Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 20. März 2012

Untertitel: In seiner Rede ging Staatsminister Bernd Neumann auf die kulturellen Leistungen Friedrichs II. ein und sprach über Entstehung und Wirken der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2012/03/2012-03-20-neumann-friedrichII.html


In seiner Rede ging Staatsminister Bernd Neumann auf die kulturellen Leistungen Friedrichs II. ein und sprach über Entstehung und Wirken der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

Anrede,

es kann nicht meine Aufgabe sein, Ihnen heute Abend ausführlich die Ausstellung über "Friedrich II." zu erläutern und zu interpretieren, das wird nachher die Kuratorin, Frau Dr. Koschnik, fundiert tun. Auch möchte ich nicht den untauglichen Versuch machen, den zahlreichen qualifizierten Interpretationen und Würdigungen, die die historische Persönlichkeit des Preußenkönigs schon im Vorfeld des Friedrich-Jahrs in den Feuilletons und in der Forschung erfahren hat, noch eine weitere hinzuzufügen.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den glänzenden und wirklich ungewöhnlich unterhaltsamen Vortrag von Christopher Clark bei der Feierstunde am 24. Januar aus Anlass des 300. Geburtstags von Friedrich dem Großen. Im Konzerthaus am Gendarmenmarkt, der preußischen "guten Stube" Berlins, waren ja auch Sie, lieber Prinz Georg Friedrich von Preußen und Ihre Gattin, sowie der Bundespräsident anwesend. Diese Feierstunde hatte schon etwas von einem Staatsakt; auch dies zeigt, wie sehr Friedrich II. bis heute Teil unserer deutschen Geschichte ist.

Heute eröffnen wir hier im Deutschen Historischen Museum und zwar im historischen Zeughaus, das sozusagen für die militärische Seite Preußens steht eine Ausstellung, die einen besonders wichtigen Beitrag zu diesem Jubiläumsjahr leistet.

Es gibt keinen Grund, Preußen zu glorifizieren, aber es gibt auch keinen Grund, es zu verschweigen und zu verdammen. Während mehr als 200 Jahren deutscher Geschichte wurde Friedrich II. als Vorbild und Negativbild instrumentalisiert. Der Preußenkönig galt als aufgeklärter "Philosoph auf dem Thron", aufopferungsvoller "erster Diener des Staates", als unbestechlicher Intellektueller, aber auch als unerbittlicher Kriegsherr.

Es ist angemessen, dass nach einer Phase der Verklärung einerseits und Verdammung andererseits, nun zum 300. Geburtstag Friedrichs II. ein reflektiertes Bild des Preußenkönigs und seiner Wirkungsgeschichte präsentiert wird.

Zugleich prägt der Staat Preußen, den Friedrich der Große entscheidend geformt hat, sowohl unsere Geschichte als auch nach wie vor das Bild, das man sich in der Welt von Deutschland und den Deutschen macht. Die Friedrich-Bilder, mit denen sich die Ausstellung hier im Deutschen Historischen Museum auseinandersetzt, sind Spiegel der jeweiligen Zeit und sagen viel über deren Befindlichkeiten aus.

Heute faszinieren vor allem die kulturellen Leistungen Friedrichs II. Der Historiker Christopher Clark betont, dass Preußen als Konstrukt zuallererst auf Bildung, Kultur und religiöse Toleranz aufbaute. Kein anderer deutscher Monarch ging wie Friedrich der Große als Dichter und Musiker in die Geschichte ein. Er hinterließ Kompositionen, Kunstwerke, Schlösser und ein Opernhaus, nämlich die Staatsoper unter den Linden, mit deren Bau Friedrich II. den Architekten Knobelsdorff beauftragt hatte und die derzeit mit 200 Millionen Euro aus Bundesmitteln saniert wird.

Es gibt auch ein institutionelles Band, das uns bis heute ununterbrochen mit Friedrich dem II. verbindet. Es ist der Orden pour le mérite, mit dem Friedrich eigenhändig seinen Freund, den Philosophen Voltaire, auszeichnete. Für die Betreuung der Aktivitäten und Rituale des Ordens ist heute mein Haus verantwortlich; es ist eine schöne Tradition, das das gekrönte goldene "F" im Ordenszeichen bis heute auf den illustren Stifter verweist.

Der Bund hat mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Verantwortung für einen großen und vor allem: den schöneren, den kulturellen Teil des historischen Erbes Preußens übernommen. Die Errichtung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz im Jahr 1957 war ein Experiment für die junge Bundesrepublik.

