sonntagsspaziergang. Sie gehören als Zeugen der Geschichte zu Recht zum UNESCO Weltkulturerbe. Der Bund hat sich von Anfang an zu seiner Verantwortung für die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten bekannt!

Meine Damen und Herren,

72 Räume und Säle eine imposante Zahl, insgesamt gibt es 200 im Neuen Palais werden zum Teil erstmals überhaupt wieder zugänglich sein. Wenn Sie nur fünf Minuten in jedem Ausstellungsraum verweilten, würden wir uns erst in sechs Stunden wiedersehen. Tauchen Sie also ein in die Welt des Alten Fritz. Er allein bestimmte, wie es hier aussehen sollte übrigens völlig losgelöst von Bauvorschriften, lieber Herr Dorgerloh. Das waren damals noch paradiesische Zustände für den Bauherrn!

Meine Damen und Herren,

Friedrich der Große prägt unsere Geschichte und das Bild, das man sich in der Welt von Deutschland und den Deutschen macht bis heute.

Es gibt keinen Grund, Preußen zu glorifizieren, aber es gibt auch keinen Grund, es zu verschweigen und zu verdammen."Friederisiko" hier in Potsdam sowie die Ausstellung zum "Alten Fritz" im Deutschen Historischen Museum leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass nach unrealistischer Verklärung und ideologischer Verdammung Friedrichs II. nun zum 300. Geburtstag ein wissenschaftlich differenziertes und reflektiertes Bild des Preußenkönigs und seiner Wirkungsgeschichte präsentiert wird.

Ich wünsche der Ausstellung viel Erfolg!