Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 27. April 2012
Untertitel: In seiner Rede zu Beginn der abendlichen Gala forderte Staatsminister Bernd Neumann mehr Kultur und mehr Dokumentarfilme im deutschen Fernsehen. Weiter sprach er die soziale Situation von Künstlern an und erinnerte an die Bewahrung des Filmerbes und den fälligen dritten Korb der Urheberrechtsnovelle.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2012/04/2012-04-27-neumann-dt-filmpreis.html
In seiner Rede zu Beginn der abendlichen Gala forderte Staatsminister Bernd Neumann mehr Kultur und mehr Dokumentarfilme im deutschen Fernsehen. Weiter sprach er die soziale Situation von Künstlern an und erinnerte an die Bewahrung des Filmerbes und den fälligen dritten Korb der Urheberrechtsnovelle.
Anrede,
herzlich Willkommen hier im Friedrichstadtpalast zur Verleihung des Deutschen Filmpreises!
Was ich über den deutschen Film denke und warum ich mich seit vielen Jahren für ihn engagiere, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Deshalb will ich auch gar kein Loblied auf den guten Filmjahrgang singen, den wir heute feiern, obwohl das durchaus seine Berechtigung hätte. Lassen Sie mich zu anderen aktuellen Punkten kurze Anmerkungen machen:
Der Dokumentarfilm erfreut sich seit längerem bei den Kinobesuchern zunehmender Beliebtheit. Die Filme dieses Genres haben sich sukzessive nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ deutlich verbessert. Um nur ein Beispiel zu nennen: Eine halbe Million Besucher haben allein in Deutschland bislang Wim Wenders PINA gesehen ein großer Erfolg für den Dokumentarfilm! Diese erfolgreiche Entwicklung hat uns bewogen, zusätzlich 100.000 Euro für die Nominierung eines dritten Dokumentarfilms zur Verfügung zu stellen erstmalig für diese Preisverleihung. Was mich allerdings erheblich ärgert, ist dass bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten eher das Gegenteil passiert.
Entgegen ihrem Auftrag, sich insbesondere für Kultur zu engagieren, werden Dokumentarfilme immer weniger unterstützt und ihre Filme häufig auf unattraktive Sendeplätze in Richtung Mitternacht verbannt. Meine Forderung: Lieber eine Talk-Show weniger und dafür besser und mehr Kultur!
Meine Damen und Herren,
es soll ja Leute geben auch unter den Filmschaffenden selbst! , die meinen, dass die Filmbranche zu sehr gehätschelt wird: es gäbe zu viele Förderprogramme und dann auch noch mit dem Deutschen Filmpreis den höchstdotierten Kulturpreis Deutschlands. Erst eine spartanische Lebens- und Produktionsweise so meint man würde die Kreativität so richtig anheizen.
Dem kann ich nur entgegnen, die allermeisten Filmschaffenden in Deutschland sind nicht auf Rosen gebettet. Festanstellungen sind in der Branche eher die Ausnahme, kurzfristige Beschäftigung für viele die Regel. Ich habe mich mit Unterstützung der Abgeordneten insbesondere im Hinblick auf die Schauspieler erfolgreich dafür eingesetzt, dass sich bei den Fristen für den ALG I-Bezug etwas bewegt. Denn es kann nicht sein, dass ganze Berufsgruppen außen vor stehen nur aufgrund der besonderen Beschäftigungssituation beim Film!
Ein anderes Thema, das uns in der Kultur auf den Nägeln brennt, ist der Schutz des geistigen Eigentums im Internetzeitalter eine Frage von existenzieller Bedeutung für alle Kulturschaffenden insbesondere auch für den Film. Die Gratis-Mentalität im Internet hat einen hohen Preis und den zahlen allein die Kreativen! Die Schließung von Kino. to war ein wichtiges Signal, aber hier müssen endlich umfassende Lösungen auf den Tisch: Und damit meine ich den dritten Korb der Urheberrechtsnovelle, der auf gar keinen Fall ein Körbchen werden darf!
Das Heft des Handelns liegt leider nicht in meiner Hand, sondern nach wie vor bei der Bundesjustizministerin, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich weiter dafür kämpfen werde, dass Künstler, Kreative und Filmschaffende zu ihrem Recht kommen!
Meine Damen und Herren,
wir haben ja anscheinend den "Kulturinfarkt" ganz gut überlebt, nirgendwo wurde der Rotstift angesetzt und 50 Prozent aller Kultureinrichtungen geschlossen, wie das die vier Autoren dieses Pamphlets forderten.
Wenn ich mir überlege, dass davon ja im Grunde auch die Hälfte aller Kinos betroffen wäre, dann wird deutlich, wie unsinnig diese These war und ist. Denn, wenn kulturelle Einrichtungen geschlossen werden, sind es ja in erster Linie die kleineren, innovativen und die in der Fläche. Ich möchte keine Kinolandschaft, die nur aus großen Multiplexen in den Städten besteht!
Jedes einzelne der rund 1.600 Kinos in unserem Land liegt mir am Herzen. Deshalb geben wir ja gerade den kleinen Kinos einen Zuschuss zur Digitalisierung. Viele Filmschaffende haben sich dem "Appell zur Verteidigung der Kultur" angeschlossen, den die Akademie der Künste in Berlin initiiert hat und der sich gegen die unsinnigen Thesen der so genannten Infarkt-Autoren wendet.
Neben der Präsidentin Iris Berben sind einige von den Unterzeichnern heute Abend auch als Nominierte anwesend wie Andreas Dresen, Christian Petzold und Dagmar Manzel ich danke Ihnen allen herzlich für Ihren Einsatz für die Kultur!
Meine Damen und Herren,
die Verpflichtung, unser kulturelles Erbe zu bewahren und zu erhalten, betrifft auch den Film. Hierzu ist die Filmwirtschaft wie die Politik gleichermaßen gefordert. Die Bundesregierung fördert schon seit vielen Jahrzehnten zahlreiche Einrichtungen wie die Stiftung Deutsche Kinemathek, das Deutsche Filminstitut in Frankfurt und das Bundesarchiv-Filmarchiv, um die Bewahrung des Filmerbes sicherzustellen.
Damit diese kulturellen Schätze auch im digitalen Zeitalter sichtbar bleiben, haben wir jetzt in einem ersten Schritt der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, dem Bundesfilmarchiv und der DEFA-Stiftung zusätzliche Mittel bereitgestellt. In diesem Zusammenhang ist eine gute Botschaft zu vermelden, die die Deutsche Kinemathek hier in Berlin betrifft. Sie erhält ein ganz besonderes Geschenk, denn Katja Eichinger die ich herzlich begrüßen darf hat sich entschlossen, der Kinemathek das gesamte private Archiv ihres Mannes Bernd Eichinger zu übergeben! Liebe Katja Eichinger vielen Dank!
Mein Dank geht auch an das Präsidium der Deutschen Filmakademie, Iris Berben und Bruno Ganz, für ihre ausgesprochen engagierte Arbeit und ihren leidenschaftlichen Einsatz für den deutschen Film. Und nun wünsche ich einen wunderschönen und spannenden Abend!