Gerade 10 Jahre waren vergangen, seit die Alliierten Preußen als ich zitiere: "Träger des Militarismus und der Reaktion in Deutschland" aufgelöst hatten. Auch als regionale Bezeichnung sollte Preußen fortan nicht mehr existieren. Erst vor diesem historischen Hintergrund können wir die Bedeutung des Stiftungsgesetzes von 1957 ermessen. Dort wird als Stiftungszweck die Nutzung des preußischen Kulturbesitzes "für die Interessen der Allgemeinheit in Wissenschaft und Bildung und für den Kulturaustausch zwischen den Völkern" festgeschrieben. Dies bedeutet nichts Geringeres als ein Bekenntnis zu einem "anderen" Preußen, zu Preußen als Kulturstaat.

Es ist das Preußen des weltreisenden Forschers Alexander von Humboldt und des humanistischen Politikers und Universitätsgründers Wilhelm von Humboldt knapp 20 Jahre alt, als Friedrich II. starb, das die Menschen heute fasziniert und mit dem sie sich auch identifizieren. Ihr Blick ging über nationale Grenzen hinaus in die Welt. Die Stiftung steht in dieser guten Tradition. Eine ihrer großen Zukunftsaufgaben wird mit dem Namen der Brüder und ihrem geistigen Erbe verknüpft sein. Die Stiftung ist schon jetzt im wahrsten Sinne des Wortes ein Global Player im Reich der Kultur. Mit der Einrichtung des Humboldt-Forums im wieder aufgebauten Hohenzollern-Schloss wird sie diesen Rang eindrucksvoll unterstreichen.

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit ihren 15 Museen und weiteren Einrichtungen sowie die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten sind heute überall in der Welt ein Inbegriff für die Kulturnation Deutschland für das in Freiheit und Demokratie wiedervereinte Deutschland!

Der Bund hat in den vergangenen Jahren viel dazu beigetragen, das glanzvolle Kulturerbe Preußens wieder zum Strahlen zu bringen. Dazu gehört auch die Staatsbibliothek zu Berlin in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die im vergangenen Jahr auf ihr 350-jähriges Bestehen zurückschauen konnte. Fast 500 Millionen Euro bringt der Bund für die Sanierung der beiden Standorte am Kulturforum und Unter den Linden auf letzterer ist derzeit die größte Kulturbaustelle in Berlin.

Millionen investiert der Bund auch in das preußische UNESCO-Weltkulturerbe Schlösser und Parks in Potsdam und Berlin. 77, 5 Mio. Euro werden allein im Rahmen des Masterplans durch den Bund zur Verfügung gestellt. Ein wichtiger Schritt im Rahmen des Masterplans ist die Sanierung des Neuen Palais, das sich, als ich mein Amt antrat, in einem wirklich erbärmlichen Zustand befand. Und dort, in genau diesem Palais, wird im April die zweite große Ausstellung im Friedrichjahr eröffnet.

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten widmet sich unter dem Titel "Friederisiko" der Person des Preußenkönigs. Sein Leben, seine Gedankenwelt und sein Handeln unter dem leitenden Begriff "Risiko" zu betrachten, verspricht überraschende Ergebnisse!

Die Schau in Potsdam über die historische Figur Friedrich II. und die jetzige Sonderausstellung im Deutschen Historischen Museum, die sozusagen das historische Konstrukt "Alter Fritz" ins Zentrum rückt, ergänzen sich perfekt.

Meine Damen und Herren,

mit der Ausstellung, die wir heute eröffnen, kommt das Deutsche Historische Museum im besonderen Maß seinem Auftrag nach,"Aufklärung und Verständigung über die gemeinsame Geschichte von Deutschen und Europäern" zu leisten, wie es in seinem Gründungsprogramm heißt. Es begibt sich, im gewissen Sinn, sogar zurück zu seinen Anfängen.

Die unter dem Regierenden Bürgermeister Richard von Weizsäcker 1981 eröffnete Ausstellung "Preußen Versuch einer Bilanz", die im Martin-Gropius-Bau gezeigt wurde, war ein durchschlagender Erfolg: etwa 450.000 Besucher sahen sie.

Die Preußen-Ausstellung läutete nicht nur eine neue Ära historischer Museen ein, sondern beflügelte auch das Projekt eines Deutschen Historischen Museums. Helmut Kohl bezeichnete 1985 in seinem Bericht zur Lage der Nation die Einrichtung eines solchen Museums als "nationale Aufgabe von europäischem Rang"; zwei Jahre später, zur 750-Jahr-Feier Berlins, wurde es schließlich gegründet.

Fast drei Viertel der rund 450 Objekte der heutigen Sonderausstellung kann das Haus aus seinen Sammlungen bestücken eine große Ausstellung über Friedrich II. war also auch in dieser Hinsicht überfällig.

Die Zeichen stehen gut, dass nach unrealistischer Verklärung und ideologischer Verdammung Friedrichs II. nun zum 300. Geburtstag ein überzeugendes, reflektiertes Bild des Preußenkönigs und seiner Wirkungsgeschichte präsentiert wird.

Ich wünsche der Ausstellung viel Erfolg.